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Günther Pallaver

Die Befriedung des Südtirol-Terrorismus

Verhandlungen, Konkordanzdemokratie und Machtteilung

1. Einleitung

Südtirol gilt heute als Musterbeispiel, wie ein ethnischer Minderheitenkonflikt friedlich und im Konsens gelöst werden kann (Di Michele/Palermo/Pallaver 2007). Allerdings sind diesem Vorzeigemodell von heute Jahre der politischen Auseinandersetzungen vorausgegangen, die in den 60er-Jahren zur Anwendung von Gewalt durch die deutschsprachigen Südtiroler geführt hat, mit Terror-Nachwirkungen bis in die 80er-Jahre (Peterlini 1992, 2007)

Der Südtirol-Terrorismus war ein Akt des gewaltsamen Protestes gegen die Nicht-Durchführung der Autonomie und des Minderheitenschutzes, gegen die Angst des Identitätsverlustes, welche der deutsch- (und indirekt) der ladinischsprachigen Minderheit in der Provinz Bozen mit dem international zwischen Österreich und Italien abgeschlossenen Pariser-Vertrag von 1946 eingeräumt worden waren (Baumgartner/Mayr/Mumelter 1992). Es handelte sich um einen gewaltsamen Konflikt zwischen einer substaatlichen territorialen Einheit gegen den Zentralstaat, um einen Konflikt der Peripherie gegen das Zentrum. Mit der terroristischen Gewaltanwendung sollte die Sezession Südtirols von Italien und die Wiedervereinigung mit Österreich erreicht werden. Mit den Terrorakten sollte die Selbstbestimmung herbeigebombt werden (Fasser 2009).

Es war aber nicht nur ein innerstaatlicher Konflikt zwischen Peripherie und Zentrum, sondern ein grenzüberschreitender und somit ein internationaler Konflikt, weil sich an den Terroranschlägen nicht nur Südtiroler, sondern auch Österreicher, vor allem Nordtiroler, beteiligten, in der zweiten und dritten Phase auch Bundesdeutsche. Auf der Anklagebank Italiens saßen deshalb nicht nur Südtirol, sondern (unausgesprochen) auch Nordtirol und die Wiener Bundesregierung. Es war aber auch deshalb ein von Terrorakten begleiteter Konflikt, weil im Rahmen des Kalten Krieges Geheimdienste des Westens und des Ostens versuchten, die jeweiligen Konfliktgegner im jeweiligen Eigeninteresse gegeneinander auszuspielen (Pallaver 2008a).

Von der Typologie her betrachtet, kann man beim Südtirol-Terrorismus folgende Unterscheidungen vornehmen: Es handelte sich um einen ethnischen Konflikt, der nicht von zusätzlichen ideologischen oder konfessionellen Konflikten überlagert war. Es war auf politischer Ebene auch kein antagonistischer Konflikt, bei dem sich die beiden Gegner völlig unversöhnlich gegenüberstanden. Solche Konflikte sind nicht durch Kompromisse lösbar, sondern nur mit der Niederlage eines Konfliktgegners. Schließlich handelte es sich um einen asymmetrischen Konflikt, der sich zwischen zwei ungleichen Gegnern abspielte.

Bei der Analyse des Südtirol-Terrorismus und seiner Befriedung gehe ich von fünf zentralen Grundthesen aus:

1. Die Südtiroler Volkspartei (SVP) als die alles dominierende politische Vertretung der deutschsprachigen Minderheit, aber auch die Kirche und die deutschsprachigen Medien lehnten jede Art von Gewalt ab, um eine Lösung herbeizuführen.

2. Die Lösung wurde auf dem Wege der Verhandlungsdemokratie gefunden, bei der alle Akteure Rom, Bozen, Innsbruck und Wien (im Hintergrund auch die UNO) einen Kompromiss erarbeiteten, der auf der Logik der Konkordanzdemokratie aufbaute und somit auf der politischen Inklusion aller Sprachgruppen im Sinne des power sharing.

3. Der Staat Italien hat seinerseits über relativ milde Gerichtsurteile versucht, die tiefen Gräben zuzuschütten und hat im Laufe der Jahre die ehemaligen Attentäter weitgehend amnestiert.

