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Florian Castlunger/Hannes Vorhofer

Die Nachrichtenlogik bei den ­Gemeinderatswahlen 2010

Die ethnische Berichterstattung der Südtiroler Medien

1. Das politische System Südtirols

Südtirol wird aufgrund des Minderheitenschutzes und seiner Autonomie immer wieder als Modellfall zur Lösung ethnischer Konflikte zitiert und von anderen Minderheiten besucht und nachgeahmt. Doch trotz des friedlichen Zusammenlebens der deutsch-, italienisch- und ladinischsprachigen Bevölkerung ist das politische System Südtirols auf der Trennung der dort lebenden Sprachgruppen aufgebaut. Es beruht auf einem Modell zur Konfliktregelung in ethnisch gespaltenen Gesellschaften, das nach Arend Lijphart der Konkordanzdemokratie (consociational democracy) entspricht. Eines der wichtigsten Prinzipien der Konkordanzdemokratie ist die Beteiligung aller relevanten Gruppen an den Entscheidungsprozessen bzw. an der Regierung. Der politische Wettbewerb wird reduziert, die Kooperation stärker betont (Lijphart 1991; Schmidt 1997). Die für die einzelnen Subgesellschaften der fragmentierten Gesellschaft agierenden Eliten bestimmen Konfliktregelungsmechanismen, die eine Machtteilung garantieren und alle Lager an der (Regierungs-) Macht beteiligen. Dies wird in Südtirol durch die Wahlen und den ethnischen Proporz geregelt (vgl. Pallaver 2007, 528, 531) und folgt den Grundprinzipien des power sharing (Lijphart 1991). Dem Prinzip der Inklusion aller offiziell in Südtirol anerkannten Sprachgruppen (deutsch-, italienisch- und ladinischsprachige SüdtirolerInnen) in den zentralen Entscheidungsinstanzen steht die institutionelle ethnische Trennung auf der Ebene der Zivilgesellschaft gegenüber (vgl. Pallaver 2007, 532). In gewisser Weise bedarf nämlich die Konkordanzdemokratie einer scharf erkennbaren Trennlinie zwischen den fragmentierten Subgesellschaften – so wie sie sich in Südtirol an der eindeutigen Zurechenbarkeit zu den jeweiligen Sprachgruppen des Landes äußert. Aufgrund dieser Fragmentierung zerfällt die Gesellschaft in relativ stark getrennte Subsysteme, zwischen denen nur eine reduzierte Kommunikation stattfindet und wenig Konsens herrscht. Es gibt keine Gesamtgesellschaft, keine gemeinsame Identität. Die Trennung der Südtiroler Gesellschaft längs der sichtbaren und unsichtbaren ethnischen Grenzen findet in allen Bereichen ihren Niederschlag – vom Schul- und Bildungssystem bis hin zu den Freizeitvereinen (vgl. Pallaver 2006b, 88).

Diese Trennung spiegelt sich auch im Parteiensystem wider. Die politischen Parteien sind nach ethnischen Gesichtspunkten organisiert (vgl. Pallaver 2009, 248–260; Atz/Pallaver 2009, 121–125). Als sprachgruppenübergreifende, interethnische Kraft verstehen sich auf Landesebene einzig die Grünen-Verdi-Vërc, vereinzelt auch Listen oder BürgerInnenbewegungen, die in allen ethnischen Lagern um WählerInnenstimmen werben und den Anspruch erheben, die Interessen aller ethnischen Gruppen des Territoriums zu vertreten (vgl. Pallaver 2009, 251). Generell treten aber die Südtiroler Parteien für die Interessen ihrer jeweiligen Sprachgruppe ein und der Anteil an ethnischen WechselwählerInnen kann durch die noch stark verwurzelten ethnischen Loyalitäten als eher gering bezeichnet werden. Für das Parteiensystem bedeutet diese Konstellation, dass die deutschsprachigen Parteien nicht im Wettbewerb mit den italienischsprachigen Parteien stehen. Es gibt nicht eine einzige politische Wahlarena, sondern ethnisch abgegrenzte politische Subarenen, in denen der politische Wettbewerb stattfindet. Die ethnische Grenzziehung drückt sich auch in überwiegend monoethnischen KandidatInnenlisten aus (vgl. Atz/Pallaver 2009, 122). Allerdings zeigten sich zuletzt bei den Landtagswahlen 2008 sowie bei den Gemeinderatswahlen 2010 etwas stärkere Tendenzen im sprachgruppenübergreifenden Wettbewerb – das heißt, der interethnische Wettbewerb hat zugenommen (Atz/Pallaver 2009, 122; Pallaver 2009, 255). Auch die KandidatInnenlisten von nicht als interethnisch einzuordnenden Parteien scheinen nun für BewerberInnen der anderen Sprachgruppen bzw. für gemischtsprachige SüdtirolerInnen durchlässiger geworden zu sein.

2. Medienlandschaft und Medienkonsum in Südtirol

Ein weiterer Indikator für das Ausmaß der ethnischen Fragmentierung einer Gesellschaft ist das Mediensystem. So folgt auch das Mediensystem in Südtirol der Logik der institutionellen ethnischen Trennung.

Obwohl alle überregional ausgerichteten Printmedien aus dem italienischen und deutschen Sprachraum in Südtirol erhältlich sind und auch ohne Kabel- oder Satellitenanschluss ein großes Angebot an elektronischen Medien zur Verfügung steht, ist der Zugriff auf nationale (bzw. internationale) Medien kaum gefragt (vgl. ASTAT 2006b, 5). Diese Medien bieten kaum Information über das lokale Geschehen – dies wird über spezifische Südtiroler Medienprodukte abgedeckt (vgl. Atz 2006, 72). Die Südtiroler Medienlandschaft ist wie das politische System an sich nach ethnischen Gesichtspunkten aufgeteilt. Für jede der drei Subgesellschaften gibt es ethnisch genau definierte Medienprodukte, das heißt, alle drei Sprachgruppen ziehen sich in ihr eigenes kommunikatives Reservat zurück und kommunizieren in genau vorgegebenen institutionellen Kanälen (Pallaver 2007, 533). Es gibt zwei deutschsprachige und zwei italienischsprachige Tageszeitungen, deutsch-, italienisch- und ladinischsprachige Wochenzeitungen, Bezirkszeitungen, Verbandszeitschriften, viele deutsche und italienische Radiostationen sowie einige wenige ladinischsprachige Radiosender bzw. Radioprogramme. Daneben werden noch einige deutschsprachige sowie ladinische und italienische lokale TV-Programme bzw. -sendungen ausgestrahlt. Jede Sprachgruppe besitzt somit ihre eigenen, meist einsprachig gestalteten Medien (vgl. Atz 2006, 72–74), privatrechtlich organisierte oder öffentlich-rechtliche Medien. Zweisprachige bzw. mehrsprachige Medien, in denen eigenständige Texte in den drei Landessprachen erscheinen (und nicht bloße Übersetzungen identer Texte), bilden die Ausnahme (vgl. Atz 2006, 73; Pallaver 2006c, 136).

Doch nicht nur beim Angebot, auch bei der Nachfrage gilt das Prinzip der ethnischen Trennung: SüdtirolerInnen konsumieren die Informationen vorwiegend in der eigenen Landessprache (Mooswalder 2004, 289–292; Atz 2006, 74–82; ASTAT 2006, 154–156). Allein wegen der sprachlichen Barrieren ist nicht jede/r SüdtirolerIn in der Lage, die Medien der jeweils anderen Sprache im selben Umfang bzw. überhaupt zu nutzen wie jene der eigenen Sprache. Allerdings verfügen etwa 80 Prozent aller EinwohnerInnen Südtirols über mehr oder weniger gute Zweitsprachenkenntnisse und sollten damit zumindest ansatzweise in der Lage sein, sich in beiden großen Landessprachen zu informieren (Atz 2006, 70–72; ASTAT 2006, 138–153).

Grundsätzlich besteht also die Tendenz, die Berichterstattung über die eigene Sprachgruppe zu akzentuieren und jene über die andere Sprachgruppe zu reduzieren (vgl. Pallaver 2007, 535). Dadurch nehmen die jeweiligen Sprachgruppen am Leben der anderen nur in einem reduzierten Ausmaß teil.

3. Medien und Öffentlichkeit in einer ethnisch fragmentierten ­Gesellschaft

Die Medien nehmen in modernen Gesellschaften mittlerweile eine Schlüsselfunktion ein und haben sich zu einer unverzichtbaren Einrichtung zur Verbreitung von Kommunikationsinhalten entwickelt. Die Begriffe Mediengesellschaft und Mediendemokratie weisen darauf hin, wobei es mittlerweile undenkbar ist, ohne Medien gesellschaftsstiftende Werte und Normen zu vermitteln (Sarcinelli 1998a, 1998b; Jarren/Donges 2002).

