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Elisabeth Alber

Autonomiekonvent und Consulta im ­internationalen und nationalen Vergleich: Verfahren, Gremien, Praxis

Autonomy Convention and Consulta: An International and
National Comparison as to Procedures, Bodies, Praxis

Abstract This article examines similarities and differences of the institutional frameworks of the Autonomy Convention (2016-2017) and the Consulta (2016-2018), two large-scaled consultative processes in South Tyrol and in Trentino, both aiming at the elaboration of proposals as to the revision of the Second Autonomy Statute of the Autonomous Region Trentino-South Tyrol. Each participatory process lasted almost two years and was different in its structure. The article highlights how the two processes were organized and to what extent they are innovative forms of democratic participation.

For this purpose, the Autonomy Convention and the Consulta are firstly scrutinized along existing theories and models of deliberative democracy (parts 1-4). Secondly, intent and purpose of both processes are elucidated as well as the details as to their organisational and operational structures (part 5 and its subheadings). The article shows that the two structures have its pros and cons, contributing differently to the overall aim of both processes: the elaboration of proposals as to the amendment of the regionally anchored Second Autonomy Statute (1972). This result is embedded in concluding remarks (part 6), which highlight that neither structure helped to create a constitutional momentum for broad mobilization.

1. Grundsätzliches, Zielsetzung und Struktur der Abhandlung

Knapp zwei Jahre lang wurden fast zeitgleich sowohl im Südtiroler Autonomiekonvent1 (16.01.2016 – 22.09.2017)2 als auch in der Consulta3 (12.09.2016 – 03.05.2018)4 im Trentino Ideen und Vorschläge zur Überarbeitung des regional verankerten Autonomiestatuts der beiden autonomen Provinzen Bozen und Trient diskutiert und erarbeitet. Trotz aller Unterschiedlichkeit in Struktur, Ablauf und Diskussionsschwerpunkte5 sowie -kultur6, ist beiden beratenden partizipativen Bürgerbeteiligungsprozessen eines gemein: Beide sind auf subnationaler Ebene groß angelegt und vor dem Hintergrund eines Minderheitenkontexts im Bereich grundlegender Reformbestrebungen durchgeführt worden. Dabei wurden während der Arbeiten einerseits die Beziehungen zwischen den autonomen Provinzen und Rom (beispielsweise die Stärkung der Autonomie durch Ausweitung der Kompetenzen), andererseits, und vor allem in Südtirol, die Politikgestaltung und Beziehungen zwischen den Sprachgruppen (beispielsweise das Proporzsystem und das Erziehungs- und Unterrichtswesen) sowie die Rolle der Region als Regierungsebene kontrovers diskutiert.

Die Arbeiten des Autonomiekonvents und der Consulta beschränkten sich somit nicht auf eine formalrechtliche und politisch-institutionelle Dimension, sondern boten Raum für Diskussionen über verschiedenste Dimensionen und Visionen hinweg. Über die Ausgestaltung der Autonomie in Südtirol und im Trentino wurde sowohl im engeren Sinne (Kompetenzen und Politikgestaltung der beiden autonomen Provinzen) als auch im weiteren und weitesten Sinne diskutiert [Beziehungen zwischen den autonomen Provinzen, Beziehungen der autonomen Provinzen zu Rom, die (zukünftige) Rolle der „kompetenzarmen formellen Dachkonstruktion“ Region sowie die (zukünftige) Rolle der autonomen Provinzen in der Europaregion (als Teil des geographischen Gebiets und als Teil der institutionellen und organisatorischen Strukturen im Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit, kurz EVTZ)].7

Diese Abhandlung analysiert und vergleicht Zweck, Aufbau und Ablauf des Autonomiekonvents und der Consulta. Sie verfolgt zwei Zielsetzungen:

(1) Erste Zielsetzung ist die Gegenüberstellung der institutionellen Rahmenbedingungen und der wichtigsten Arbeitsschritte beider Bürgerbeteiligungsprozesse.

Den Autonomiekonvent (das Verfahren in Südtirol) zeichnet folgende Besonderheit aus: Er ist auf subnationaler Ebene in einem durch konkordanzdemokratischen Elementen gekennzeichnetem politischem System durchgeführt worden (die Zu­sammensetzung seiner Gremien berücksichtigt diese Elemente; vgl. Abschnitt fünf dieser Abhandlung). Außerdem ist es interessant, Verfahren und Ausgestaltung des Autonomiekonvents mit dem Bürgerbeteiligungsverfahren in der Nachbarprovinz Südtirols, dem Trentino, zu vergleichen. Die Consulta (das Verfahren im Trentino) verfolgte nämlich dieselbe Zielsetzung, doch tat sie dies mittels eines Beteiligungsprozesses, der anders ausgestaltet war. Die Consulta in der italienischsprachigen Autonomen Provinz Trient (mit wenigen Minderheitensprachinseln) war demnach anderen Herausforderungen ausgesetzt als der Autonomiekonvent in der Autonomen Provinz Bozen, dessen politisches System auf der Institutionalisierung dreier Sprachgruppen fußt (Deutsch, Italienisch, Ladinisch).

Die Herausforderung, die beiden autonomen Provinzen als Gliedprovinzen der Autonomen Region Trentino-Südtirol noch bevorsteht, ist die Erarbeitung eines gemeinsamen Entwurfs für die Abänderung des Zweiten Autonomiestatuts (ASt). Laut Artikel 103 des ASt (1972) steht das Initiativrecht zur Änderung des Statuts dem Regionalrat auf Vorschlag der Landtage der beiden autonomen Provinzen Bozen und Trient zu. Dabei fasst der Regionalrat, der sich aus den beiden Landtagen zusammensetzt (Art. 25 Abs. 1 ASt), nur den formellen Beschluss, der vollständig dem von den beiden Landtagen eingebrachten Entwurf entspricht. Konkret heißt das, dass der endgültige Vorschlag Südtirols zusammen mit den Ergebnissen des Bürgerbeteiligungsprozesses im Trentino nach Behandlung in den jeweiligen Landtagen und nach Genehmigung im Regionalrat dem römischen Parlament vorgelegt werden muss.

Das Autonomiestatut steht im Rang eines Verfassungsgesetzes und kann demgemäß nur mittels eines Verfassungsgesetzentwurfs abgeändert werden, der laut Art. 138 der Verfassung behandelt wird [Genehmigung in doppelter Lesung beider Kammern in einem zeitlichem Abstand von mindestens drei Monaten, wobei die Anwendung einer staatsweiten Volksabstimmung über ein statutsänderndes Verfassungsgesetz aufgrund des Minderheitenschutzes nicht zulässig ist (Art. 103 Abs. 3 ASt)]. Zum jetzigen Zeitpunkt (08. Mai 2018) steht weder in Südtirol noch im Trentino fest, wer sich in welcher Form in den jeweiligen Landtagen der erarbeiteten Unterlagen annimmt. Dementsprechend liegt die Behandlung eines oder zweier Verfassungsgesetzentwürfe in weiter Ferne, nicht nur wegen des Fehlens klarer Aussagen hinsichtlich der ausstehenden Arbeitsschritte, sondern auch in Anbetracht momentaner anderweitiger Prioritätensetzung (Erstellung der Kandidatenlisten für die anstehenden Landtagswahlen am 21. Oktober 2018). Inwiefern die erarbeiteten Ideen und Vorschläge der Gremien des Autonomiekonvents und der Consulta Eingang finden in den Wahlkampf, bleibt dahingestellt. Sollte sich auf Landes- bzw. Regionalebene kein gemeinsamer Entwurf eines Verfassungsgesetzentwurfs abzeichnen, so bestünde laut ASt auch eine andere Möglichkeit: die Gesetzesinitiative von Seiten des Staates, also der Regierung, oder eines einzelnen Parlamentariers. Sprich: Ein Parlamentarier aus Südtirol oder dem Trentino könnte den Gesetzentwurf des jeweiligen Landtages ins Parlament einbringen. Dieser Weg zur Abänderung des ASt ist wiederum an Stellungnahmen durch den Regionalrat und den Landtagen gebunden, die zwar rechtlich nicht bindend sind, aber politisch ein außerordentliches Gewicht aufweisen, gerade wegen des Prinzips des loyalen Zusammenwirkens im italienischen Verfassungsrecht (vgl. Zwilling 2007). Um die Kontextualisierung beider Fallstudien vornehmen zu können, sei darauf hingewiesen, dass das staatsrechtliche deliberative Demokratieverständnis und dessen Ausgestaltungsformen im Regionalstaat Italien und im Bundesstaat Österreich zwar vorhanden, aber je nach Regierungsebene und je nach Region bzw. Bundesland unterschiedlich aufgefasst werden und ausgeprägt sind (vgl. Alber 2015a).

(2) Zweite Zielsetzung dieser Abhandlung ist die Einordnung beider Prozesse in Theorien und Praktiken beratender Bürgerbeteiligungsprozesse bei grundlegenden Reformvorhaben.

