Werner Pramstrahler
Kleine Notlagen – große Auswirkungen?
Die Veränderungen in der Erwerbssphäre als Mitursache
für den Aufstieg des Rechtspopulismus in Südtirol
Ein Teil der integrierten Arbeiterklassen und der abhängig Beschäftigten der kleinen Mittelklasse ist vom Absturz bedroht. Im Gegensatz zur Konsolidierungsphase der Lohnarbeitsgesellschaft, in der das Fundament der gesicherten Positionen kontinuierlich erweitert und die Wege des sozialen Aufstiegs gebahnt worden sind, ist nun eine gegenläufige Bewegung vorherrschend. Es sind zweifellos diese Zwischenklassen – und nicht der obere oder der untere Teil der Gesellschaftspyramide, die aufgrund der blockierten Aufwärtsmobilität gegenwärtig nicht allzu viel erwarten, aber einiges zu verlieren haben, wo über das Gleichgewicht unserer Sozialstruktur entschieden wird (Rechts- oder Linkspopulismus sind nur der politische Ausdruck ihrer Verunsicherung).
Robert Caste (2000). Die Metamorphosen der sozialen Frage, 357.
1. Einleitung
Rechtspopulistische Parteien sind in ganz Europa zu etablierten Akteuren geworden, die kaum mehr aus der politischen Arena wegzudenken sind. Ob der sensationelle Erfolg der Lega Nord bei den italienischen Parlamentswahlen im Frühjahr 2008, der letztlich doch überraschende Einzug des Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) in den österreichischen Nationalrat bei gleichzeitigem Stimmenzuwachs der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) oder die jüngsten Wahlerfolge bei den Kärntner und Salzburger Landtagswahlen im März 2009: Stets liegen die Wahlergebnisse über den Erwartungen und stellen die Regierungsbildungsprozesse in den politischen Systemen vor neue Herausforderungen. Südtirol stellte überraschend lange einen Sonderfall dar: Dem Siegeszug des parteimäßig organisierten Rechtspopulismus leistete die SVP als hegemonialer Akteur jahrzehntelang erfolgreich Widerstand. Einer der letzten europäischen Massenparteien, der zudem als permanenter Regierungspartei eine professionelle, mit Ressourcen (Sachkompetenz, Personal und Finanzen) ausgestattete Administration zur Formung ihres Umfeldes zur Verfügung steht, gelang es, sich vor dem rechtspopulistischen Sturm in den Windschatten zu retten. Bis zum 26. Oktober 2008. Es stellt sich die Frage, weswegen in Südtirol trotz des bestehenden Nährbodens (konstituiert durch den hohen Stellenwert der „Gemeinschaft“) den populistischen Parteien der Durchbruch erst relativ spät gelungen ist.
Für den aktuellen Erfolg des Rechtspopulismus spielen zwei Aspekte eine zentrale Rolle: Zum einen hat die Kritik an der „politischen Kaste“ auch innerhalb der bislang vergleichsweise immun gebliebenen Bevölkerung Fuß gefasst, zum Zweiten sind die sozioökonomischen Verwerfungen zu thematisieren, die zu den rechtspopulistischen Reaktionen innerhalb der deutschsprachigen (und mit Abstrichen auch innerhalb der ladinischen) WählerInnenschaft geführt haben. Nicht behandelt werden in diesem Diskussionsbeitrag die Entwicklungen im Bereich des Angebotes, also die von Kontroversen und persönlichen Animositäten begleitete Formierung von vier als rechtspopulistisch zu bezeichnenden Parteien; nur gestreift werden die Entwicklungen innerhalb der italienischsprachigen WählerInnenschaft. Abschließend wird kurz der Frage nachgegangen, welchen Stellenwert die Entwicklungen in Südtirol in Bezug auf die „alpenländische“ Spielart des Populismus einnehmen.
2. Populismus: Begriff und Erscheinungsformen
Der Hinweis, dass der Populismusbegriff ein vielschichtiger sei, inflationär angewendet werde und sowohl in der Fachpublizistik wie in der Öffentlichkeit eine steile Karriere gemacht habe, fehlt in keinem Beitrag über Populismus; ein Schicksal, das der Populismus im Übrigen mit anderen kontroversen politischen und politikwissenschaftlichen Begriffen wie etwa jenem der Demokratie teilt (Crosti 2004, 425–427). Der Politikwissenschaftler Christoph Butterwege ortet als (eine) Quelle der Mehrdeutigkeit die beiden unterschiedlichen Deutungsmuster des Populismus (2008, 39–43):
Ansätze, die eine Ubiquität des Populismus konstatieren, deuten diesen primär als Politikvermittlungsform. Danach bezieht sich Populismus vorwiegend auf die Art, wie Politik gemacht beziehungsweise an den Mann/die Frau gebracht werde. Als populistisch gelten Mobilisierungsstrategien, die das Aufnehmen von real existierenden diffusen Einstellungen und Ressentiments für sich nutzbar machen, wobei Parteien als stimmenmaximierende Akteure ihre Programmatik mit den Mitteln der modernen Meinungsforschung entlang der Vorurteile und Affekte bestimmter sozialer Gruppen entwickeln. Die unterschiedlichen inhaltlichen Positionen erklären sich demnach aus der Anpassung an die sich verändernden Stimmungen bzw. an die Änderungen in der Zusammensetzung der WählerInnenstruktur. Die Erfolgsbedingungen für diese Variante der populistischen Dynamik sind nach Mèny/Surel (2004, 85–124) die Krise der politischen Vermittlungsstrukturen, die Personalisierung der Macht und der politischen Auseinandersetzungen sowie die Mediatisierung des politischen Lebens.
Populismus, Rechtspopulismus zumal, muss allerdings interessen- und klassenpolitisch verortet werden. Dieser Ansatz postuliert, dass der Populismus europäischer Ausprägung „erstens eine recht genau lokalisierbare soziale Basis, zweitens eine zwar weniger elaborierte, dennoch konkrete Gesellschaftsvorstellung und drittens ein spezifisches Verständnis vom Staat und seinen Funktionen hat“ (Priester 2007, 13).
„Wie ein roter Faden ziehen sie sich durch alle Bewegungen, die auch nur entfernt im Ruch des Populismus gestanden haben oder stehen: ein bestimmtes Verständnis von Freiheit, verstanden als Freiheit vom Staat, als Freiheit zu selbstbestimmter Tätigkeit, zu Autonomie, als Freiheit vor Bevormundung aller Art, sei es des Staates, der Intellektuellen, Experten oder Technokraten. Populisten vertreten […] zutiefst bürgerlich-liberale Werte und sind als Kleinproduzenten selbst Teil des Bürgertums“ (Priester 2007, 13).
