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Günther Pallaver

Selbstbestimmung und politische Symbolik

Self-determination and political symbolism

Abstract The Convention of 33 decided by majority to anchor the ‘right to self-determination’ in the preamble of a future reformed statute of autonomy. Based on the theoretical approach of a ‘symbolic performance’, the paper tries to analyze the role of symbolism by means of the demand for self-determination. The identity-forming function of this symbolism has an effect of exclusion, as a German-speaking majority has forced its will on an Italian-speaking minority. The formation of identity is therefore ethnic, not social. These ethnic majority decisions have violated three principles: Each preamble reflects the fundamental consensus of a society, which was not given in this case; the principle of consensus, which was compulsory for the work of the Convention of 33, yet was not considered in this case; and the consociational democracy, which forms the basis of South Tyrol’s autonomy and which was obliterated by a competitive model of democracy. Ultimately, it is therefore a question of power and ownership: who owns South Tyrol?

1. Einleitung

Ein Thema, das im Rahmen des Südtiroler Autonomiekonvents kontrovers diskutiert worden ist, betrifft das Recht auf Selbstbestimmung. Ob es sich denn um ein Recht handelt, darauf wird später noch kurz eingegangen. Im Gegensatz dazu war das Recht auf Selbstbestimmung in der Consulta von Trient kein Thema. Schon daraus wird ersichtlich, dass es zwischen Bozen und Trient unterschiedliche Befindlich­keiten gibt, die aber in den beiden Landtagen mehrheitsfähig sein müssen, soll das Autonomiestatut nach den Regeln von Verfassungsänderungen „nach übereinstimmendem Beschluss des Regionalrates“ (Art. 103 Autonomiestatut) und mit qualifizierter Zustimmung der beiden Häuser des italienischen Parlaments verabschiedet werden (Art. 138 ital. Verfassung). Solch unterschiedliche Befindlichkeiten zwischen Bozen und Trient betreffen aber nicht nur die Frage der Selbstbestimmung, sondern auch die künftige Rolle der Region oder Themen wie Wirtschaft oder Arbeit.1

Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Debatten im Autonomiekonvent (Konvent der 33 mit Endbericht und Minderheitenberichten, Forum der 100, Open-Space-Veranstaltungen, thematische Workshops). Dabei geht es weniger darum, die unterschiedlichen, vor allem juristischen Argumente im Einzelnen zu analysieren und diese zwischen den Befürwortern, Gegnern und neutralen Beobachtern der Selbstbestimmung zu vergleichen, sondern es geht um eine politische Dimension. Denn, so lautet die These dieses Beitrags, mit der Debatte zum Recht auf Selbstbestimmung ging es in erster Linie um politische Symbolik, mit der sachlich-argumentativ versucht wurde, die Besitzverhältnisse über das Land Südtirol zu definieren. Somit ging es im Sinne von Max Weber darum, Macht auszuüben, indem mit politischer Symbolik der eigene Wille auch gegen Widerstand anderer durchgesetzt wurde, das Land ethnisch zu „besetzen“. Damit wurden drei Grundprinzipien von Südtirols Auto­nomie in Frage gestellt: erstens, dass ein Land grundsätzlich nicht von einer Gruppe in „Besitz“ genommen werden kann, und damit verbunden zweitens, dass dieser Besitzanspruch andere ausschließt. Drittens wird die Konkordanzdemokratie erodiert, die auf dem Prinzip der maximalen Einbindung aller Sprachgruppen in den politischen Entscheidungsprozess vorsieht. Mit der Frage der Selbstbestimmung wurde deutlich gemacht, dass die drei vom Autonomiestatut offiziell anerkannten Sprachgruppen nicht dieselbe „Besitzwürdigkeit“ besitzen.

2. Politische Symbolik

Politische Systeme sind unter anderem durch ihre Steuerungsanstrengungen und durch ihre Steuerungsleistungen gekennzeichnet, die unter die Output-Dimension politischer Systeme fallen. Dabei kann man vier Typen von Steuerungsanstrengungen und Steuerungsleistungen unterschieden, die als extractive, distributive, regulative und symbolic performances bekannt sind (vgl. Almond/Powell 1966, 119 – 128; 1980).

Die extractive performance bezieht sich auf die Mittel, mit denen sich ein politisches System die finanziellen, personellen und sachlichen Ressourcen verschafft, wie etwa Steuern oder die Wehrpflicht, um seine Leistungen im Rahmen der public policy erbringen zu können.

Bei der distributive performance geht es darum, wie Güter und Dienstleistungen, aber auch Ehrungen und Opportunitätsfenster in einer Gesellschaft zur Verteilung kommen und welche Gruppen in dieser Gesellschaft davon profitieren oder welche davon benachteiligt sind. Als Beispiel kann die Sozialgesetzgebung gelten.

Bei der regulative performance geht es um die Reichweite des staatlichen Gestaltungsanspruchs der Gesellschaft gegenüber, um Anreize und/oder Zwangsmaßnahmen, die zur Durchsetzung dieser Ansprüche eingesetzt werden. Das kann beispielsweise den Grad der bürgerlichen Freiheitsrechte in einer Gesellschaft betreffen, oder die Frage, ob die Regulierung des Staates in den Markt eingreift, die Mobilität der Menschen fördert, die berufliche Qualifikation mit determiniert u.a.m.