Beratende Bürgerbeteiligungsverfahren bei grundlegenden Reformen sind in den letzten Jahren auf nationaler Ebene insbesondere bei angestrebten Verfassungsreformen vermehrt zum Einsatz gekommen (z. B. in Island; vgl. Abschnitt vier dieser Abhandlung). Bezüglich des Ausrufs der Krise der Demokratie muss jedoch betont werden, dass jener keine Neuheit darstellt (für viele vgl. Urbinati 2014; Dahrendorf 2002; Beck 1998; Bobbio 1984) und – sofern nicht weiter ausgeführt – eine unzulässige Verallgemeinerung ist. Denn, nicht die Demokratie steckt in der Krise, sondern ihre institutionelle Ausgestaltung und ihre Entscheidungsfindungsprozesse (vgl. Dia­manti 2013; della Porta 2010). Nicht die Krise der Demokratie, sondern die Krise der Politik bedingt eine immer größer werdende Entfremdung zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Politik (Klages und Vetter sprechen vom Teufelskreis des gegenseitigen Misstrauens, 2013, 22 – 23; zum Vertrauensverlust und der Governance in Südtirol vgl. Alber/Engl/Pallaver 2015). Andere, wie Hans-Liudger Dienel und Raban Fuhrmann (2014, 24 – 25) argumentieren, dass Politik nicht mehr so gelingt wie sie soll. Sie sprechen vom funktionalen Versagen politischer Praxis (Steuerungsdimension) in Zeiten, in denen es nicht mehr nur „technisch-instrumentelle“ Probleme zu lösen gilt, sondern die Politik auch „normativ-substantielle Gerechtigkeitsanforderungen“ mit berücksichtigen muss (Nachhaltigkeitsdimension) und demnach ihr klassisch-westliches Menschen- und Politikverständnis, dem ein „emphatischer Defizit“ inne liegt, gen ein Politikverständnis überdenken muss, das auf einer demokratiefördernden Diskurs-Praxis fußt. Klages und Vetter (2013, 14 – 21) sprechen von der Ausbreitung des rationalen Denkens und des gesellschaftlichen Wertewandels von Unterordnungs- und Fügsamkeitswerten zu Selbstentfaltungswerten. Aus diesem Grund rücken Bürgerbeteiligungsverfahren, denen ein dialogischer Prozess zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft zugrunde liegt, immer mehr in den Mittelpunkt politischer Praxis: einerseits um Politiken zu legitimieren, andererseits um Bürgerwissen zu akquirieren, mit der Zielsetzung der Erarbeitung nachhaltiger Lösungsansätze (Bobbio und Pomatto sprechen von einem modello a confronto, das unterschiedliche Meinungen und Argumentationsstränge gegenüberstellt und in dem die Verwaltung bzw. die Letztentscheidungsinstanz eine neutrale Rolle einnimmt; 2008, 29). Die Letztentscheidungsbefugnis steht bei partizipativen Bürgerbeteiligungsprozessen in der Regel der für die Sachlage zuständigen Behörde oder jener politischer Institution zu, die das Beteiligungsverfahren in die Wege geleitet hat. Jene Behörde oder politische Institution sollte, im Idealfall, auch Beobachter oder gleichwertiger (nicht steuernder) Akteur im deliberativen Verfahren sein.

Deliberativen, also auf Diskussion und Argumentation aufgebauten beratenden Bürgerbeteiligungsverfahren, wird zugesprochen, dass sie Hoffnungsträger sind, um komplexe Entscheidungsfindungsprozesse fernab von Wahlakten repräsentativer und direkter Demokratie mittels der Einbindung möglichst breiter Bevölkerungsschichten besser in die Wege zu leiten. Sie zielen nicht auf die Entmachtung repräsentativ-demokratischer Institutionen ab, sondern auf die Ergänzung derselben durch öffentliche Prozesse der Meinungs- und Willensbildung. Deliberative Demokratietheoretiker weisen immer wieder explizit darauf hin, dass die Verfahren komplementär zu Entscheidungsfindungskanälen repräsentativer Art zum Einsatz kommen sollen und jene nicht substituieren können (vgl. für viele, „deliberative democracy is not usually thought of as an alternative to representative democracy, it is rather an expansion of representative democracy“, Chambers 2003, 308; vgl. auch Chambers 2012, 53; Klages/Vetter 2013, 124; Allegretti 2010, 3; Merkel 2015, 121 – 122).

Ziele deliberativer Bürgerbeteiligungsverfahren sind nicht nur der Austausch und der Wissensgewinn, sondern auch Meinungs- und Willensbildung durch begründete Argumentation im Sinne des Gemeinwohls (Präferenzgenese und -veränderung). Claudia Landwehr (2012, 360) bezeichnet als Deliberation

„die argumentative Suche nach und die Gewichtung von Gründen für und gegen Handlungsoptionen durch eine Gruppe. Deliberation ist dialogisch, das bedeutet, dass jeder Teilnehmer die Möglichkeit hat, sich an der ­Diskussion zu beteiligen und zu Äußerungen anderer Stellung zu beziehen, also ihnen zuzustimmen, sie zu hinterfragen oder ihnen zu widersprechen. Deliberation folgt zudem einer Logik der Öffentlichkeit: Die genannten Gründe verlangen nach Verallgemeiner- und prinzipieller Übertragbarkeit. Was für einen Teilnehmer ein Grund ist, muss für die anderen zumindest ein möglicher Grund sein. Private Motive und Interessen (z.B. der Wunsch nach mehr Geld oder Macht) gelten in der Deliberation nicht als legitime Gründe.“

Der Logik der Öffentlichkeit folgten sowohl der Autonomiekonvent als auch die Consulta. All ihre Arbeiten waren öffentlich zugänglich, wurden online übertragen und aufgezeichnet, sind nachzusehen und nachzulesen auf den entsprechenden Webseiten (www.konvent.bz.it für den Autonomiekonvent und www.riformastatuto.tn.it für die Consulta).

Auf den bisherigen Aussagen aufbauend, analysiert diese Abhandlung den Autonomiekonvent und die Consulta, indem sie zunächst in den Abschnitten zwei, drei und vier eingeht auf bestehende Theorien sowie Modelle und Konzepte deliberativer Demo­kratie. Verfahren, Zweck und Zielsetzung des Autonomiekonvents und der Consulta werden im fünften Abschnitt unter die Lupe genommen, wobei dessen Unterabschnitte eine detaillierte Analyse des Aufbaus und der Arbeitsweisen der Gremien beider Bürgerbeteiligungsprozesse vornehmen. Dabei werden Vor- und Nachteile der institutionellen Rahmenbedingungen vergleichend gegenübergestellt. Die Abhandlung leistet einen Beitrag zur empirischen Deliberationsforschung, die insbesondere aber nicht nur im Bereich subnationaler deliberativer Bürgerbeteiligungsverfahren in Minderheitenkontexten noch in den Kinderschuhen steckt bzw. mehrheitlich theoretischer Natur ist.

2. Theoretischer Rahmen: deliberative Demokratie

Ein Blick in den Forschungsstand zu Demokratietheorien gibt Aufschluss darüber, dass deliberative Demokratietheorien insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten zum Fokal- und Angelpunkt in der Politikwissenschaft aufgestiegen sind und innerhalb der politischen Theorie zu jener Teildisziplin avanciert sind, zu der zeitgenössisch am meisten geforscht wird (Schaal/Heidenreich 2016, 283). Laut Schaal und Heidenreich (2016, 268 – 271) birgt ein deliberatives Demokratieverständnis (zum Konzept vgl. Dryzek 2009, der die Begriffe deliberative capacity und deliberative capacity building prägte) im Vergleich zu anderen Demokratieauffassungen den Vorteil, folgende fünf Herausforderungen erfolgreich meistern zu können (zumindest als theorieinterne Hoffnung):

(1) Es erlaubt, die These der Opposition zwischen den Grundsätzen der Verfasstheit eines Staates (die verfassungsrechtlich vorgegebenen Spielregeln des Politischen) und dem Ideal der Volkssouveränität zu falsifizieren bzw. die Grundsätze der von Habermas propagierten Gleichursprünglichkeit von privater und öffentlicher Autonomie auszusöhnen. Weder können die private Autonomie als legitime Freiheit zu strategischem Handeln, noch die staatsbürgerliche Autonomie als subjektiv-rechtliche Gelegenheit der Teilhabe und -nahme an diskursiven Rechtsetzungsverfahren unabhängig voneinander existieren (vgl. Lieber 2007).

(2) Dadurch dass ein deliberatives Demokratieverständnis auf Verfahren hinausläuft, ist es der Prozess der Deliberation selbst, welcher Inbegriff ist für die Qualität des Outputs politischer Systeme (deren Leistungs- und Problemlösungsfähigkeit) bzw. für die Dauerhaftigkeit sozio-politischen Gemeinwohls; denn, der deliberative Ansatz setzt den prozeduralen Diskurs in den Mittelpunkt, während republikanische Theorien sich auf Tugenden, und liberale Theorien sich auf Institutionen stützen.

(3) Die Einbindung der Meinungen und Interessen vieler in einen strukturierten Meinungs- und Willensbildungsprozess erhöht die Legitimation eines politischen Systems, denn Bürgerinnen und Bürger sind in einer Person „Rechtsautoren und Rechtsadressaten, d. h. sie sind die Autoren jener Gesetze, denen sie zugleich als Staatsbürger unterworfen sind“ (Schaal/Heidenreich 2016, 269). Deliberative Bürgerbeteiligungsprozesse sind somit Mittel zum Zweck und orientieren sich nicht nur am Streben nach einem Mehr an politischer Beteiligung, sondern beabsichtigen auch den Erhalt bestehender demokratischer Strukturen und Entscheidungsfindungsprozesse mit dem Minimalanspruch der Anpassung an neue Gegebenheiten.

(4) Mittels Deliberation können Präferenzen optimiert werden und dies käme – sofern die Deliberation nach idealen Rahmenbedingungen wie der Vernunft, der Inklusivität, der Öffentlichkeit, der Gleichheit, der Zwanglosigkeit und des Gemeinwohlverständnisses abläuft – einer Verbesserung des politischen Systems auf der Inputseite gleich; in dieselbe Kerbe schlägt schon im Jahr 1990 der Philosoph David Estlund, der auf die epistemischen Vorzüge eines deliberativen Demokratieverständnisses verweist.