Diese ideologische Verortung des Rechtspopulismus schließt kapitalismuskritische Positionen keineswegs aus – im Gegenteil. Im Anschluss an Butterwege betrachtet der vorliegende Beitrag Populismus im Wesentlichen als Rechtspopulismus (vgl. Butterwege 2008, 51–58). Ein Linkspopulismus europäischer Prägung wäre nach Meinung des Autors nur als stimmungsaufgeladene, affektive Mobilisierungsstrategie bzw. als Kommunikationsmittel von Parteien denkbar, da einem veritablen parteipolitisch organisierten Linkspopulismus in der überwiegenden Anzahl der Staaten die soziale Basis fehlt.1
Gemeinsam ist allen Formen des Rechtspopulismus eine zutiefst antipolitische Komponente: Zu den „Feinden“ des Volkes zählen in erster Linie die Parteien und die politische Elite, in der Regel das gesamte wirtschaftliche, finanzielle und intellektuelle Establishment. Mèny und Surel (2004, 58–68) schlussfolgern, dass die Spezifität des Populismus in der ständigen Unzufriedenheit mit der realen Praxis der Volkssouveränität liege. Demnach richtet sich der Populismus stets gegen gesellschaftliche Machtungleichgewichte, sein „normativer Bezugspunkt ist die Volkssouveränität, die gegen ihre institutionelle Einhegung und Überformung sowie gegen Inanspruchnahme durch mächtige gesellschaftliche Partikularinteressen reklamiert und eingefordert wird“ (Bochert 2006, 3–4). Die Kritik des Populismus an der Repräsentation entzündet sich vor allem an der empfundenen Distanz zwischen politischer Klasse und Repräsentierten: Der/die VolksvertreterIn agiert nicht im Auftrag der anderen, sondern er/sie „ist gewissermaßen für sie dort“, wobei der Ähnlichkeit zwischen Volk und VolksvertreterIn eine entscheidende Bedeutung zukommt (ausführlich hierzu Mèny/Surel 2004, 68–80). Zur antipolitischen Komponente gehört zudem die Tendenz, an die Stelle komplexer politischer Prozesse gewissermaßen eine einfache Lösung durch eine Leadership und den Appell an den common sense des einfachen Bürgers (und des Hausverstandes der einfachen Bürgerin) zu setzen (Crosti 2004, 432–433).
Von Butterwege stammt der Versuch, innerhalb des Rechtspopulismus bestimmte Grundvarianten zu unterscheiden (2008, 43–45):
In der Variante des Sozialpopulismus (Wohlfahrtschauvinismus) wenden sich Rechtspopulisten gegen den ihrer Meinung nach die eigene Wirtschaft und den eigenen Wirtschaftsstandort gefährdenden Wohlfahrtsstaat und rekurrieren hierfür auf das Phänomen des „Sozialneids“. Diese Form des Populismus weist über die (legitime) Kritik an reglementierenden sozialbürokratischen Missständen hinaus und benennt in den angeblich sozialstaatliche Regelungen ausnutzenden „Sozialschmarotzern“ regelrechte Sündenböcke für tatsächliche und angenommene sozial- und wirtschaftspolitische Miseren.
Als weitere Variante benennt Butterwege den Kriminalpopulismus, der aus einer permanent eingeforderten Härte tatsächlichen (und angeblichen!) Kriminellen gegenüber besteht.
Der Nationalpopulismus – man kann mit Pallaver (2005, besonders 188 und 208) auch von Ethnopopulismus sprechen – ist die dritte Variante. Diese beruht darauf, dass eine Unterscheidung zwischen „innen“ und „außen“, zwischen der „Wir-Gruppe“ und „den Anderen“ konstruiert wird.
Als Radikalpopulismus bezeichnet Butterwege jene Bestrebungen, die in einer tiefen Politikverdrossenheit wurzeln, der dazu führt, dass die Eliten (vornehmlich der anderen politischen und institutionellen) Akteure der ständigen Korruption verdächtigt werden.
3. Der Rechtspopulismus als Kehrseite der Modernisierung
Der zeitgenössische Rechtspopulismus ist ohne tief greifende Modernisierungsprozesse nicht denkbar. Dem Populismus als Philosophie der Freiheit der Person sind sämtliche gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Modernisierungen suspekt, insofern sie das „natürliche“, ausgewogene Verhältnis zwischen Gemeinschaftszugehörigkeit2 und personaler Entwicklungsmöglichkeit stören (Priester 2007, 66). Waren historisch gesehen die Säkularisierung und die Urbanisierung zwei äußerst relevante Modernisierungsschübe für die Regionen des Alpenraumes (Caramani 2005, 93), so sind die aktuellen Wahlerfolge rechtspopulistischer Parteien gerade bei den ökonomisch und sozial gut integrierten Bevölkerungskreisen und in den ökonomisch erfolgreichen Regionen Hinweise dafür, dass sich tief greifende Veränderungen abspielen. Drei Aspekte seien angeführt:
Der Vertrauensverlust in die politischen Eliten, in die repräsentativ-demokratischen Verfahren und in die staatlichen Einrichtungen. Der Logenplatz im populistischen Pantheon der Feinde des Volkes gebührt der (als privilegiert und zum Teil sogar korrupt empfundenen) politischen Elite (Tarchi 2004, 432). Etablierte Parteien, Berufspolitiker, Vetternwirtschaft, die Kosten der Politik, die als unzureichend empfundene Entscheidungsfähigkeit, kurz: die Abgehobenheit der politischen Kaste gelten als Ursachen für die ungelösten Probleme der jeweiligen Gesellschaft bzw. Gemeinschaft. Diese Kritik schließt nicht nur diejenigen ein, die direkt von der Politik leben (also nicht nur die BerufspolitikerInnen), sondern betrifft zudem die im politiknahen Bereich angesiedelten ExpertInnen und die in der Administration beschäftigten Intellektuellen. Diese werden mit unterschiedlicher Vehemenz und unterschiedlichen Stilmitteln als ihre eigenen Interessen verfolgende „Kaste“ empfunden, die jeglicher Art „richtiger Arbeit“ abhold sei. Die Spitzengehälter der Südtiroler PolitikerInnen, deren angebliche und tatsächliche Privilegien (insgesamt die Kosten der Politik) sind diesbezüglich ein öffentlichkeitswirksames Sujet, aber auch der vergleichsweise hohe Anteil an öffentlich Bediensteten in Südtirol. Empirische Hinweise für eine entsprechende Skepsis waren bereits im Vorfeld der Landtagswahl feststellbar: Aus einer im Frühsommer 2008 unter abhängig Beschäftigten durchgeführten Umfrage geht hervor, dass den politischen Parteien kaum Vertrauen entgegengebracht wurde. Vor allem italienischsprachige Befragte wiesen äußerst niedrige Vertrauenswerte Parteien gegenüber auf (AFI-IPL 2008b, 5–6). Interessanterweise war das Vertrauen der italienischsprachigen abhängig Beschäftigten in die Südtiroler Landesregierung stärker als das der deutschsprachigen Befragten.