Der öffentliche Mediendiskurs ist in den modernen Kommunikations- und Informationsgesellschaften einerseits ein Instrument der Meinungsbildung, andererseits ist er auch ein Indikator für das Selbstverständnis einer Gesellschaft, indem er soziale Prozesse, Entwicklungen und Veränderungen abbildet und verdeutlicht (vgl. Van der Valk 2003, 189–192). So spiegeln sich die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Gesellschaft vorherrschenden Wertstrukturen, Ideologien und kollektiven Einstellungen in den Massenmedien wider beziehungsweise werden von diesen widergespiegelt. Massenmedien bieten jenen (fiktiven) Raum an, in dem sich die unterschiedlichen Gruppen öffentlich artikulieren können, in dem politische Kommunikation sichtbar wird. Sie sind somit die Voraussetzung für das Entstehen einer (politischen) Öffentlichkeit und liegen damit als Vermittlungsinstanz und Bindeglied zwischen Politik und Bevölkerung (vgl. Pfetsch/Bossert 2006, 204). Politische Realität präsentiert sich also zum überwiegenden Teil als massenmedial konstruierte und vermittelte Realität (vgl. Plasser 2004, 23). Die Massenmedien prägen somit die längerfristige politische Sozialisation (politisches Interesse, politisches Wissen, politische Wertorientierung).

In Gesellschaften mit ethnischen Minderheiten findet die Kommunikation dabei aber oftmals nicht in einer gemeinsamen Öffentlichkeit statt, sondern es bilden sich getrennte Teilöffentlichkeiten, die miteinander konkurrieren. Dies bedeutet, dass die klassischen Funktionen der Medien wie Information, Artikulation und Kontrolle (Strohmeier 2004), insbesondere die in ethnisch fragmentierten Gesellschaften wichtiger eingestuften friedensstiftenden und friedenserhaltenden Funktionen (etwa Abbau von Vorurteilen, Bildung von Vertrauen, Legitimation des demokratischen Gemeinwesens) sowie die Rolle bei der Bildung einer (Dach)Identität (vgl. Pallaver 2006a, 13–35) in Südtirol in ethnisch getrennten Teilöffentlichkeiten erfolgen. Dabei gilt die Schaffung einer gemeinsamen Öffentlichkeit als Voraussetzung, um durch einen Dialog die ethnischen Spannungen zu reduzieren, die Koope­ration unter den Sprachgruppen zu fördern und einen ständigen vertrauensbildenden Informationsprozess voranzutreiben. Dies stärkt das öffentliche Vertrauen in die jeweils andere Sprachgruppe und in gemeinsame Institutionen und fördert das Ziel eines friedlichen und konstruktiven Zusammenlebens der Sprachgruppen (vgl. Pallaver 2006c, 134–138).

4. Fragestellung und Methode der Medienanalyse

Ausgangspunkt für diesen Beitrag ist die Grundthese, dass es in Südtirol nicht nur ein ethnisch getrenntes Mediensystem gibt, sondern dass auch die einzelnen Medien im Wesentlichen nur die und über die eigene Subgesellschaft informiert. Dies betrifft aber nicht nur die NachrichtenrezipientInnen, sondern auch die Auswahl sowie die Darstellung und Aufbereitung der Nachrichten (vgl. Pallaver 2006b, 88). Indikator für die Publikationswürdigkeit eines Ereignisses ist der Nachrichtenwert. Dieser wird bestimmt durch Nachrichtenfaktoren (wie Status, Valenz, Identifikation, …), die die Selektions- und Verarbeitungskriterien der Nachrichten zusammenfassen und angeben, welchen Auswahlkriterien Ereignisse unterliegen, damit sie zu Meldungen werden (vgl. Schulz 1997, 69–72). In Südtirol kann davon ausgegangen werden, dass es einen zusätzlichen „ethnischen Nachrichtenfaktor“ (Pallaver 2006b, 88) gibt, der vielen anderen Nachrichtenfaktoren übergeordnet ist.

Basierend auf einer systematischen empirischen Analyse der redaktionellen Berichterstattung in deutsch-, italienisch-, und ladinischsprachigen Print- und audiovisuellen Medien in der Wahlkampfphase der Gemeinderatswahlen 2010 steht im Zentrum der vorliegenden Untersuchung die Frage, in welchem Ausmaß die redaktionelle Politikvermittlung zu BürgermeisterkandidatInnen ausgewählter Gemeinden in definierten Südtiroler Medien von einem ethnischen cleavage geprägt bzw. ethnisch determiniert ist.

Die Untersuchung erfolgt durch eine quantifizierende Inhaltsanalyse für die Wahlkampfphase, die durch das MediaWatch Institut für Medienanalysen GmbH, einem Unternehmen der APA-Gruppe, durchgeführt wurde.1 Der Untersuchungsgegenstand dieser Studie ist die redaktionelle Berichterstattung zu den BürgermeisterkandidatInnen der Gemeinden Bozen, Meran, Brixen, St. Ulrich in ausgewählten Südtiroler Medien für den Zeitraum vom 12. April bis zum 16. Mai 2010 (Wahltag war der 16. Mai 2010; allfällige Stichwahlen wurden nicht berücksichtigt).

In dieser Studie findet sich somit eine Gemeinde mit italienischsprachiger Bevölkerungsmehrheit (Bozen), eine mit einem relativ ausgeglichenen Verhältnis der beiden großen Sprachgruppen Deutsch und Italienisch (Meran), eine mit deutschsprachiger Bevölkerungsmehrheit (Brixen) sowie mit St. Ulrich die bevölkerungsreichste Gemeinde mit ladinischsprachiger Bevölkerungsmehrheit (Tabelle 1).

Tabelle 1

Einwohner

Italiener

Deutsche

Ladiner

Bozen

103.135

73,00%

26,29%

0,71%

Meran

37.637

48,01%

51,50%

0,49%

Brixen

20.152

25,65%

73,13%

1,23%

St. Ulrich

4.606

5,55%

12,13%

82,31%

Quelle: Landesinstitut für Statistik ASTAT 2010a, 10–12, 16–18; Angaben absolut und in Prozent.
Stand Einwohner 31. Dezember 2009, Daten Sprachgruppen Volkszählung 2001.

Die Zusammenstellung der BürgermeisterkandidatInnen erfolgte nach der offiziellen Bekanntgabe und Kundmachung durch die Wahlbehörden. Insgesamt wurden so 28 Akteure als analyserelevant klassifiziert. Wie bei den Gemeinden wurde auch hier in Hinblick auf die Forschungsfragen eine Zusammenfassung der politischen Akteure entlang der Sprachgruppenzugehörigkeit nach italienisch-, deutsch- und ladinischsprachigen Akteuren vorgenommen. Die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung dient sowohl zur Ermittlung der zahlenmäßigen Stärke der Sprachgruppen als auch zur Ermittlung der Zugehörigkeit der einzelnen BürgerInnen zu einer der Sprachgruppen. Die Abgabe dieser Erklärung ist Voraussetzung für die Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer Reihe von Rechten oder rechtlich geschützten Interessen, wie etwa die Möglichkeit, eine dem Proporz unterworfene Stelle zu besetzen oder gewisse Wohnbauförderungen zu erhalten (vgl. Poggeschi 2005, 306–324; Pallaver 2007, 536;).

Anhand dieser Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung sind 13 KandidatInnen der deutschen Sprachgruppe (zwei in Bozen, sieben in Meran, vier in Brixen), 13 KandidatInnen der italienischen Sprachgruppe (sieben in Bozen, je drei in Meran und Brixen) und zwei KandidatInnen der ladinischen Sprachgruppe (alle in St. Ulrich) zugeordnet worden.

Die untersuchungsrelevanten Print- und audiovisuellen Medien wurden neben ihrer publizistischen Repräsentativität und ihrer Markt- und Reichweitenbedeutung in Südtirol ausgewählt, auch aufgrund ihrer Relevanz für die jeweilige Sprachgruppe (Mooswalder 2004, ASTAT 2005, Atz 2006). Zudem wurde die Trennung zwischen öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Medien berücksichtigt. In Hinblick auf die Forschungsfrage wurden die einzelnen Medien nach sprachlichen Gesichtspunkten zusammengefasst.