Jene Dimension, auf die wir uns in diesem Beitrag in erster Linie konzentrieren, ist aber die symbolic performance. Damit werden jene identitätsstiftenden, nach außen gerichteten Formen bezeichnet, die verwendet werden, um die Integrationskapazität des politischen Systems zu festigen und zu steigern. Dazu gehören etwa politische Ansprachen und Reden, Appelle an die Werte (z. B. Freiheit, Gemeinschaft, Demokratie, Konfession etc.) und an den Mut (der Nation), militärische Zeremonien, das Hissen von Flaggen, das Abspielen von Hymnen, die Inszenierung und aktualisierte Performance von historischen Ereignissen, historische Rückgriffe etc. (vgl. Birle/Wagner 1996, 117 – 118).

Wir bringen Eulen nach Athen, wenn wir darauf verweisen, dass Symbole für das nationale Bewusstsein konstitutiv sind. Diese sind vor allem dann erfolgversprechend, wenn sie Mystisches, Emotionales mitschwingen lassen (vgl. Edelmann 2005, 1). Und da Politik und die Ausübung von (demokratischer) Macht ein (wenn auch nicht nur) genuin mechanistisches Geschäft ist, kann das Regieren auch als kreativer Prozess angesehen werden. Diese Kreativität äußert sich in der Konstruktion eines Gemeinsamkeitsbewusstseins, zumal die Legitimation des Herrschens, des Regierens auf Legitimität und Effektivität (vgl. Lipset 1960) gründet, zugleich auf Identifizierung und Zugehörigkeit setzt (Foucault 2010, 271 – 285).

Dank Aufklärung und Emanzipation kann in demokratischen Systemen nicht mit „externen“ Sanktionen regiert werden. Allerdings sind diese im Laufe des Demokratisierungsprozesses der Gesellschaften durch „interne“ Sanktionen ersetzt worden. Die Folge dieses Transformationsprozesses im Verhältnis zwischen Regierenden und Regierten ist die demokratische Legitimation der Herrschaft von unten, durch sich selbst regierende Bürger und Bürgerinnen, die sich im Sinne Rousseaus selbst als Herrscher über sich selbst eingesetzt haben (Rousseau 2005). Dadurch erfolgt die Steuerung der Politik nicht mehr durch externe, sondern durch interne Selbstsanktionen der Individuen. Um mit Foucault zu sprechen, bedeutet modernes Regieren heute, die Steuerung von sich selbst steuernden Individuen (Foucault 2010, 146 – 203). Die identifizierende Zugehörigkeit ist in diesem Kontext die Grundlage für jedes moderne Regieren.

In modernen Gesellschaften werden die Zugehörigkeitsstrukturen der Individuen immer komplexer (Durkheim 1984) und zeichnen sich durch eine identitäre Mehrdimensionalität aus. Zur Herstellung, Konsolidierung und Steigerung solcher identitärer Mehrdimensionalität der Zugehörigkeit setzt jede Herrschaft Symbole ein, die es erlauben, Komplexität zu verdichten und zu reduzieren. Dazu gehört auch das Gefühl der „nationalen“ Zugehörigkeit.

Trotz der identitären Mehrdimensionalität der Bürger und Bürgerinnen wird das Narrativ der nationalen Zugehörigkeit durch aussagestarke Symbole begründet und gefestigt und trägt dazu bei, mit dem Gefühl der Zugehörigkeit andere Bindungen und Dimensionen der Zugehörigkeit zu überlagern. Die Rolle der Symbole bei der Konstruktion des Gefühls der nationalen Zugehörigkeit bleibt in jedem Falle bedeutsam.

Die Zugehörigkeit bzw. die gesellschaftliche Identität kann doppelt bestimmt sein, nämlich sozial und ethnisch. Die soziale Identität ist ein soziostrukturelles Ergebnis und hängt ab von Bildung, Einkommen, Beschäftigung usw. (vgl. Baur 2000, 331 – 367). Es handelt sich hier um eine pluralistische Dimension der Identität und ist einschließend, weil die identitären Grenzen offen sind. Die ethnische Identität ist hingegen weit stärker selbstreferentiell, auf die eigene (ethnische) Gruppe konzentriert und dadurch ausschließend.

3. Der Diskurs über die Selbstbestimmung

Das Thema Selbstbestimmung wurde in den verschiedenen Foren des Autonomiekonvents diskutiert. Die entsprechenden Unterlagen finden sich auf der Webseite des Autonomiekonvents (www.konvent.bz.it). Die Diskussionen verliefen im Wesentlichen auf vier Ebenen, die in der Regel Pro- und Contra-Argumente aufweisen und längs dieser Dichotomie großteils ethnisch zugeordnet waren.

