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Claudius Wagemann

Zwischen Erfolgspolitik und Populismus

Wie der CSU ihre eigene Strategie zum Verhängnis wurde

1. Die Besonderheiten Bayerns

Vielen politischen und politikwissenschaftlichen Beobachtern erschienen in den letzten Jahrzehnten die bayerischen politischen Verhältnisse so eigentümlich und besonders, dass die Schlussfolgerung nahe lag, Bayern sei ein politischer Sonderfall. In Anlehnung an ein beliebtes bayerisches Souvenir – nämlich eine rückwärtslaufende Uhr – wurde die Frage gestellt, ob Bayerns Uhren wirklich anders gingen (Falter 1982; 1988; Mintzel 1987a). Die Besonderheit des Falles Bayern bestand darin, dass es der Christlich-Sozialen Union (CSU)1 über Jahrzehnte hinweg gelungen war, bei bayerischen Landtagswahlen (zum großen Teil auch bei Bundestags- und Europawahlen) absolute Mehrheiten einzufahren und die Regierung allein zu stellen. Seit 1946 stellte die CSU (mit einer kurzen Unterbrechung von 1954 bis 1957) den bayerischen Ministerpräsidenten, der seit 1962 einer CSU-Alleinregierung vorstehen konnte, ab 1970 sogar eine absolute Mehrheit der Stimmen erreichte und diesen Erfolgsweg 2003 mit einer (in der Bundesrepublik Deutschland auf Bundes- und Länderebene nach wie vor einmaligen) Zweidrittelmehrheit der Sitze (Kießling 2004, 11; 2008, 86; Rieger 2003, 702, 708) und einem damit einhergehenden weiteren (parlamentarischen) Machtzuwachs (Rieger 2003, 718, Fn. 66) krönte. Nicht nur, dass die WählerInnen die CSU mit immer noch klareren Ergebnissen und sogar im Laufe der Zeit zunehmender Parteibindung (Schoen 2007, 505) wiederholt mit der Führung der bayerischen Regierungsgeschäfte beauftragten, nein, die CSU wurde in den sechs Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg auch zunehmend politisch-sozial hegemonialer (Mintzel 1987b; 1991): Freistaat Bayern und CSU (plus katholische Kirche) wurden als eng miteinander verflochten dargestellt (Mintzel 1999, 85ff.; Renz/Rieger 1999, 84f.). Damit einher ging auch eine besonders schwache Stellung anderer politischer Kräfte, allen voran der bayerischen SPD. So war die SPD nicht einmal in der Opposition besonders stark, musste sie sich ihre Rolle doch mit den Grünen und vielen Klein- und Kleinstparteien teilen, auf kommunaler Ebene zudem mit den in Bayern traditionell starken freien Wählergemeinschaften.

Die Besonderheit Bayerns, die so viele PolitologInnen und Politikinteressierte über Jahrzehnte fasziniert hat, bestand also in einer herausgehobenen und sogar immer stärker werdenden Hegemonialstellung der CSU bei gleichzeitiger Schwäche anderer Akteure. Dies war in der Bundesrepublik Deutschland einmalig – auch die Erfolge der CDU in Baden-Württemberg oder der SPD in Hamburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen waren weder von bayerischer Intensität noch von bayerischer Dauer.

Der Tag der jüngsten bayerischen Landtagswahl, der 28. September 2008, setzte dann eine deutliche Zäsur. Fünf Jahre nach Erreichen der Zweidrittelmehrheit der Sitze stürzte die CSU von 60,7 Prozent auf 43,4 Prozent herab.2 Die absolute Mehrheit war – nach 46 Jahren – dahin, und die CSU wurde in eine Koalitionsregierung mit der liberalen Partei, der FDP, gezwungen. Was 2003 noch nicht vorhersehbar war, war 2008 eingetreten: Die CSU hatte ihre historische absolute Mehrheit verloren.

Tabelle 1: Das Wahlergebnis im Einzelnen:3

Partei

2008

2003

Veränderung

CSU

43,4 %

60,7 %

–17,3

SPD

18,6 %

19,6 %

–1,0

B’90/Grüne

9,4 %

7,7 %

+1,7

FDP

8,0 %

2,6 %

+5,4

FW

10,2 %

4,0 %

+6,2

Die Linke

4,4 %

k.A.*

+4,4

Sonstige

6,0 %

5,4 %

+0,6

*Die PDS als Vorgängerin der Partei Die Linke war 2003 bei den bayerischen Landtagswahlen nicht ­angetreten.

2. Die politische Dimension: Politikfelder und ihre Rezeption

In der Vergangenheit war es nicht immer einfach, die CSU eindeutig als nicht-popu­listische Partei zu klassifizieren (Kießling 2004, 251; Wagemann 2005, 179f.). Natürlich konnte die CSU nicht mit rechtspopulistischen Parteien wie der öster­reichischen FPÖ oder der schweizerischen SVP in einen Topf geworfen werden, ganz zu schweigen von separatistischen Parteien wie der italienischen Lega Nord. Dennoch konnten im Gebaren der CSU immerhin einige starke populistische Elemente­ identifiziert werden. So war es ein Teil der Erfolgsstrategie der CSU, nicht nur solche­ politischen Kernthemen zu besetzen, die Gefahr laufen, sich dem Normalbürger nur schwer zu erschließen, sondern eben auch in Bereichen aktiv zu werden, die gerne als populistisch belächelt, wenn nicht sogar kritisiert werden. So nahm die CSU für sich in Anspruch, die Partei zu sein, „die das schöne Bayern erfunden hat“ (Riehl-Heyse 1989). Und zu dieser Identität zwischen (Erfolgs­bundes­land) Bayern und CSU gehörten eben harte Themen genauso wie eher volksnahe.

In Bezug auf die harten Themen legte die CSU immer Wert auf die Bemerkung, dass Bayern in Wirtschafts-, Finanz-, Beschäftigungs-, Bildungs- und in letzter Zeit sogar Umweltdaten andere Bundesländer hinter sich lasse (Rieger 2003, 705; Sutherland 2001, 32, Fn. 34; Wagemann 2005, 171; zum spezifischen CSU-Politik-Mix, siehe auch Rieger 2003, 702f.). Zu dieser politischen Erfolgsgeschichte, die so auch von der bayerischen Bevölkerung wahrgenommen wurde (Rieger 2003, 711), trug auch die bundespolitische Sonderrolle der CSU bei (Rieger 2003, 705), die sich in der CSU-Landesgruppe im Bundestag eine wichtige institutionelle Struktur dafür geschaffen hatte, bayerische Interessen auch in der Bundespolitik zu repräsentieren (Kießling 2004, 134ff.; Mintzel 1989),4 und dies – egal ob in die Bundesregierung eingebunden oder auf den Oppositionsbänken – auch munter tat.