Für die Studie wurden unter den Printmedien folgende Tages- und Wochenzeitungen ausgewählt: für deutschsprachige Medien die „Dolomiten“, die „Neue Südtiroler Tageszeitung“, „ff – Südtiroler Wochenmagazin“; für italienischsprachige Medien „Alto Adige“ und „Corriere dell’Alto Adige“ sowie „La Usc di Ladins“ für die Printmedien in ladinischer Sprache. Im Bereich der TV-Nachrichtensendungen wurden vom öffentlich-rechtlichen Rai-Sender Bozen die deutschsprachige „Tagesschau“ (täglich 20 Uhr), der italienischsprachige „TG Regione“ (täglich 19.30 Uhr) und die ladinischsprachige Sendung „Trail“ (täglich 19.55 Uhr) in die Untersuchung aufgenommen sowie das deutschsprachige Format „Südtirol heute“ (Mo – Fr 19.30 Uhr) des ORF und der italienischsprachige „Telegiornale“ von Video 33 (täglich 19.30 Uhr). Im Bereich der Hörfunk-Nachrichtensendungen wurden vom öffentlich-rechtlichen Rai-Sender Bozen die deutschsprachigen „Mittagsnachrichten“ (täglich 12.00 Uhr), der italienischsprachige „TGR Giornale Radio“ (Mo – Sa 12.10 Uhr – sonntags 12.40 Uhr) und die ladinischsprachigen „Nutizies por i Ladins“ (Mo – Sa 13.30 Uhr – So 12.30 Uhr) analysiert und schließlich noch das deutschsprachige Südtirol-Journal „Mittagsmagazin“ (Mo – Sa 12.10 Uhr), eine Produktion der Radio Media International für die Radiogemeinschaft Südtirol (ausgestrahlt auf Südtirol 1, Radio Tirol, Radio Holiday, Radio Grüne Welle, Tele Radio­ Vinschgau, Stadt Radio Meran, Radio Gherdëina und Radio Nord).

In die Analyse aufgenommen wurden alle Medienbeiträge, die eine namentliche Nennung mindestens eines der relevanten Akteure enthalten. Als Untersuchungsgegenstand definiert sich die gesamte Ausgabe einer Publikation bzw. die gesamte Sendezeit einer Radio- bzw. TV-Nachrichtensendung. Bezahlte und erkennbare PR-Texte, Werbeeinschaltungen sowie Leserbriefe sind kein Bestandteil der redaktionellen Berichterstattung und wurden nicht in die Analyse aufgenommen.

Insgesamt wurden 1.082 Beiträge in den oben genannten Medien mit 4.344 Nennungen der BürgermeisterkandidatInnen analysiert.

Um die inhaltlich-qualitative Berichterstattungsstruktur zu erfassen, wurden neben der Präsenz- und Image-Analyse der BürgermeisterkandidatInnen zwei weitere Analyseschritte durchgeführt. Im Zentrum der Themen-Analyse stehen jene Themen, die in der massenmedialen Berichterstattung zusammen mit den politischen Akteuren transportiert wurden. Anhand einer Framing-Analyse wurde die perspektivische und argumentative Ausrichtung des jeweiligen Artikels oder Beitrages erhoben.

Als theoretische Basis für diese Analyse dienen zwei in der Forschung etablierte Medienwirkungskonzepte: Agenda-Setting und Framing. Die Kernthese des Agenda-Settings, das 1963 von Cohen entwickelt und von McCombs und Shaw 1972 etabliert wurde, besagt, dass die Medien nicht so sehr bestimmen, was das Publikum denkt, sondern vielmehr definieren, worüber das Publikum nachdenken soll (Cohen 1963, McCobs/Shaw 1972). Der Agenda-Setting-Ansatz weist einen direkten Zusammenhang zwischen der veröffentlichten Themenlandschaft der Medien und der Themenagenda in der Wahrnehmung der Bevölkerung nach. Durch die Art der Präsentation des Themas sowie den Umfang und die Dauer der Berichterstattung wird von den Medien eine eigene soziale Wirklichkeit konstruiert, die die vermeintliche Wichtigkeit und damit die öffentliche Relevanz dieser Themen bestimmt (vgl. Rössler 2005, 11). Die Bedeutung, die die Medien ihren Berichterstattungsobjekten beimessen, überträgt sich somit auf jene Bedeutung, die das massenmediale Publikum eben diesen medienpräsenten Objekten beimisst. Dies spiegelt sich in einer Konsonanz der aktuellen medialen Tagesordnung mit der aktuellen Tagesordnung und Ereigniswelt des Publikums und der Akteure des politischen Systems wider (vgl. Lengauer 2007, 88).

Noch einen Schritt weiter geht der Framing-Ansatz. Es geht nicht nur darum, was berichtet wird, sondern vielmehr wie Ereignisse, Inhalte und Sachthemen präsentiert und in der Berichterstattung dargestellt werden (vgl. Lengauer et al. 2004, 153). Dabei werden sowohl first level-Agenda-Setting-Prozesse und -Effekte auf der Objektebene (Welche Themen/Akteure werden dargestellt?) als auch second level-Agenda-Setting-Prozesse und -Effekte auf der Attributsebene (Wie werden Themen/Akteure dargestellt?) beschrieben (vgl. Lengauer et al. 2007, 106). Der Framing-Ansatz verweist auf die Zusammenhänge zwischen inhaltlich-thematischen Rahmungen (Definitions- und Interpretationsrahmen) von Themen, Objekten und Akteuren in der Berichterstattung und jenen Interpretationsrahmen, die sich dadurch in der Bevölkerung festsetzen und abbilden (vgl. Lengauer 2007, 95). Die Bedeutungen von Ereignissen und Themen sind nicht a priori vorgegeben. Frames können hierbei als kulturell-gesellschaftliche Ressourcen interpretiert werden (vgl. Lengauer 2007, 93), die als Interpretationsschemata dienen, „aufgrund derer Menschen ihre Erfahrungen organisieren und somit einen Verständigungshintergrund bei der Einordnung von Ereignissen und Situationen herausbilden, sogenannte soziale Rahmen“ (Lengauer et al. 2004, 153).

Methode und Design der Studie wurden zudem so abgestimmt, dass in Teilbereichen Vergleiche mit ähnlich gelagerten Studien des MediaWatch Instituts für Medienanalysen GmbH, etwa im Auftrag des Landesbeirates für Kommunikationswesen (MediaWatch 2005; 2006; 2008; 2010), möglich sind. Im Speziellen werden in der folgenden Auswertung Vergleiche zu einer Inhaltsanalyse der Gemeinderatswahlen 20052 gezogen, die sich mit derselben Forschungsfrage beschäftigt.

5. Präsenzkonstellationen in der Berichterstattung

Vergleicht man die Dichte der untersuchten Berichterstattung zu den Gemeinderatswahlen in den Südtiroler Medien, so widmen die italienischsprachigen Medien dem medialen Wahlkampf nicht nur deutlich mehr Raum (2010 fast 63 Prozent, 2005 knapp 68 Prozent der relevanten Beiträge) als die deutschsprachigen Medien, die Berichterstattung ist auch deutlich intensiver. So sind 2010 rund 66 Prozent, 2005 gar 74 Prozent der Nennungen der BürgermeisterkandidatInnen in italienischsprachigen Medien zu finden (Abbildung 1). Der Anteil der Nennungen aus den deutschsprachigen Medien beträgt 2010 knapp über 33 Prozent, 2005 knapp über 25 Prozent. Die Medien in ladinischer Sprache berichten generell nur in geringem Umfang und geringer Intensität über die BürgermeisterkandidatInnen.

Abbildung 1

Quelle: MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Gemeinderatswahlen Südtirol, 12. April bis 16. Mai 2010: N = 4.344 Nennungen; 4. April bis 16. Mai 2005: N=4.152 Nennungen.

Im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen sowohl in den italienisch- als auch in den deutschsprachigen Medien mehrheitlich der Wahlkampf und die BürgermeisterkandidatInnen der Landeshauptstadt Bozen (Abbildung 2). So entfallen 2010 etwa 66 Prozent (italienische Medien) beziehungsweise 55 Prozent (deutsche Medien) auf die Bozner PolitikerInnen. Über die KandidatInnen der Gemeinde Meran (ausgewogener deutsch- bzw. italienischsprachiger Bevölkerungsanteil) berichten die italienisch- bzw. deutschsprachigen Medien im Verhältnis annähernd gleich stark (23,1 Prozent zu 26,7 Prozent), die Brixner KandidatInnen (Gemeinde mit deutschsprachiger Bevölkerungsmehrheit) sind in den deutschsprachigen Medien etwas öfter vertreten als in den italienischsprachigen Medien (16,5 Prozent zu 10,8 Prozent). Die ladinischen Medien berichten fast ausschließlich über die BürgermeisterkandidatInnen der mehrheitlich ladinischsprachigen Gemeinde St. Ulrich. 2005 sind die Anteile ähnlich ausgeprägt.

Abbildung 2

Quelle: MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Gemeinderatswahlen Südtirol, 12. April bis 16. Mai 2010: N = 4.344 Nennungen; 4. April bis 16. Mai 2005: N = 4.152 Nennungen.

Bei einer Erweiterung der Untersuchung um die zwei mehrheitlich deutschsprachigen Gemeinden Bruneck und Schlanders (wie bei MediaWatch 2010) ändern sich diese Beobachtungen nur geringfügig, aber doch in einer unter dem ethnischen Aspekt auffälligen Hinsicht: Die Konzentration auf die mehrheitlich italienischsprachige Landeshauptstadt geht in den deutschen Medien stärker zurück als in den italienischen Medien, gleichzeitig sind die BürgermeisterkandidatInnen der Gemeinden Schlanders und Bruneck in den deutschsprachigen Medien öfters präsent als in den italienischsprachigen Medien (vgl. MediaWatch 2010, 11).