3.1 Zuständigkeit

a. Gegner: Vor allem im Konvent der 33 ging es eingangs um die Frage, ob dieser für eine Debatte zur Selbstbestimmung überhaupt zuständig sei. Die Skeptiker und Gegner beriefen sich auf das Landesgesetz „Einsetzung eines Konvents für die Überarbeitung des Autonomiestatuts für Trentino-Südtirol“ (Landesgesetz 2015). Das Gesetz besagt in Art. 1, Absatz 1, es sei das Ziel, „einen Entwurf betreffend sowohl die institutionellen Anpassungen als auch die erforderlichen Ergänzungen des Autonomiestatuts zu prüfen, zu diskutieren und diesen dem Südtiroler Landtag vorzulegen.“ Die Weiterentwicklung des Autonomiestatuts, so wurde im Wesentlichen argumentiert, schließe die Debatte über die Selbstbestimmung aus, zumal Autonomie und Selbstbestimmung (im Sinne der Sezession) im Widerspruch stünden. Außerdem stehe dies in offensichtlichem Widerspruch zum institutionellen Zweck des Autonomiekonvents und es fehle die systematische Kohärenz des Rechtsrahmens.

b. Befürworter. Die Befürworter der Debatte zur Selbstbestimmung argumentierten dagegen, dass sich im Laufe der Diskussion fünf Makrothemen herauskristallisiert hätten, darunter auch das Thema Selbstbestimmung, das auch im Forum der 100 und in den Open-Space-Veranstaltungen diskutiert worden sei. Die Debatte über die Autonomie könne die Diskussion über die Selbstbestimmung nicht ausschließen. Zudem sei die Debatte darüber ein ereignisoffener demokratischer Prozess, der die Möglichkeit biete, über den status quo hinauszugehen.

3.2 Juristische Argumente

a. Befürworter: Die Befürworter verwiesen auf das Recht auf Selbstbestimmung, das als demokratisches Grundrecht zu verstehen sei und laut Art. 1 des Statuts der Vereinten Nationen, Art. 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und Art. 1 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte völkerrechtlich begründet sei, und die alle von Italien ratifiziert worden seien. Kraft des völkerrechtlichen anerkannten Rechts auf Selbstbestimmung könne Südtirol frei über den politischen Status und seine sozio-ökonomische sowie kulturelle Entwicklung bestimmen.

b. Gegner: Die Gegner und Skeptiker der Selbstbestimmung verwiesen darauf, dass die UNO-Charta das Recht auf Selbstbestimmung nur anerkennt, wenn ein Volk daran gehindert werde „in Freiheit seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu gestalten und über den eigenen politischen Status zu entscheiden.“ Dies treffe auf Südtirol nicht zu. Ein anderes Argument betraf das Gruber-De-Gasperi-Abkommen von 1946. Der Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht käme einer Leugnung des darin verankerten Autonomiekonzepts gleich. Ein zusätzliches Argument betraf den Begriff des „Volkes“ als Träger des Rechts auf Selbstbestimmung. Die Einstufung als „Volk“ im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht erweise sich als alternativ zur Einstufung als „nationale Minderheit“ für die Zwecke der Inanspruchnahme der Sonderautonomie, die durch das Gruber-De-Gasperi-Abkommen, durch die italienische Verfassung und durch das Rahmenübereinkommen abgesichert werde.

3.3 Politische Argumente

a. Befürworter: Die Befürworter der Selbstbestimmung verwiesen auf erfolgreiche Initiativen zur Selbstbestimmung oder auf dem Weg zur Selbstbestimmung in Europa wie in Schottland, Katalonien, Montenegro, Island oder im schweizerischen Jura. Dass Kleinstaaten überlebensfähig seien beweise einmal mehr das Fürstentum Liechtenstein. In diesem Kontext wird die Autonomie Südtirols lediglich als Zwischenlösung angesehen, zumal die ständigen staatlichen Interferenzen in Südtiroler Kompetenzen (wie etwa durch den Verfassungsgerichtshof) nur durch eine Trennung von Italien behoben werden könne. Dies gelte auch, um dem wirtschaftlichen Niedergang Italiens zu entgehen. Außerdem könne lediglich die völlige Souveränität das Land Südtirol vor der Zuwanderung schützen und den Bestand der sprachlichen und kulturellen Minderheiten absichern, den Einfluss des Italienischen zurückdrängen. Dem Assimilierungsdruck könne man nicht ewig standhalten. Außerdem bekäme das Land eine bürgernahe Verwaltung.

b. Gegner: Die Gegner und Skeptiker argumentierten damit, dass die Autonomie die Selbstbestimmung im Sinne der internen Selbstbestimmung bereits verwirklicht habe. Ganz abgesehen davon, dass das Konzept der Selbstbestimmung im Sinne einer Sezession unbestimmt sei. Es gehe also eher darum, die Autonomie auszubauen. Eine Volksabstimmung sei utopisch und würde die Autonomie schwächen. Außerdem wurde vor der Gefahr einer ethnischen Frontenbildung sowie vor isolationistischen Tendenzen gewarnt. Zu viele Fragen seien unbeantwortet, etwa jene, ob Südtirol überhaupt in der Lage wäre, sich als eigenständiger Staat zu verwirklichen. Außerdem sei das Verhältnis zur EU nicht geklärt.