Volksnah engagierte sich die CSU in außerhalb des Freistaates eher belächelten Diskussionen, die aber in Bayern erheblichen Wirbel verursacht hatten. Dazu zählen das rigide Eintreten für die Beibehaltung der Kreuze in bayerischen Klassenzimmern (Jesse 1996, 34; Mintzel 1999, 85ff.; Wagemann 2005, 172) und die sogenannte „Biergartenrevolution“, als sich die CSU für den Erhalt der bayerischen Biergartenkultur stark gemacht hatte und sich an die Spitze der Protestbewegung gegen allzu bayern-feindliche JuristInnen setzte (Wagemann 2005, 172). Triebfeder war hier wohl weniger die politische Ausrichtung, als vielmehr die effektive Vertretung der Interessen des „kleinen Mannes“, der sich gegen „die da oben“ (wohlgemerkt, nicht die CSU selbst, sondern in beiden Fällen RichterInnen, im Falle der Kruzifixe sogar das geografisch weit entfernt residierende Bundesverfassungsgericht) wehren musste.

Im Landtagswahlkampf 2008 kamen hinsichtlich dieser Erfolgsfaktoren einige ungünstige Umstände zusammen: Erstens waren die Erfolgsthemen mittlerweile abgeschliffen, und zweitens bot sich kein populistisches Thema an. Was für die CSU aber noch viel schlimmer war, ist, dass in der ablaufenden Legislaturperiode der CSU zahlreiche Fehler unterlaufen waren, sowohl hinsichtlich bayerischer Erfolgspolitik als auch hinsichtlich populistischer Schwerpunkte.

So war beispielsweise die Bildungspolitik ein Schwerpunkt der ersten Regierungserklärung des damaligen Ministerpräsidenten Stoiber nach der Landtagswahl von 2003. Bayern wollte nicht nur die Gymnasialzeit5 von neun auf acht Jahre verkürzen (G8), sondern man wollte sogar noch andere Bundesländer, die diesen Schritt schon länger beschlossen hatten, zeitlich einholen oder sogar überholen. Und so wurde sogar für in jenem Schuljahr bereits ins Gymnasium aufgenommene FünftklässlerInnen die Schulzeit um ein Jahr verkürzt. Lehrpläne gab es natürlich keine (der in mühsamer Arbeit überarbeitete G9-Lehrplan war erst Wochen zuvor in Kraft getreten), ganz zu schweigen von Schulbüchern. Viele praktische Fragen, wie das Sitzenbleiben von SchülerInnen in den sogenannten „Schnittstellenklassen“ zwischen G9 und G8, tauchten erst bei der Umsetzung auf. Dazu fehlten LehrerInnen und geeignete Räumlichkeiten für spontan eingeführte neue Fächer (Natur und Technik, Informatik, Wirtschaftsinformatik), ganz zu schweigen von den enormen Herausforderungen, die auf Kommunen und Schule durch die einzurichtende Mittagsbetreuung zukamen, die durch den verstärkten Nachmittagsunterricht notwendig geworden war. Proteste einer seltenen Allianz von SchülerInnen, Eltern, Lehrerinnen, SchulleiterInnen und KommunalpolitikerInnen aller politischen Richtungen blieben folglich nicht aus (zu den Protesten im Allgemeinen, vgl. Kießling 2008, 86). Auch die Vereine – ein Rückgrat der CSU in der bayerischen Zivilgesellschaft – sahen Probleme darin, dass SchülerInnen nun am Nachmittag häufiger in der Schule bleiben mussten und damit für außerschulische Aktivitäten ausfielen. Bemerkungen wie die von Bayerns Ministerpräsident Stoiber, dass der neue G8-Lehrplan nur noch 40 Prozent des bisherigen Gymnasialstoffes beinhalten solle (Rede der Grünen-Abgeordneten Simone Tolle am 12. März 2008 vor dem bayerischen Landtag), brachten nicht nur die Frage auf, wieso vorherige SchülerInnengenerationen sich auch mit den restlichen 60 Prozent beschäftigen mussten, sondern sorgten in einer Zeit, in der die Bildungsdiskussion durch die international ver­gleichende PISA-Studie über Lernleistungen besonders heiß geführt wurde (Wagemann­ 2005, 171),6 für weitere Unruhe. Nicht nur das: Die Einführung des G8 erweckte auch den Eindruck von unkoordiniertem Aktionismus und Widersprüchlichkeit (Oberreuter 2008, 113), nachdem die damalige Kultusministerin Monika Hohlmeier noch kurz vor der Landtagswahl 2003 mit dem Satz zitiert wurde, wonach Bayern „das neunjährige Halbtagsgymnasium bei[behält]. Die Schüler erreichen so eine höhere Reife und solche, die später reif werden, haben die Möglichkeit, sich in Ruhe in Richtung Hochschulreife zu bewegen“. (Süddeutsche Zeitung, 13.2.2004, „Das beste Abitur, wo gibt“)

Doch nicht nur im Gymnasialbereich kam es zu (zuvor eher seltenen) Protesten gegen die bayerische Bildungspolitik. Auch die Schließung vieler wohnortnaher Teilhauptschulen7 rief Widerstand bei allen Beteiligten hervor. Dies geschah nicht nur wegen der Infragestellung des bildungspolitischen Nutzens dieser Maßnahme, sondern auch, weil kurz zuvor viele kleinere Städte und Verwaltungsgemeinschaften mehrerer Dörfer viel Geld in die Sanierung und Modernisierung ihrer Teilhauptschulen investiert hatten. Zusätzlich kam im Bereich der Bildungspolitik vor der Landtagswahl 2008 noch das Thema der Zusammenlegung einzelner Jahrgangsstufen in kleinen Grundschulen auf.

Kurzum, Eltern von SchülerInnen aller Schularten bekamen es nicht nur mit einer plötzlichen und problematisch umgesetzten Richtungsänderung in der bayerischen Bildungspolitik zu tun, sondern sie mussten sich im CSU-dominierten Freistaat in ihren Anliegen auch allein gelassen fühlen, nachdem die CSU-Führung die Reformen gegen alle Widerstände mit hohem Tempo durchsetzte. Dies wog umso schlimmer, als es sich bei der Bildungspolitik um einen Kernbereich jahrzehntelanger erfolgreicher CSU-Politik handelt (Rieger 2003, 711).

Ähnlich verhielt es sich mit den Verlustgeschäften der bayerischen Landesbank. Hier spürten die BürgerInnen zwar die Auswirkungen der Regierungspolitik eher weniger direkt, aber die Tatsache, dass mit Erwin Huber ab 2007 der bayerische Finanzminister und gleichzeitig der CSU-Vorsitzende in Personalunion Vizechef bei der bayerischen Landesbank war, wurde sehr wohl in der Öffentlichkeit the­matisiert. Die bayerischen Oppositionsparteien SPD und Grüne richteten sogar einen­ parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein, weil sie Huber zudem vorwarfen, die Öffentlichkeit über die Verluste der bayerischen Landesbank belogen zu haben. Der nach dem Landtagswahlergebnis zu zwei Dritteln mit CSU-Mit­gliedern besetzte Ausschuss schloss am 16. Juli 2008 mit einer Plenaraussprache im Baye­rischen Landtag seine Arbeit ab (www.landtag.de). Der Abschlussbericht stellt ein uneingeschränkt korrektes Handeln von Huber fest – wobei die drei Nicht-CSU-Mitglieder des Untersuchungsausschusses auf die Veröffentlichung eines­ Minderheitenberichts der Oppositionsparteien drängten, der dem Untersuchungsergebnis diametral widersprach (Drucksache 15/10950 des Bayerischen Landtags). Aus den Entwicklungen während der Banken- und Börsenkrise Ende Oktober 2008 (also nach den Landtagswahlen) lässt sich allerdings ablesen, dass die Oppositionsparteien mit ihrer Minderheitenmeinung wohl nicht so sehr im Unrecht­ waren.