4. In Südtirol wurden die ehemaligen Attentäter gesellschaftlich integriert und deren Leistung für das Land seit Mitte der 70er-Jahre von der offiziellen Politik anerkannt.

5. Der Südtirol-Terrorismus wird heute kontrovers diskutiert, wobei die Bruchlinien des Diskurses innerhalb der deutschsprachigen SüdtirolerInnen heftiger sind als zwischen den Sprachgruppen.

Der Faktor Zeit spielt bei solchen Befriedungsprozessen eine wichtige Rolle. In Südtirol hat es 30 Jahre gedauert, bis der Streit zwischen Italien und Österreich vor der UNO als beendet erklärt wurde. Der historische und politische Streit rund um den Terrorismus ist allerdings noch offen.

Einleitend sollen einige theoretische Fragen über Versöhnungsstrategien nach einer terroristischen Phase behandelt werden und dabei auf internationale Fallbeispiele verwiesen werden.

2. Aussöhnung1

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird dieses von einigen bereits als Jahrhundert des Terrorismus bezeichnet. Zwischen 1996 und 2005 sind die politischen Attentate sprunghaft angestiegen, von 237 auf 4.925, und damit auch die Anzahl der Toten von 570 auf 8.161 (Tosini 2007, IX, XI). Auf internationaler Ebene ist der Krieg gegen den Terrorismus, mit der Zerstörung der Twin-Towers im Jahre 2001 ausgerufen, nach wie vor im Gange, ohne dass es bislang eindeutige Sieger oder Besiegte gibt. Auf nationaler Ebene gibt es nach wie vor zahlreiche Konfliktzonen. In Kolumbien setzt die FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) ihren Kampf gegen den Staat fort, in Spanien agiert die ETA (Euskadi Ta Askatasuna) nach wie vor mit Gewalt für einen unabhängigen Baskenstaat, um nur zwei Beispiele zu nennen.2 Dabei ist auch die Typologie des Terrorismus zu unterscheiden, der national-separatistisch, ideologisch oder konfessionell motiviert sein kann, sich sehr oft aber auch überlappt, etwa separatistisch-konfessionell.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Anzeichen dafür, dass ein Friedensprozess mit Terroristen möglich ist, wie das Beispiel IRA (Irish Republican Army) in Nordirland zeigt. Besonders das Fallbeispiel Südafrika zeigt, dass vormalige terroristische Organisationen wie der African National Congress (ANC) zu einem anerkannten politischen Akteur mutieren kann.

Gerade die beiden letzten Beispiele führen zur Frage, wie eine Aussöhnung zwischen ehemaligen Gegnern, die die Auseinandersetzung mit terroristischen Mitteln geführt haben, möglich ist. Dabei blicken wir auf die substaatliche Ebene, wo sich ein Staat und ein substaatlicher Akteur gegenüberstehen.

Unter Aussöhnung kann man die Verbesserung oder Wiederherstellung einer unterbrochenen Beziehung zwischen antagonistischen Parteien verstehen. Die Konsequenz davon wäre, dass man den früheren Gegner nicht lieben muss ihm vergibt oder die Vergangenheit vergisst, sondern mit ihm koexistiert (Bloomfield 2005, 12). Man kann darunter auch die Wiederherstellung einer Gemeinschaft zwischen den früheren Unterdrückern und Unterdrückten verstehen. Ziel der Aussöhnung ist in jedem Falle die Schaffung einer funktionierenden Gesellschaft, die ­sowohl Opfer als auch Täter umfasst und die es beiden erlaubt auf einem gemeinsamen Gebiet in gegenseitiger Anerkennung zu leben.