3.4 Zielsetzung

a. Befürworter: Die Selbstbestimmung eröffne vier Möglichkeiten: Die Rückkehr zu Österreich, die Errichtung eines souveränen Freistaates, die Angliederung an einen anderen Staat oder die Beibehaltung des status quo. Einige postulieren einen selbständigen Bundesstaat mit den historischen Gebieten Tirols und (eventuell) Vorarlbergs. Der Freistaat sollte (nur) Europa unterstellt sein. Mit der Souveränität wäre eine Reihe bislang nicht gewährter Rechte verbunden: Das Münzrecht, eine selbständige Außenpolitik und dabei die einheitliche Bezeichnung des Landes im Außenverhältnis, die Beflaggung, eigene Briefmarken, ein Südtiroler Internetsuffix und eine eigenständige Toponomastik.

b. Gegner: Die Gegner argumentieren, dass die Autonomie durch die innere Selbstbestimmung bereits verwirklicht sei und dass die Autonomie höchstens noch zur Vollautonomie ausgebaut werden könne.

3.5 Verfahren

Bei der Frage des Verfahrens verschwimmen die Pro- und Contra-Positionen und verlagern sich auf unterschiedliche Argumentationsmuster, die vom Ethnos oder vom Demos bestimmt sind. Davon ausgehend speist sich das Verfahren in der Argumentation der Beteiligten aus zwei Quellen. Für jene, die von der Selbstbestimmung als einem Recht ausgehen, ist die Abhaltung eines Referendums Emanation des Grundrechtes auf Selbstbestimmung. Diese Gruppe vertritt das Prinzip des Ethnos. Die andere Gruppe sieht die Selbstbestimmung als Ausdruck der direkten Demokratie, wonach jedes Volk das Recht habe, über das eigene Schicksal selbst zu bestimmen. Danach handelt es sich um ein inklusivistisches, partizipativ-direktdemokratisches Verfahren zur Umsetzung der Selbstbestimmung, nicht in Berufung auf das Völkerrecht, sondern als demokratisches Grundrecht. Territoriale Selbstbestimmung wird als Element der Neuordnung Europas mit der Überwindung der Nationalstaaten angesehen, das eine gewollte Einheit von Verbundenheit und Vielgestaltigkeit zur Grundlage hat und im Rahmen eines Projektes der Föderalisierung von Territorien erfolgen muss, die eine geographische, kulturelle, geschichtliche Zusammengehörigkeit besitzen. Diese Gruppe vertritt das Prinzip des Demos.

Das Verfahren zur Selbstbestimmung wird grundsätzlich als ergebnisoffener, demokratischer Prozess angesehen, der von einer Diskussionsgruppe zweistufig angesetzt werden müsste: In einer ersten Abstimmung entscheidet die Bevölkerung darüber, ob ein Verfahren zur Änderung des völkerrechtlichen Status eingeleitet werden soll oder nicht. Die Bevölkerung wird umfassend informiert. Eine zweite Abstimmung soll über den zukünftigen völkerrechtlichen Status entscheiden. Entscheidet sich bei der ersten Abstimmung die Wahlbevölkerung mehrheitlich gegen die Einleitung des Verfahrens zur Änderung des völkerrechtlichen Status, wird das Verfahren beendet. Eine neuerliche Einleitung des Verfahrens ist damit aber nicht ausgeschlossen. Möglich wäre auch eine internationale Konferenz auf neutralem Boden, die über die politisch-territoriale Zukunft Südtirols beraten solle. Mehrheitlich verbreitet ist die Auffassung, dass alle drei Sprachgruppen in diesen Entscheidungsprozess miteinbezogen werden sollen.

4. Die Problematik der Selbstbestimmung

Der Große Krieg (1914 – 1918) hat den nachfolgenden Generationen ein belastendes Erbe ungelöster Konflikte hinterlassen, die sehr bald wieder explodierten und in Gewalt münden sollten. Die Totalitarismen wären ohne den Ersten Weltkrieg nur schwer denkbar, Bevölkerungstransfers, Bevölkerungsaustausch und ethnische Säuberungen fanden vor, während und vor allem nach dem Ersten Weltkrieg (und leider auch nach dem Zweiten Weltkrieg) statt, die „Neuordnung Europas“, wie sie von den Siegermächten konzipiert worden war, sollte sich schon bald als Bumerang herausstellen.

Ein solches Erbe ist auch das Prinzip der Selbstbestimmung (Fisch 2010), das seit dem Ersten Weltkrieg eines der erfolgreichsten politischen Schlagworte des 20. Jahrhunderts geworden ist (Pelinka 2010). Dabei kann der Grundgedanke des Rechts auf Selbstbestimmung nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden. Was aber in jedem Falle hinterfragt werden muss, das sind die Inhalte, die hinter dem Slogan der Selbstbestimmung stecken, sowie die Notwendigkeit zu deren Konzeptualisierung.