Auch die CSU-Landesgruppe im Bundestag konnte sich in den letzten Jahren nicht richtig durchsetzen. In der seit 2005 regierenden Großen Koalition war die CSU ganz klar der Juniorpartner und zudem durch den plötzlichen Rückzug des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber von der bundespolitischen Bühne (siehe unten) noch weiter geschwächt. Die Landesgruppe hatte es nicht geschafft, ihre eigenständige Rolle im Koalitionsgefüge sichtbar herauszuarbeiten, und auch das Thema der Wiedereinführung der PendlerInnenpauschale, mit dem die CSU Oppositionsgeist und bayerische Eigenständigkeit gegen Bundeskanzlerin Merkel (CDU) demonstrieren wollte, stieß auf eher geringes Interesse und konnte vor allem die Themen der bayerischen Landespolitik nicht überlagern.

Doch nicht nur in traditionell starken Kompetenzfeldern der CSU war das Politik-Ergebnis der zurückliegenden Legislaturperiode suboptimal. Wie schon erwähnt, haben immer auch populistische Elemente die Politik der CSU geprägt, auch um den eigenen Anspruch an BürgerInnennähe zu erfüllen.

Eine Bauchlandung erlebte die CSU mit einer vor allem von Ministerpräsident Stoiber forcierten Anbindung des Münchner Flughafens an die Magnetschwebebahn Transrapid. Trotz einer lebhaften Diskussion um die Nützlichkeit, Machbarkeit und Wünschbarkeit des Projekts hielt die bayerische Staatsregierung auch nach dem Wechsel der CSU-Führungsspitze an der von der Staatsregierung längst zum Vorzeigeobjekt erkorenen Idee unbeirrt fest. Im Frühjahr 2008 kam dann das endgültige Aus, nachdem klar wurde, dass keine Bundesmittel für den Münchner Transrapid bereitstünden. Bereits hier war erkennbar, dass Regierung und Bevölkerung zunehmend aneinander vorbeiredeten. Eine Umfrage im Sommer 2007 macht dies deutlich: Nur 25 Prozent der Bayern (gegenüber 43 Prozent aller Bundesbürger) waren für die Transrapid-Strecke zum Münchner Flughafen, 60 Prozent der Bayern (und 40 Prozent der Deutschen) dagegen. Die Tatsache, dass die CSU somit nicht Anwalt bayerischer Sonderinteressen war (zur engen Verzahnung zwischen bayerischer Identität und CSU, siehe auch Kießling 2004, 71; Mintzel 1987b, 85; Pauli-Balleis 1987, 248, 320, 324; Wagemann 2000, 77, 126; 2005, 172f.; zur Wichtigkeit regionaler Identität gerade in Bayern, siehe Kießling 2004, 61ff.), sondern die Interessen der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung gegen den Willen der (großen) Mehrheit der bayerischen Bevölkerung durchzusetzen schien, darf hierbei nicht übersehen werden.

Ebenfalls wenig beliebt machte sich die bayerische Staatsregierung mit dem Umstand, dass Bayern seit dem 1. September 2007 über das wohl strengste Nichtraucherschutzgesetz (je nach Sichtweise auch als „Rauchverbot“ betitelt) aller deutschen Bundesländer verfügt (www.rauchverbot-deutschland.de). Nachdem sich die Bundespolitik auf keinen konsensfähigen Entwurf einigen konnte, war das Problem auf die Bundesländer verlagert worden, und auch hier nahm Bayern eine Spitzenposition ein. Der Widerstand in der bayerischen Bevölkerung wurde aber wohl unterschätzt. Auch wurde die kulturelle Komponente wohl kaum bedacht. Während Biergärten zehn Jahre zuvor noch als wichtige Elemente bayerischer Lebensart „gerettet“ worden waren, wurde das Rauchen in Bierzelten (zum Beispiel auf dem Münchner Oktoberfest) und ähnlich geselligen Einrichtungen nicht einfach in kulturelle Errungenschaften umdefiniert, die vom Rauchverbot ausgenommen werden müssten. Und so wurden auch die massiven Einbrüche der CSU schon bei den bayerischen Kommunalwahlen im März 2008 unter anderem auf das neue Nichtraucherschutzgesetz zurückgeführt. In der Folge blieb dann die bayerische Staatsregierung wieder einmal nicht konsequent bei ihrer Linie, sondern griff – ähnlich wie in der oben beschriebenen Schulpolitik – auf Behelfslösungen zurück. So galt das Rauchverbot plötzlich in den großen Zelten auf dem Münchner Oktoberfest nicht mehr, wobei anfangs nicht klar war, ob sich diese Ausnahme nur auf 2008 oder auch auf die Folgejahre erstrecken würde. Das Rauchverbot ist also nicht nur ein weiterer Punkt, bei dem die CSU nicht mehr den Puls des bayerischen Wahlvolkes fühlte, sondern bei dem sie auch ein eher unglückliches Krisenmanagement bewies.