Die wirtschaftliche und soziale Krise. Die Abgehobenheit der politischen Elite ist weder ein neues noch für sich genommen ein wirksames Thema, sofern nicht bestimmte Rahmenbedingungen gegeben sind. Der Gegenpol zum abgesicherten, gut verdienenden Politiker war im Jahr 2008 fraglos der hart arbeitende, von der Steuerbelastung erdrückte und der beginnenden Krise gebeutelte Kleinunternehmer und – mit Abstrichen – auch der Arbeiternehmer. Gerade die beginnende Krise hat in Südtirol seit Längerem virulente soziale Themenstellungen – durchaus zu Recht – in den Mittelpunkt des Interesses gerückt: die relative Armut und das ungleich stärkere Wachstum der Gewinne im Vergleich zu den Entlohnungen, die unzureichenden Mitwirkungsmöglichkeiten der ArbeitnehmerInnen in den Betrieben, das Fehlen prekaritätsvermeidender kollektivvertraglicher Mindestlöhne in einigen Branchen, vor allem für Teilzeit- und Saisonbeschäftigte, Steuerprivilegien für bestimmte Gruppen von Wirtschaftstreibenden. Bezeichnend ist, dass Einkommensverteilung und Kaufkraftverlust, wiewohl seit Mitte der Neunzigerjahre empirisch erhoben und demoskopisch analysiert, erst durch die herannahenden Landtagswahlen vehement in den Mittelpunkt politischen Agierens gerückt sind. Bereits seit 2003 lässt sich nachweisen, dass immer breitere Kreise der abhängig Beschäftigten einen zum Teil massiven Kaufkraftverlust verspüren (vgl. hierzu AFI-IPL 2008a, 10). Obwohl die Südtiroler Landesregierung mit einem sozialen Maßnahmenpaket reagiert hat, konnte der Stimmenzuwachs der rechtspopulistischen Parteien nicht verhindert werden. Dafür lässt sich ein kurzfristig wirksamer Grund vermuten: Die Ausformung der gegenwärtigen Krise kommt rechtspopulistischen Interpretationen sehr entgegen. Zwar akzeptiert der Populismus ohne Frage Reichtum, der auf harter Arbeit, Mühe und Anstrengung beruht – Aspekte, die mit seinem Kult des „einfachen Mannes“ einhergehen (Tarchi 2004, 424). Wenn die Besonderheit des Populismus in den Alpenländern, wie Hans Georg Betz überzeugend begründet, darin liegt, dass er „eine Revolte der Kleinproduzenten“ sei und auf einer „Emphase der unternehmerischen Tugenden des Mittelstandes“ (Betz 2005, 164–165, englisch im Original) gründe, dann liegt es nahe, dass die durch das undurchsichtige Agieren des anonymen und kosmopolitischen Finanzkapitals hervorgerufene Krise zu einer prädestinierten Projektionsfläche für rechtspopulistische Ressentiments werden konnte. Umso mehr, als Populismus darin besteht, eine Gleichsetzung zwischen dem Volk und dem produzierenden und unternehmerisch tätigen Mittelstand vorzunehmen; umso mehr, als gerade in den Alpenländern – und hierbei besonders in Südtirol – der Anteil der in Kleinbetrieben Beschäftigten überdurchschnittlich hoch ist.3 Gerade dort beschäftigte ArbeitnehmerInnen verstehen sich häufig aufgrund der intensiven Verflechtungen als Quasi-MitunternehmerInnen.
Beide Faktoren, die Kritik an der Oligarchisierung der politischen Kaste und die gegenwärtige Wirtschaftskrise, bilden die Grundlage für die breite Akzeptanz und den Erfolg der normativen Anti-Staatlichkeit (Priester 2007, 63–77) des Populismus. Wie Priester schlüssig darlegt, beruht der populistische Diskurs sehr stark auf einer starken Betonung vorstaatlicher überindividueller Zusammenschlüsse: Selbstorganisation, Selbsthilfe, auch Selbstbestimmung, wobei kleinteilige Gruppensolidarität in gleichen Lebensgemeinschaften (Hof, Werkstatt und Kleinbetrieb) zum Tragen kommen soll. Nicht nur Abhängigkeit vom Staat wird als unzulässiger Eingriff empfunden, auch die Eingriffe des Staates in diese Lebensbereiche. Oligarchien, Bürokratien und alle Formen der Elite werden abgelehnt. Als Inkarnation des gefräßigen Leviathan und seiner im Wesentlichen abzulehnenden Funktionen gilt der Steuerstaat in seiner zweifachen Bedeutung: als Steuerungsstaat und als Steuern einhebender Staat. Die „Regulierungswut“ des Ersteren ist ein mittlerweile klassisches Thema populistischer Kritik: Ob Alkoholkontrollen, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder auch wirtschaftliche Beziehungen (zu denen auch die arbeitsrechtlichen Regelungen gehören), der allumfassende regulierende Einfluss öffentlicher Akteure wird konstatiert und kritisiert. Eine mindestens ebenso attraktive Themenstellung ist der Steuern und Abgaben einfordernde Staat: Steuerbelastung und (zu) hohe öffentliche Ausgaben stehen im Mittelpunkt der Kritik, postuliert wird ein Konflikt zwischen privatem und öffentlichem Sektor, der von der Konkurrenz um Arbeitskräfte bis hin zu den jeweiligen Einflusssphären reicht. Die (nominell hohe) Steuerbelastung in Italien und die Vielzahl an Regelungen, an der auch der mit der Regierung Prodi mitregierenden SVP eine Mitverantwortung angelastet wurde, war 2008 medial ein breit diskutiertes Thema. Dieser Antietatismus des Rechtspopulismus kann als einer der gewichtigsten Unterschiede des Populismus zum klassischen Konservatismus, aber auch zum Neofaschismus gesehen werden, wenngleich zu Letzterem auf sozialpsychologischer Ebene eine unübersehbare Nähe existiert: den Hang zu Verschwörungstheorien, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus (Priester 2007, 219). Die bestehende Orientierung am italienischen Staat ist wohl eine der Hürden, die verhindern, dass italienischsprachige SüdtirolerInnen massiv klassische rechtspopulistische Parteien wählen. Bekanntlich gelten FI und AN eher als „interessante Grenzfälle“ denn als typisch rechtspopulistische Parteien (Ignazi 2002; Zanatta 2002).