Begrifflich unscharf, weckte und weckt die Selbstbestimmung bei vielen große Hoffnungen, die aber in der Praxis in den meisten Fällen nicht eingelöst werden konnten (und werden können). Ab Mitte des 19. Jahrhunderts verdichteten sich die Diskussionen zu diesem Thema, Lenin (1870 – 1924) erkannte die Sprengraft der Selbstbestimmung (Lenin 1916), aber den Durchbruch verdankt das Konzept in erster Linie dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson (1856 – 1924). Wilson hatte in Hinblick auf die Nachkriegsordnung in seinem 14-Punkte-Programm vom Jänner 1918 unter anderen festlegte: „A readjustment of the frontiers of Italy should be effected along clearly recognizable lines of nationality” (Yale Law School 2014).2

Die von Wilson festgesetzten Leitlinien der neuen Friedensordnung sollten aber bereits bei den Pariser Friedensverhandlungen 1919 versagen (vgl. MacMillan 2003), zumal die staatliche Neuordnung nach genau erkennbaren ethnischen Abgrenzungen ein hehrer Anspruch war, aus machtpolitischen Gründen aber meist nicht zur Anwendung kam, wie im Fall Südtirol.

Jenseits von machtpolitischen Faktoren gab es aber auch nur sehr wenige Eindeutigkeiten rund um das Recht auf Selbstbestimmung. Das „äußere Selbstbe­stimmungsrecht“, verstanden als Recht eines Staates auf Schutz seiner Souveränität, ist im Wesentlichen universell anerkannt. Die breiteste Zustimmung findet aber das „koloniale“ Selbstbestimmungsrecht (vgl. die UNO-Resolutionen 1514 vom 14.12.1960 sowie 1541 vom 15.12.1960). Da die Kolonien als Teil des Mutterlandes angesehen wurden, wurde der Vorgang der Entkolonisierung als Sezession, der Abspaltung angesehen. Allerdings wird unter Sezession nicht dieser Vorgang verstanden, sondern die Abtrennung eines Teilgebietes vom Gesamtstaat.

Da die Staatengemeinschaft kein Club von Selbstmördern ist, die Staaten aber zugleich Träger des Völkerrechts sind, würde die allgemeine Anerkennung des Rechts auf Sezession jenseits des kolonialen Kontextes zu deren Grabstätte werden. Deshalb wird das Recht auf Sezession von der Staatengemeinschaft nicht anerkannt. Nicht einmal die Sezession als Notwehrrecht ist anerkannt. Ganz abgesehen davon, dass bei Anerkennung des Rechts auf Sezession nach Schätzungen zwischen 1.500 und 3.000 Staaten entstehen könnten (vgl. Hilpold 2008, 122; Hilpold 2009). Das bedeutet nicht, dass Sezession verboten ist, wie etwa die Trennung zwischen Tschechen und Slowaken belegt. Und es bedeutet auch nicht, dass es zu keinen faktischen Sezessionen kommt, auch wenn sie völkerrechtlich nicht gedeckt sind (Hilpold 2008, 137), wie etwa der Fall Kosovo zeigt, oder dass – im Einvernehmen aller Akteure – Abstimmungen über die eigene Staatszugehörigkeit möglich sind, wie dies in Quebec (Kanada) oder in Schottland (Großbritannien) der Fall war.

Wie bekannt, wurde der Südtiroler Bevölkerung nach dem Ersten Weltkrieg das Recht auf Selbstbestimmung verwehrt. Vor allem aus internationalen Gründen (beginnender Kalter Krieg, Westbindung Italiens usw.) beschlossen die Siegermächte, Südtirol auch nach 1945 bei Italien zu belassen. Auf Drängen der Siegermächte wurde aber bei den Friedensverhandlungen in Paris im September 1946 das sog. Gruber-De-Gasperi-Abkommen unterzeichnet, auch als Pariser Vertrag bekannt, ein bilaterales Abkommen zwischen Italien und Österreich, das der deutschsprachigen Minderheit (im Wege der Interpretation später auch der ladinischen Minderheit) eine territoriale Autonomie sowie eine Reihe von Rechten und Schutzmechanismen einräumte (Steininger 2006; Gehler 1996).

Der Vertrag war deshalb möglich geworden, weil alle am Abschluss involvierten Akteure kompromissbereit gewesen waren.

1. Österreich verzichtete auf die territoriale Rückkehr Südtirols in den eigenen Staatsverband. Dafür erhielt Österreich gegenüber Italien das Recht als Schutzmacht für die deutsch- und ladinischsprachige Minderheit aufzutreten.

2. Italien verzichtete auf einen Teil seiner staatlichen Souveränität, was das Gebiet der Provinz Bozen betrifft. Dadurch war Italien in seiner Handhabung gegenüber der Südtiroler Minderheit nicht mehr frei, nach eigenem Gutdünken zu handeln, wenn es um deren Grundrechte als Minderheit ging.

3. Südtirol verzichtete de facto auf die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts.

Auf den Punkt gebracht: Alle Akteure verzichteten auf territoriale Forderungen. Aber die Spielregeln hatten sich im Vergleich zu 1920 grundlegend geändert, als Südtirol von Italien gegen den Willen seiner Bevölkerung und ohne rechtlichen Minderheitenschutz formalrechtlich annektiert worden war.