3. Die persönliche Dimension: Edmund Stoiber, seine Nachfolger
und der „Pauli-Faktor“

Der 2003 mit dem zweitbesten CSU-Ergebnis aller Zeiten ausgestattete bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber war an den oben dargestellten problematischen Politikfeldern der bayerischen Legislaturperiode zwischen 2003 und 2008 nicht nur federführend beteiligt, sondern hat zumindest die Einführung des achtjährigen Gymnasiums und den Transrapid zum Münchner Flughafen hauptsächlich angestoßen. Stoiber selbst war im Jahre 2002 (also ein Jahr vor der bayerischen Landtagswahl) nur knapp mit seinem Anspruch, Nachfolger von Gerhard Schröder Bundeskanzler zu werden, gescheitert. Sah es am Beginn des Wahlabends noch danach aus, als könnte eine von Stoiber geführte Bundesregierung aus CDU, CSU und FDP die rot-grüne Schröder-Regierung ablösen, so musste Stoiber die Jubelfeier am späteren Abend enttäuscht abbrechen, als feststand, dass es nicht nur nicht zum Regierungswechsel reichen würde, sondern dass die SPD wiederum stärkste Partei geworden war (wenn auch nur um magere 6047 Stimmen). Dabei unterstützten die bayerischen WählerInnen Stoiber viel deutlicher als die WählerInnen in den anderen Bundesländern (Clemens 2006, 177): Die Bayern statteten die CSU mit ganzen 58,6 Prozent der Zweitstimmen aus (Kießling 2008, 84), während das Bundesergebnis (von CDU und CSU) bei nur 38,5 Prozent lag. Verloren wurde die Wahl übrigens in den neuen Bundesländern; legt man die Bundesrepublik in der Zeit vor der Wiedervereinigung zugrunde, hätten die beiden Unionsparteien gemeinsam mit der FDP die Bundesregierung bilden können. Damit war nach Franz-Josef Strauß im Jahre 1980 auch der zweite Kanzlerkandidat der Unionsparteien aus der CSU bei einer Bundestagswahl dem SPD-Amtsinhaber unterlegen. Auch sonst lassen sich Parallelen zwischen den Kandidaturen Strauß’ (gegen Helmut Schmidt) 1980 und Stoibers 2002 finden: In beiden Fällen wurde der jeweilige alternative Kandidat, den die CDU hätte stellen können, wohl unterschätzt (1980 verzichtete Helmut Kohl zugunsten von Franz-Josef Strauß auf die Kandidatur, 2002 steckte Angela Merkel zurück),8 in beiden Fällen brach die siegreiche SPD-geführte Koalition während der folgenden Legislaturperiode zusammen, in beiden Fällen kam es zu Neuwahlen, die in beiden Fällen die Unionsparteien gewannen – in beiden Fällen mit einem Kanzlerkandidaten von der CDU, der drei Jahre zuvor noch dem CSU-Gegenpart den Vortritt lassen musste, also Helmut Kohl 1983 und Angela Merkel 2005. So frappierend die Parallelen zwischen den beiden Entwicklungen auch sein mögen, in einem wichtigen Punkt unterscheiden sich die politischen Schicksale von Strauß und Stoiber: Während Strauß 1983 nicht für ein Ministeramt in der neuen Regierung Kohl zur Verfügung stand, drängte sich Edmund Stoiber 2005 geradezu in die neue Bundesregierung Merkel (Kießling 2008, 92). Stoiber schwebte die Leitung eines nach seinen Wünschen modifizierten Bundeswirtschaftsministeriums vor, das vor allem über wichtige Agenden aus dem Bundesbildungsministerium (wie die Technologie- und Forschungspolitik), aber auch über Schlüsselreferate (vor allem zur Europapolitik) aus dem Bundesfinanzministerium erweitert werden sollte. Sehr schnell machten Stoibers designierte Kollegen Steinbrück (Finanzministerium, SPD) und Schavan (Bildungsministerium, CDU) klar, dass sie sich mit einer derartigen Beschneidung ihrer Bereiche nicht zufriedengeben konnten. Die jeweiligen Parteien CDU und SPD standen natürlich hinter ihren jeweiligen FachministerInnen – selbstverständlich auch Angela Merkel (Kießling 2008, 92; Oberreuter 2008, 114), die Bundeskanzlerin in spe, der sicher nicht an einem starken „Nebenkanzler“ im vergrößerten Bundeswirtschaftsministerium gelegen gewesen sein dürfte, zumal Stoiber selbst zuvor angesichts der Situation einer großen Koalition Zweifel an Angela Merkels Richtlinienkompetenz geäußert hatte (Kießling 2008, 92; Thaysen 2006b, 471), was diese wohl kaum als Loyalitätserklärung verstanden hat. Stoibers wachsender Unzufriedenheit mit seinen bundespolitischen Perspektiven kam schließlich die Entwicklung beim Koalitionspartner SPD entgegen: Deren Vorsitzender, Franz Müntefering, hatte wichtige personalpolitische Vorstellungen in seiner eigenen Partei nicht durchsetzen können und war deswegen vom Amt des SPD-Chefs zurückgetreten. Die Tatsache, dass Münteferings dama­liger Nachfolger als SPD-Vorsitzender, der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck, nicht ins Kabinett Merkel eintreten wollte, nahm Stoiber – bereits im Zweifel darüber, ob das Amt als Bundesminister denn nun wirklich seiner politischen Lebensplanung entsprechen könnte (Thaysen 2006a, 596) – zum Anlass, zu erklären, dass dann auch die Präsenz des CSU-Vorsitzenden im Kabinett nicht mehr nötig sei, und kündigte an, weiter Ministerpräsident in Bayern sein zu wollen (Hilmer/Müller-Hilmer 2006, 213f.; Kießling 2008, 83; Thaysen 2006b, 471). Stoibers­ Idee war es offenbar, es im Endeffekt dann eben doch Strauß gleichzutun und in München als eine Art regierungsinterne Opposition (Schoen 2007, 508) gegen eine CDU-geführte Bundesregierung aufzutreten. In Bayern hatten sich aber bereits der bayerische Innenminister Günther Beckstein und sein Amtskollege aus dem Wirtschaftsressort, Erwin Huber, auf einen Machtkampf zur Nachfolge Stoibers vorbereitet (Kießling 2008, 93; Oberreuter 2008, 114). Doch nicht nur bei Stoibers wahrscheinlichen bayerischen Erben, sondern auch in der Bevölkerung kam Stoibers Amtsverzicht im Kabinett Merkel schlecht an (Kießling 2008, 93; Oberreuter 2008, 114). Die Beliebtheitswerte Stoibers in den regelmäßigen Um­fragen (wie zum Beispiel das Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen und des Zweiten Deutschen Fernsehens) sanken rapide (Kießling 2008, 93) und erholten sich auch dann nicht, als Stoiber sein Fehlverhalten eingestanden hatte. Sein Amtsverzicht wurde ohne Zweifel als Flucht aus bundespolitischer Verantwortung zurück in die bayerische Behaglichkeit gewertet.

