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Reinhold Gärtner

Frauen in der Tiroler Kommunalpolitik

Women in local politics in Tyrol

Abstract It was only with a considerable time delay that women started becoming actively involved in local politics in Tyrol, making this a very slow and hesitant development.

The first female mayor – Helga Machne in Lienz – took office in 1994. As a result of the elections held on 28 February 2016, the number of women serving as mayors has meanwhile increased to 16, among them Christine Oppitz-Plörer in the federal state’s capital of Innsbruck (where the next elections are scheduled for 2018). In the most recent elections, some of these 16 women had already been in office and were successfully re-elected – with outstanding results for both Elisabeth Blanik in Lienz and Hedi Wechner in Wörgl. Nevertheless, there are currently still 263 male (94.3 %) compared to just 16 female (5.7 %) mayors in Tyrol.

Women are becoming increasingly involved in the state’s local councils as well. Currently 762 out of 2.927 councillors are women, which equates to 20.6 %. The participation rate is lowest in the district of Landeck (14.4 %) and highest in Innsbruck-Land (23.8 %). In 13 communities there are still no women represented in the local councils.

In Tyrol’s regional political landscape we see a similar picture: Up until 1989, not a single woman was represented in the regional council (Landtag). The first women to become involved in the regional government (Landesregierung) were Elisabeth Zanon and Eva Lichtenberger in 1994. In 2016, however, four (out of eight) members of the regional government and 10 (out of 36) members of the regional council are women.

2013 waren in den Gemeinderäten der 279 Tiroler Gemeinden 16,4 Prozent Frauen (609) und 83,6 Prozent Männer (3.714), elf Bürgermeisterinnen (3,9 %) standen ihren 268 männlichen Kollegen gegenüber, in den Gemeindevorständen saßen 81 Frauen (11,9 %) und 602 Männer (88,1 %) (vgl. Amt der Tiroler Landesregierung 2016). 1992 waren erst 8,1 Prozent der Gemeinderäte und -rätinnen Frauen, 2004 bereits 14,3 Prozent und 2010 16,2 Prozent (Schiestl 2014, 63–64).

Am 28.02.2016 fanden die jüngsten Gemeinderatswahlen in Tirol statt. Neben zahlreichen anderen Fragen war von Interesse, wie nun Frauen bei diesen Wahlen abschneiden würden. Von den insgesamt 545 Kandidatinnen und Kandidaten für das Bürgermeisteramt waren mit 46 etwa 8 Prozent Frauen, von diesen schaffte aber ein Viertel (12) auf Anhieb die Wahl, zwei weitere (Eva Posch in Hall in Tirol und Annemarie Plieseis in Westendorf) zogen ohne absolute Mehrheit, aber auch ohne Stichwahl ins Bürgermeisteramt ein, da ihre Gegenkandidaten nicht zur Stichwahl antraten. Vier weitere Kandidatinnen kamen in die Stichwahl. Vor der Wahl waren elf Bürgermeisterinnen im Amt, sieben wurden wiedergewählt (Beate Reichl in Heiterwang, Elisabeth Blanik in Lienz, Elisabeth Daxauer in Niederndorferberg, Johanna Obojes-Rubatscher in Oberperfuss, Brigitte Lackner in St. Ulrich, Isabella Blaha in Scharnitz und Hedi Wechner in Wörgl); fünf neue Bürgermeisterinnen kamen dazu (Brigitte Praxmarer in Flaurling, Heidi Profeta in Gnadenwald, Karina Konrad in Jungholz, Waltraud Zobl in Schattwald und Erika Rogl in Kals) (vgl. Amt der Tiroler Landesregierung 2016a).

Bei der Stichwahl am 13.03.2016 schaffte dann – doch etwas überraschend – Monika Wechselberger in Mayrhofen einen knappen Sieg (51,5 %) über ihren Kontrahenten (48,5 %). Sie ist damit die erste Bürgermeisterin im Bezirk Schwaz. Die anderen drei Kandidatinnen mussten ihren männlichen Kollegen den Vortritt überlassen. Auch die Anzahl von nunmehr 16 Bürgermeisterinnen (mit Innsbruck) ist neuer Tiroler Rekord. Gleichzeitig ist aber dennoch als Tatsache festzuhalten, dass diese 16 Bürgermeisterinnen lediglich 5,7 Prozent der gesamten Tiroler Bürger­mei­ster/-innen ausmachen.

In zwei Gemeinden gab es reine Frauenlisten – in Hatting kandidierte bereits zum zweiten Mal nach 2010 die Liste „Lebenswertes Hatting“ und in Kundl stellten sich die „Kundler Frauen“ zur Wahl. In Hatting erreichte die Liste drei Mandate (2010 zwei), die Kundler Frauen konnten zwei Sitze erringen.

In Sistrans gibt es – erstmals in Tirol – einen Gemeinderat, in dem mehr Frauen (8) als Männer (7) vertreten sind. Grund dafür ist das Abschneiden der Grünen, die alle vier gewonnenen Mandate mit Frauen besetzen. Bereits 2010 wurden ihre – damals drei – Mandate von Frauen eingenommen. Dazu kommen vier Frauen (von 11) der Liste „Gemeinsam für Sistrans“.