4. Die tief greifenden Veränderungen in der Erwerbssphäre als Grundlage für den Rechtspopulismus
Der Vertrauensverlust den politischen Akteuren und den politischen Entscheidungsverfahren gegenüber, die Ablehnung des Steuer(ungs)staates und die gegenwärtige Wirtschaftskrise erklären für sich genommen nicht die aktuellen (und die vergangenen Erfolge) des Rechtspopulismus. Eine der langfristig wirksamen Ursachen liegt in den tief greifenden Veränderungen der Erwerbssphäre. Deshalb richten nicht nur Wahlsoziologie und Politikwissenschaft, sondern zunehmend auch Disziplinen wie die Arbeitssoziologie ihr Augenmerk auf das Phänomen Rechtspopulismus. Ein Grund hierfür ist die Tatsache, dass sich ein großer Teil der Wählerschaft von rechtspopulistischen Parteien aus dem ArbeiterInnenmilieu rekrutiert und sich die Wählerschaft der rechtspopulistischen Parteien aus so heterogenen Gruppen wie KleinunternehmerInnen, Bauern und eben abhängig Beschäftigten zusammensetzt. So lässt sich ohne Anspruch auf Vollständigkeit etwa für Italien festhalten, dass bei den Beschäftigten im Privatsektor die Lega Nord in den nordostitalienischen Regionen zur stimmenstärksten Partei avanciert ist (Feltrin 2008): 28 % der Privatangestellten haben im April 2008 die Lega Nord gewählt (und damit in einem höheren Ausmaß als den PD und den PdL), im italienischen Nordwesten ist die Lega Nord nach dem PdL und dem PD mit 20 % nur drittstärkste Kraft bei den im Privatsektor beschäftigten ArbeitnehmerInnen; in der „zona rossa“ erreichte die Lega Nord immerhin noch 8 % der Stimmen bei dieser WählerInnengruppe. Bei den Tiroler Landtagswahlen im Frühjahr 2008 haben 21 % der ArbeiterInnen FPÖ gewählt, 25 % die Liste Fritz, bei den Angestellten waren es 8 % und 25 % (ISAK-Sora-Nachwahlbefragung Juni 2008), die Werte für die Landtagswahlen im März 2009 in Salzburg und Kärnten liegen zum Teil noch höher (ISAk-Sora-Nachwahlbefragung März 2009 a und b). Überraschend hoch ist in Südtirol mit 25 % der Stimmen der Anteil der öffentlich Bediensteten, die angeben, die Freiheitlichen gewählt zu haben. Von den Arbeitern haben 28 % freiheitlich und von Angestellten der Privatwirtschaft 21 % diese Partei gewählt (Gruber 2008).
Diese Tatsache hat zu der populären These geführt, die Basis des Rechtspopulismus bestünde vor allem in den von der ökonomischen und kulturellen Globalisierung bedrohten ModernisierungsverliererInnen (stellvertretend Mény/Surel 2004, 128–144). Gegen eine allzu pauschalisierende ModernisierungsverliererInnenthese soll eingewandt werden, dass gerade in den alpinen Regionen (und beispielsweise auch in den skandinavischen Staaten) die Arbeitslosigkeit in der Regel niedrig ist, die Erwerbstätigenquoten hoch sind und auch die Pro-Kopf-Einkommen im oberen europäischen Viertel liegen. Die Arbeitssoziologie nimmt zur Untersuchung des Rechtspopulismus bei Erwerbstätigen allerdings eine „Mikroperspektive“ ein: Es geht, um es mit Pierre Bourdieu zu formulieren, nicht nur um die großen, die objektiven Nöte, die sich aus Arbeitslosigkeit und fortgeschrittenen Prozessen der relativen Verarmung ergeben, sondern gerade um die „kleinen Nöte“, die als Folgen der tatsächlichen und vermeintlichen großen Nöte entstehen (Bourdieu 1998, zit. nach Flecker 2008, 81). Es gilt, „die objektiven Bedingungen mit den im Habitus angelegten Aspirationen in Zusammenhang zu bringen. In Zeiten des Umbruches ist es wahrscheinlicher, dass […] sich die früher durchaus realistischen Lebensentwürfe nicht mehr verwirklichen lassen“ (Flecker 2008, 81). Aber welche Umbrüche sind gemeint?
Neben den offensichtlichen kennzeichnet die Arbeitswelt eine Reihe erst ansatzweise diskutierter Umbrüche. In einem ersten Schritt soll zunächst auf die sichtbaren Umbrüche eingegangen werden.
Der arbeits- und sozialrechtlichen Deregulierung im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung ist in Wissenschaft wie Öffentlichkeit ein starkes Interesse eingeräumt worden: Beschäftigungsformen im Spannungsfeld von Abhängigkeit und Selbstständigkeit, die Lockerung des Kündigungsschutzes, die Ausweitung der Flexibilisierung bei Eintritt in den Arbeitsmarkt, die unterschiedlichen Formen der Leiharbeit und der Arbeitskräfteüberlassung sind vor allem in Italien breit und intensiv diskutiert und analysiert worden4. Es ist mittlerweile unbestritten, dass diese Tendenzen zwar nur einen kleineren Teil der Erwerbstätigen betreffen (aktuelle italienische Schätzungen gehen von maximal 18 % atypisch beschäftigter Erwerbstätiger aus), sich allerdings die Zone der Prekarität (vgl. zu diesem Konzept Castel 2000) bis weit in die Zone der Integration ausdehnen kann. Die Reaktion besteht nicht allein aus Verunsicherungsgefühlen, ein weiterer möglicher Verarbeitungsmechanismus ist der Wunsch nach Disziplinierung der Nichterwerbstätigen, der „Sozialschmarotzer“. Auch Beschäftigte in abgesicherten Arbeitsbereichen werden – etwa über Leiharbeiter und Saisonarbeitskräfte, verstärkt über die Medien – ständig mit der Gefahr des sozialen Abstieges konfrontiert. Damit fungieren die prekär Beschäftigten als Mahnende für die sozialrechtlich gesicherten Beschäftigten, was zu verbreiteten Formen der Abgrenzung einerseits und zum Wunsch nach Disziplinierung andererseits führt (ausführlich Dörre 2008 mit weiteren Belegen). Prekarität wirkt somit über den „unteren“ Rand der Arbeitsgesellschaft hinaus und schafft insgesamt „gefügige Arbeitskräfte“. Es soll nicht zu sehr vereinfacht werden: Es gibt auch Beschäftigte, die nach objektiven Kriterien in prekären Beschäftigungsverhältnissen leben (Freiberufler mit wenigen – oder einem einzigen – Auftraggeber), die eine solche Form allerdings mit ihren Aspirationen vereinbaren können und in der Regel über ein hohes soziales Kapital verfügen.