Die ethnische Minderheit hatte sich für die interne, somit für die territoriale Autonomie, nicht für die externe Selbstbestimmung entschieden. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten und Konflikte bei der Umsetzung der zugesagten Minderheitenrechte und der territorialen Selbstverwaltung bis hin zu UNO-Resolutionen und Terroranschlägen zu Beginn der 1960er-Jahre (Peterlini 2005) gilt heute die Autonomie Südtirols als Modell, wie ein ethnischer Konflikt erfolgreich gelöst werden kann.

Mit Unterzeichnung des Pariser Vertrages verstummte die Forderung nach Selbstbestimmung. Aber von Zeit zu Zeit und abhängig von politischen Rahmenbedingungen wurde die Forderung danach entweder von minoritären Gruppierungen immer wieder aufgegriffen oder der Anspruch wurde funktional eingesetzt, um damit als Druckmittel für Autonomieforderungen zu dienen.

Die Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung, in der Vertreter aller relevanten Parteien und Verbände organisiert sind, die das „Los von Italien“ verfolgen, argumentiert vor allem mit dem Recht auf Abstimmung, mit Argumenten der Politik, der Wirtschaft und der ausstehenden Reformen.

1. Politische Argumente: Die Autonomie gewährleistet keine dauerhafte Lösung für das sprachlich-kulturelle Überleben der Südtiroler in einem fremdnationalen Staat. Die Säulen der Autonomie werden immer häufiger in Frage gestellt und von Rom torpediert. Die Assimilierung schreitet voran und gefährdet den Erhalt der sprachlich-kulturellen Identität. Der Zuzug von Ausländern nach Südtirol bedeutet, dass der prozentuelle Anteil der deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler immer weiter zurückgedrängt wird.

2. Wirtschaftliche Argumente: Der Niedergang Italiens schreitet voran. Alle wichtigen Daten und Indikatoren zeigen, dass Italien in die Drittklassigkeit absinkt: Die Schulden Italiens sind höher als seine jährliche Wirtschaftsleistung, die Wettbewerbsfähigkeit Italiens vermindert sich immer mehr, die Kaufkraft der Bürger nimmt ab. Südtirol wird mit diesem Abwärtstrend mit nach unten gezogen. Die Kinder in Südtirol werden für die italienische Misswirtschaft zahlen müssen.

3. Reformen: Die vielen Reformankündigungen haben sich nicht bewahrheitet. Im Vergleich mit anderen Ländern der Europäischen Union nimmt Italien unter den reformfreudigen Staaten einen Platz auf den letzten Rängen ein. Das betrifft unter anderem das Informationssystem, die Innovation, die Liberalisierung, die Finanzdienstleistungen, das wirtschaftliche Umfeld, den sozialen Frieden und die nachhaltige Entwicklung. Südtirol ist von dieser Reform-Resistenz Italiens negativ betroffen (Die Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung 2009).

Als 1973, ein Jahr nach Verabschiedung des Zweiten Autonomiestatuts, die Landtagswahlen abgehalten wurden, befanden sich unter den in den Südtiroler Landtag gewählten Parteien lediglich der neofaschistische MSI mit 4,0 Prozent und einem Mandat (auf 34), der eine antiautonomistische Haltung einnahm. Bei den Landtagswahlen 2013 hat sich dieses Bild stark geändert. Den Autonomieparteien mit 68 Prozent (SVP, Partito Democratico, Grüne, Movimento 5 Stelle, Team Autonomie, L’Alto Adige nel cuore) stehen die sezessionistischen Parteien mit 27 Prozent gegenüber.

Während sich unter den sezessionistischen Parteien naheliegender Weise nur deutschsprachige Parteien befinden, finden wir unter den autonomistischen Parteien zwei deutschsprachige, vier italienischsprachige und eine interethnische Partei. Eine Reihe von Umfragen belegt, dass trotz des in den letzten Dekaden zugenommenen öffentlichen Diskurses über die Selbstbestimmung sich die Bevölkerung eher zurückhaltend und abwartend verhält (Pallaver 2013).

5. Wem gehört das Land?

Die Debatte in den verschiedenen Plattformen zur Autonomiereform kann aus unterschiedlichen Perspektiven gelesen werden. Es gibt die (völker)rechtlichen Argumente, die politischen Argumente, die Argumente der (direkten) Demokratie. Hinter diesen Argumenten gibt es aber die versteckten Argumente, die verhüllt vorgetragen, nicht direkt ausgesprochen werden, aber in ihren Wirkungen einschneidend sein können. Es handelt sich, wie in Abschnitt 2 über symbolische Politik dargelegt, um die Dimension der symbolic performance, also um Symbole, die identitätsstiftend wirken sollen, um die Integrationskapazität des politischen Systems zu festigen und zu steigern.