Überragend waren die Ergebnisse der schon amtierenden Bürgermeisterinnen in Lienz und Wörgl. Elisabeth Blanik (SPÖ) konnte in Lienz zum einen mit ihrer Liste zehn von 21 Mandaten erringen (+ 3), zum anderen wurde sie mit 62,3 Prozent der Stimmen bereits im ersten Wahlgang mit überzeugender Mehrheit zur Bürgermeisterin gewählt. Blanik war bei der ersten Stichwahl 2010 mit 49,89 Prozent knapp ihrem damaligen Kontrahenten im Kampf um das Bürgermeisteramt unterlegen; aufgrund einer ungültigen Ausgabe von Wahlkarten für die Wahl 2010 wurde 2011 vom Verfassungsgerichtshof eine neuerliche Stichwahl angesetzt, bei der Blanik dann 55,3 Prozent erreichen konnte. In Wörgl schaffte Hedi Wechner (SPÖ) 2016 die Wiederwahl. 2010 hatte sie sich mit 51,5 Prozent knapp gegen ihren Gegenkandidaten durchsetzen können, 2016 trat sie mit der Liste „Hedi Wechner“ an (vgl. Otter 2015), konnte die Mandatsanzahl von drei auf neun verdreifachen und mit 54 Prozent die drei anderen Kandidaten für das Bürgermeisteramt sehr deutlich hinter sich lassen.

Die erste Bürgermeisterin in Tirol war 1994 Helga Machne (ÖVP). Machne war ab 1986 im Lienzer Gemeinderat, von 1994 bis 2003 war sie Bürgermeisterin von Lienz und von 2002 bis 2006 Nationalratsabgeordnete. Erste Bürgermeisterin in der Landeshauptstadt Innsbruck war Hilde Zach (2002–2010), ihre Nachfolgerin Christine Oppitz-Plörer ist seit 2010 Innsbrucker Bürgermeisterin. 2012 konnte Oppitz-Plörer die erstmals in Innsbruck durchgeführte Bürgermeisterdirektwahl für sich entscheiden.

Österreichweit lag Tirol damit nicht im Spitzenfeld: Bereits 1948 gab es eine Bürgermeisterin im niederösterreichischen Gloggnitz (Kreszentia Hölzl). Dann allerdings dauerte es bis 1982, als in Burgenland (Ernestine Schütz in Bruckneudorf) eine Frau zur Bürgermeisterin gewählt wurde. Tirol folgte erst im Jahre 1994, als Helga Machne in Lienz Bürgermeisterin wurde.

Tab. 1: Pionierinnen im Amt der Bürgermeisterin

Jahr

Bundesland

Gemeinde

Bürgermeisterin

Fraktion

1948

Niederösterreich

Gloggnitz

Kreszentia Hölzl

SPÖ

1982

Burgenland

Bruckneudorf

Ernestine Schütz

SPÖ

1982

Oberösterreich

Ohlsdorf

Johanna Preinstorfer

ÖVP

1989

Steiermark

St. Lorenzen bei ­Scheifling

Adelheid Springer

ÖVP

1990

Kärnten

Ludmannsdorf

Stefanie Quantschnig

SPÖ

1994

Tirol

Lienz

Helga Machne

ÖVP

1998

Vorarlberg

Bezau

Anna Franz

ÖVP

2004

Salzburg

Leogang

Helga Hammerschmied-Rathgeb

SPÖ

Lofer

Bettina Mitterer

ÖVP

Stuhlfelden

Sonja Ottenbacher

ÖVP

Wien*

* Wien tritt als Gemeinderat und als Landtag zusammen.

Quelle: Schiestl 2010, 43

In den Tiroler Gemeinderäten sind nach dem 28.02.2016 Frauen folgendermaßen vertreten (ohne Innsbruck und Gramais1):

Tab. 2: Frauen in den Gemeinderäten nach Bezirken

Politischer Bezirk

absolut

Prozent

Imst

Männer

271

81,1 %

Frauen

63

18,9 %

Innsbruck Land

Männer

687

76,2 %

Frauen

214

23,8 %

Kitzbühel

Männer

227

77,7 %

Frauen

65

22,3 %

Kufstein

Männer

346

78,6 %

Frauen

94

21,4 %

Landeck

Männer

322

85,6 %

Frauen

54

14,4 %

Lienz

Männer

327

80,0 %

Frauen

82

20,0 %

Reutte

Männer

335

80,1 %

Frauen

83

19,9 %

Schwaz

Männer

412

79,4 %

Frauen

107

20,6 %

Gesamt

Männer

2.927

79,4 %

Frauen

762

20,6 %

Daten vom 29.02.2016 ohne Vorzugsstimmen bzw. mögliche Verzichtserklärungen

Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Gemeinden

Die Gemeinden im politischen Bezirk Landeck hinken mit lediglich 14,4 Prozent Frauenanteil deutlich nach, selbst in den Gemeinden des Spitzenreiters Innsbruck-Land ist aber nur knapp ein Viertel der Gemeinderäte und -rätinnen weiblich. Dennoch sind die 20,6 Prozent eine merkbare Steigerung zu den 16,4 Prozent von 2013.