Edmund Stoiber setzte sich aber innerparteilich durch und führte seine Re­gierungsgeschäfte in Bayern fort. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er im Jahr 2008 die CSU wieder als Spitzenkandidat in die bayerische Landtagswahl führen wollte und dass er das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten (mindestens) bis zur Folgewahl im Jahre 2013 auszuführen gedachte (Kießling 2008, 97; Oberreuter 2008, 112).9 Dies stieß bei der bayerischen Wahlbevölkerung jedoch auf keinerlei Gegenliebe (Kießling 2008, 95). Unter den KritikerInnen dieser Entscheidung befand sich im Jahre 2006 auch die Landrätin des Landkreises Fürth, Gabriele Pauli (Kießling 2008, 96; Oberreuter 2008, 113). Pauli hatte 1990 zur allgemeinen Überraschung im Alter von nur 32 Jahren das Amt der Landesrätin in einer SPD-Hochburg für die CSU gewinnen können und wurde 1996 und 2002 mit immer noch besseren Ergebnissen in diesem Amt bestätigt. Diese Ausnahmeerfolge hatten ihr auch einen Platz im CSU-Vorstand beschert, nachdem sie doch außerdem auch die Mehrfachquote der Frau, der jungen Nachwuchspolitikerin und der Fränkin erfüllte. Ihre Kritik an Stoiber fand jedoch kein Gehör – Stoiber soll ihr wörtlich mit einem „Sie sind nicht wichtig“ geantwortet haben (Oberreuter 2008, 112). Im Dezember 2006 warf Pauli, mittlerweile explizite Kritikerin an Stoibers Machtanspruch, dem Ministerpräsidenten und seinem Büroleiter, Michael Höhenberger, vor, sie bespitzelt haben zu lassen (Kießling 2008, 96), um sie aufgrund eventueller Alkoholprobleme und ehelicher Untreue zu diskreditieren und somit mit ihrer Kritik an Stoiber mundtot zu machen. Obwohl hier Aussage gegen Aussage stand, musste Höhenberger letztendlich zurücktreten, und Pauli wurde von Stoiber zu mehreren klärenden Gesprächen empfangen. Doch Stoiber war bereits in die Defensive geraten. Im Januar 2007 kündigte Stoiber schließlich an, im Herbst 2007 als CSU-Parteivorsitzender und bayerischer Ministerpräsident zurücktreten zu wollen (Kießling 2008, 83, 97; Oberreuter 2008, 112). So wie sich die Situation von außen betrachtet eröffnete, hatten Stoibers spätere Nachfolger Günther Beckstein und Erwin ­Huber sowie die CSU-Führungsriege Paulis Vorarbeit zum Anlass genommen, um sich nun endlich in diejenigen Positionen zu bringen, die ihnen bei Stoibers Absage an das Ministeramt in der Bundesregierung Merkel verloren gegangen waren. Günther Beckstein wurde schließlich Ministerpräsident, während Erwin Huber eine Kampfabstimmung um den CSU-Vorsitz gegen den Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer und Gabriele Pauli – längst von den Medien als „CSU-Rebellin“ tituliert10 – für sich entscheiden konnte, nicht zuletzt nachdem wochenlang eine außereheliche Affäre Horst Seehofers von den Medien breit diskutiert worden war (Kießling 2008, 97).

Gabriele Pauli selbst erhielt mit 2,5 Prozent nur einen äußerst geringen Anteil der Delegiertenstimmen. Abgesehen davon, dass sie selbst keine Hausmacht in der CSU hatte und aufgrund ihrer lediglich kommunalpolitischen Erfahrung für dieses Amt als nicht genügend qualifiziert erscheinen konnte, hatte sie in der Zwischenzeit durch eine Fotoserie in einem Hochglanzmagazin, die sie in Latex- und Lederkleidung in erotischen Posen zeigte, und durch den Vorschlag, Ehen auf sieben Jahre zu begrenzen und dann durch eine Art „Ehe-TÜV“ zu evaluieren, stark an Glaubwürdigkeit verloren. Sie wurde zunehmend von der CSU-Führung ausgegrenzt und konnte sogar ihr Rederecht beim Wahlparteitag nur eingeschränkt durchsetzen.11 Insgesamt war sie zu einer nicht einfach einzuordnenden Akteurin geworden: Einerseits war ihre Glaubwürdigkeit durch die Fotoserie und ihren Ehe-Vorschlag stark erschüttert, andererseits konnte sie sich als Opfer des CSU-Machtkampfes präsentieren, in dem sie die Vorarbeit hatte leisten müssen und Edmund Stoiber in die Bedrängnis gebracht hatte, während diejenigen, die von ihrem Vorstoß machtpolitisch am meisten profitierten – also Günther Beckstein und Erwin Huber – sie dann in der Folgezeit ausgrenzten. Pauli zog die Konsequenz aus ihrem miserablen Abschneiden bei den CSU-Vorstandswahlen,12 kandidierte im Jahr 2008 nicht wieder als Fürther Landrätin und trat aus der CSU aus.

Im Juni 2008 gab Frau Pauli dann bekannt, bei den Freien Wählern (FW) eingetreten zu sein und für die FW als Direktkandidatin im Wahlkreis von Ministerpräsident Beckstein anzutreten sowie auch zu versuchen, über einen Listenplatz der FW ein Landtagsmandat zu erringen. Während sie als Direktkandidatin lediglich einen Achtungserfolg erzielen konnte, gelang es ihr dann auch, über die Liste in den Landtag einzuziehen, übrigens mit dem weitaus besten Einzelergebnis aller FW-Mandatare, und das, obwohl sie von einem nicht sehr günstigen Listenplatz gestartet war.13 Vor allem über den Sommer war sie im Wahlkampf stark aktiv und erreichte bei ihren Auftritten mehrere Tausend WählerInnen. Die FW als politische Gruppierung zogen mit 10,2 Prozent klar in den bayerischen Landtag ein, wurden sogar drittstärkste politische Kraft in Bayern und positionierten sich damit noch vor den Grünen und der FDP. Rechnet man die Ergebnisse des bürgerlichen Lagers aus CSU, FDP und FW zusammen, so ist der Absturz von 2003 nach 2008 übrigens weit weniger dramatisch. Auch Wählerwanderungsanalysen zeigen, dass die FW ihre NeuwählerInnen vor allem von der CSU bekam. Es läge also nahe, im Erfolg der FW einen weiteren Grund (neben den oben erwähnten politischen Gründen) für den Misserfolg der CSU zu sehen.

Um diesen Faktor besser zu verstehen, ist es notwendig, sich kurz mit den ­Freien Wählern und mit Gabriele Pauli als Politikerin zu beschäftigen:

Obwohl die Freien Wähler im Jahre 2008 zum ersten Mal Landtagsmandate erran­gen, ist diese Gruppierung kein unbekannter Akteur in der bayerischen Po­litik. In der Kommunalpolitik sind die FW tief verwurzelt, sowohl was die Be­setzung von (Ober-)Bürgermeisterposten und Landratsposten angeht als auch ­hinsichtlich kommunaler Mandate. Organisatorisch betrachtet kann durchaus behauptet werden, dass in Bayern nicht nur die CSU, sondern auch die FW auf ein gut strukturiertes Netz kommunaler Verankerung zurückgreifen können.14 Pro­grammatisch und ideologisch können zwischen CSU und FW starke Überschneidungen ausgemacht werden, was auch ein Grund dafür gewesen sein dürfte, dass die FW bisher landespolitisch keinen Erfolg gehabt hatten – es gab für die Wäh­lerInnen einfach keinen Grund, sie der CSU vorzuziehen. Dies war anders im Jahre 2008 (wie oben dargestellt), und die FW nützten die politische Schwäche der CSU weidlich aus.