Wird nun die Präsenz der politischen Akteure nach ihrer Sprachgruppenzugehörigkeit aufgeschlüsselt, so zeigt sich, dass sich die Berichterstattung im Jahr 2010 insgesamt zu 66,6 Prozent auf die KandidatInnen der italienischen Sprachgruppe fokussiert, 32 Prozent der Nennungen entfallen auf die KandidatInnen der deutschen Sprachgruppe, nur 1,5 Prozent auf die ladinischen KandidatInnen. Geschuldet ist dies vor allem der Konzentration auf Bozen, wo sieben KandidatInnen der italienischen Sprachgruppe antreten. Die italienischen Medien nennen dabei während des Wahlkampfes zu 71,9 Prozent italienische, zu 27,6 Prozent deutsche, zu 0,5 Prozent ladinische KandidatInnen (Abbildung 3). In den deutschsprachigen Medien stellt sich die Verteilung der Sprachgruppenpräsenz etwas anders dar. Auch hier überwiegen die italienischsprachigen KandidatInnen, erreichen aber nur 57,2 Prozent der Nennungen, also um rund 15 Prozentpunkte weniger als in den italienischsprachigen Medien. Zudem steigt der Anteil der deutschsprachigen KandidatInnen auf 40,9 Prozent (rund 13 Prozentpunkte mehr als in den italienischsprachigen Medien), jener der ladinischsprachigen KandidatInnen auf 1,9 Prozent. Die ladinischsprachigen Medien schließlich berichten fast ausschließlich (92 Prozent) über die BürgermeisterkandidatInnen der eigenen Sprachgruppe, die italienischsprachigen KandidatInnen werden gar nicht genannt. Die Medien schenken also den Akteuren der respektiven Sprachgruppe die überwiegende oder eine verhältnismäßig höhere Aufmerksamkeit als den KandidtInnen der anderen Sprachgruppe.

Abbildung 3

Quelle: MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Gemeinderatswahlen Südtirol, 12. April bis 16. Mai 2010: N = 4.344 Nennungen; 4. April bis 16. Mai 2005: N = 4.152 Nennungen.

2005 ist der Hinweis auf eine ethnisch gespaltene, nach Sprachgruppen getrennte und bevorzugte Berichterstattung von KandidatInnen der eigenen Sprachgruppe aussagekräftiger als 2010: Nicht nur die italienischsprachigen Medien (70,8 Prozent) und die ladinischsprachigen Medien (84,8 Prozent) berichten vor allem über KandidatInnen der eigenen Sprachgruppe, auch die deutschsprachigen Medien bevorzugen eindeutig die politischen Akteure der eigenen Sprachgruppe (65 Prozent).

Dass sich die ethnozentristische Sichtweise 2010 nicht ganz so eindeutig belegen lässt wie 2005 oder in anderen Wahlkampfjahren, wo die ethnische Asymmetrie ebenso klar zum Ausdruck kommt (vgl. Pallaver 2006b, 89–111, MediaWatch 2008; 13, 32; Atz/Pallaver 2009, 108; Tschigg et al. 2009, 159–161), liegt hauptsächlich an der politischen Situation in der Landeshauptstadt Bozen im Jahr 2010. Die SVP unterstützte bei den Gemeinderatswahlen 2010 den amtierenden italienischsprachigen Bürgermeister bereits im ersten Wahlgang und verzichtete – im Gegensatz zu 2005 – auf einen eigenen deutschsprachigen Kandidaten. So konzentrierte sich auch in den deutschsprachigen Medien die Berichterstattung auf das Duell der beiden italienischsprachigen Bürgermeisterkandidaten Luigi Spagnolli und Robert Oberrauch.

6. Die Tonalität der Berichterstattung

Die Präsenz allein ist für die mediale Darstellung von PolitikerInnen nicht ausschlaggebend, auch die Tonalität des medialen Auftrittes trägt zum öffentlichen Bild des politischen Akteurs bei. Wie bereits mehrfach empirisch festgestellt (vgl. MediaWatch 2005, 7, 32; MediaWatch 2006, 8–10; MediaWatch 2008, 8, 31–32; MediaWatch 2010, 7, 12–13), ist die politische Berichterstattung in Südtirol von einer außergewöhnlich hohen Neutralität geprägt (Werte über 90 Prozent). Dementsprechend lässt auch die Wertungsverteilung hinsichtlich der Mediensprache keine außergewöhnlichen Ergebnisse erkennen. Bei den Gemeinderatswahlen 2010 hält sich sowohl in den deutsch- als auch in den italienischsprachigen Me­dien der Anteil der Positiv- und Negativ-Berichterstattung in etwa die Waage, die ladinischsprachigen Medien berichten ausschließlich neutral (vgl. MediaWatch 2010, 13). Bezieht man zusätzlich noch den Faktor der Sprachgruppenzugehörigkeit der po­litischen Akteure mit ein, ändert sich das Bild kaum. In allen Medien, egal welcher Landessprache, ist die Berichterstattung zu den KandidatInnen, egal welcher Sprachgruppe sie angehören, überwiegend neutral (Mindestwert 93 Prozent). Damit scheint hinsichtlich des medialen Images keine ethnische Korrelation zu bestehen, das heißt keine positive beziehungsweise negative Diskriminierung entlang der ethnischen Zugehörigkeit. Ein Ergebnis, das sich bereits bei der Analyse zu den Gemeinderatswahlen 2005 feststellen ließ (vgl. Castlunger 2010, 99–104; 139).

7. Die Themen der Berichterstattung

Die mediale Politikvermittlung in der Wahlkampfberichterstattung der Südtiroler Medien (zu Gemeinderats-, Landtags- als auch Parlamentswahlen) ist – entgegen internationalen Trends – etwas stärker sachpolitisch orientiert (MediaWatch 2006, 21, 26–27; MediaWatch 2008, 22, 31–32; Tschigg et al. 2009, 156; Atz/Pallaver 2009, 105; MediaWatch 2010, 7, 14, 43). In Medien in anderen europäischen Ländern (etwa Deutschland, Österreich, Großbritannien) stehen eher metapolitische Themen im Zentrum der Berichterstattung (vgl. Lengauer et al. 2007, 103–15; Deacon et al. 2005, 25; Wilke/Reinemann 2006, 316). Unter metapolitischen Themen werden hauptsächlich die mediale Auseinandersetzung mit dem Wahlkampf an sich, Spekulationen zum Wahlausgang, Meinungsforschung und Ähnliches verstanden. Das Verhältnis zwischen metapolitischen Themen und Sachthemen ist in den Wahlkampfphasen der Gemeinderatswahlen 2010 als auch 2005 relativ ausgewogen. So wurde 2010 zu 49,8 Prozent über Sachthemen, zu 42,1 Prozent über metapolitische Themen und zu 8 Prozent über Personen- und Parteienprofile (Charakteristika und Eigenschaften von politischen Akteuren) berichtet (MediaWatch 2010, 43). Im Vergleich zu 2005 ist dabei 2010 ein Anstieg von metapolitischen Themen bei einem gleichzeitigen Rückgang der Sachthemen konstatierbar und damit eine leichte Annäherung an den internationalen Trend zu erkennen (vgl. MediaWatch 2010, 7, 43).

2010 bleibt die Reihenfolge aus Sachthemen, metapolitischen Themen, Personen- und Parteienprofilen auch aufrecht, wenn die Themen hinsichtlich Medien und Akteure nach ethnischer Zuordnung aufgeschlüsselt werden (Abbildung 4). Bei der Aufschlüsselung zeigen sich nur leichte ethnische Unterschiede in der anteilsmäßigen Stärke. Den höchsten Anteil an sachpolitischen Themen weisen die ladinischsprachigen Medien auf (72,7 Prozent), gefolgt von den italienischsprachigen (50,9 Prozent) und den deutschsprachigen Medien (47,0 Prozent). Die deutschsprachigen Medien weisen mit 44,5 Prozent den höchsten Anteil an metapolitischen Themen auf (italienische Medien: 41,3 Prozent, ladinische Medien: 18,2 Prozent). Bei den Akteuren dagegen sind die deutschsprachigen KandidatInnen mit 55 Prozent stärker mit sachpolitischen Themen präsent als die italienischsprachigen Akteure (47,1 Prozent), umgekehrt stehen die italienischsprachigen KandidatInnen stärker mit metapolitischen Themen im Zusammenhang (44,5 Prozent zu 38,1 Prozent). Den höchsten Anteil an sachpolitischer bzw. den geringsten Anteil an metapolitisch orientierter Berichterstattung weisen die ladinischsprachigen BürgermeisterkandidatInnen auf (64,7 Prozent und 24,7 Prozent).