Eine Reihe von AutorInnen geht von der These aus, dass die Voraussetzung dafür eine weitreichende soziale Transformation ist, verstanden als emotionale und psychologische Wende der Konfliktparteien hin zu einem gegenseitigen Verständnis, zu Anerkennung und Legitimation. Beide Konfliktparteien haben dazu ihre Einstellungen und Haltungen zum Konflikt selbst zu ändern und dabei vor allem die Negierung des anderen zu beseitigen. Gewaltakte hinterlassen individuelle und kollektive Verletzungen und Traumata, die es gilt durch die Beseitigung von Angst, Isolation, Schweigen und durch das Sprechen über das Leiden und die Wiederherstellung von sozialer Partizipation zu überwinden (Renner/Spancer 2010).

Ein zentrales Problem bei Prozessen der Aussöhnung ist das Spannungsverhältnis zwischen dem moralischen Anspruch auf Gerechtigkeit und dem politischen Anspruch auf Frieden. Von einem rechtsstaatlichen Standpunkt aus betrachtet, geht es um die Bestrafung von Akteuren, die im Regelfall Menschenrechte verletzt haben. Auf der anderen Seite geht es um eine moralische Dimension, wie sie es in Südafrika Mitte der 90er-Jahre im Prozess des truth-telling gegeben hat. Dieses Sprechen über und zur Wahrheit wurde dort als moralisch höherstehender Weg angesehen als das Streben nach Anwendung rechtsstaatlicher Prinzipien, Gerechtigkeit und Revanche (vgl. Wilson 2011). Amnestie und das Sprechen über die Wahrheit werden nach den Erfahrungen in Südafrika nicht nur als möglich erachtet, sondern als notwendig und als alternative Form der Gerechtigkeit, als restaurative Gerechtigkeit, angesehen. Nicht Bestrafung, sondern Aussöhnung gilt als Königsweg zum Frieden (Renner/Spencer 2010, 9).

Die Aussöhnung mit den Terroristen selbst beruht im Wesentlichen immer auf zwei Ebenen: auf der Ebene von Maßnahmen, um den Konflikt und die Gewalt zu beenden und um zu einer zumindest minimalen Übereinkunft zwischen den Konfliktparteien zu kommen. Darunter fallen etwa Maßnahmen wie Verhandlungen, Amnestieangebote, erste strukturelle Anpassungen wie die Entwaffnung und politische Integration. Nach dieser ersten Phase beginnt die zweite Phase der Aussöhnung auf einer möglichst weitreichenden psychologischen Ebene und auf einer möglichst breiten sozialen Basis, die zu einer grundsätzlichen Änderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen führt (Renner/Spencer 2010, 10).

International gesehen gibt es für alle Schritte Beispiele. Kontaktgespräche und Verhandlungen zwischen der Regierung und terroristischen Organisationen gab es in Nordirland (IRA) genauso wie in Spanien (ETA).3 Amnestieangebote gab es in der Türkei (PKK/Partîya Karkerén Kurdîstan), in Nordirland (IRA) oder Frankreich (FLNC/Fronte di Liberazione Naziunale Corsu). Politische Konzessionen zur Konfliktlösung gab es in Nordirland genauso wie in Korsika oder in Südafrika, wobei Südafrika auch für die Entwaffnung und politische Integration der ANC steht.

Maßnahmen zur Aussöhnung können auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen erfolgen. Auf individueller Ebene geht es darum, ehemalige Terroristen wieder in die Gesellschaft zu integrieren, um diese aus ihrer sozialen Isolierung und dem persönlichen Trauma herauszulösen. Dazu gehört auch die track-two-diplomacy-Strategie, bei der Akteure der beiden ehemaligen antagonistischen Lager zusammengeführt werden, um sich gegenseitig den jeweiligen Standpunkt zu erläutern. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen solcher Gruppen können wiederum ihre Gruppe beeinflussen und dadurch einen Beitrag zur psychologischen Befriedung des Konflikts leisten. Dabei arbeiten solche Wahrheits-Kommissionen auf einer­ individuellen wie auf einer gesellschaftlichen Ebene. Als Paradebeispiel kann hier nochmals die South African Truth and Reconciliation Commission (TRC) genannt werden. Solche Versuche gab es zudem in Nordirland, aber auch zwischen Israelis und Palästinensern, auch wenn es über die Erfolge solcher community relations unterschiedliche Meinungen gibt.