Hier kommt Gabriele Pauli ins Spiel. Pauli war nicht nur Landrätin von Fürth, sie hatte auch in Politikwissenschaft promoviert, und zwar mit einer Dissertation über „Polit-PR – Strategische Öffentlichkeitsarbeit politischer Parteien“ (Pauli-Balleis 1987). Paulis einziges konkretes Beispiel, mit dem sie ihre theoretische Darstellung empirisch illustriert, ist die CSU, deren verschiedene Formen politischer Öffentlichkeitsarbeit, wie beispielsweise die Tätigkeiten der CSU-Landes­leitung, die Aktivitäten der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung,15 die Presse- und Öffent­lichkeitsarbeit im engeren Sinn und den Bayernkurier als einzige noch ­existierende Parteizeitung (siehe auch Wagemann 2000), Pauli akribisch untersucht.16 Es kann also durchaus behauptet werden, dass Pauli die inneren Abläufe der CSU – vor allem hinsichtlich strategischer Planung und persuasiver Öffentlichkeitsarbeit – nicht nur als Politikerin in einer Doppelrolle aus herausgehobener Kommunalpolitikerin und Vorstandsmitglied, sondern auch aus wissenschaftlicher Perspektive detailliert kannte. Damit kannte sie auch den CSU-typischen Teil-Populismus sowohl als eingebundene Politikerin als auch als Politikwissenschaftlerin. Zudem lässt die Dissertation ein starkes Interesse an politischer Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnenfähigkeit im Allgemeinen vermuten. Wenn also Paulis Rolle sowohl in der Vorphase des Wahlparteitags der CSU im September 2007, bei dem sie ihren Mitbewerbern Huber und Seehofer so deutlich unterlag, als auch ihr sehr erfolgreicher Wahlkampf für die FW bewertet werden sollen, muss dieser Aspekt, nämlich dass Pauli eine Expertin in politischer Öffentlichkeitsarbeit ist, ausreichend berücksichtigt werden.

Und so lässt es sich schon leichter verstehen, warum sich Pauli in der Öffentlichkeit selbst als Opfer einer Intrige der Stoiber-Nachfolger darstellen konnte, warum sie der CSU vor ihrem Austritt noch Tipps gab, wie die Partei zu reformieren und zu demokratisieren wäre – sie setzte sich für Urwahlen und stärkere Mitgliedereinbindung ein (Oberreuter 2008, 113) –, um dann im Wahlkampf der CSU-Führung vorhalten zu können, sich nicht um die Interessen der BürgerInnen, ja nicht mal um die der eigenen Mitglieder und Gefolgsleute zu kümmern. Auch ihr Quotendasein in der CSU als Frau und Fränkin und Politikerin mit „innovativen“ Vorschlägen (siehe der Vorschlag zur Ehe) brachte sie in ihren Wahlkampf ein.

Der Landtagswahlkampf der Freien Wähler lässt sich durchaus in populistische Schemata einordnen:

Das Phänomen der Politikverdrossenheit (Mény/Surel 2004, 29; Papadopoulos 2005, 73f.) wurde mit Sicherheit von den FW bzw. Gabriele Pauli instrumentalisiert. Verdrossenheit hat im bayerischen Fall ihre Wurzel in der Tatsache, dass es keine Alternative zur CSU-Regierung zu geben schien (siehe das anhaltend niedrige Wahlergebnis der SPD), während die CSU selber aber nur suboptimale Politikergebnisse erzielte.

Dazu war das Protestelement stark prägend – die FW konnten, im Gegensatz zu den anderen Parteien, nicht über vom CSU-Programm besonders abweichende Politikvorstellungen identifiziert werden. Sie boten gleichsam eine CSU-Ideologie, ohne die CSU zu sein. Gabriele Pauli als in der Öffentlichkeit sichtbarste Protagonistin der FW17 verkörperte durch ihre persönliche Geschichte dieses Protestelement nahezu idealtypisch.

Damit einher geht auch die starke Akzentuierung der Kritik an der herrschenden Klasse (Mény/Surel 2004, 173ff.), in diesem Fall der CSU. Der Umstand, dass mit Günther Beckstein und Erwin Huber zwei altbekannte CSU-Politiker Gabriele Paulis Kritik an Edmund Stoiber zu ihrem eigenen Vorteil genutzt hatten, um dann Pauli auch noch fallen zu lassen, könnte aus populistischer Sicht als Arroganz der Macht interpretiert werden, bzw. könnte auch darauf hindeuten, dass die CSU große Defizite im Bereich innerparteilicher Demokratie haben könnte.

Zum Populismus gehört auch eine starke Führungspersönlichkeit (Mény/Surel 2004, 98ff.). Natürlich müssen hier im Falle Gabriele Paulis Abstriche gemacht werden, dennoch steht ohne Zweifel fest, dass sie selbst und ihre Geschichte ein zentrales Thema im FW-Wahlkampf waren. Die verschiedenen kleineren Skandalgeschichten, die sich mittlerweile um sie gerankt hatten (wie beispielsweise die Latex-Fotos), haben zudem noch zu Paulis Bekanntheitsgrad beigetragen.

Somit ist die populistische Komponente im Wahlkampf der FW unverkennbar. Es sei noch angemerkt, dass die FW sicherlich nicht als ausschließlich populistische Gruppe charakterisiert werden dürfen, nachdem sich vor allem die kommunalpolitischen ProtagonistInnen der FW in der Sacharbeit verdient gemacht haben und die FW in den bayerischen Kommunen als wichtige Plattform für parteipolitisch nicht gebundene, aber politisch interessierte BürgerInnen gelten.18

Dennoch lässt sich der FW-Wahlkampf nicht auf Populismus reduzieren. Der langjährigen Verankerung in der Kommunalpolitik verdankten die FW (und auch Frau Pauli) eine profunde Kenntnis politischer Zusammenhänge, vor allem im lokalen­ Bereich, wo denn auch die Negativeffekte der CSU-Politik der letzten Jahre­ besonders deutlich hervortraten – so belasteten, wie oben dargestellt, vor allem­ die Änderungen in der Schulpolitik (zum Beispiel Mittagsbetreuung am G8-Gym­nasium, Schließung von Teilhauptschulen) auch die Kommunen stark; auch das beim Transrapid und den Landesbankverlusten verbrauchte Geld fehlte lokalen Gebiets­körper­schaften. Der FW-Wahlkampf, in der Öffentlichkeit von Frau Pauli dominiert, nutzte also das übliche Doppelspiel der CSU-Strategen für sich aus und kombinierte populistische Ansätze mit harten, konkreten und durchaus komplexen politischen Inhalten. Dass so eine Strategie Erfolg haben kann, hatte die CSU, die Frau Pauli über mehr als 20 Jahre so gut kennengelernt hatte, zur Genüge bewiesen – und die Gelegenheit, die CSU mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen, war angesichts der jüngsten Erfolglosigkeit der CSU in dieser Hinsicht auch günstig.

Im Übrigen tut sich im Falle von Gabriele Pauli und den FW auch eine deutliche Parallele zu den Tiroler Landtagswahlen19 auf: Auch Fritz Dinkhauser wurde als „ÖVP-Rebell“ bezeichnet und schlug seine frühere Partei mit ihren eigenen Strategien.

4. Mehr als nur eine Zäsur? Die bayerische Landtagswahl im Kontext

Mit etwas zeitlichem Abstand betrachtet, brachte die bayerische Landtagswahl vom 28. September 2008 zwar ein sensationelles Ergebnis, aber das auch nur hinsichtlich eines ganz spezifischen Punktes, nämlich der Umverteilung der bürgerlichen Stimmen weg von der CSU (was sie ihre Sonderrolle kostete) hin zu den FW und zur FDP. Ansonsten halten sich die Überraschungen in Grenzen:

Die SPD verzeichnete ihr historisch niedrigstes Ergebnis bei allen bayerischen Landtagswahlen nach dem Zweiten Weltkrieg.20 Damit liegt die Bayern-SPD nicht nur in ihrem eigenen Trend – die vorhergehenden Landtagswahlen kündigten diesen Abstieg schon an –, sondern auch im Bundestrend.