Wie stark die Integrationsfunktion der Arbeit in Südtirol wahrgenommen wird, lässt sich anhand folgender Daten zeigen: Der Anteil der Südtiroler ArbeitnehmerInnen, die angeben, eine „sichere Stelle“ sei ihnen besonders wichtig, ist im Ansteigen begriffen. 2004 lag dieses Issue noch mit knapp 29 % an dritter Stelle, 2005 gaben bereits 35 % dieses Thema als wichtig an, im beginnenden Krisenjahr 2008 waren es 44 % der befragten abhängig Beschäftigten (AFI-IPL 2008c, 3–5). Verständlicherweise hohe Werte weisen diesbezüglich die mit Saisonvertrag beschäftigten ArbeitnehmerInnen auf, ebenso ArbeitnehmerInnen der Sektoren Handwerk und Landwirtschaft.
Tabelle 1: Stellenwert der sicheren Arbeitsstelle nach ausgewählten Merkmalen
Durchschnitt „sichere Arbeitsstelle” |
44 % |
Besondere Relevanz |
Geringere Relevanz |
Deutschsprachige ArbeitnehmerInnen: 48 % |
Italienischsprachige ArbeitnehmerInnen: 30 % |
Pflichtschule: 59 % |
AkademikerInnen: 25 % |
FacharbeiterInnen: 53 % |
Management*: 16 % |
Einfache ArbeiterInnen: 56 % |
Gesundheitswesen: 34 % |
Landwirtschaft*: 52 % |
Bank- und Versicherungswesen*: 24 % |
Handwerk: 54 % | |
ArbeitnehmerInnen mit Saisonvertrag*: 53 % |
Erhebungszeitraum: 19.06. bis 30.07.2008 n = 1.000 *Geringe Anzahl an Fällen
Quelle: ArbeitnehmerInnen_Survey 2008
Wie zukunftsfähig eine solche Einschätzung angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen ist, bleibt eine offene Frage. Deutlich wird in jedem Fall eine stark sicherheits- und erwerbsarbeitsorientierte Grundstimmung in der Südtiroler Gesellschaft, die sämtliche Behauptungen von der abnehmenden Relevanz der Erwerbstätigkeit in modernen Gesellschaften nicht plausibel erscheinen lässt. Es sei zudem darauf verwiesen, dass es vor allem Frauen sind, die durch Teilzeit- und Saisonverträge im Vergleich zu den Männern eine weniger solide Integration in das Südtiroler Erwerbssystem aufweisen und auf diese Weise je nach familiärer Situation vom Partner oder von den öffentlichen Sozialleistungen abhängig sind.
Die Veränderungen innerhalb des Normalarbeitsverhältnisses spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, den Boden für rechtspopulistisches Gedankengut zu bereiten. Bereits seit Längerem wird vor allem in der deutschsprachigen und französischen Arbeitsforschung diskutiert, zu welchen Auswirkungen die betriebs- und organisationsinterne Rekommodifizierung des Arbeitsverhältnisses führt. Die Vermarktlichung der Arbeitsbedingungen wird seit den 90er-Jahren zu einem umfassenden Prinzip, das im Vergleich zu den goldenen Jahren des wohlfahrtsstaatlich gezähmten Kapitalismus stark an Bedeutung gewinnt. Dies gilt für die konkreten Arbeitsbedingungen unabhängig von der Beschäftigungsform und betrifft gerade auch ArbeitnehmerInnen in Normalarbeitsverhältnissen. Betriebe und Organisationen gehen immer stärker dazu über, direkte marktorientierte Formen der Steuerung anzuwenden. Dazu gehören die Ausrichtung der Organisation und der Prozesse an den KundInnen, die steigende Bedeutung der Nutzung neuer flexibler Beschäftigungsformen, die Destandardisierung der Arbeitszeiten und die Vielzahl an erfolgs- und ergebnisabhängigen Formen der Leistungsbewertung und Bezahlung. Selbst in Bereichen, in denen es keinen Markt gibt, wird dieser fiktiv hergestellt, so zwischen Betriebsteilen, Zweigstellen oder Abteilungen („cost center“). Für die Beschäftigten bedeutet dies vor allem, dass innerbetrieblich neue Steuerungsmechanismen zum Einsatz kommen: selbst organisierte Arbeitsformen wie gruppen- und projektförmig organisierte Arbeit, flexible selbst gesteuerte Arbeitszeitorganisation, oft im Gewand der Vertrauensarbeitszeit, ergebnis- und erfolgsorientierte Bezahlungsschemata, Eigenverantwortung für Weiterbildung und Kompetenzzuwachs (zusammenfassend Senghaas-Knobloch 2008, 15–58, für Italien Accornero 2002 sowie Reyneri 2007, für Südtirol AFI-IPL 2008a-c und AFI-IPL 2009). Die neuen Steuerungsmodelle haben zur Folge, dass Leistungs- und Verantwortungsdruck dauernd zunehmen, die Belegschaften sich insbesondere in einem von relativ starker Saisonabhängigkeit geprägten Gebiet mit den dominanten Branchen (Tourismus, Handel, Baugewerbe) dauernd ändern und die Arbeit insgesamt intensiver empfunden wird. Dies gilt auch für die von Privatisierung betroffenen Bereiche des öffentlichen Dienstes (Flecker 2008, 87).