Es muss vorausgeschickt werden, dass die Vertreterinnen und Vertreter aus der Zivilgesellschaft und der Verbände/Vereine überproportional aus einem gesellschaftlichen Segment gekommen sind, die das Thema Selbstbestimmung gegenüber der Autonomie als prioritär angesehen haben. Bei der Debatte über die Selbstbestimmung gab es denn auch in erster Linie nicht einen sozialen Diskurs, der einschließend wirkt, sondern einen ethnischen Diskurs, der ausschließend wirkt. Darüber kann auch nicht die Forderung hinwegtäuschen, dass immer wieder davon gesprochen wurde, bei einer Volksabstimmung alle drei Sprachgruppen miteinzubeziehen. Denn in kaum einer Wortmeldung ging es darum, das Ergebnis von der Mehrheit innerhalb der jeweiligen drei Sprachgruppen abhängig zu machen, wie dies im Rahmen der Diskussionen über die Direkte Demokratie in Südtirol immer wieder eingebracht wird (vgl. Alber/Palermo 2010).

Blicken wir nun auf die symbolische Performance: Der größte Erfolg war der mehrheitliche Beschluss, das Recht auf Selbstbestimmung in der Präambel aufzunehmen. Vorgeschlagen wird eine Präambel, in der:

ein Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker wie es in Art. 1 des Statuts der Vereinten Nationen, von der italienischen Republik ratifiziert und zur Durchführung gebracht mit Gesetz Nr. 848 vom 17. August 1957;

Art. 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und Art. 1 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, von der italienischen Republik ratifiziert und zur Durchführung gebracht mit Gesetz Nr. 881 vom 25. Oktober 1977, enthalten ist (Autonomiekonvent 2017, 14).

Die Aufnahme des Selbstbestimmungsrechts in die Präambel ist gegen den Willen der Italienerinnen und Italiener im Konvent der 33 angenommen worden. Dadurch ist der Konvent der 33 ausschließend vorgegangen. Die deutschsprachigen Vertreterinnen und Vertreter, die für diesen Passus in der Präambel stimmen, die Italienerinnen und Italiener, die dagegen stimmen. Dabei wäre die Berufung auf das Recht auf Selbstbestimmung nicht zwingend notwendig gewesen. Wenn das Selbstbestimmungsrecht von jenen, die darauf bestanden haben, dieses in die Präambel aufzunehmen, als Grundrecht angesehen wird, dann existiert dieses unabhängig davon, ob es in einer Präambel vorkommt oder nicht. Das Beharren auf der Selbstbestimmung ist aber auch aus der Sichtweise des Verfassungsverfahrens kontraproduktiv. Der Reformentwurf des Autonomiestatuts muss nicht nur durch den Südtiroler Landtag, sondern auch durch den Regionalrat und durch das italienische Parlament. Man kann somit davon ausgehen, dass im besten Falle, wenn nicht schon im Regionalrat, die Verankerung des Selbstbestimmungsrechts in der Präambel definitiv im Parlament scheitern wird.

Die Mehrheit im Konvent der 33 hat damit drei Prinzipien verletzt, auf denen die Autonomie Südtirols aufbaut. i. Eine Präambel gibt grundsätzlich den Grundkonsens einer Gesellschaft wieder. Dieser Konsens ist zu diesem Thema unter den Sprachgruppen nicht gegeben. ii. Das „Landesgesetz zur Einsetzung eines Konvents für die Überarbeitung des Autonomiestatuts für Trentino-Südtirol“ (Landesgesetz 2015) sieht in Art. 1, Absatz 2 vor, dass der Konvent „nach dem Konsensprinzip“ arbeitet. Mit der Entscheidung einer deutschsprachigen Mehrheit gegen eine italienischsprachige Minderheit des Konvents der 33 ist dieses Prinzip verletzt worden. iii. Südtirols Autonomie beruht auf den Prinzipien der Konkordanzdemokratie, in der das Mehrheitsprinzip gegenüber dem Konsensprinzip stark relativiert ist (Pallaver 2016). Mit der Mehrheitsentscheidung ist das Prinzip der Konkordanzdemokratie verlassen worden.

Im Konvent der 33 wurde in erster Linie mit formalrechtlichen Gründen für die Verankerung des Rechts auf Selbstbestimmung in der Präambel argumentiert. Als auch von Italien anerkanntes Grundrecht, so die Mehrheit, kann niemand dagegen sein. In den Diskussionsforen zur Reform des Autonomiestatuts, in denen die Zivilgesellschaft und die Vereine/Verbände beteiligt waren, kam aber die eigentliche Motivenlage zum Ausdruck. Als Folge einer erfolgreichen Durchsetzung des Rechts auf Selbstbestimmung wären mit der neuen Souveränität eine Reihe bislang nicht gewährter Rechte verbunden: Das Münzrecht, eine selbständige Außenpolitik und dabei die einheitliche Bezeichnung des Landes im Außenverhältnis, die Beflaggung, eigene Briefmarken, ein Südtiroler Internetsuffix und eine eigenständige Toponomastik (Autonomiekonvent 2016, Punkt 12).