Neben diesen individuellen Maßnahmen gibt es Maßnahmen zur Aussöhnung auf einer gesellschaftlichen und politischen Ebene. Dazu wird die Aufarbeitung der Geschichte gezählt, das Sprechen über die Ereignisse, nicht die Verdrängung aus dem öffentlichen Diskurs. Dabei sollen alle Standpunkte mit einfließen, um die Möglichkeit einer eventuellen kollektiven Erinnerung zu schaffen (Renner/Spencer 2010, 16–20).

3. Der Fall Südtirol

Wie es im Einzelnen zur Befriedung des Südtirol-Terrorismus gekommen ist, soll ausgehend von den soeben angeführten theoretischen Zugängen anhand von den eingangs genannten fünf Thesen diskutiert werden.

These 1:

Die Südtiroler Volkspartei (SVP) als die alles dominierende politische Vertretung der deutschsprachigen Minderheit, aber auch die Kirche und die deutschsprachigen Medien lehnten jede Art von Gewalt ab, um eine Lösung herbeizuführen.

Im Gegensatz zu Nordirland oder dem Baskenland gab es in Südtirol nur für eine kurze Zeit eine Untergrundorganisation. Der Südtiroler Befreiungsausschuss (BAS) wirkte nur von 1957 bis 1961. Mit dem Jahr 1961 kann bereits sein Ende datiert werden, nachdem fast alle seine Mitglieder nach der größten Attentatswelle im Juni 1961 vom italienischen Polizeiapparat verhaftet wurden. Nur relativ wenige konnten sich durch die rechtzeitige Flucht nach Österreich der Verhaftung entziehen. Der BAS hatte sich zu Beginn seiner Tätigkeit von einer defensiven Motivation leiten lassen, vom Einsatz gegen die Unterdrückungsmaßnahmen durch den italienischen Staat, gegen die Ent-Heimatung der Südtiroler. Die Aktionen des BAS können als Kampf gegen den inneren Kolonialismus angesehen werden.

In der Anfangsphase stießen die Aktionen (Protestaktionen, Flugblätter, erst später Attentate) auf eine breite Sympathie innerhalb der Südtiroler Bevölkerung. Die Sympathie wurde auch vom Umstand gespeist, dass der BAS bei der Anwendung von Gewalt mit eigenem, etwas naivem Anspruch lediglich Attentate gegen Sachen verüben wollte, was aber nicht verhinderte, dass es trotzdem Tote zu beklagen gab. Die Hoffnung der Attentäter, vor allem jener aus Nordtirol, die Anschläge würden als Signal für einen Volksaufstand verstanden werden, verwirklichte sich aber nicht (Peterlini 2005, 128, 147).

Der Grund für diese attendistische Haltung der SüdtirolerInnen muss in ihrer Führung gesucht werden. Die Südtiroler Volkspartei, als ethnische Sammelpartei der deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler 1945 gegründet, besaß bis 1964 das alleinige Vertretungsmonopol der Minderheit. Keine andere deutschsprachige Partei war bis zu jenem Zeitpunkt im Landtag vertreten. Seit den ersten Landtagswahlen im Jahre 1948 hat die SVP immer die absolute Mehrheit der Mandate erobert und immer den Landeshauptmann und die absolute Mehrheit der Regierungsmitglieder gestellt. Sie kann somit als demokratisch-hegemonische Partei im Südtiroler Parteiensystem bezeichnet werden (Pallaver 2010).