Der politisch-legitimierende Diskurs, der hinter diesen Entwicklungen steht, ist jener des Standortwettbewerbes. Die neoliberale Version der Globalisierung hat Auswirkungen auch in den Alpenregionen, etwa als Bedrohungsdiskurs. In den Nationalstaaten lassen sich seit mindestens 15 Jahren vehement Bemühungen feststellen, die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zum Thema zu machen und hierfür einen profunden Umbau des Sozialstaates nicht nur in Kauf zu nehmen, sondern geradezu zu forcieren. Nicht die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, sondern die Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit stand und steht im Mittelpunkt der Wirtschafts- und Sozialpolitik. In vielfältigen Formen – auch unter Beteiligung der Gewerkschaften – hat der Standortwettbewerb quasi direkt die Regelung der kollektiven Arbeitsbeziehungen beeinflusst: durch soziale Pakte, die zur Lohnmoderation geführt haben, durch Betriebsabkommen zur Standortsicherung, durch die Akzeptanz der neuen Formen der Beschäftigungsverhältnisse durch die Gewerkschaften (zusammenfassend und kritisch Schulten 2004). Der Diskurs der Wettbewerbsfähigkeit stößt in den Alpenregionen auf eine Besonderheit: Nicht nur dass versäulte Konkordanzsysteme in relevanten alpinen Regionen Tradition haben (Österreich, Schweiz), dieses konsens- und elitenorientierte Politikmuster wurde zudem durch lokale soziale Pakte (etwa im Trentino, der Lombardei und Piemont, aber auch in Tirol) genutzt. Südtirol kann als Beispiel dafür dienen, wie insistent diese Entwicklungen sind: Selbst wo die Voraussetzungen für neokorporatistische bzw. wettbewerbskorporatistische Regelungen nicht erfüllt sind (erinnert sei: Quasi-Monopolverbände mit interner Verpflichtungsfähigkeit sowie ein entsprechender Politikstil der Regierung) und die Mechanismen folglich kaum Anwendung finden können, wird der Versuch unternommen, „Sozialpartnerschaft“ als Diskurs zu etablieren und aufrechtzuerhalten. Die Herstellung und die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens als Voraussetzung für die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Standortes sind die Zielsetzungen dieser Mechanismen und Diskurse5. Eine Konsequenz davon ist die lediglich verschämte Anerkennung eines macht- und verteilungspolitischen Interessenkonfliktes zwischen den Produktionsfaktoren und dessen unzureichende Wahrnehmung. Ein funktionierendes transparente Interessenkonflikte regulierendes belastbares System kollektiver Arbeitsbeziehungen erfüllte unter anderem die Vorteile, die sozioökonomischen und machtpolitischen Interessengegensätze innerhalb des Landes sichtbar zu machen.
Eine mögliche Option, den Änderungen der Erwerbsgesellschaft Rechnung zu tragen, wäre die steigende Popularität links-emanzipativer Kapitalismus- und Globalisierungskritik – eine Option, die wohl nicht nur in den Alpenländern trotz der Krise gegenwärtig kaum auf der Tagesordnung zu stehen scheint. Die massiv zum Tragen gekommene Reaktion der Südtiroler WählerInnenschaft am 26. Oktober 2008 war die Nutzung des stark sozialpopulistisch orientierten parteipolitischen Angebotes.
Zur Erklärung der Attraktivität sozialpopulistischer Diskurse ist die von Betz konstatierte „identitätspolitische Wende“ des Rechtspopulismus sehr angemessen (Betz 2002, 252). Rechtspopulistische Parteien sind demnach deshalb so erfolgreich, weil die Zustimmung zu ihnen auf einer Mobilisierung von Anerkennungsforderungen beruht, die darin mündet, ein Recht auf die Anerkennung der eigenen Identität gegen „die Anderen“ zu haben. Flecker verknüpft dieses Konzept mit der These von den Modernisierungsverlierern, deren Nöte in der offiziellen Politik zu wenig zur Kenntnis genommen würden. In einem Wahlkampf, der auf „Stolz auf Krähwinkel“ setzt, ist für tatsächliche und sich so fühlende ModernisierungsverliererInnen offenbar zu wenig Platz. In einem breit angelegten Projekt in mehreren europäischen Ländern – darunter auch Österreich und Italien (siehe Flecker et al. 2006) – kommen Hentges/Flecker/Balazs (2008, 111–137) zu dem Schluss, dass die Umbrüche in der Arbeitswelt auf Mikroebene zu folgenden den Rechtspopulismus fördernden Entwicklungen führen:
Ungerechtigkeitsgefühle erwachsen aus der Enttäuschung legitimer Erwartungen, die sich im immer wettbewerbsintensiver werdenden Arbeitsleben häufen. Dazu gehört auch der rasche technologische und organisatorische Wandel, der in manchen Fällen zu einer Entwertung erworbener Qualifikationen führen kann. In einer Arbeitswelt, die von einer zunehmenden Wettbewerbsorientierung geprägt wird, sind Politiker mit einem hohen und gesicherten Einkommen sowie Menschen, um die sich die öffentliche Hand kümmert (Erwerbslose, aber auch EinwandererInnen), Zielscheiben von Enttäuschung und Wut. Bei solchermaßen geprägten ArbeitnehmerInnen erfüllt der Rechtspopulismus zwei Funktionen: Er grenzt nach oben ab (gegen die korrupten und abgesicherten Eliten), aber auch nach unten, gegen die bereits Ausgestoßenen und die EinwandererInnen (vgl. zur Relevanz und zur Funktion des Einwanderungsdiskurses im Alpenraum Betz 2005, 155–159).
Furcht vor Deklassierung sowie Unsicherheiten und Gefühle der Machtlosigkeit können zu von rechtspopulistischer Agitation nutzbaren Ressentiments führen. Hier übt der Populismus eine konservierende Funktion aus: Er wird als Mittel im Kampf um Ressourcen und gesellschaftlichen Status eingesetzt und kann damit als Sozialpopulismus bezeichnet werden. Zu den bevorzugten Themenstellungen zählen die Einwanderung, der Vorrang der sozialstaatlichen Leistungen für Einheimische und das Szenario, Einwanderung schmälere insgesamt die Lebensqualität der Einheimischen. Die Verantwortung für das eigene Unglück wird bei jenen Gruppen gesucht, „die sich auf der sozialen Leiter knapp oberhalb oder knapp unterhalb der eigenen Position befinden“ (Castel 2007, 68). Für Italien gehen Catellani und Milesi in ihrer sozialpsychologischen Untersuchung der Frage nach, ob die Veränderungen von den ArbeitnehmerInnen positiv oder negativ erlebt werden (Catellani/Milesi 2007). Identifikationsprozesse mit bedeutenden sozialen Kategorien (ArbeitnehmerInnengruppen, aber auch Gewerkschaften und dem jeweiligen Territorium) verringerten die empfundene Unsicherheit der ArbeitnehmerInnen. Wo diese Identifikationsmöglichkeiten fehlen, würden ethnozentrische und autoritäre Einstellungen begünstigt.