(5) Entscheidungen, die durch Deliberation getroffen werden oder denen Deliberation vorangeht, gehen einher mit der Reduzierung von Implementationskosten von Rechtsakten; die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern macht die Umset­zung von Politiken politisch nachhaltiger, da Bürgerinnen und Bürger als Betroffene über die Sachlage schon in Kenntnis gesetzt sind und jene – idealerweise – mitgedacht und mitgestaltet haben.

All dies klingt vielversprechend in Zeiten, in denen Politikverdrossenheit, Politikentfremdung und die Krise der Demokratie bzw. der Politik in allerlei Munde sind. Bedeutet all dies, dass auf die Frage, ob deliberative Demokratie alles und jedes sein kann, ein Ja als Antwort folgen muss? Dies ist nicht der Fall, weder aus demokratietheoretischer Sicht, noch aus empirischer Sicht. Der Deliberation als politische Interaktionsform kommen angesichts der vermehrten Durchführung unterschiedlichster Bürgerbeteiligungsverfahren (der Rechtswissenschaftler Umberto Allegretti spricht von einer Bürgerbeteiligungsverfahrens-Familie, 2010, 1 – 3) und der Fülle an theoretischer und empirischer Forschungsarbeiten in mittlerweile verschiedensten Teildisziplinen der Sozialwissenschaften zwar eine unüberschaubare Anzahl an Bedeutungen zu, jedoch kann, soll und darf deliberative Demokratie weder in ihrer theoretischen Lesart noch in ihrer praktischen Ausgestaltung, d. h. in ihrer empirischen Handlungslogik, nicht alles und jedes sein. Was deliberative Demokratie ist bzw. in welchem Verhältnis ihre unterschiedlichen Ausformungen zueinander und in Abgrenzung zu repräsentativen und direktdemokratischen Entscheidungsfindungsprozessen stehen, lässt sich nicht in einer einzigen Definitionsformel verdichten. Anspruch und Wirklichkeit deliberativer Demokratie sind stark kontextgebunden, können also vieles bedeuten, aber, wie schon betont, trotzdem nicht alles und jedes sein. Folgendes Zitat vom pragmatisch orientierten Demokratietheoretiker James Bohman umreißt sowohl die Grundannahmen deliberativer Demokratietheorie als auch die Komplexität deliberativen Handelns sehr treffend und wirft Fragen auf, die auch hinsichtlich der institutionellen Ausgestaltung des Autonomiekonvents und der Consulta kontrovers diskutiert wurden und werden:

„Broadly defined, deliberative democracy refers to the idea that legitimate lawmaking issues from the public deliberation of citizens. As a normative account of legitimacy, deliberative democracy evokes ideals of rational legislation, participatory politics, and civic self-governance. In short, it presents an ideal of political autonomy based on the practical reasoning of citizens. But is this ideal feasible or even desirable? What exactly is public deliberation? Given the complex issues that confront contemporary societies, is an intelligent, broad-based participation possible? In societies as culturally diverse as our own, is it reasonable to expect deliberating citizens to converge on rational solutions to political problems? Does deliberation actually overcome or only exacerbate the more undesirable features of majority rule?“ (Bohman/Rehg 1997, ix)

Wenn es um deliberative Demokratie in ethnisch-pluralistischen (gespaltenen) Gesellschaften geht, so zeigt vor allem die Arbeit von O’Flynn Versprechungen und Fallstricke deliberativer Prozesse auf. Er argumentiert, dass konkordanzdemokratische Systeme durch jene deliberativen Bürgerbeteiligungsverfahren ergänzt werden sollten, die darauf abzielen, die Integration in gespaltene Gesellschaften zu erleichtern. Obwohl er anerkennt, dass eine positive Korrelation vorliegt zwischen dem Grad der Pluralität einer Gesellschaft und der Schwierigkeit der dialogischen Präferenzgenerierung und -veränderung bei Teilnehmenden eines Beteiligungsprozesses, argumentiert er, dass die Verhandlungslogik zwischen den Gruppen durch eine deliberative Diskussionskultur ersetzt werden sollte. Nur mittels einer übergeordneten bürgerlichen Identität (overarching civic identity, O’Flynn 2006, 57; vgl. auch O’Flynn 2010) könnten gespaltene Gesellschaften und deren Systeme zukunftsfit gemacht werden. O’Flynn betont, dass Aussöhnung und Annäherung nur erreicht werden können, wenn deliberative Diskussionsprozesse nicht ausschließlich zwischen den Eliten stattfinden, sondern auch in der Öffentlichkeit. In der Praxis könnten Spannungen während des Austragens deliberativer Bürgerbeteiligungsprozesse zwar zunächst eher zunehmen als abnehmen, doch fällt dies mittelfristig und langfristig nicht ins Gewicht. Dies geschieht aufgrund der Tatsache, dass sich die Polarisierung von Meinungen insbesondere bei grundlegenden Fragestellungen in Gruppendiskussionen oft zuspitzt und die Fähigkeit der Teilnehmenden, die Argumente distanziert zu betrachten, in jenem Moment sehr eingeschränkt ist – insbesondere wenn aus methodischer Sicht das „reine“ Konsensprinzip zum Einsatz kommt. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass im Gegensatz zu den deliberativen Demokratietheoretikern der ersten Generation laut den deliberativen Demokratietheoretikern der zweiten und dritten Generation kein Konsens notwendig ist, um deliberative Praktiken zu legitimieren; Vereinbarungen können auch durch ein abgeschwächtes Konsensprinzip, durch Kompromisse oder ausschließliche durch Konzentration auf gemeinsame Interessen erzielt werden (für viele vgl. Mendelberg 2002; Manin 2005; Gutmann und Thompson 2012).

3. Anwendungsorientierter Rahmen: Beteiligungsverfahren

Aus anwendungsorientierter Sicht ist unweigerlich festzustellen, dass wir mittlerweile einem „Verfahrensboom“ (Dienel/Fuhrmann 2014, 27) oder „einer regelrechten Welle dialogisch geprägten Beteiligungsformen“ (Klages/Vetter 2013, 43), die sich insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelt haben, ausgesetzt sind. Dies kommt aber nicht automatisch einem proaktiven deliberativen Handeln in Politik und Verwaltung gleich. Der Großteil deliberativer Bürgerbeteiligungsverfahren wird reaktionär in die Wege geleitet und weder konsequent noch regelmäßig durchgeführt. In den Worten von Dienel und Fuhrmann (2014, 23) ist es „in der Praxis unüblich, gerade in heiklen Gesetzgebungsvorhaben Bürger offen und effektiv einzubinden“; auch „fehlt in den Politik- und Verwaltungswissenschaften eine anerkannte Forschung und Lehre, wie Beteiligungsprozesse besser gelingen“.

In ihrer Ausgestaltung können Bürgerbeteiligungsverfahren sehr unterschiedlich sein: beispielweise face-to-face oder online Verfahren, Groß- oder Kleingruppenverfahren, Verfahren in institutionalisierten oder nicht-institutionalisierten Räumen. Auf die Fragen, welchem Regelwerk deliberative Beteiligungsverfahren unterliegen bzw. wie sie institutionalisiert werden und welche Ausgestaltungselemente sie kennzeichnen (sollen), gibt es ebenso wenig eine einhellige Antwort wie auf die Frage, inwieweit deliberative Bürgerbeteiligungsverfahren den normativen Ansprüchen deliberativer Demokratietheorie gerecht werden können.

Die Spezifikation institutioneller Arrangements, die deliberationsfördernd wirken, wird von der deliberativen Demokratietheorie insbesondere ab der Jahrtausendwende zunehmend thematisiert und aufgearbeitet und stellt bis heute für die Wissenschaft eine große Herausforderung dar (Bächtiger/Hangartner 2010). So weisen zum Beispiel Alcántara et al. (2016, 43 – 53) in ihrer umfangreichen wissenschaftlichen Systematisierung deliberativer Bürgerbeteiligungsverfahren auf die Probleme und Grenzen bei der Einordnung von Verfahren in eine Matrix hin (ibid, 53 – 55): Sie attestieren der noch nicht ausgereiften „Verfahrensbeteiligungsforschung“, dass „idealtypische Verfahren oft nicht umfassend genug beschrieben sind, um die Ausprägungen der einzelnen Kriterien für das jeweilige Verfahren aus nur einer Quelle zu speisen.“ Dies bringt methodologische Schwierigkeiten mit sich, da die Verfahren interpretativ eingeordnet werden müssen. Die Autoren propagieren die Verfahrenswissenschaft dahingehend auszubauen, dass Analysen, die deliberative Bürgerbeteiligungsprozesse begleiten, zum Standard werden [nicht nur Prozessanalysen, sondern auch Analysen der Ergebnisse und der langfristigen Wirkung/Folgen deliberativer Bürgerbeteiligungsverfahren (ibid, 54)]. Abhandlungen dieser Art sind aufgrund ihrer Komplexität und ihres Umfanges noch spärlich. Bis zur Jahrtausendwende wurde deliberative Demokratie fast ausschließlich demokratietheoretisch aufgearbeitet.