Wenn alle Themen der wahlwerbenden BürgermeisterkandidatInnen genauer analysiert werden, so dominiert bei den Gemeinderatswahlen 2010 allerdings kein sachpolitisches Thema, sondern mit 23 Prozent aller Aussagen der KandidatInnen der Wahlkampf an sich (Kampagnen, Wahlprogramme, Wahlveranstaltungen, …). Zudem nehmen Spekulationen zum Wahlausgang beziehungsweise Spekulationen um Ämter/Posten mit 11,2 Prozent der Aussagen einen hohen medialen Stellenwert ein (vgl. MediaWatch 2010, 44). Dass diese Themen generell zentraler Bestandteil der (Wahlkampf)Berichterstattung sind, zeigte sich bereits bei anderen Südtiroler Gemeinderats-, Landtags- und Parlamentswahlen (vgl. MediaWatch 2006, 22; MediaWatch 2008, 26, 32; Tschigg et al. 2009, 156; Atz/Pallaver 2009, 105; MediaWatch 2010, 7, 44) beziehungsweise in Analysen zu österreichischen Nationalratswahlen (vgl. Lengauer et al. 2007, 124).

Abbildung 4

Quelle: MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Gemeinderatswahlen Südtirol, 12. April bis 16. Mai 2010: N = 5.486 Aussagen.

Bei den Sachthemen stehen 2010 neben (Sach)Informationen rund um die Wahl (14,2 Prozent) vor allem Verkehr (5 Prozent) und Raumordnung/-planung (3,4 Prozent) im Zentrum der Berichterstattung (vgl. MediaWatch 2010, 44). Dabei ergeben sich bemerkenswerte Parallelen zu den Gemeinderatswahlen 2005: Auch hier waren Verkehr und Urbanistik zentrale Themen, die inhaltliche Ausgestaltung hat sich auch in fünf Jahren kaum geändert (Minimetro, Küchelberg, Umfahrungen bzw. Bauleitplanänderungen, urbanistische Entwicklungen). Ebenso zählt in beiden Jahren Handel/Gewerbe/Handwerk (etwa Debatte um Lizenzen, Einkaufszentren und Einzelhandel/Nahversorgung in den Altstädten) zu den wichtigsten medial transportierten Themen der Gemeindepolitik. Der größte Unterschied zwischen den beiden Jahren besteht in der abnehmenden Bedeutung der Themenkategorien Vergangenheitsbewältigung bzw. historische Staatspolitik (2005: Feierlichkeiten, Kranzniederlegungen zum Staatsfeiertag 25. April) oder Wohnungsmarkt sowie in einer Zunahme der Intensität der Berichterstattung zum Zusammenleben der Sprachgruppen (kulturelle Identität) und Ausländer/Migration (vgl. MediaWatch 2010,7, 44).

Schlüsselt man die Themen entlang der Sprache der Medien auf, wird deutlich, dass die Medien der deutschen und italienischen Sprachgruppen vielfach dieselben Agenden aufgreifen, auch wenn es leicht unterschiedliche quantitative

Abbildung 5

Quelle: MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Gemeinderatswahlen Südtirol, 12. April bis 16. Mai 2010: N = 5.486 Aussagen.

Gewichtungen gibt (Abbildung 5). So stimmen sieben der Top-10-Themen in den italienischen und deutschen Medien überein (Wahlkampf, Wahl-, Ämter-, Koalitionsspekulationen, Wahlbündnisse und -kandidaturen, Verkehr, Raumordnung und -planung, kulturelle Identität, Zustand der Regierung/Koalition). Zudem findet sich jeweils ein Personenprofil (Management-, Leadership-Fähigkeiten beziehungsweise biografische Angaben) unter den medial präsentesten Themen. Es gibt aber auch Agenden, die von den jeweiligen Medien sprachgruppenspezifisch stärker aufgegriffen werden. Die italienischsprachigen Medien berichten vermehrt über die Situation am Wohnungsmarkt sowie über Handel/Gewerbe/Handwerk, während diese Themen bei den deutschsprachigen Medien nicht unter den ersten zehn gefunden werden. Dafür finden sich hier die Themen Politische Repräsenta­tion (etwa Festakte mit politischen Amtsträgern), Meinungsforschung3 und Aus­länder/Migration an prominenterer Stelle. In den ladinischen Medien lassen sich aufgrund der Konzentration auf die Gemeinde St. Ulrich und der geringen Medienpräsenz wenige Übereinstimmungen mit dem deutsch- oder italienischsprachigen Themenspektrum erkennen.

Bei den Sachthemen, also jenen Themen, die den konkreten Gestaltungsraum der Politik ausmachen, fällt weiters auf, dass beispielsweise die Themen Budget/Finanzen und Sicherheit in den italienischsprachigen Medien eine größere Rolle spielen als in den deutschsprachigen Medien. Bei diesen nehmen Bildung, Familie und Kinder sowie Kunst und Kultur einen höheren Stellenwert ein.

Trotzdem bleibt ein markanter Unterschied im Themenranking während der Zeit des Gemeinderatswahlkampfes aus. In den italienisch- und deutschsprachigen Medien entspricht sich großteils die mediale Rangordnung der Themen. Eine Erkenntnis, die sich bereits teilweise bei den Gemeinderatswahlen 2005 (Castlunger 2010, 109–112) sowie bei Landtagswahlen 2008 konstatieren ließ (Tschigg et al. 2009, 161). Auch bei früheren Untersuchungen konnte ein nicht nur punktuelles, sondern generelles ethnisches Themensplitting nicht empirisch abgesichert werden (vgl. Pallaver 2006b, 103).

Aber selbst wenn bestimmte Themen einen ähnlichen Stellenwert in der Berichterstattung der verschiedensprachigen Medien genießen, so bleibt stets noch der Faktor der unterschiedlichen medialen Themenbesetzung in den Medien entlang der Sprachgruppenzugehörigkeit. Die Zuordnung, die Besetzung von Themen ist – einhergehend mit der medialen Präsenz der politischen Akteure – ethnisch konnotiert. In den italienischsprachigen Medien werden die Top-10-Themen überwiegend von italienischsprachigen Akteuren dominiert (Mittelwert 73 Prozent), der Anteil der deutschspachigen Akteure ist deutlich geringer (Mittelwert 28 Prozent). In den deutschsprachigen Medien ist die Besetzung ausgeglichener. Zwar werden vier der Top-10-Themen auch mehrheitlich von italienischen PolitikerInnen besetzt, bei den anderen sechs Themen positionieren sich die deutschen Akteure aber stärker (der Mittelwert aus den zehn wichtigsten Themen liegt bei 60 Prozent italienischsprachigen PolitikerInnen, 38 Prozent deutschsprachigen).

8. Rahmungen der ethnischen Berichterstattung

Frame-Indikator Konflikt/Konsens

Durch die Frame-Indikatoren Konflikt- bzw. Konsenshaltigkeit wird die Darstellung von Auseinandersetzungen und Konflikten zwischen politischen Akteuren, von Gewinnern und Verlierern bzw. von Protesten und Krisen im Vergleich zu Übereinstimmung, Kompromissfähigkeit und -findung sowie die Suche nach Problemlösungsstrategien untersucht.

Tabelle 2

italienisch­sprachige Medien

deutsch­sprachige Medien

ladinisch­sprachige Medien

eher konflikt-orientiert

48%

25%

0%

eher konsens-orientiert

26%

32%

50%

ambivalent / gleichgewichtig / äquivalent

8%

3%

8%

Frame-Indikator nicht erkennbar

19%

41%

42%

Quelle: MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Gemeinderatswahlen Südtirol, 12. April bis 16. Mai 2010: N = 1.082 Beiträge.

Hier zeigen sich deutliche Unterschiede in der journalistischen Darstellung des Wahlkampfes (Tabelle 2). Während die italienischsprachigen Medien deutlich stärker konfliktzentriert (48 Prozent) berichten als deutschsprachige Medien (25 Prozent), liegen bei der Konsensdarstellung italienische und deutsche Medien annähernd auf einer Linie (26 Prozent zu 32 Prozent). Zieht man dazu noch den Frame-Indikator nicht erkennbar hinzu, lässt sich schlussfolgern, dass die Berichterstattung in den deutschsprachigen Medien insgesamt eher konfliktfrei ist, die Bericht­erstattung in den italienischsprachigen Medien dagegen vermehrt auf Auseinandersetzungen fokussiert. Zumindest auf der Ebene der Konflikt- bzw. Konsensorientierung reihen sich die Ergebnisse nahtlos in die Daten einer Analyse zu den Landtagswahlen 2008 in Südtirol ein. Auch dort fielen die Unterschiede in der Konsensdarstellung kaum ins Gewicht, die Unterschiede in der Konfliktdarstellung waren jedoch ebenfalls sehr markant. Die deutschsprachigen Medien berichteten um etwa die Hälfte weniger konfliktzentriert als die italienischsprachigen Medien (vgl. Tschigg et al. 2009, 164).

Die Berichterstattung zu den BürgermeisterkandidatInnen 2010 in den ladinischsprachigen Medien stellt einen Sonderfall dar: Hier überwiegt eine konsens­orien­tierte Darstellung. Ebenso wie bei der Berichterstattung in den deutschsprachigen Medien wird hier nicht dem internationalen Trend zu einer konflikthaltigen journalistischen Aufbereitung gefolgt. Aber auch die italienischen Medien berichten im internationalen Vergleich deutlich stärker konsensorientiert, die Konfliktorientiertheit hingegen liegt auf dem international ermittelten Niveau. Allerdings fokussieren entsprechende Analysen aus Österreich, Deutschland und den USA meist auf nationale Wahlkämpfe (vgl. Lengauer 2007, 224–252), die Vergleichbarkeit ist damit nur bedingt gegeben.