Bei Aufsteigern wurde eine übersteigerte Leistungsorientierung festgestellt, die dazu führt, dass das sozialdarwinistische Prinzip des survival of the fittest auf die gesellschaftlichen Situationen übertragen wird, auch um die Kosten für den eigenen Aufstieg zu legitimieren bzw. zu verdrängen. Selbst eine zunehmende Leistungsorientierung und der zunehmende Leistungsdruck sind immer weniger eine Garantie dafür, dass überdurchschnittlicher Einsatz auch zum Ziel führt. Je größer der Leistungs- und Anpassungsdruck wird und je stärker die erforderlichen Normen erfüllt werden, desto vehementer wird derselbe Einsatz auch von den anderen verlangt. Dieser Versuch, sich nahtlos in die Arbeitswelt zu integrieren, wird zur „normativen Referenzfolie“ (Dörre 2008, 249), die auch auf die Lösung gesellschaftlicher Probleme übertragen wird. Wer den Leistungs- und Nützlichkeitsnormen nicht entspricht, läuft Gefahr, ausgegrenzt zu werden.
5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Der Durchbruch der rechtspopulistischen Parteien „Die Freiheitlichen“ und – mit Abstrichen – der „Lega Nord Südtirol“ bei den Landtagswahlen 2008 resultiert aus dem Wandel vom Ethnopopulismus (von dem die SVP bis dato profitiert hat) hin zu einem vehementen Sozialpopulismus. Aufbauend auf der konsolidierten ethnopopulistischen Axiomatik (die Verteidigung gegen die Anderen sowie das bei Teilen der Bevölkerung nicht gerade hohe Renommee des italienischen Staates) ist unter den Bedingungen der Umbrüche im lokalen Erwerbssystem, einer steigenden Einwanderung und der massiven Kritik an der politischen Kaste ein veritabler Sozialpopulismus erfolgreich geworden. Soziale Konflikte „südtirolintern“ zu thematisieren – etwa die Einkommensverteilung zwischen den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital – führt nur selten zu erfolgreichen Mobilisierungen. Ganz offenbar erfolgreicher erweist sich die Strategie, soziale Konflikte auf Immigranten und – neuerdings – die politischen Eliten abzuleiten.
Die in diesem Beitrag vertretene interessenpolitische Sichtweise von Rechtspopulismus schließt andere Perspektiven nicht aus. Im Anschluss an Caramani/Mèny (2005, 21–49) lässt sich der Rechtspopulismus im Alpenraum unter anderem als Wiederauflage eines Zentrum-Peripherie-Cleavage deuten, deren tiefe Verwurzelung mit einer defensiven politischen Kultur korrespondiert, die in den Modernisierungsprozessen generell eine Bedrohung der eigenen Identität sieht. Lange Zeit gelang es zwei hegemonialen Akteuren, der SVP in Südtirol und der CSU in Bayern, als Parteien mit teilpopulistischen Elementen den Siegeszug des parteimäßig organisierten Rechtspopulismus zu verhindern (Wagemann 2005, 181 und Pallaver 2005, 205–207). Die beiden Sichtweisen lassen sich verknüpfen, wobei Ansätze, die die Umbrüche in der Erwerbsarbeit thematisieren, ein Bindeglied zur Populismusforschung über den Alpenraum hinaus bilden können. Es sei verwiesen, dass beide Ansätze (der revitalisierte Zentrum-Peripherie-Konflikt und die Erklärungsmuster, die auf die Umbrüche der Erwerbsgesellschaft fokussieren) nur teilerklärend sind: Das soziale Klima, die individuellen Bewältigungskompetenzen, die staatlich und kommunikativ unterschiedlichen Rezeptionstraditionen der politischen Ideologien und Geschichte sowie die medialen Thematisierungszyklen wären weitere Bestandteile einer umfassenden Theorie des Rechtspopulismus (Anhut/Heitmayer 2000).
Rechtspopulismus ist eine äußerst komplexe Thematik, zumal dieses Phänomen nicht nur ein Indikator für die Qualität der Demokratie ist, sondern immer wieder dazu beiträgt, das Versprechen der Demokratie auf die Ebene des „einfachen Bürgers“ zu transponieren. Der massive Rekurs auf Populismus kann durchaus als Versuch gesehen werden, im Sinne von „voice“ die Stimme zu erheben und (soziale) Themen zu diskutieren, die wohl sehr lange zu wenig diskutiert worden sind.
„Populisten reüssieren allein dann, wenn in einer Gesellschaft etwas nicht stimmt, präziser: wenn die öffentlichen Einrichtungen an Legitimation verloren haben, wenn die Führungsschichten nicht mehr überzeugen, wenn ganze Gruppen von den entscheidenden politischen Vereinbarungen ausgenommen sind, wenn sie sich also verloren, kulturell entfremdet, ökonomisch betrogen fühlen.“ (Walter 2007, 339, zitiert nach Butterwege 2008, 56).
Zum aktuellen „ökonomischen Betrug“ zählt unter anderem die neue soziale Frage, die aus der Zähmung des finanzgetriebenen Kapitalismus in den Zentren dieser Welt (also nicht im Alpenraum) und den Folgen an der Peripherie (also im Alpenraum) besteht. Hinter der (notwendigen!) Komplexität moderner Politik, ihren Arenen und ihren Ritualen verbergen sich immer wieder Machtinteressen und Machtverfilzungen. Zudem speist sich der Populismus aus den „Hochideologien“ Konservatismus, Liberalismus und Sozialismus. Die Auseinandersetzung mit diesem Phänomen sollte schon aus diesen Gründen differenziert und ohne intellektuellen Dünkel erfolgen.