Die FDP liegt ebenfalls im Bundestrend, bei dem sie als stärkste Oppositionspartei im Deutschen Bundestag von der Existenz einer Großen Koalition auf Bundesebene profitieren kann. Ihr bayerisches Ergebnis lag übrigens weit unter den bundesweiten Umfragewerten vom September 2008.

Die Grünen haben sich nicht nennenswert verbessert – auch hier liegt mehr Stabilität als Dynamik vor.

Auch das Ergebnis der Partei Die Linke war anderen Wahl- und Umfrageergebnissen der Linken in anderen westdeutschen Bundesländern vergleichbar.21

Weitere Parteien spielten keine Rolle. Auch die in Bayern immer wieder mal bei Volksabstimmungen für Furore sorgende Ökologisch-Demokratische Partei (ödp) setzte ihre Misserfolgsserie fort.

Das Aufkommen einer Gruppierung wie die FW ist kein auf Bayern beschränktes Phänomen. Immer wieder erreichen auf Länderebene Parteien und WählerInnengruppen Landtagsmandate, zuletzt in Hamburg in den Neunzigerjahren die STATT-Partei und später die Schill-Partei.

Und die CSU liegt mit ihrem Ergebnis nach wie vor weit über den Prozentwerten, die CDU und CSU in den Umfragen vorhergesagt werden. Auch wenn der Verlust deutlich war, so wurde die absolute Mehrheit der Sitze nur knapp verloren. Damit ist die CSU nach wie vor einer der stärksten Landesparteiverbände Deutschlands. Der Regierungsauftrag ist eindeutig, hat die CSU doch mehr als doppelt so viele Stimmen bekommen wie die zweitplatzierte SPD. Die Sonderstellung der CSU-Landesgruppe in der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestags bleibt bestehen.

Insofern ist das Ergebnis nicht so sehr spektakulär, wäre da nicht der Mythos, der sich in den letzten Jahrzehnten um die CSU gerankt hat. Die CSU bleibt trotz ihrer Verluste ein Ausnahmefall in der deutschen Parteienlandschaft, wenn auch nicht mehr so akzentuiert wie bisher.

Die Wahlniederlage war auf klar definierbare Faktoren zurückzuführen. Die CSU hat ihr eigenes Prinzip der Verbindung erfolgreicher Sachpolitik bei gleichzeitig vorgebrachten populistischen Argumenten weitgehend aufgegeben, bzw. sie war bei ihrer Regierungsarbeit und bei der Themensetzung erfolglos, während die FW mit Gabriele Pauli an der Spitze diese Schwäche erfolgreich ausnutzten.

Damit ist wieder alles offen. Für die Zukunft wird für die CSU vieles davon abhängen, wie es ihr gelingt, die Botschaft des Wahlergebnisses zu verstehen und auf die alte Erfolgsstraße zurückzukehren. Es kommt aber noch ein weiterer Faktor dazu, nämlich, wie die FW die kommenden fünf Jahre im bayerischen Landtag zur Profilbildung nutzen können. Vergleichsfälle von Kleinparteien, die als bürgerliche Protestparteien (mal mehr und mal weniger rechtslastig, wie die Beispiele von STATT-Partei und Schill-Partei zeigen) Sitze in Landesparlamenten erhielten, verheißen Schlimmes: Keiner dieser bürgerlichen Protestparteien war ein langes parlamentarisches Leben vergönnt. Und bei einem Zusammenbruch der FW stünden mehr als zehn Prozent der Stimmen zur Neuverteilung an.

Gezeigt hat das bayerische Wahlergebnis aber dennoch etwas: Die bayerischen WählerInnen reagieren. Die Wahl der CSU ist kein einfacher Automatismus. Demo­kratie­theoretisch ist dies sicherlich erfreulich, wurden doch elektorale Accoun­tability, aber auch die Möglichkeit zur Regierungsalternanz als Indikator für gesunden­ Parteienwettbewerb als Dimensionen qualitativ hoch zu bewertender Demo­kratien identifiziert (Diamond/Morlino 2005, xvii; Strom 1989, 297). Bayern hat gezeigt, dass Accountability und Parteienwettbewerb auch nach einem halben Jahrhundert hegemonialer Dominanz einer einzigen Partei noch funktionieren können­.

Anmerkungen

1 Wie hinlänglich bekannt ist, haben sich die bayerischen Christdemokraten nie der Bundespartei CDU angeschlossen. So gibt es in Deutschland 15 Landesverbände der CDU und die bayerische CSU. Die CDU hat noch nie an bayerischen Wahlen teilgenommen, die CSU niemals außerhalb Bayerns. Die beiden Parteien sind organisatorisch klar getrennt und werden gemeinhin als „Schwesterparteien“ bezeichnet.

2 Verschiedene Print- und audiovisuelle Medien bemühten nach der Landtagswahl historische Vergleiche, um den Einbruch ins rechte Verhältnis zu rücken. Allerdings ist es nicht wahr, dass es sich um den größten Einbruch einer Partei bei deutschen Bundestags- oder Landtagswahlen handelt: Es war keine geringere Partei als die CSU selbst, die 1950 um fast 25 Prozentpunkte abstürzte.

3 Nach dem bayerischen Wahlrecht sind nur Parteien, die mindestens 5 Prozent erhalten, im bayerischen Landtag vertreten.

4 Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland formen die CDU (die in allen Bundesländern außer Bayern antritt) und die CSU (die nur in Bayern antritt) im deutschen Bundestag eine gemeinsame Fraktion. Als nach den Bundestagswahlen 1976 die CSU diese Vereinbarung (einseitig) aufkündigen wollte, war ein Punkt des gefundenen Kompromisses zwischen CDU und CSU die hervorgehobene Stellung der CSU-Landesgruppe innerhalb der gemeinsamen Bundestagsfraktion. Seitdem wird die Landesgruppe als wichtiges strukturelles Scharnier zwischen dem bayerischen Element der CSU (alle Mitglieder der Landesgruppe stammen ja notwendigerweise aus Bayern und müssen dort ihre Mandate verteidigen) und dem bundespolitischen Anspruch angesehen. Durch dieses institutionelle Arrangement kann die CSU sogar eine Doppelrolle ausüben, nämlich einerseits an einer Bundesregierung beteiligt sein und andererseits die Beschlüsse aus bayerischer Sicht kritisieren (Jesse 1996, 32f.).

5 Das Gymnasium ist die Schulart, die zur Hochschulreife (Abitur) führt und wird von SchülerInnen der 5. bis 13. Klasse (künftig 5. bis 12. Klasse) besucht.

6 In jener Studie hatten deutsche SchülerInnen unerwartet schlecht abgeschnitten, während die bayerische Teilgruppe im innerdeutschen Vergleich durchwegs hohe Ergebnisse erzielen konnte.