Allerdings gibt es auch noch Gemeinden, die nach wie vor Gemeindevertretungen ohne Frauen haben: Stams (Bezirk Imst); Faggen, Fiss, Ischgl, Kauns (Bezirk Landeck); Anras, Strassen (Bezirk Lienz); Elbigenalp, Nesselwängle, Stanzach (Bezirk Reutte); Gerlosberg, Hart im Zillertal, Stummerberg (Bezirk Schwaz).

Frauen hatten es auch in der Tiroler Landespolitik nicht so leicht, sie waren lange Zeit sehr deutlich unterrepräsentiert. Bis 1989 war maximal eine Frau im Landtag vertreten (häufig allerdings gar keine), erst 1989 waren es fünf, 1999 sieben, 2003 elf, 2008 neun und seit 2013 sind es elf (Schiestl 2014, 63). Die ersten Frauen in einer Landesregierung waren 1994 Elisabeth Zanon (ÖVP, 2008 schied sie aus der Landespolitik aus) und Eva Lichtenberger (Grüne, 1994–1999), Christa Gangl (SPÖ) kam 1999 in die Landesregierung (sie blieb bis 2006), 2003 folgte Anna Hosp (ÖVP, bis 2008), 2008 kamen Beate Palfrader und Patrizia Zoller-Frischauf (beide ÖVP) und 2013 die beiden Grünen Christine Baur und Ingrid Felipe. Felipe ist gleichzeitig die erste LH-Stellvertreterin. In der aktuellen Landesregierung sind damit 50 Prozent Frauen (4 von 8). Aktuelles Negativbeispiel für Partizipation von Frauen in einer Landesregierung ist Oberösterreich: 1995 war erstmals eine Frau in der oberösterreichischen Landesregierung vertreten (die mittlerweile verstorbene, erste Nationalratspräsidentin Barbara Prammer), nach 20 Jahren war damit wieder Schluss: Nach der Wahl 2015 wurde eine Landesregierung gebildet, die gänzlich ohne Frauen auskommt.

PS: Wie mit Frauen umgegangen werden kann, die sich in der Männerdomäne Bürgermeisteramt versuchen wollen, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Vorarlberg: „Egg bekommt wieder eine Bürgermeisterin. Die Bürgermeisternachfolge in der Gemeinde Egg ist geklärt. Bei einer Sitzung der Egger und Großdorfer Liste wurde am Montag die karenzierte Volksschullehrerin Carmen Willi einstimmig zur Bürgermeisterkandidatin gewählt“, war am 01.03.2016 zu lesen (ORF Vorarlberg 2016).

Die Euphorie sollte bald gedämpft werden. Nach „verletzenden anonymen und medialen Angriffen“ sehe sich Willi aber außerstande, tatsächlich für das Amt zu kandidieren, berichtete am 04.03.2016 „Vorarlberg Online“.

Anmerkungen

1 In Gramais gab es weder Listen noch Bürgermeisterkandidatinnen/-kandidaten, deshalb auch keine Wahl. In Innsbruck wird turnusmäßig wieder 2018 gewählt.

Literaturverzeichnis

Amt der Tiroler Landesregierung (2016). Partizipation von Frauen, www.tirol.gv.at/gesellschaft-soziales/frauen/themen/frauenwaehlen/partizipation-von-frauen/ (15.03.2016)

Amt der Tiroler Landesregierung (2016a). Land Tirol – Wahlen. Aktuelle und vergangene Wahlergebnisse, https://wahlen.tirol.gv.at/ (15.03.2016)

ORF Vorarlberg (2016). Egg bekommt wieder eine Bürgermeisterin, http://vorarlberg.orf.at/news/stories/
2760479/
(15.03.2016)

Otter, Wolfgang (2015). SPÖ Wörgl fliegt aus Gemeinderat, in: Tiroler Tageszeitung, 29.02.2016

Schiestl, Gisella (2010). Frauen in der Kommunalpolitik. Tirol als Vorreiter und Nachzügler, in: Karl­hofer, Ferdinand/Pallaver, Günther (Hg.), Politik in Tirol. Jahrbuch 2010, Innsbruck/Wien/Bozen: StudienVerlag, 41–59

Schiestl, Gisella (2014). Frauenpolitik – Frauen in der Politik, in: Karlhofer, Ferdinand/Pallaver, Günther (Hg.), Politik in Tirol. Jahrbuch 2014, Innsbruck/Wien/Bozen: StudienVerlag, 59–80

Vorarlberg Online (2016). Egg ohne Bürgermeister: Carmen Willi zieht nach Angriffen Kandidatur zurück, www.vol.at/willi-zieht-nach-angriffen-kandidatur-zurueck/4643258 (15.03.2016)