In der deliberativen Demokratietheorie finden deliberative Bürgerbeteiligungsverfahren einerseits ihre normative Legitimationsquelle, andererseits fordern deliberative Bürgerbeteiligungsverfahren die sehr anspruchsvollen theoretischen Grundannahmen der Deliberation stetig heraus. Ab den 2000er-Jahren entwickelte sich die empirische Deliberationsforschung in zwei Schritten (vgl. Bächtiger/Wyss 2013; Bächtiger 2016): In einem ersten Schritt setze man sich mit dem normativen Ideal der Deliberation auseinander, um jenen Kritikern Antworten zu geben, die die Durchführung und den Nutzen deliberativer Bürgerbeteiligungsverfahren aufgrund ihrer höchst anspruchsvollen Voraussetzungen als utopisch ansahen. In einem zweiten Schritt entwickelte sich die empirische Deliberationsforschung als eigenständige Disziplin: Zwar vertritt man weiterhin die These, dass die deliberative Demokratietheorie in erster Linie eine normative Theorie ist, doch betont die Wissenschaft vermehrt, dass deren empirische Grundannahmen herauszuarbeiten seien, denn

„Sollen impliziert Können“ und demnach gilt: „wer fordert, dass sich Bürger und Politiker in einer bestimmten Art und Weise verhalten, muss nachweisen, dass es ihnen auch tatsächlich möglich ist, und wer verspricht, dass Deliberation Erkenntnisfortschritte und Verständigung produziert, muss zeigen, dass dies auch unter realen Bedingungen der Fall ist.“ ­(Landwehr 2012, 360)

Hinkte in der Wissenschaft vor zwei Jahrzehnten die Empirie noch der Theorie hinterher, so ist heutzutage die Menge (kleinteiliger) empirischer Fallbeispiele fast unüberschaubar geworden (Landwehr 2012, 375). Nach Dienel und Fuhrmann (2014, 31) „hält die wissenschaftliche Reflexion […] nicht Schritt“ mit dem zunehmenden Aufkommen und der Durchführung neuer Bürgerbeteiligungsverfahren. Sie sollte deshalb verstärkt zu prozeduraler Politik forschen (was Deliberation in politischen Gremien, aber auch deliberative Bürgerbeteiligungsverfahren wie den Autonomiekonvent und die Consulta miteinschließt). Fasst man den Begriff der deliberativen Demokratie breit, so gilt jedoch weiterhin, dass die Fülle normativ-theoretischer Konzeptionen gegenüber jener der empirischen Studien überwiegt.

4. Die Kategorie der „Konventsmodelle“

Die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern im Vorfeld von Verfassungsreformen wird vor dem Hintergrund der Krise der Politik zunehmend angestrebt. Aus Sicht des öffentlichen Rechts spricht Cheryl Saunders (2012, 2) von „a universal acceptance that the authority for a Constitution must derive, in one way or another, from the people of the State concerned“ und Mila Versteeg (2014, 1143) vom „strong trend toward participatory procedures in constitution-making and […] growing consensus that such participation is the wave of the future.“ Während sich die Einbindung der Bürgerschaft mittels digitalisierter Plattformen und zum Zwecke der Informationsübermittlung von Präferenzen ohne weiteres einrichten lässt (man denke an die beratende Volksbefragung in Italien im Jahr 2013, welche auf drei Monate ausgelegt war und mittels einer Online-Plattform darauf abzielte, die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich dreier Kernbereiche der Verfassungsreform einzuholen),8 ist die Durchführung (mehrstufiger) deliberativer face-to-face Beteiligungsformate mit diversen Herausforderungen behaftet. Trotz der Herausforderungen werden nicht nur in Europa (vgl. Blokker 2017), sondern auch im außereuropäischen geographischen Raum, vermehrt sogenannte „Konventsmodelle“ (d. h. Versammlungsmodelle) eingesetzt. Der Rechtswissenschaftler Umberto Allegretti (2013) spricht von costituzioni partecipate und geht ein auf die Beispiele von Island (vgl. auch Thorarensen 2017), Ecuador und Bolivien, politikwissenschaftliche Deliberationsforscher nehmen jene Beispiele auch unter die Lupe [wie auch andere, z. B. Belgien, eine sui generis Fallstudie, da der Prozess von der Bürgerschaft selbst initiiert wurde, vgl. Jacquet et al. 2016; Irland (vgl. Farrell et al. 2017 und aus vergleichender Sicht Geißel/Gherghina 2016)].

Auch Österreich und Italien entziehen sich dem Trend der Einbindung der Bürgerschaft bei Verfassungsreformen bzw. grundlegenden Reformvorhaben nicht. Vor dem Hintergrund der gescheiterten Bundesstaatsreform 1994 (vgl. Öhlinger 1995) wurde der Österreich-Konvent mit der Aufgabe betraut, Vorschläge für eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform auszuarbeiten. Ursprünglich war der Österreich-Konvent als parlamentarische Enquete-Kommission angedacht, doch dem stimmten die Bundesländer nicht zu (Khol/Konrath 2004, 570). Der Österreich-Konvent wurde am 30. Juni 2003 eingesetzt und beendete seine Arbeit am 28. Jänner 2005 nach fast 19 Monaten mit einem 1.200 Seiten umfassenden Ergebnisdokument, das nachfolgend in eine Regierungsvorlage transformiert und in den Nationalrat eingebracht wurde. Obwohl der Österreich-Konvent eigentlich gemäß dem Konsensprinzip arbeiten sollte, hat er am Ende „vor allem darüber aufgeklärt worüber Konsens und worüber Konflikt besteht“ (Welan 2007, 9). Wenngleich er sein Ziel einer grundlegenden Staats- und Verfassungsreform insbesondere wegen parteipolitischer Gegensätze verfehlte (vgl. Konrath 2005), sind einige der in seinem Abschlussbericht enthaltenen Vorschläge im Laufe der Folgejahre umgesetzt worden sind (z. B. die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die mit 01. Jänner 2014 in Kraft getreten ist). Ein konstitutioneller Moment im Sinne des Rechtstheoretikers Bruce Ackerman ist der Österreich-Konvent nicht, da es den Mitgliedern des Österreich-Konvents nicht gelang, die grundlegende Verfassungsreform zu einem die Bürger mobilisierendem Thema zu machen (vgl. Pollak/Slominski 2005). Die Gründe hierfür sind sicherlich nicht nur auf die folgenden zu reduzieren, doch waren die Zusammensetzung des Österreich-Konvents und die mühsame Arbeits- und Kommunikationsverzahnung zwischen der Bürgerschaft, der organisierten Zivilgesellschaft, der Politik und der Verwaltung sicher zwei Hauptgründe. Die Verzahnung aller Akteure in delibe­rativen Bürgerbeteiligungsprozessen wird in der Literatur als maßgeblich angeführt für den Erfolg und die Verstetigung dialog-orientierter Bürgerbeteiligung (Vetter/Remer-Bollow 2016, 114 – 124). Hinsichtlich der Zusammensetzung des Österreich-Konvents ist festzuhalten, dass es unterschiedliche parteipolitische Meinungen zur Größe (und Zusammensetzung) des Konvents gab (von 40 – 80 Mitgliedern, vgl. Blümel 2004). Der Österreich-Konvent setzte sich schlussendlich aus 70 Mitgliedern zusammen, die aus Politik, Verwaltung, Gerichtsbarkeit, dem Unternehmertum und dem Bereich der Sozialpartnerschaften kamen (und als Vertreter der Bundes-, Landes- und Gemeindeebene eingesetzt wurden). Es wurden auch 18 fachlich qualifizierte Persönlichkeiten von den Parteien im Verhältnis 6 ÖVP, 6 SPÖ, 3 FPÖ und 3 Grüne vorgeschlagen und in den Konvent entsandt. Inwieweit man bei einer solchen Zusammensetzung von einem deliberativen Bürgerbeteiligungsverfahren sprechen kann, ist umstritten. Die Zivilgesellschaft wurde während der Arbeiten zum Teil mittels Anhörungen in den Österreich-Konvent eingebunden, doch nicht als reguläres Mitglied vorgesehen. Deshalb starteten zivilgesellschaftliche (aber parteinahe) Plattformen themenspezifische Bürger-Konvente, die parallel zum Österreich-Konvent zur Diskussion einluden. Die Ergebnisse der Bürger-Konvente wurden in die Quellensammlung des Österreich-Konvents mit aufgenommen (www.konvent.gv.at).

Der Autonomiekonvent ähnelt vom Verfahren her dem Österreich-Konvent und reiht sich in die Versuche eines partiellen „outsourcing“ von Statutsrevisionen im italienischen Kontext ein (Palermo 2015, 12). Die Verzahnung seiner Gremien, der Konvent der 33 und das Forum der 100, bzw. die den Gremien vorgeschaltete Bürger­beteiligungsphase der Open-Space-Veranstaltungen und thematischen Workshops für Vereine sind jene Merkmale, die den Autonomiekonvent von ähnlichen Versuchen deliberativer Bürgerbeteiligungsverfahren zur Überarbeitung der Sta­tute in anderen Regionen Italiens unterscheiden. In den Verfahren der Sonderstatuts­regio­nen Aosta­tal (Landesgesetz Nr. 35/2006), Friaul-Julisch Venetien (Landesgesetz Nr. 12/2004), Sardinien (Landesgesetz Nr. 7/2006) und im zu Südtirol parallelisierten Bürgerbeteiligungsverfahren der Autonomen Provinz Trient (Landesgesetz Nr. 1/2016) wurden Bürgerinnen und Bürger zwar während der Arbeiten des jeweiligen beratenden Gremiums angehört und in Form von Informationsveranstaltungen mit eingebunden, aber in den Gremien selbst waren sie „nur“ als Vertreterinnen und Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft präsent, nicht als einfache Bürger. Den Gremien war auch keine Meinungs- und Willensbildungsphase vorgeschaltet, die die Bürgerinnen und Bürger direkt in die Agenda-Setzung mit einband.