7 Hauptschulen werden in Bayern in den Klassenstufen 5 bis 9 (teilweise auch bis 10) von denjenigen SchülerInnen besucht, die nicht für die höheren Schulen Gymnasium und Realschule geeignet sind. Um diesen SchülerInnen den Übergang in die neue Schulform zu erleichtern, wurden die HauptschülerInnen vor allem im ländlichen Bereich räumlich (und schulorganisatorisch) zumindest in den Klassenstufen 5 und 6 bei den Grundschulen belassen. Diese Schulform wurde „Teilhauptschule“ genannt. Derzeit sind viele davon bereits wieder geschlossen; erklärtes Ziel des bayerischen Kultusministe­riums ist, diese Schulform so schnell wie möglich komplett aufzugeben.

8 So machte aufgrund von Angela Merkels ostdeutscher Biografie beim traditionellen Treffen der CSU-Landesgruppe im Bundestag im oberbayerischen Wildbad Kreuth im Januar 2005 die Bezeichnung der „Ostwachtel“ für die CDU-Vorsitzende die Runde (Stern 22/2005, „Er oder sie“), während Franz-Josef Strauß Helmut Kohls Ambitionen auf die Kanzlerschaft im Jahre 1976 so charakterisiert: „Er ist total unfähig, ihm fehlen die charakterlichen, die geistigen und die politischen Voraussetzungen. Ihm fehlt alles dafür“ (Homepage des Zweiten Deutschen Fernsehens, www.heute.de/ZDFheute/inhalt
/11/0,3672,7382827,00.html?dr=1).

9 Konkret erklärte Stoiber, er mache keine halben Sachen (Oberreuter 2008, 112).

10 Dies dürfte eine medientypische Übertreibung sein, nachdem Frau Pauli lediglich den Auslöser für das politische Ende Edmund Stoibers darstellt (Kießling 2008, 83, 98; Oberreuter 2008, 114).

11 Es hält sich hartnäckig das Gerücht, der damalige CSU-Generalsekretär Markus Söder habe ihr das Mikrofon abdrehen lassen.

12 Sie war nicht nur bei den Wahlen um den CSU-Vorsitz erfolglos, sondern wurde auch für den CSU-Vorstand nicht einmal mehr vorgeschlagen.

13 Das bayerische Landtagswahlrecht sieht vor, dass nicht nur Listen, sondern auch einzelne ListenkandidatInnen gewählt werden können. So ist es möglich, weiter hinten platzierte KandidatInnen „vorzuwählen“.

14 Die Strukturstärke der CSU – verglichen mit einer entsprechenden Schwäche bei der SPD – war immer wieder als Argument für den Erfolg der CSU angeführt worden (Hausleiter 1994, 179; Mintzel 1987b, 86ff.; 1995, 239).

15 Diese Aktivitäten spiegeln sich vor allem in der politischen Bildungsarbeit wider.

16 Paulis Arbeit hat ausschließlich beschreibenden Charakter, kann aber als die einzige Studie bezeichnet werden, die sich explizit und vor allem aus einer Insider-Perspektive dieses Themas angenommen hat.

17 Landeschef der FW ist der Landwirt Hubert Aiwanger, der zwar im FW-Wahlkampf auch eine tragende Rolle spielte, aber natürlich nicht an Paulis Popularität heranreichte.

18 In der Tat, Frau Paulis Kandidatur stieß nicht nur auf Gegenliebe bei den Mitgliedern und Führungspersönlichkeiten der FW. Dies unterstreicht auch Paulis schlechter Listenplatz für die Landtagswahl.

19 Siehe dazu den Beitrag von Ferdinand Karlhofer in diesem Band.

20 Dies hielt ihren Spitzenkandidaten, Franz Maget, aber nicht davon ab, für sich das Amt des Ministerpräsidenten in einer (rechnerisch möglichen) Viererkoalition aus SPD, FDP, FW und Grünen zu reklamieren.

21 Eine Ausnahme bildet hier das Saarland, wobei die Persönlichkeit des aus dem Saarland stammenden Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine eine starke Rolle spielt.

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Abstracts

Baviera: Tra la politica del successo
e il populismo

Alle elezioni regionali bavaresi del settembre 2008 la CSU ha perso la posizione dominante che deteneva da moltissimi anni. La consueta strategia della CSU di combinare la propria politica pragmatica e vicina ai cittadini con un approccio più populista questa volta non ha funzionato. Non solo la CSU ha commesso errori in vari settori politici come la scuola e la finanza pubblica, ma anche le offerte politiche pseudo-populiste, come il treno ad alta velocità Transrapid o la legge anti-fumo hanno sortito l’effetto opposto a quanto si proponevano. Di questa debolezza della CSU ha approfittato soprattutto il partito Freie Wähler, che ha fatto propria la tradizionale strategia della CSU, cioè un mix di successo politico e populismo. Ciononostante il risultato delle elezioni regionali bavaresi può considerarsi “normale”, poiché i cambiamenti non sono stati sorprendenti, anche a confronto con altri Länder germanici. Essi evidenziano che il voto per un determinato partito non è più scontato, nemmeno in Baviera.

Paiern: Danter la politica dl suzès y dl populism

Dales lîtes te Paiern de setëmber dl 2008 à la CSU tlermënter pordü süa posiziun sterscia che ara â albü da agn incà. La solita strategia dla CSU da combiné süa politica pragmatica y daimprò ala jënt cun na manira de aziun populista n’à chësc iade nia fat faziun. La CSU n’à nia ma fat fai te c´iamps desvalis sciöche tla politica dla istruziun y dles finanzes, mo inc´e les ofertes politiches pseudo-populistes, sciöche le transrapid y la proibiziun da fomé, à plütosc arjunt le contrar de süa intenziun originara. De chësta deblëza s’un à aprofité dantadöt le partì di litadus lëdi „Freie Wähler“ che à fat süa la strategia tradizionala dla CSU da combiné suzès politich y populism. Impò mëss les lîtes regionales de Paiern gnì registrades sciöche „normalité“, do che les mudaziuns – inc´e da confrontè cun d’atri Länder todësc – n’é nia stades impreodüdes. Ares testimoniëia plü co ater che la lîta de n cert partì n’é gnanca plü te Paiern n automatism.

Bavaria: Between Policy Success
and Populism

The Bavarian regional elections in September 2008 led to a loss of the long-term dominant position of the political party CSU. This time, its usual strategy of a combination of successful and citizen-oriented policy-making and populist approaches did not work out. The CSU did not only make mistakes in such different policy fields as educational and financial policies, but also the pseudo-populist political initiatives such as the high-speed train Transrapid or the ban on smoking in public restaurants became counter-productive. This failure of the CSU was exploited by the so-called Freien Wähler, which successfully copied the CSU strategy of substantial policy-making and populism. Nevertheless, the Bavarian regional elections have to be seen as ‘normality’, since most of the changes – also compared to other German Länder – have not been surprising. They rather demonstrate that the election of certain parties is not automatic any more, not even in Bavaria.