Diese Zukunftsvision weist auf klare Ziele: Südtirol sollte sich als souveräner Staat konstituieren, sich also nicht Österreich anschließen. Offensichtlich sollte Südtirol nicht Mitglied der EU werden, wenn auf das eigene Münzrecht verwiesen wird. Mit dem Münzrecht wird aber die Liste der staatlichen, souveränen Symbole eingeläutet. Die einheitliche Bezeichnung des Landes wäre wahrscheinlich Südtirol und nicht mehr Autonome Provinz Bozen oder Alto Adige. Einheitlich wäre auch die Beflaggung, die (Süd)Tiroler Fahne ohne paralleles Hissen auch der italienischen Flagge, eigene Briefmarken als Ausdruck der Souveränität. Ein souveränes Internetsuffix würde das it-Suffix ersetzen und damit eine heute die Mediengesellschaft durchdringende Symbolik der Präsenz Italiens in Südtirol beseitigen. Und wenn im gleichen Atemzug von einer eigenständigen Toponomastik gesprochen wird, so bedeutet dies in der Intention der Zielsetzung die Beseitigung der nicht historisch gewachsenen italienischen Toponomastik.

Mit dieser Symbolik soll die Deutungshoheit über das Land definitiv zurückerobert werden. Wem gehört das Land? Den deutschsprachigen (ladinischsprachigen) Südtirolerinnen und Südtirolern, Südtirol ist „deutsch“.

6. Resümee

Symbolik ist immer mit Macht verbunden (vgl. Edelmann 2005), wer die Symbolik bestimmt und inhaltlich besetzt, übt Macht im Sinne von Max Weber aus, verstanden als Durchsetzung des eigenen Willens auch gegen den Widerstand anderer (Weber 1980, 28). Die Debatte rund um das Recht auf Selbstbestimmung ist eine Stellvertreterdebatte, wem das Land gehört, wer dazugehört und wer nicht dazugehört. Identität wird ethnisch, nicht sozial definiert und dadurch die Demarkationslinie zwischen „drinnen“ und „draußen“ ethnisch gezogen. Die Verankerung des „Rechts auf Selbstbestimmung“ in der Präambel ist die Antithese der erfolgreichen Autonomiepolitik. Die Autonomiepolitik schließt alle mit ein und beruht auf dem Grundkonsens der Sprachgruppen. Die Selbstbestimmung beruht nicht auf dem Grundkonsens aller Sprachgruppen und schließt damit aus.

Anmerkungen

1 Vgl. die Beiträge von Sara Parolari und Michele Buonerba in diesem Band.

2 Aufschlussreich ist außerdem der zweite Absatz seiner Erklärung:

We entered this war because violations of right had occurred which touched us to the quick and made the life of our own people impossible unless they were corrected and the world secure once for all against their recurrence. What we demand in this war, therefore, is nothing peculiar to ourselves. It is that the world be made fit and safe to live in; and particularly that it be made safe for every peace-loving nation which, like our own, wishes to live its own life, determine its own institutions, be assured of justice and fair dealing by the other peoples of the world as against force and selfish aggression. All the peoples of the world are in effect partners in this interest, and for our own part we see very clearly that unless justice be done to others it will not be done to us. The programme of the world’s peace, therefore, is our programme (…) (Yale Law School 2014).

Literaturverzeichnis

Alber, Elisabeth/Palermo, Francesco (2010), Democrazia diretta e diritti delle minoranze, in: Pallaver, Günther (Hg.), Politika10. Südtiroler Jahrbuch für Politik/Annuario di politica/Anuer de pulitica, Bozen: Raetia, 223 – 241

Almond, Gabriel A./Powell, G. Bingham (1966), Comparative Politics: A Development Approach, Boston: Little, Brown & Company

Almond, Gabriel A./Powell, G. Bingham (1980) (Hg.), Comparative Politics Today. A World View, Boston: Little, Brown

Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung (2009): Süd-Tirol. Die gestohlene Zukunft, Meran: Hauger-Fritz (Broschüre)

Autonomiekonvent (2016), Open Space Ergebnisse. So denkt Südtirol (13.3.2016), Bozen: Südtiroler Landtag, www.konvent.bz.it/de/files/openspace.html (7.3.2018)

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Baur, Siegfried (2000), Die Tücken der Nähe. Kommunikation und Kooperation in Mehrheits-/Minderheitensituationen, Meran: Alpha&Beta

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Tab. 1: Ergebnis der autonomistischen und sezessionistischen Parteien bei den ­Landtagswahlen 2013

Parteien

Autonomie

Sezession

Ethnische Zuordnung

%

Mandate

%

Mandate

Südtiroler Volkspartei

deutsch

45,7

17

Die Freiheitlichen

deutsch

17,9

6

Verdi/Grüne/Vërc–Sel

interethnisch

8,7

3

Süd-Tiroler Freiheit

deutsch

7,2

3

Partito Democratico/

Demokratische Partei

italienisch

6,7

2

Forza Alto Adige – Lega Nord – Team Autonomie

italienisch

2,5

1

Movimento Cinque Stelle

italienisch

2,5

1

Bündnis BürgerUnion –
Ladins Dolomites–Wir Südtiroler

deutsch/ladinisch

2,1

1

L’Alto Adige nel cuore

italienisch

2,1

1

Summe

68,2

25

27,2

10

Quelle: Südtiroler Landesregierung 2017, 100. Die fehlenden Prozentsätze auf 100 gehen auf jene Parteien zurück, welche die Wahl in den Landtag nicht geschafft haben.