5. Autonomiekonvent und Consulta: drei Gremien, zwei Verfahren, ein Ziel

5.1 Idee und Zielsetzung: Südtirol und das Trentino im Vergleich

Die Idee zur Einsetzung einer Expertenkommission oder eines breiter angelegten Bürgerbeteiligungsverfahren zur Erarbeitung von Vorschlägen hinsichtlich der Überarbeitung des Autonomiestatuts wurde insbesondere nach der Verfassungsreform 2001 sowohl in der Wissenschaft als auch in der Politik vermehrt thematisiert und diskutiert. Den politischen Eliten beider autonomen Provinzen wurde in den letzten Jahren immer mehr bewusst, dass eine Überarbeitung des ASt längst überfällig war und nur auf der Grundlage eines großen politischen und gesellschaftlichen Einverständnisses durchgeführt werden kann. Anders als im Trentino9 werden in Südtirol die Debatten über die Zukunft sowohl in der Zivilgesellschaft als auch bei den politischen Parteien seit jeher viel differenzierter diskutiert. Das Südtiroler Parteiensystem (vgl. Pallaver 2018) folgt dem Prinzip der geteilten ethnischen Governance, mit Parteien, die stark an eine (ethnisch-definierte) territoriale Autonomie glauben [die Regierungspartei Südtiroler Volkspartei (SVP) und ihr Koalitionspartner, die Demokratische Partei (Partito Democratico, PD)], und Parteien, die zunehmend sezessionistische Diskurse befürworten (vgl. Alber 2015b). In jüngster Zeit unterstützen aufgrund des hohen Grads der Fragmentierung innerhalb der ita­lie­nischen Parteienlandschaft italienischsprachige Wählerinnen und Wähler zunehmend die Politik der SVP, während deutschsprachige Wählerinnen und Wähler zunehmend Kleinparteien wählen, die dem Mitte-rechts-Lager zuzurechnen sind. Die politische Landschaft im italienischsprachigen Trentino war bis vor kurzem von einem bipolaren Parteiensystem mit einer Mitte-rechts-Koalition als Oppositionslager geprägt. Die wichtigste Veränderung nach den Landtagswahlen 2013 war der Zusammenbruch der Mitte-rechts-Fraktion und der Wahlerfolg der PATT (Partito Autonomista Trentino Tirolese) neben der Bestätigung des Wahlerfolgs der PD (Brunazzo 2014). Beide Parteien, PATT und PD, halten fest am politischen Projekt der „Vollautonomie“ innerhalb einer immer stärker werdenden mehrsprachigen Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino. So auch die SVP und sein Regierungspartner die PD.

In Südtirol betonte man die Wichtigkeit der Einsetzung eines Reformkonvents schon im Koalitionsabkommen für die Legislaturperiode 2013 – 2018.10 Im Abschnitt „Autonomie“ hebt die Südtiroler Landesregierung hervor, dass die Voraussetzung für eine „effiziente Gesetzgebungs- und Regierungsarbeit […] eine weitest mögliche Autonomie in Legislative und Verwaltung ist“. Aus diesem Grund sind sich die Koalitionspartner SVP und PD einig, dass die Autonomie Südtirols weiter ausgebaut und gestärkt werden muss und dass gleichzeitig „das Autonomiestatut an die geänderten gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen (Verfassungsreform 2001) Rahmenbedingungen angepasst werden [muss]“, wobei „dieser Weg auf die breitest mögliche Einbindung aller abzielen [wird], bei der Definition der Ziele ebenso wie bei jener des Weges dorthin.“ Des Weiteren wird aufgeführt:

„Zu diesem Zweck wird innerhalb von sechs Monaten nach Einsetzung der Landesregierung das Landesgesetz zur Einrichtung des Reformkonvents verabschiedet. Dieser wird aus politischen Vertretern und aus solchen der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft zusammengesetzt und legt dem Landtag innerhalb einer klar festgelegten Frist zeitnah einen Entwurf für die Reform des Autonomiestatuts vor. Dieser Entwurf wird drei für die Aktualisierung des Statuts grundlegende Aspekte beinhalten: die Zuständigkeiten, das Regierungssystem und das Zusammenleben.“

(Koalitionsabkommen der Südtiroler Landesregierung für die Legislatur­periode 2013 – 2018, 31)

5.2 Gremien und Arbeitsweisen des Autonomiekonvents und der ­Consulta: ein Vergleich

5.2.1 Der Autonomiekonvent …

Das Landesgesetz zur Einsetzung des Autonomiekonvents wurde nicht innerhalb der anvisierten Frist – sechs Monate nach Einsetzung der Landesregierung – verabschiedet, auch weil es unterschiedliche politische Ansichten hinsichtlich der Priorität der Einsetzung eines Reformkonvents gab und ebenso war dessen institutionelle Ausgestaltung umstritten. Die Regierungskoalition konnte die Oppositionsparteien im Südtiroler Landtag nicht von ihrem Gesetzentwurf überzeugen: Das Landesgesetz Nr. 3 „Einsetzung eines Konvents für die Überarbeitung des Autonomiestatuts für Trentino-Südtirol“ wurde folglich am 23. April 2015 nur mit den Stimmen der Regierungskoalition verabschiedet. Im Jahr zuvor legte die interethnische Partei Verdi/Grüne/Vërc einen Gesetzentwurf vor, der im Gegensatz zum SVP-Gesetzentwurf einen einjährigen Beteiligungsprozess vorsah, in dem eine aus drei Räten (Bürgerinnen und Bürger, Politikerinnen und Politiker sowie Expertinnen und Experten) bestehende Versammlung an der Überarbeitung des ASt arbeiten sollte, begleitet vom einem Forum, dem 120 Bürgerinnen und Bürgern angehören sollten. Landesgesetz Nr. 3/2015 sah hingegen nur die Einsetzung zweier Gremien und einer vorgeschalteten Bürgerbeteiligungsphase vor:

(1) den Konvent der 33 (Art. 2 Abs. 1 LG Nr. 3/2015),11 bestehend aus a) vier Mitglieder aus einem Neunervorschlag durch den Rat der Gemeinden; b) zwei Mitglieder aus einem Sechservorschlag durch die repräsentativsten Unternehmerverbände und zwei Mitglieder aus einem Sechservorschlag durch die repräsentativsten Gewerkschaften; c) fünf Mitglieder, Rechtsexpertinnen und Rechtsexperten ausgewählt laut Kriterien, die das Präsidium festlegt, und laut Vorlage eines Fachcurriculums, vom Landtag bestimmt; d) acht Mitglieder, Vertreter der Bürgergesellschaft, die vom Forum der 100 aus dessen Mitte gewählt wurden; e) zwölf Mitglieder, auf Vorschlag der Mehrheits- bzw. Minderheitsfraktionen, vom Landtag bestimmt, wobei die politische Minderheit verhältnismäßig vertreten sein muss.

(2) das Forum der 100, welches laut Art. 5 Abs. 2 LG Nr. 3/2015 regelmäßig über die Arbeiten des Konvent der 33 informiert wird, aber auch eigenständig arbeitet und für welches sich alle in Südtirol ansässigen Personen, die beim Tag der Anmeldefrist (06. März 2016, der letzte Tag der ersten Phase des Autonomiekonvents: die Open-Space-Veranstaltungen und die Zukunftswerkstatt) das sechzehnte Lebensjahr vollendet hatten. Das Forum der 100 organisierte seine Arbeiten in acht Arbeitsgruppen, wobei manche Arbeitsgruppen fernab der sechs offiziellen ganztägigen Treffen in informellen Treffen intensiv an ihren Vorschlägen arbeiteten.12

(3) Open-Space-Veranstaltungen und thematische Workshops für Vereine,13 welche laut Art. 5 LG Nr. 3/2015 im Vorfeld und während der Arbeiten des Konvent der 33 organisiert werden, mit dem Ziel, die Ideen und Vorschläge der Bevölkerung einzuholen. Die Details zur Ausgestaltung der partizipativen Veranstaltungen auf dem gesamten Landesgebiet wurden vom Präsidium des Südtiroler Landtags in Zusammenarbeit mit einem Moderatorenteam und der Wissenschaft festgelegt. Die ganztägigen Open-Space-Veranstaltungen fanden samstags im Zeitraum vom 23.01.2016 bis zum 05.03.2016 in neun Südtiroler Ortschaften statt. Mehr als 1.600 Personen nahmen teil und die Ergebnisse der 258 Diskussionsrunden wurden thematisch zusammengeführt und in allen drei Landessprachen in einer Broschüre aufbereitet. Zusammen mit den Ergebnissen der Workshops für Vereine, welche halbtags vom 03. Mai bis zum 06. Mai 2016 im Beisein von 66 Vereinen und insgesamt 128 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stattfanden, bildeten sie die Arbeitsgrundlage für das Forum der 100 und den Konvent der 33, die im April 2016 ihre Arbeiten aufnahmen und ein gutes Jahr danach abschlossen. Bei der Vorstellung der Ergebnisse der Open-Space-Veranstaltungen und der vom Landtag nominierten Mitglieder des Konvent der 33 am 12. April 2016 betonte Thomas Widmann in seiner Funktion als Präsident des Südtiroler Landtags die Wichtigkeit der Einsetzung des Autonomiekonvents mit folgenden Worten: „Das Autonomiestatut ist keine Angelegenheit einiger weniger, es geht uns alle an. Und deshalb haben wir nun, wo wir dieses Statut an die Erfordernisse von heute […] anpassen wollen, einen Prozess ins Rollen gebracht, an dem sich alle beteiligen konnten“ (Südtiroler Landtag/Eurac Research 2016).