Eine Möglichkeit, die „Definitionsmacht“ des Rechtspopulismus zu begrenzen, ist die Anerkennung der „kleinen“ und – im globalen oder europäischen Maßstab – relativen Nöte vor Ort. Es mag sein, dass die objektiven Daten (beispielsweise das Bruttosozialprodukt und die Erwerbstätigenquoten) in Südtirol und in den umgrenzenden alpinen Regionen hervorragend sind; vieles spricht allerdings dafür, dass auch die Leistungsorientierung und der daraus resultierende Erfolgsdruck hoch sind. Gerade in den größtenteils wirtschaftlich erfolgreichen Regionen des Alpenbogens besteht ein massiver Forschungsbedarf, welche „sozialen Kosten“ die Modernisierung der Wirtschaft hat und wie sie von den Modernisierungsgewinnern und -verlierern bewältigt werden. Die Beschäftigung mit dem Rechtspopulismus bleibt über den Anlassfall hinaus spannend. Welche Antworten finden Sozialismus, Liberalismus und der im Alpenraum so verbreitete Konservatismus auf das Ende des neoliberalen Diskurses und das Revival staatlicher Wirtschaftspolitik? Die rückläufige Verbindlichkeit und Ausdünnung sozialstaatlicher Arrangements ist eine der Ursachen für den Rechtspopulismus, der sich als alternative Integrationsstrategie qua Vergemeinschaftung anbietet. Ist in diesem Bereich eine Rückkehr zu sozialstaatlichen Integrationsangeboten möglich, die in erster Linie in einer angemesseneren Einkommens- und Wohlstandsverteilung, einer demokratischen Partizipation sowie einer „robusten Regulierung“ der Arbeitsmärkte bestehen (Castel/Dörre 2009)? Wie kann das in einem zunehmend föderalen, zum Teil auch grenzüberschreitenden Gefüge von alpinen Regionen vor sich gehen? Wie kann es gelingen, hochkomplexe politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse transparenter und beteiligungsorientierter zu gestalten? Speziell für Südtirol stellt sich die Frage, wie dauerhaft die Erfolge der rechtspopulistischen Parteien sind und wie sich deren – aus heutiger Sicht wohl wahrscheinliche – Etablierung auf die spezifischen Südtiroler Aushandlungsmechanismen der Politik auswirkt: nicht nur mit der römischen Regierung, sondern auch mit der gesamten „Galaxie“ an vorpolitischen Organisationen wie den Verbänden sowie den Interessengruppen.
Anmerkungen
1 Strittig mag allenfalls die Frage sein, ob „Die Linke“ und „Rifondazione Comunista“ Ausnahmen darstellen.
2 Gemeinschaft meint eine Gruppe mit primär emotionalen Bindekräften, in der vor allem eine (unmittelbare, binnenbezogene) mechanische Solidarität wirkt. Gesellschaft hingegen beruht im Wesentlichen auf einer „organischen“ Solidarität, die in arbeitsteiligen Gesellschaften notwendig wird (vgl. ausführlich und aktuell Opielka 2006, 19–47).
3 In Südtirol liegt der Anteil der Betriebe mit 1 bis 3 Beschäftigten bei knapp 50 %, in Tirol bei 20 % und im Trentino bei fast 70 % (vgl. ASTAT 2005, 41).
4 Zusammenfassend für Italien siehe Reyneri 2004 und Accornero 2007, für die BRD siehe Dörre 2009.
5 Laut den Erhebungen des Wirtschaftsforschungsinstituts der Handelskammer Bozen WIFO gehört der soziale Friede in Südtirol zu den Faktoren, mit denen die Südtiroler UnternehmerInnen am meisten zufrieden sind (vgl. WIFO 2008, 22).
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Abstracts
Populismo di destra in Alto Adige
I partiti della destra populista sono ormai protagonisti fissi della scena europea. L’Alto Adige ha rappresentato per lungo tempo un’eccezione al fenomeno e questo grazie alla Svp, che, da protagonista egemone, ha resistito per decenni con successo all’avanzata dei partiti del populismo di destra. Due sono gli aspetti che giocano un ruolo chiave nel successo attuale del populismo di destra in Alto Adige: da un lato la critica alla casta politica, che ha preso piede anche nelle fasce di popolazione che prima ne erano rimaste relativamente immuni, dall’altro le recriminazioni socio-economiche, che hanno fomentato reazioni populiste di destra tra la popolazione di lingua tedesca (e in minor misura anche tra quella di lingua ladina). Il fatto che il partito della destra populista “Die Freiheitlichen” e, in tono minore, la “Lega Nord – Südtirol”, abbiano sfondato nelle elezioni provinciali del 2008 è frutto della progressiva trasformazione dell’etnopopulismo (sul quale fino ad oggi si è retta la Svp) in un agguerrito socialpopulismo, arrivato al successo facendo leva sull’ormai consolidato assioma etnopopulista (in primis la difesa “dall’altro”) e sui cambiamenti percepibili anche nel mondo del lavoro locale, dall’aumentata visibilità dell’immigrazione e da una massiccia critica nei confronti della casta politica.
Populism de man dërta te Südtirol
I partis dla man dërta populista é deventà protagonisc´ sura döta l’Europa. Südtirol é stè de chësc vers al’impreodüda codî n caje particular: La SVP sciöche protagonist sterch ti à tignì bòt cun suzès dezenns alalungia ala marcia de triunf dl populism de man dërta organisé a livel de partì. Por i suzesc atuai dl populism de man dërta à dui aspec´ na gran importanza: De un n vers à la critica ala tlassa politica inc´e pié pé danter la popolaziun romagnüda c´ina s´ëgn imuna, dl ater vers él da tematisé les refodanzes sozioeconomiches che à condüt ales reaziuns populistes de man dërta danter i litadus todësc (y, sce inc´e demanco, danter i litadus ladins). Le suzès di partis „Die Freiheitlichen“ y – n pü manco – dla „Lega Nord-Südtirol“ resultëia dala trasformaziun dl populism etnich (de chël che la SVP s’un à c´ina s´ëgn aprofité) te n populism sozial sterch. Se basan söl assioma etnopopulist oramai consolidé (impröma la defenüda cuntra „i atri“) é le populism sozial gnü efiziënt inc´e por les condiziuns che an sënt tl monn dl laûr local, por le fenomenn dl’imigraziun che crësc y por la critica sterscia ala tlassa politica.
Right-wing populism in South Tyrol
Right-wing populist parties are by now a major feature in the European political landscape. For decades, South Tyrol was an exception to the rule largely because the SVP successfully mitigated the advance of right-wing populist parties. However, two recent developments facilitated a relative advance of right-wing populism in South Tyrol. First, critical attitudes towards the prevailing political class have taken hold even among sections of the population that were traditionally supportive of the status quo. Second, socio-economic trends have increased the support for right-wing populist causes among the German-speaking section of the population, and to a lesser extent among the Ladin-speaking section. The recent success of the “Die Freiheitlichen” and, to a smaller extent, “Lega Nord – Südtirol” in the provincial elections of 2008 can be attributed to a progressive transformation from ethno-populism, the traditional ideological basis of the SVP, to passionate social populism. Though still rooted in traditional ethno-populist concerns, such as building defences against ‚the others‘, this new social populism is fuelled by changes in employment patterns, increasing visibility of migration and growing frustration with the incumbent political class.