Frame-Indikator Perspektivität

Bei dieser journalistischen Rahmung geht es darum, welche Perspektive im Mittelpunkt der Berichterstattung steht. Es wird analysiert, welcher Blick auf die anstehenden Gemeinderatswahlen bzw. auf die Gemeindepolitik geworfen wird. Fokussiert der Beitrag auf vergangene Leistungen oder Versäumnisse, also konzentriert sich der/die JournalistIn auf die Vergangenheit, so liegt eine retrospektivische Darstellung vor. Stehen im Gegensatz dazu zukünftige Chancen, Herausforderungen und Möglichkeiten im Zentrum der Berichterstattung, so liegt eine prospektive Perspektive vor.

Tabelle 3

italienisch­sprachige Medien

deutsch­sprachige Medien

ladinisch­sprachige Medien

eher retrospektiv

16%

15%

33%

eher prospektiv

57%

50%

42%

ambivalent / gleichgewichtig / äquivalent

11%

4%

0%

Frame-Indikator nicht erkennbar

15%

32%

25%

Quelle: MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Gemeinderatswahlen Südtirol, 12. April bis 16. Mai 2010: N = 1.082 Beiträge.

In der politischen Berichterstattung in Südtirol lassen sich in dieser Hinsicht keine außergewöhnlichen Unterschiede entlang der ethnischen Zuordnung der Medien erkennen (Tabelle 3). Die Beiträge in den Südtiroler Medien, die auf die BürgermeisterkandidatInnen zielen, sind vornehmlich eher prospektiv als retrospektiv, einzig bei den ladinischsprachigen Medien ist die Perspektivität eher ausgeglichen. Die Südtiroler Medien stellen im Gemeinderatswahlkampf 2010 allgemein weniger die vergangenen Leistungen und Taten der politischen Akteure in den Vordergrund, im Zentrum stehen vielmehr Programme und Aufgaben für die künftige Legislaturperiode.

9. Ethnische Themen in der Berichterstattung

Bei einer Untersuchung der ethnischen Berichterstattung der Südtiroler Medien gilt ein besonderes Augenmerk der ethnischen Thematik an sich. Das in der Analyse erfasste Thema kulturelle Identität beinhaltet zum einen Unterthemen wie kulturelles Zugehörigkeitsgefühl, Muttersprache und Mehrsprachigkeit, Aufwertung der eigenen Sprache, Kultur und zum anderen die Rolle, das Zusammenleben und das Verhältnis der Sprachgruppen zueinander.

Inwieweit thematisieren nun die Medien das Spannungsverhältnis zwischen den in Südtirol lebenden Sprachgruppen? Dieses Thema findet sich in der Berichterstattung zu den Gemeinderatswahlen 2010 unter den medial wichtigsten Themenbereichen, sowohl in den italienisch-, als auch deutschsprachigen Medien (siehe Abbildung 5). Diese Kategorie positioniert sich jeweils an der sechsten Stelle im Themenranking (mit 2,9 Prozent beziehungsweise 2,5 Prozent der jeweiligen Aussagen) und lässt weitere wichtige Sachthemen wie Bildung, Soziales oder Wirtschaft hinter sich. Einzig in den ladinischsprachigen Medien spielt die kulturelle Identität eine untergeordnete Rolle (eine einzige Aussage). Im Vergleich zu den Gemeinderatswahlen 2005 lässt sich eine deutliche Zunahme des Themas kulturelle Identität (Abbildung 6) feststellen. 2005 reihte sich dieses Thema erst auf den hinteren Positionen des Themenrankings ein, unabhängig von der ethnischen Medien-Zuordnung, und nahm somit nicht jene Prominenz ein wie bei den Wahlen 2010. Bei den Landtagswahlen 2008 widmeten die Medien dem Spannungsverhältnis zwischen den Sprachgruppen mit 3,1 Prozent der Themenaussagen (Rang neun im Ranking) eine höhere Aufmerksamkeit als bei den Gemeinderatswahlen (vgl. Tschigg et al. 2009, 158).

Abbildung 6

Quelle: MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Gemeinderatswahlen Südtirol, 12. April bis 16. Mai 2010: N = 5.684 Aussagen; 4. April bis 16. Mai 2005: N = 4.630 Aussagen.

Während 2010 die ethnische Problematik für italienischsprachige Medien von einem etwas höheren Stellenwert ist, war dies 2005 für deutschsprachige Medien der Fall. Es bestätigt sich aber, dass das Thema kulturelle Identität in Relation zur Gesamtberichterstattung eher im Zusammenhang mit KandidatInnen der deutschen Sprachgruppe medial transportiert wird: 2005 zeigte sich bei der Besetzung dieses Themas sowohl in den deutsch- als auch italienischsprachigen Medien mit jeweils etwa 60 Prozent der Aussagen ein deutliches Übergewicht für die Akteure der deutschen Sprachgruppe (vgl. Castlunger 2010, 122–126, 141–144). 2010 ist das Verhältnis in den italienischsprachigen Medien ausgewogen, in den deutschsprachigen Medien besetzen nach wie vor eher Akteure der deutschen Sprachgruppe das Thema kulturelle Identität (56 Prozent zu 44 Prozent). In der Berichterstattung der ladinischsprachigen Medien wird dem ethnischen Thema in beiden Gemeinderatswahlkämpfen nur geringe Aufmerksamkeit zuteil.

In der medialen Diskussion zur ethnischen Thematik bei den Gemeinderatswahlen 2010 wird dabei insbesondere auf das Zusammenleben der Sprachgruppen eingegangen, vor allem bei der Vorstellung der einzelnen BürgermeisterkandidatInnen werden Standpunkte zu Interethnizität und Integration wiedergegeben (Dolomiten, 06.05.2010. Alto Adige, 28.04.2010)4. Auch sind einige mediale Debatten den (partei)politischen Verhältnissen geschuldet und erklären damit die Ergebnisse der Medienanalyse. In Bozen verzichtete die SVP auf eine eigene Kandidatur und unterstützte den amtierenden italienischsprachigen Bürgermeister. Dies sorgte für eine erhöhte Aufmerksamkeit hinsichtlich des Verhältnisses und des Umgangs der Sprachgruppen in der Landeshauptstadt (Alto Adige, 22.04.2010, ff, 13.05.2010, Dolomiten, 23.04.2010)5. Zusätzlich kandidierte in Bozen mit Robert Oberrauch (Mitte-rechts) ein italienischsprachiger Bozner mit deutschem Namen und Alberto Berger (Athesis) setzte auf den Faktor mistilingui (Alto Adige, 15.04.2010). Zur Diskussion um interethnische KandidatInnen, monoethnische Parteilisten und die Vertretung der Interessen der jeweiligen Sprachgruppen trug auch das Antreten zweier der deutschen Sprachgruppe zugehörigen KandidatInnen (Claudia Benedetti und Sergio Armanini) für die dem italienischen Parteienspektrum zuzurech­nenden Parteien PdL und Lega Nord (Pallaver 2009, 249–254; Atz/Pallaver 2009, 122–123) in Meran bei (Alto Adige, 30.04.2010, Dolomiten 14.04.2010)6. In Brixen schließlich kandidierte mit Eva Klotz (Süd-Tiroler Freiheit) eine politische Vertreterin, für deren Politik die Ideologie des Volkstums bestimmend ist.

Zum klassischen Gegensatzpaar wir (deutsch) und die anderen (italienisch) – und viceversa – gesellte sich in den vergangenen Jahren eine neue ethnische Bruchlinie: Zuwanderer, Ausländer, die in Südtirol Fuß fassen – die neuen Minderheiten (vgl. Pallaver 2007, 542). Die Anzahl der ausländischen BürgerInnen, die in Südtirol leben und arbeiten, ist in den letzten Jahren ständig angestiegen. Laut dem Südtiroler Landesinstitut für Statistik (vgl. ASTAT 2010b, 2–3) hat sich der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung in Südtirol in den letzten zwei Jahrzehnten fast verachtfacht und liegt im Jahr 2009 mit 7,8 Prozent über dem gesamtstaatlichen Durchschnitt (6,5 Prozent) sowie über dem EU-weiten Durchschnitt (6,2 Prozent) – jedoch unter jenem Mittel- und Norditaliens (8,7 Prozent). Dabei stammen etwa ein Drittel aller in Südtirol ansässigen AusländerInnen aus EU-Staaten, 35,1 Prozent aus europäischen Nicht-EU-Staaten, 15,2 Prozent aus asiatischen und 12,8 Prozent aus afrikanischen Staaten (vgl. ASTAT 2010b, 6).