Eine ausgewogene Vertretung nach Sprachgruppen und nach Geschlecht musste in beiden Gremien des Autonomiekonvents gewährleistet sein. Details bezüglich der Nominierung der Mitglieder beider Gremien wurden vom Präsidium des Südtiroler Landtages, Initiator und politischer Projektträger des Autonomiekonvents, festgelegt. Der Konvent der 33 sollte ein repräsentativer Querschnitt von Personen sein, die aus der Politik (Regierungs- und Oppositionsparteien), aus der Wissenschaft, aus verschiedenen Interessensgruppierungen und aus der Zivilgesellschaft kommen – dem war nach etlichen Unstimmigkeiten und Schwierigkeiten auch so. Das Forum der 100 sollte Südtirol „im Kleinen“ darstellen: Dessen Mitglieder wurden mittels eines geschichteten Losungsverfahren unter Berücksichtigung der Kriterien des ­Geschlechts, der Sprache und des Alters aus allen Bewerberinnen und Bewerbern (insgesamt 1.829 Personen) ermittelt, wobei die Daten der Volkszählung von 2011 berücksichtigt wurden. Aus diesen Bewerbungen wurden am 11. März 2016 im Südtiroler Landtag unter Aufsicht des Generalsekretärs und im Beisein von Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik und aus der Wissenschaft von einer Statistikerin 51 Frauen und 49 Männer zwischen 16 (jüngstes Mitglied) und 83 (ältestes Mitglied) Jahren ausgelost. Von den 1.829 Bewerbern waren 1.331 Männer (73 Prozent) und 498 Frauen (27 Prozent). Außerdem entfielen 1.518 Anmeldungen auf die deutsche Sprachgruppe (83 Prozent), 245 auf die italienische (13 Prozent) und 66 auf die ladinische (4 Prozent). Gliedert man die Sprachgruppen nach Geschlecht, ergibt sich folgendes Bild: 414 deutschsprachige Frauen, 69 italienischsprachige und 15 ladinischsprachige; 1.104 deutschsprachige Männer, 176 italienischsprachige und 51 ladinischsprachige. Ein interessantes statistisches Detail: Bürgerinnen und Bürger aus 112 der 116 Südtiroler Gemeinden haben sich beworben.

Während einige (politische) Gruppierungen erfreut über die Zusammensetzung der beiden Gremien waren, so waren andere enttäuscht und kritisierten die Wahlgänge und Nominierungsprozesse. Die Mitarbeit in allen Gremien – auch in der Trentiner Consulta – war ehrenamtlich und fußte auf dem Freiwilligenprinzip, in Südtirol gekoppelt mit einem geschichtetem Losungsverfahren, welches wie auch bei anderen Bürgerbeteiligungsverfahren zu Verzerrungen in der Repräsentativität führen kann. Die institutionelle Ausgestaltung deliberativer Bürgerbeteiligungsverfahren kommt immer einem Abbild der Realität gleich, nicht der Realität selbst. Jenes Abbild kann nichts anderes als eine kontext- und zeitgebundene Momentaufnahme sein, denn Beteiligungsverfahren sind in erster Linie soziale Konstrukte, die gekennzeichnet sind durch ihr sozio-politisches Umfeld, das wiederum auf die Durchführung deliberativer Beteiligungsverfahren durch die Festlegung der Gestaltungsmerkmale und Handlungsspielräume deliberativer Beteiligungsverfahren einwirkt (Auswahl der Teilnehmenden und Prozessgestaltung). Delli Carpini et al. (2004, 336) bringen es auf den Punkt:

„[T]he impact of deliberation and other forms of discursive politics is highly context dependent. It varies with the purpose of the deliberation, the subject under discussion, who participates, the connection to authoritative decision makers, the rules governing interactions, the information provided, prior beliefs, substantive outcomes, and real-world conditions.“

5.2.2 … und die Consulta

Anders als in Südtirol war im Trentino die politische Unterstützung für die Einsetzung der Consulta nicht umstritten. Landesgesetz Nr. 1 vom 02. Februar 2016 legte die Rahmenbedingungen für die Einsetzung der Consulta fest, ein fünfundzwanzigköpfiges Gremium bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik, aus der Wissenschaft, aus relevanten Interessensgruppierungen und aus der organisierter Zivilgesellschaft.14 Die Consulta hatte die Aufgabe, Vorschläge zur Überarbeitung des ASt unter Einbindung eines Bürgerbeteiligungsprozesses zu erarbeiten. Die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger war im Gegensatz zum Autonomiekonvent der Arbeit des Gremiums nicht vorgeschaltet worden, sondern zwischen­geschaltet. Die Consulta tagte erstmals am 12.09.2016 und erarbeitete zunächst ein vorläufiges Doku­ment mit den sogenannten „Leitlinien zur Reform des Sonderstatuts“. Jenes Dokument wurde Ende Februar von der Consulta verabschiedet und in einem sechsmonatigen Bürgerbeteiligungsprozess in verschiedensten Orten des Trentino zur Diskussion gestellt. Mancherorts war es ein reiner Informationsabend ohne Diskussion, mancherorts hinterfragten bzw. kritisierten die Anwesenden die Inhalte des vorläufigen Dokuments.

In den 22 Tagen, an denen das Dokument im Zeitraum zwischen dem 14. März und dem 30. September 2017 in Veranstaltungen in Trient und in Ortschaften aller Trentiner Talgemeinschaften zur Diskussion gestellt wurde, beteiligten sich knapp 700 Personen. Davon machten nur 168 Personen von ihrem Rederecht Gebrauch (für Details zum Bürgerbeteiligungsprozess im Trentino vgl. Leggi Per Voi 2018 und Poggio/Simonati in diesem Band). Die Ausgestaltung des Bürgerbeteiligungsprozesses ist im Gegensatz zum Autonomiekonvent Aufgabe der Consulta gewesen, welche hierfür in der Sitzung vom 14. November 2016 eine interne Arbeitsgruppe einsetzte, die in der Durchführung der Veranstaltungen (incontri territoriali, laboratori sulle minoranze linguistiche und laboratorio sull’autonomia) von einem elfköpfigen Mitarbeiterstab unterstützt wurden (abgestellt vom Trentiner Landtag und der Trentiner Landesverwaltung).

In Südtirol wurde die vorgeschaltete Bürgerbeteiligungsphase der Open-Space-Veranstaltungen und der thematischen Workshops für Vereine sowie die Arbeiten des Forum der 100 und des Konvent der 33 vom Sekretariat des Autonomiekonvents, welches am Südtiroler Landtag angesiedelt war und aus einer Person bestand, begleitet. Verschiedene Arbeitsschritte des Autonomiekonvents wurden ausgelagert (die Moderation und die Prozessgestaltung der Bürgergremien und -veranstaltungen) und von drei Personen aus der Wissenschaft mit betreut.

Interessantes Detail ist die Tatsache, dass das Trentiner Landesgesetz Nr. 1/2016 hinsichtlich der Zielsetzung der Consulta in Art. 1 ausdrücklich Bezug nimmt auf das Verfassungsreformvorhaben Renzi-Boschi (vgl. Alber/Zwilling 2016), welches mittels Verfassungsreferendum am 04. Dezember 2016 zu Fall gebracht wurde. Beide Gremien, der Konvent der 33 und insbesondere die Consulta, haben sich auf Vorschlag einzelner Vertreterinnen und Vertreter nach dem Scheitern des Verfassungsreformvorhabens mit der Frage der Sinnhaftigkeit der Weiterführung der Arbeiten beschäftigt. Jene Frage wurde aber bald zu den Akten gelegt. Eine angestrebte Überarbeitung des ASt war nicht nur aufgrund der beiden genannten Landesgesetze zur Einsetzung der beratenden Gremien erforderlich, sondern ist und bleibt längst überflüssig nach dem Inkrafttreten des Verfassungsgesetzes Nr. 3/2001. In diesem Sinne auch das vorläufige Dokument der Consulta „Leitlinien zur Reform des Sonderstatuts“, dessen Autoren auf Seite fünf wie folgt argumentieren:

„[Mit dem Verfassungsgesetz Nr. 3/2001] wurde die den Beziehungen zwischen Staat und Regionen zugrunde liegende Logik tiefgreifend ge­ändert und vorübergehend vorgesehen, dass ‚bis zur Anpassung der ­jeweiligen Statuten‘ (Art. 10) für die Sonderautonomien die günstigeren in der Reform enthaltenen Bestimmungen Anwendung finden sollten, was sich in der Praxis als besonders komplex erwiesen hat. Inzwischen haben sich die neuen Verfassungsbestimmungen in den Staatsgesetzen und in der Verfassungsrechtsprechung als allgemeines Schema für die Beziehungen zwischen Staat und Regionen etabliert und oft Ungewissheiten und Schwierigkeiten bewirkt, die durch eine umfassende Überarbeitung des Sonderstatuts gelöst werden könnten.“

5.2.3 Consulta und Konvent der 33: Dauer, Arbeitsweise, Abschlussdokumente

Was die Dauer der Arbeiten anbelangt, so machten sowohl der Konvent der 33 als auch die Consulta vom Recht Gebrauch, ihre Arbeiten um wenige Monate zu verlängern. Diese Möglichkeit war vom jeweiligen Gesetzgeber unter Einhaltung gewisser Vorgaben sowohl dem Konvent der 33 (Art. 6 LG Nr. 3/2015) als auch der Consulta (Art. 2 Abs. 2 LG Nr. 1/2016) eingeräumt worden (maximal sechs Monate im Falle des Konvent der 33 und zwölf Monate im Falle der Consulta). Beide Gremien hätten laut Vorgaben des jeweiligen Gesetzgebers ihre Arbeiten innerhalb von zwölf ­Monaten abschließen sollen.

Kopfzerbrechen bereiteten der Consulta, aber insbesondere dem Konvent der 33 zwei Sachen:

(1) die Vorgaben hinsichtlich der redaktionellen Ausgestaltung des Abschlussdokuments, und

(2) das Konsensprinzip, welches während der Arbeiten Anwendung fand bzw. finden sollte.

Zu (1): Die redaktionalle Ausgestaltung der Abschlussdokumente

Während das Trentiner Landesgesetz Nr. 1/2016 in Art. 4 Abs. 2 von einer Übermittlung eines abschließenden Dokuments spricht, so liest man in Art. 1 Abs. 2 c) des Südtiroler Landesgesetz Nr. 3/2015 (alte Fassung) von einer „Vorschlagsphase, in der ein endgültiges Dokument ausgearbeitet wird, in Artikeln gegliedert, samt Begleitbericht. […] Auch die Verfassung und Übermittlung von Minderheitenberichten ist möglich.“ (Hervorhebung durch Autorin)

Sowohl die Consulta als auch der Konvent der 33 haben sich in unterschiedlichen Sitzungen mit der redaktionellen Ausgestaltung des Abschlussdokuments beschäftigt und in Absprache mit den jeweiligen Landesgesetzgebern bzw. dem Präsidium der jeweiligen Landtage vereinbart, dass das Abschlussdokument den Charakter eines Maßnahmenkatalogs hat, aber nicht durchgängig in Artikelform gegliedert sein muss. Der Präsident des Konvent der 33 (Christian Tschurtschenthaler) informierte bei der ersten Sitzung im Kalenderjahr 2017 den Konvent der 33 von der Abänderung des Gesetzes zum Autonomiekonvent. Der Konvent der 33 wird gemäß Art. 17 Abs. 1 des Landesgesetz Nr. 27 vom 22. Dezember 2016 kein in Artikel gegliedertes Dokument erarbeiten, aber einen Maßnahmenkatalog. Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 c) in der neuen Fassung lautet:

„eine Vorschlagsphase, in der ein Dokument ausgearbeitet wird, welches Vorschläge für den Landtag zur Überarbeitung des Autonomiestatuts enthält. Das Dokument wird an die Präsidentinnen oder Präsidenten der Landtage von Trient und Bozen und der Präsidentin oder dem Präsidenten des Regionalrates übermittelt. Auch die Verfassung und Übermittlung von Minderheitenberichten ist möglich.“

Das Abschlussdokument des Konvent der 33 wurde im Anschluss an die siebenundzwanzigste und letzte Arbeitssitzung des Konvent der 33 am 30. Juni 2017 in die drei Landessprachen Südtirols übersetzt und am 22. September 2017 dem Südtiroler Landtag übergeben. Es handelt sich um ein Dokument, das nicht von allen Mit­gliedern des Konvent der 33 mitgetragen wird, sondern vier Minderheitenberichte enthält. Die Consulta hingegen hat am 26. März 2018 ihre fünfundzwanzigste und letzte Arbeitssitzung durchgeführt und ihr Abschlussdokument einstimmig angenommen. In den darauffolgenden Wochen wurde das Abschlussdokument redak­tionell aufbereitet (u.a. eine Broschüre, die Beispiele aufzeigt, wie die Vorschläge in Artikelform in einem überarbeiteten Statut formuliert werden könnten) und am 03. Mai 2018 dem Präsidenten des Trentiner Landtages und dem Trentiner Landeshauptmann überreicht.

Zu (2): Das Konsensprinzip (und dessen Auslegung)

Das Landesgesetz, mit dem der Konvent der 33 im Jahr 2015 eingesetzt wurde, sieht vor, dass dieser „nach dem Konsensprinzip“ arbeitet (Art. 1 Abs. 2 LG Nr. 3). Das Konsensprinzip in seiner „reinen“ Form impliziert, dass alle am Deliberationsprozess teilnehmenden Personen dem Ergebnis aus denselben verallgemeinerbaren Gründen zustimmen, während sie dies bei einem Kompromiss aus unterschiedlichen, auch nicht verallgemeinerbaren, und privaten Gründen tun (vgl. Landwehr 2012, 361) und bei einem Dissens, der charakteristisch ist für das Arbeiten gemäß dem Mehrheitsprinzip, überhaupt nicht tun.

Über das Arbeiten gemäß dem Konsensprinzip hat der Konvent der 33 nicht nur einmal diskutiert: Ende Mai widmete er dem Thema sogar eine ganze Sitzung ohne über die Auslegung des Prinzips zu einer Übereinstimmung zu gelangen. Eine Abstimmung über das Abschlussdokument wurde schlussendlich vermieden, doch kam es im Gegensatz zur Consulta nicht zu einer einstimmigen Annahme des Abschlussdokuments von Seiten aller Mitglieder. Vielmehr akzeptierte man den von den Juristin­nen und Juristen Esther Happacher, Renate von Guggenberg und Roberto ­Toniatti im Auftrag des Präsidiums des Konvent der 33 erarbeiteten Vorschlag und einige Mitglieder distanzierten sich mit eigens verfassten Minderheitenberichten, die derselben Struktur des Abschlussdokuments folgten. Das Abschlussdokument des Konvent der 33 enthält Vorschläge zu den Bereichen Präambel, institutionelle Organisation, internationale Beziehungen und Europäische Union, Beziehungen zum Staat, Gesetzgebungs- und Verwaltungsautonomie, Minderheitenschutz, Finanz- und Steuerautonomie und zu Durchführungsbestimmungen. Ebenso enthält es Anpassungen der bereits erfolgten substantiellen Änderungen. Happacher, von Guggenberg und Toniatti betonten, dass sie sich bei der Ausarbeitung des Dokuments an streng fachliche Kriterien gehalten haben und jene Punkte festgehalten wurden, bei denen Konsens herrschte bzw. eine weitreichende Übereinstimmung erzielt wurde. Ebenso wurden aber auch Vorschläge berücksichtigt, die Gegenstand beachtlicher Debatten waren und bei denen kein Konsens erzielt wurde. Dem widersprachen die Verfasser der Minderheitenberichte. Am 22. September 2017 wurde in einer Abschlussveranstaltung des Autonomiekonvents am Südtiroler Landtag das Abschlussdokument samt den Minderheitenberichten verlesen und zusammen mit dem Abschlussdokument des Forum der 100 dem Südtiroler Landtag übergeben. Dass die landesgesetzliche Vorgabe des Arbeitens nach dem Konsensprinzip im Widerspruch steht mit der Möglichkeit der Übermittlung von Minderheitenberichten, ist augenscheinlich. Der Konvent der 33 hat sich zwar anfangs um die Einhaltung des Konsensprinzips bemüht, doch er scheiterte schlussendlich daran. Das Mehrheitsdenken gewann die Überhand: Das Abschlussdokument und insbesondere die Sitzungen wurden zum Inbegriff einer konfliktorientierten Diskussionskultur, die der Logik von Mehrheitsentscheidungen entsprach. Laut Engl und Pallaver (vgl. Beitrag in diesem Band) hat sich der Konvent der 33 dadurch der Konkordanzdemokratie entzogen, während die Consulta, frei von landesgesetzlichen Vorgaben bezüglich einer bestimmten Diskussionskultur, konsensorientiert arbeitete und ihr Abschlussdokument – trotz anfänglicher Minderheitenpositionen – einstimmig annahm. Inwiefern der Südtiroler Landtag diesem Defizit entgegenwirken kann, bleibt fraglich.

6. Schlussbemerkungen

Diese Abhandlung untersuchte die institutionellen Rahmenbedingungen und Funktionsweisen der Gremien des Autonomiekonvents und der Consulta aus vergleichender Perspektive und brachte sie in Dialog sowohl mit Grundannahmen theoretischer und anwendungsorientierter deliberativer Demokratieforschung, als auch mit ähnlichen Bürgerbeteiligungsprozessen in anderen Regionen Italiens und weltweit.

Die Analyse hat gezeigt, welche Vor- und Nachteile die unterschiedlichen Ausgestaltungsformen des Autonomiekonvents und der Consulta mit sich bringen. So gelang es der Consulta zum Beispiel ein einstimmig angenommenes Abschlussdokument zu erarbeiten, während dies im Konvent der 33 und zu einem geringen Teil auch im Forum der 100 nicht der Fall war (eine der acht Arbeitsgruppen konnte sich nicht auf einen einstimmig angenommenen Maßnahmenkatalog einigen). Demnach kann festgehalten werden, dass die Akteure in der Consulta nutzenorientierter und verständnisorientierter agiert haben als jene in den Gremien des Autonomiekonvents – vielleicht aufgrund der geringeren Heterogenität ihrer Mitglieder, sicherlich aufgrund ihrer Arbeitsweise, die gekennzeichnet war durch einen de-politisierten Führungsstil sowie eine De-Politisierung der Themen durch die „Referentenmethode“. Jedes Makrothema wurde von einem Experten ausführlich erläutert, zur Diskussion gestellt und im Nachgang an die partizipative Phase nochmals diskutiert und überarbeitet (vgl. Engl/Pallaver in diesem Band). Die große Freiheit, die der Landesgesetzgeber der Consulta im Bereich der Ausgestaltung ihrer Arbeiten inklusive der partizipativen Phase eingeräumt hat, hat der Effizienz des Gremiums scheinbar sehr gefruchtet. Kritisch anzumerken ist jedoch die Tatsache, dass die zwischengeschaltete partizipative Phase im Trentino aufgrund ihrer Ausgestaltung mehr einer Reihe von Informationsveranstaltungen ähnelte und nur in seltenen Fällen Charakterzüge eines deliberativen Trialogs zwischen Politik, Bürgerschaft und Verwaltung annahm. Im Gegensatz zum Autonomiekonvent waren die Bürgerinnen und Bürger nicht in die Agenda-Setzung mit eingebunden (bei der Ausgestaltung dialogischer Prozesse und der Erarbeitng der Vorschläge).