Öffentlichkeit, Politik und Medien reagieren auf diesen Zuwachs und so stellt sich auch bei einem anderen Thema, das in Bezug zu Ethnien und ethnischen Minderheiten steht, ein deutlicher Zugewinn an medialer Aufmerksamkeit ein: Ausländer/Migration (Abbildung 7). Im Jahr 2005 ist die mediale Politikberichterstattung über die ausländischen Zuwanderer mit einen Anteil von 0,7 Prozent der Themenaussagen kaum präsent, im Jahr 2010 nimmt sie mit 1,6 Prozent der Aussagen einen deutlich höheren Stellenwert ein (mehr als verdoppelt). Ein Trend, der sich bereits bei den Landtagswahlen 2008 abzeichnete (vgl. Tschigg et al. 2009, 158; Atz/Pallaver 2009, 105).

Der Löwenanteil an ausländischer Wohnbevölkerung in Südtirol entfällt auf die Landeshauptstadt Bozen, wo fast ein Drittel aller in der Provinz wohnhaften AusländerInnen leben und der Ausländeranteil mit 12,1 Prozent zu den höchsten im Land zählt (vgl. ASTAT 2010b, 2, 3). So greifen in der medialen Berichterstattung 2010 vor allem die Bozner BürgermeisterkandidatInnen Robert Oberrauch (Mitte-rechts) sowie Ulli Mair (Die Freiheitlichen) dieses Thema auf, aber auch Luigi Spagnolli (Mitte-links). Die Problematik der illegalen EinwanderInnen und Maßnahmen zur Integration der neuen MitbürgerInnen bestimmen dabei die mediale Diskussion (Alto Adige, 01.05.2010, Dolomiten, 06.05.2010)7. In den anderen untersuchten Gemeinden ist die Ausländerfrage kaum Gegenstand der Berichterstattung, auch nicht in Meran, wo der prozentuelle Anteil der ausländischen EinwohnerInnen an der Wohnbevölkerung mit 14 Prozent (vgl. ASTAT 2010b, 2, 3) höher als in der Landeshauptstadt ist.

Abbildung 7

Quelle: MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Gemeinderatswahlen Südtirol, 12. April bis 16. Mai 2010: N = 5.684 Aussagen; 4. April bis 16. Mai 2005: N = 4.630 Aussagen.

In Hinblick auf die wachsende Sensibilität der politischen Akteure und der Bevölkerung in Bezug auf das Thema Ausländer/Migration (vgl. Girardi 2009, 463–466; ff, 25.11.20108) wurde bei der Framing-Analyse nicht nur die traditionelle ethnische Bruchlinie berücksichtigt, sondern auch den modernen Ethnien Rechnung getragen. So wird unterschieden zwischen dem eher Traditional Ethnic Cleavage und dem eher Modern Ethnic Cleavage. Wird bei einem Thema (zum Beispiel Bildung, Arbeitsmarkt, Kultur) die traditionelle ethnische Komponente Südtirols, das heißt die Unterscheidung in deutsch-, ladinisch- und italienischsprachige Volksgruppen, mittransportiert (zum Beispiel Sprache bzw. Sprachgruppe, Identität, Kultur), dann wird der Frame-Indikator eher dem Traditional Ethnic Cleavage zugeteilt. Wird hingegen auf moderne Ethnien Bezug genommen, das heißt auf MigrantInnen der letzten Jahrzehnte (Albanien, Marokko, Pakistan, …), dann entspricht dies eher dem Modern Ethnic Cleavage. Die Erfassung der Rahmung einer Aussage mit ethnischem Kontext ist unabhängig davon, ob Bezug auf ein explizit ethnisches Thema genommen wird oder nicht.

Dabei zeigt sich, dass in gut einem Fünftel aller Beiträge zu den BürgermeisterkandidatInnen der Gemeinderatswahl 2010 die traditionelle ethnische Konfliktlinie als ein übergeordneter Rahmen zu erkennen ist (Tabelle 4). Vor allem in italienischsprachigen Medien wird etwas häufiger (21 Prozent der Beiträge) auf dieses cleavage Bezug genommen als in den deutsch- oder ladinischsprachigen Medien (je 17 Prozent). Im Vergleich zur Berichterstattung der Gemeinderatswahlen 2005 sind dies deutlich höhere Werte, die auch der Zunahme der medialen Aufmerksamkeit des Themas kulturelle Identität entsprechen.

Abseits dieses Themas wird die Bruchlinie vor allem mit metapolitischen Themen transportiert. Aber auch Sachthemen wie Informationen zu den Wahlbündnissen sowie Personen- und Parteienprofile (Eigenschaften und Charakteristika der politischen Akteure) standen in der Berichterstattung zu den Gemeinderatswahlen 2010 unter dem Einfluss der Bruchlinie zwischen den Sprachgruppen – öfters als ethnisch brisante Themen wie Bildung oder Kultur.

Tabelle 4

alle Medien

italienisch­sprachige Medien

deutsch­sprachige Medien

ladinisch­sprachige Medien

eher Traditional Ethnic Cleavage erkennbar

19%

21%

17%

17%

eher Modern Ethnic Cleavage erkennbar

8%

9%

6%

0%

ambivalent / gleichgewichtig / äquivalent

1%

1%

1%

0%

Frame-Indikator nicht erkennbar

72%

69%

76%

83%

Quelle: MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Gemeinderatswahlen Südtirol, 12. April bis 16. Mai 2010: N = 1.082 Beiträge.

Trotz einer vermeintlich vorhandenen Ausländerproblematik hält sich in der Politikberichterstattung diese Agenda noch bedeckt und wird nur in 8 Prozent aller Beiträge als übergeordneter Deutungsrahmen präsentiert. Die traditionelle Bruch­linie wird weder insgesamt noch in den einzelnen Medienclustern von dem Modern Ethnic Cleavage überlagert. Der Anteil der modernen ethnischen Bruchlinie ist in den italienischsprachigen Medien stärker ausgeprägt, auch bedingt durch die stärkere Fokussierung der Berichterstattung auf die Gemeinde Bozen. Eine Rahmung mit modernen Ethnien wurde öfters in Beiträgen geboten, die neben der Debatte um illegale EinwanderInnen und Integration die Themen Sicherheit, Wohnungsmarkt und Soziales – ähnlich wie bei den Landtagswahlen 2008 (vgl. Tschigg et al. 2009, 158) – zum Inhalt hatten, wobei der mediale Diskurs zu Ein-/Zuwanderung, Asyl und Migration generell und nicht nur in Südtirol neben migrationsspezifischen Themen grundsätzlich von sicherheitspolitischen Aspekten geprägt ist (vgl. Stopfner/Vorhofer 2010, 187–194).

10. Resümee

So wie in Südtirol kein gemeinsamer politischer Markt existiert und mehrere ethnisch abgegrenzte politische Wahlarenen bestehen, gibt es auch einen geteilten Medienmarkt. Das Mediensystem Südtirols ist durch das kaum vermittelte Nebeneinander ethnisch definierter Medien charakterisiert und bietet dementsprechend jeder Sprachgruppe ihre eigenen Medien an. Dies hat auch Auswirkungen auf Inhalt und Art der politischen Berichterstattung.

Hinweise auf eine ethnisch gespaltene, nach Sprachgruppen getrennte Berichterstattung und Bevorzugung von politischen Akteuren der jeweiligen Sprachgruppe finden sich auch in der Analyse der Berichterstattung zu den BürgermeisterkandidatInnen der Gemeinderatswahl 2010 wieder, fallen jedoch weniger deutlich aus als in der Vergangenheit. Der Grund liegt hauptsächlich in der politischen Situation in der Landeshauptstadt Bozen (die SVP unterstützt einen italienischsprachigen Kandidaten bereits im ersten Wahlgang), aber auch im zunehmend stärker werdenden interethnischen Wettbewerb.

Die italienischsprachigen Medien bieten dem medialen Wahlkampf nicht nur deutlich mehr Raum als die deutschsprachigen Medien, die Berichterstattung ist auch deutlich intensiver. Die Medien in italienischer Sprache fokussieren dabei stärker auf die Landeshauptstadt Bozen (italienischsprachige Bevölkerungsmehrheit) als die Medien der anderen Landessprachen. In den Medien in deutscher Sprache ist der Anteil der Berichterstattung über Gemeinden mit deutscher Bevölkerungsmehrheit dafür höher ausgeprägt als in den italienischsprachigen Pendants. Die ladinischsprachigen Medien berichten fast ausschließlich über die mehrheitlich ladinischsprachige Gemeinde St. Ulrich und über BürgermeisterkandidatInnen der eigenen Sprachgruppe. Dieser Ethnozentrismus hinsichtlich der Präsenz der poli­tischen Akteure zeigt sich auch in den italienischen Medien, in den deutschen Me­dien (im Gegensatz zu anderen Untersuchungen) allerdings nur in gebremstem Maße – denn auch hier sind die KandidatInnen der italienischen Sprachgruppe öfter präsent als jene der deutschen Sprachgruppe.