Aus theoretischer Sicht gibt es keine Einigkeit bzgl. der Frage ab wann man von einem gelungenen vollständigen deliberativen Prozess sprechen kann. Parkinson vertritt zum Beispiel die höchst anspruchsvolle These, dass ein deliberativer Prozess nur dann vollständig ist, sobald er alle Stufen des Entscheidungsprozesses durchlaufen hat (Parkinson 2003, 3; auch Parkinson 2012). Sowohl der Autonomiekonvent als auch die Consulta haben ihre Arbeiten abgeschlossen, doch sind längst noch nicht alle Stufen des Entscheidungsprozesses, der mit den Arbeiten der Gremien in Südtirol und im Trentino zusammenhängt, durchlaufen. Trotz aller Unterschiedlichkeit beider Bürgerbeteiligungsverfahren (Maß der Konflikthaftigkeit, redaktionelle Ausgestaltung der Abschlussdokumente, Öffentlichkeitsarbeit, Kostenumfang, Gruppenzusammensetzung, Entscheidungsfindungsmechanismen in den Gremien und in den partizipativen Veranstaltungen auf dem gesamten Gebiet beider autonomer Provinzen, Themenoffenheit, Rolle von Moderatoren, Auftrag an Prozessbegleitern, Einbindung von Experten, Rolle der Politik und Verwaltung, Dauer, Teilnehmeranzahl, Vereinbarkeit von Verfahren mit alltäglichen Herausforderungen im Berufs- und Privatleben) ist nicht nur diesen, sondern allen Bürgerbeteiligungs­verfahren eines gemein: Der theoretische Anspruch der Repräsentativität ist in der Praxis schwer einlösbar. Das Prinzip der Freiwilligkeit an der Beteiligung von Verfahren ist Kernelement deliberativer Bürgerbeteiligungsverfahren und der Gefahr von Gruppenpolarisierungen bzw. vorgefertigten Meinungsbildern können auch bestmöglichst strukturierte und begleitete deliberative Bürgerbeteiligungsverfahren nicht entgehen. Deshalb gilt es im Sinne eines systemischen Deliberationsansatzes ein adäquates Mischverhältnis von Verfahrensmodi anzustreben, um zu vermeiden, dass der Anspruch der Demokratisierung der Demokratie in der Realität zur „Oligarchisierung der Demokratie“ führt (Jörke 2013). Diesem kritischen Ansatz muss jedoch folgendes entgegengehalten werden: Die Behauptung, dass ein Mehr an ­Beteiligungsrechten für politische Ungleichheit sorgt, ist eine unzulässige Verallgemeinerung. Die Ungleich­heit ist nämlich soziale Wirklichkeit und ursächlich keinem Beteiligungsverfahren zuzurechnen (Vetter/Remer-Bollow 2016, 296). Daher sind die Erwartungen unangemessen, substanziell begründete Konflikte könnten durch mehr deliberative Bürgerbeteiligung sofort aus dem Weg geräumt werden. Denn, keinem deliberativen Bürgerbeteiligungsverfahren wohnt ein Meinungs- und Willensbildungsprozess inne, der per se zur Akzeptanz einer Entscheidung bei allen Teilnehmenden führt. Wie Klages und Vetter treffend argumentieren: „Bürgerbeteiligung ist keine Konsensbeschafferin“ (Klages/Vetter 2013, 120). Auch beruhen deliberative Bürgerbeteiligungsverfahren auf dem Freiwilligkeitsprinzip und in ihrer praktischen Durchführung sind Teilnehmende niemals Bürgerin und Bürger, die frei von jeglichen spezifischen zivilgesellschaftlichen Interessen sind (Magnaghi 2006; Mansbridge et al. 2010, 69). Asymmetrien von Macht, personellen und wirtschaft­lichen Ressourcen sowie dem sozialen Bildungsstatus können auch durch sehr gut ausgestaltete deliberative Bürgerbeteiligungsverfahren nicht zur Gänze vermieden werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass deliberative Bürgerbeteiligungsverfahren als zweitklassige Instrumente angesehen werden dürfen, weil, wenn dies der Fall wäre, die derzeitige „Zuschauer- bzw. Zaungastdemokratie“ weiterhin gegen und nicht für die Vitalisierung demokratischer Strukturen und Entscheidungsfindungsprozesse eintreten wird.

Anmerkungen

1 Der Autonomiekonvent besteht aus zwei beratenden Gremien: das Forum der 100 (ein Bürgerforum, das Südtirol „im Kleinen“ abbildet) und der Konvent der 33, der aus Mitgliedern der Politik, der Wissenschaft, der organisierten Zivilgesellschaft sowie acht Personen aus dem Forum der 100 besteht. Den Arbeiten dieser Gremien wurde eine Bürgerbeteiligungsphase (Open-Space-Veranstaltungen und Workshops für Vereine) vorgeschaltet. Siehe Abschnitt fünf in dieser Abhandlung.

2 Am 16.01.2016 fand im Südtiroler Landtag die Auftaktveranstaltung des Autonomiekonvents statt, im Beisein des Landeshauptmannes Arno Kompatscher und des Präsidenten des Südtiroler Landtages Thomas Widmann, welcher Garant und Projektträger des gesamten Autonomiekonvents war. Wissenschaftlich und organisatorisch beratend zur Seite stand Eurac Research mit seiner Expertise im Bereich territorialer Autonomien, Minderheitenrechte und rechtswissenschaftlicher Fachkommunika­tion. Am 22.09.2017 wurden die Ergebnisse aller Gremien des Autonomiekonvents dem Präsidenten des Südtiroler Landtages Roberto Bizzo übergeben. Landeshauptmann Kompatscher wohnte der Veranstaltung auch bei.

3 Die Consulta ist ein Gremium bestehend aus 25 Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik, aus der Wissenschaft und aus der organisierten Zivilgesellschaft. Den Arbeiten der Consulta wurde eine Bürgerbeteiligungsphase (incontri territoriali) zwischengeschaltet. Siehe Abschnitt fünf in dieser Abhandlung. Vgl. auch den Beitrag Poggio/Simonati in diesem Band.

4 Am 12. September 2016 fand die konstituierende Sitzung der Consulta in Trient statt. Am 03. Mai 2018 wurden die Ergebnisse der Consulta vom Präsidenten der Consulta, Professor Giandomenico Falcon, dem Präsidenten der Region Ugo Rossi und dem Präsidenten des Trentiner Landtages Bruno Dorigatti übergeben.

5 Den Schwerpunkt der Debatten bildeten die zwei grundlegenden Komponenten der Autonomie, nämlich die Beziehungen zwischen den territorialen Gebietskörperschaften und dem Staat einerseits (Kompetenzen, Durchführungsbestimmungen, bilaterale Kommissionen usw.) und, andererseits und vor allem in Bezug auf Südtirol, das konkordanzdemokratische System und die Beziehungen zwischen den drei Sprachgruppen (Proporzsystem, kulturelle Autonomie, Gleichstellung der Sprachen usw.). Themenschwerpunkte und Prioritätensetzung wurden von den jeweiligen Gremien bzw. ihren Arbeitsgruppen selbst erarbeitet und sind für den Autonomiekonvent unter www.konvent.bz.it und für die Consulta unter www.riformastatuto.tn.it nachlesbar. Alle Internetseiten in dieser Abhandlung wurden am 08. Mai 2018 zuletzt gesichtet. Die Ausführungen in Abschnitt fünf dieser Abhandlung fußen auf Informationen, die in den Webseiten beider Bürgerbeteiligungsprozesse aufgeführt sind.

6 Siehe die Abschnitte fünf und sechs in dieser Abhandlung.

7 Für eine inhaltliche Auswertung der Diskussions- und Vorschlagsbeiträge im Autonomiekonvent und in der Consulta im Bereich verschiedenster für die Autonomiegestaltung relevanter Themen vgl. die nachfolgenden Beiträge in diesem Band.

8 Die drei Kernbereiche waren: die Reform des Zweikammersystems, die Ausgestaltung direkter Demo­kratie und die Neugliederung der Territorialstruktur Italiens. Informationen unter www.partecipa.gov.it.

9 Zum Trentino siehe den Beitrag von Jennifer Murphy in diesem Band.

10 Koalitionsabkommen zur Bildung der Landesregierung für die Legislaturperiode 2013 bis 2018, www.provinz.bz.it/land/landesregierung/downloads/koalitionsabkommen-de_2013 – 12-30.pdf.

11 Für die Namen aller Mitglieder des Konvent der 33 und deren Profile vgl. www.konvent.bz.it.

12 Für Details bzgl. der Arbeitsgruppen und Arbeitsweise des Forum der 100 vgl. www.konvent.bz.it.

13 Für eine detaillierte Analyse bezüglich der Organisation und Inhalte der Open-Space-Veranstaltungen sowie der thematischen Workshops für Vereine vgl. Röggla in diesem Band, Knoflach 2017 und ­Alber/Röggla/Onewein 2018. Die erarbeiteten Ergebnisse sind auch auf www.konvent.bz.it einsehbar.

14 Für Details zu den Mitgliedern und deren Nominierungsprozessen vgl. www.riformastatuto.tn.it und den Beitrag von Jennifer Murphy in diesem Band.

Literaturverzeichnis

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Alber, Elisabeth/Zwilling, Carolin (2016), Italiens Föderalisierung auf dem Prüfstand, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hg.), Jahrbuch des Föderalismus 2016, Baden-Baden: Nomos, 267 – 285

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