Generell ist die politische Berichterstattung in den Südtiroler Medien wie schon in der Vergangenheit von einer außergewöhnlich hohen Neutralität geprägt und es besteht keine positive beziehungsweise negative Diskriminierung von Akteuren entlang der ethnischen Zugehörigkeit.

Die mediale Politikvermittlung in der Wahlkampfberichterstattung der Südtiroler Medien bleibt etwas stärker sachpolitisch orientiert, es ist aber ein Anstieg von metapolitischen Themen und damit eine leichte Annäherung an den internationalen Trend zu erkennen. Das dominante Thema der Berichterstattung bleibt der Wahlkampf an sich, außerdem zeigen sich klare thematische Parallelen zu den Gemeinderatswahlen 2005 etwa bei den Themen Verkehr, Urbanistik und Handel/Ge­werbe/Handwerk. Ein markanter Unterschied im medialen Themenranking der italienisch- bzw. deutschsprachigen Medien bleibt aus – vielfach werden dieselben Themen aufgegriffen, wenn auch in etwas unterschiedlicher Gewichtung. Ein gemeinsamer Aufmerksamkeitsfokus ist ersichtlich. Die ladinischsprachigen Medien hingegen lassen wenig Übereinstimmung mit dem Themenspektrum der anderen Medien erkennen. Der Faktor der unterschiedlichen medialen Themenbesetzung in den Medien entlang der Sprachgruppenzugehörigkeit der politischen Akteure bleibt – entsprechend der ethnischen Asymmetrie in der Präsenz – bestehen.

Das Spannungsverhältnis zwischen den in Südtirol lebenden Sprachgruppen selbst nimmt in der Berichterstattung zu den Gemeinderatswahlen 2010 eine wichtige Rolle ein, sowohl in den italienisch- als auch deutschsprachigen Medien, nicht aber in den Medien der ladinischen Sprache. Ebenso gewinnen die neuen ethnischen Minderheiten und damit das Thema Ausländer/Migration an medialer Aufmerksamkeit. Auf die traditionelle ethnische Konfliktlinie als eine übergeordnete Rahmung der Nachrichtenaufbereitung wird vor allem in italienischsprachigen Medien Bezug genommen, weniger in den deutsch- oder ladinischsprachigen Medien. Der traditionelle Bruch in der Südtiroler Gesellschaft wird aber weder insgesamt noch in den einzelnen Medienclustern von der modernen ethnischen Konfliktlinie überlagert, die sich in den italienischsprachigen Medien stärker ausgeprägt darstellt als in den Medien in deutscher und ladinischer Sprache.

Ein weiterer ethnischer Unterschied in der Art der Berichterstattung zeigt sich im Konfliktgehalt der Nachrichten. Die deutschsprachigen Medien berichten insgesamt eher konfliktfrei, die Berichterstattung in den italienischsprachigen Medien dagegen fokussiert vermehrt auf Auseinandersetzungen und Dispute. In den ladinischen Medien dominiert eine konsensorientierte Darstellung. Gemeinsam ist den Südtiroler Medien im Gemeinderatswahlkampf 2010, dass weniger die vergangenen Leistungen und Taten der politischen Akteure im Vordergrund stehen, sondern der Blick prospektiv auf Programme und Aufgaben für die künftige Legislaturpe­riode gerichtet ist.

Anmerkungen

1 An dieser Stelle gilt unser Dank dem Codier-Team, bestehend aus David Ferdigg, Marianna Kastlunger, Josef Kofler, Christoph Tauber sowie Heinz Tschigg für die Koordination während der Datenerhebung.

2 Es handelt sich um die Ergebnisse, die vom Autor Florian Castlunger (2919) im Rahmen seiner Diplomarbeit erarbeitet wurden. Teile dieser Diplomarbeit dienen als Grundlage für den hier vorliegenden Beitrag. Eckdaten dieser Analyse: Mediensample und Gemeindeauswahl wie in der Studie 2010; Unter­suchungszeitraum 4. April bis 8. Mai 2005; Akteursample: neun BürgermeisterkandidatInnen der deutschen Sprachgruppe (je drei in Bozen, Meran, Brixen), elf KandidatInnen der italienischen Sprachgruppe (je vier in Bozen und Meran, drei in Brixen), fünf KandidatInnen der ladinischen Sprachgruppe (alle in St. Ulrich); Grundgesamtheit 4.152 Nennungen in 1.037 Beiträgen.

3 Umfrage der Neuen Südtiroler Tageszeitung, 04.05.2010.

4 Vgl. Mehr Mit- statt Nebeneinander, Dolomiten, 06.05.2010, 28; Tiziana Campagnoli, Pedron: Via le barriere linguistiche, Alto Adige, 28.04.2010, 24.

5 Vgl. Francesca Gonzato, La SVP: ancoriamo Spagnolli al centro, Alto Adige, 22.04.2010, 15; Alexandra Aschbacher, Ich habe kein Chaos verursacht, ff, 13.05.2010, 18; Ursula Pirchstaller, Nur ich kann am 16. Mai gewinnen, Dolomiten, 23.04.2010, 23.

6 Vgl. Sui manifesti di Benedetti e Armanini la scritta ‘tedeschi’, Alto Adige, 30.04.2010, 28; Lukas Benedikter: 14 Kandidatenlisten eingereicht, Dolomiten, 14.04.2010, 28

7 Vgl. Immigrazione: le ricette dei 9 candidati sindaco, Alto Adige, 01.05.2010, 16; Mehr Mit- statt Nebeneinander, Dolomiten, 06.05.2010, 28.

8 Vgl. die Titelgeschichte „Die neuen Südtiroler. Zahlen, Fakten, Vorurteile: So verändert sich unsere Gesellschaft, in: ff – Das Südtiroler Wochenmagazin, Nr. 47, 25.11.2010.

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Abstracts

La logica della notizia delle elezioni comunali 2010. La cronaca etnica dei media sudtirolesi

Il panorama mediatico fa riferimento alla frattura etnica in Sudtirolo il che si ripercuote sui contenuti e sulla forma della cronaca politica. L’analisi della cronaca politica riguardo le elezioni comunali del 2010 conferma nuovamente – anche se in maniera meno evidente – la tendenza a privilegiare considerevolmente i politici del proprio gruppo linguistico. Rispetto ai media in lingua tedesca e ladina, i media in lingua italiana dedicano più spazio alla cronaca elettorale, concentrandosi prevalentemente sul capoluogo Bolzano a maggioranza italiana. Al contrario nei media di lingua tedesca la cronaca politica che riguarda i comuni a maggioranza tedesca è maggiore rispetto ai media italiani. I media di lingua ladina si occupano quasi esclusivamente dei candidati sindaci appartenenti al proprio gruppo linguistico, in primo luogo del comune di Ortisei a maggioranza ladina. Questo etnocentrismo con riferimento alla presenza mediatica dei politici si manifesta in modo palese nei media di lingua italiana, in quelli tedeschi invece è – contrariamente ad altre analisi del passato – meno evidente.

La logica dla cronica litala pro les lîtes comunales dl 2010. La cronica etnica di media de Südtirol

I media südtirolesc respidlëia la despartiziun etnica dla provinzia, sides por ći che reverda i contignüs che inće la forma dla cronica politica. L’analisa dla cronica politica dles lîtes comunales dl 2010 desmostra indô n iade che i media ti dà plü lerch ai politics de so grup linguistich, inće sce chësc iade él gnü fat te na manira manco evidënta. Sc’an confrontëia i media talians cun i atri spo vëigon che ai ti dà plü lerch ala cronaca litala y se conzentrëia dantadöt sön la cité de Balsan, olache la maioranza é taliana. I media todësc ti dà indere plü lerch ala cronica politica di comuns che à na maioranza todëscia. I media de lingaz ladin se dà jö feter daldöt ma cun i candidać da ombolt de so grup linguistich. Chësc etnozentrism por ći che reverda la presënza di esponënć politics ti media reverda dantadöt i media talians. Al é manco sterch ti media todësc, dantadöt sc’an confrontëia cun la cronica litala di agn passà.

Approaches to news reporting on the
local elections in 2010. Ethnically biased reporting in the South Tyrolean media

An analysis of media coverage of the mayoral candidates for the local elections in 2010 has shown that news reporting is ethnically fragmented and that each language group focuses on different political actors. However, these differences are less apparent than they used to be. In the Italian-language media, coverage of electoral campaigns is more intense than it is in the German media. Furthermore, reporting tends to focus more on the capital of Bolzano, which has an Italian-speaking majority, than it does in the German or Ladin media. In return, the share of news about municipalities where the German-speaking population dominates is higher in the German-language media than in the Italian. The Ladin media nearly exclusively cover news about the predominantly Ladin-speaking municipality St. Ulrich and about candidates of their own language group. This ethnocentrism in terms of media presence of the different political actors can also be seen in Italian media; in German media it is not so evident (contrary to earlier analyses). The tension between the different language groups in South Tyrol is often explicitly referred to in the reporting on the local elections of 2010 in Italian and German media, but not in Ladin-speaking news.