Auch wenn es einige Exponenten der SVP gab, die regen Kontakt zum BAS hatten (Peterlini 2005, 160), so gab es zwischen der Untergrundbewegung und der SVP keine akzeptierte, direkte Verbindung. Die SVP hat die Anwendung von Gewalt immer strikt abgelehnt. Das hatte mehrere Gründe. Der charismatische Leader der SVP Silvius Magnago (1914 – 2010), der die Partei von 1957 – 1991 anführte und von 1960 – 1989 Landeshauptmann von Südtirol war, war ein Realist. Die Wiedererrichtung Österreichs in den festgelegten Grenzen von 1938, der wichtige Nato-Partner Italien und der Ost-West-Konflikt hatten ihn zur Erkenntnis gebracht, dass eine Änderung der Staatsgrenzen nicht realistisch war und dass die einzige Chance für das Überleben der Minderheit darin bestand, eine substanziell ausgedehnte, finanziell abgedeckte, international abgesicherte Autonomie zu verwirklichen. Die Anwendung von Gewalt zur Forderung von Selbstbestimmung sah er als kontraproduktiv an. Vor allem hegte Magnago die berechtigte Befürchtung, der italienische Staat könnte die Attentate zum Vorwand nehmen, die SVP aufzulösen. Dies hätte bedeutet, dass die Minderheit ohne politische Vertretung dagestanden wäre und die Minderheit keine Verhandlungen mehr hätte führen können. Deshalb verurteilte Magnago noch am selben Abend der größten Attentatswelle (Juni 1961) die Anschläge mit ungeahnter Schärfe (Peterlini 2005, 131 – 132).

Zudem war der politische Verhandlungsprozess mit den beiden UNO-Resolutionen von 1960 und 1961 bereits eingeleitet worden. Italien hatte außerdem schon vor der Attentatswelle im Juni 1961 die Einrichtung einer Verhandlungskommission angedacht, mit der die Probleme der Autonomie und des Minderheitenschutzes in Südtirol neu diskutiert werden sollten. Das Ergebnis dieser 19er-Kommission, bestehend aus Vertretern des Staates und aller drei Sprachgruppen des Landes, war ein Maßnahmenpaket, das 1969 unter dem Namen Paket im Einvernehmen mit der SVP verabschiedet und Grundlage für das Zweite Autonomiestatut von 1972 wurde, das die Autonomie, den Minderheitenschutz und den wirtschaftlichen Aufschwung Südtirols einleitete.

Der Erfolg dieser Strategie geht unter anderem auch darauf zurück, dass eine verhältnismäßig sozial homogene, vor allem bäuerliche Bevölkerung loyal hinter ihrer Führung und den politischen Eliten insgesamt stand.

Diese Eliten, die alle in der SVP organisiert waren, hatten klare politische Ziele formuliert (Territorialautonomie), traten mit diesen Zielen in Verhandlungen mit Italien ein, zeigten sich flexibel und waren erfolgreich, wenn es galt, die erreichten Kompromisse bei der Bevölkerung auch zur Akzeptanz zu bringen. In strukturell heterogenen Gesellschaften wird eine solche Kompromissbereitschaft der politischen Eliten sehr erschwert. Denn radikale und um Einfluss konkurrierende Eliten, die mit den ausgehandelten Kompromissen unzufrieden sind, nutzen solch soziale und politische Heterogenitäten aus, um die ausgehandelten Kompromisse zum Kippen zu bringen, die verhandlungsführende/n Partei/en zu spalten und eventuelle Konkurrenzunternehmungen ins Leben zu rufen.

Der SVP ist es letztlich gelungen, auch dank ihrer starken Leadership, für ihre Politik eine maximale Loyalität in der Bevölkerung zu erzielen. Die starke Verankerung der Partei auf dem Territorium verhinderte, dass Vertreter extremer Positionen gesellschaftliche Schichten mobilisierten oder bei Verhandlungen extreme Positionen vertreten konnten. Auch darf nicht vergessen werden, dass die Eliten in Südtirol, vor allem aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus, an einem Kompromiss mit Italien interessiert waren (Pallaver 2002, 98 – 99).

Die Position der SVP wurde durch zwei weitere wichtige gesellschaftliche Akteure unterstützt. Die katholische Kirche war in der Südtiroler Gesellschaft stark verankert und besaß eine geistige Führungsfunktion. Die Kirche lehnte Gewalt als Konfliktlösungsinstrument aber strikt ab. Das Südtiroler Kirchenoberhaupt, Bischof Josef Gargitter, nahm gegenüber den römischen Regierungsstellen kein Blatt vor den Mund und forderte den Schutz der sprachlichen, kulturellen, politischen und sozialen Identität der SüdtirolerInnen, ließ aber politische Hardliner sowie die Terroristen von allem Anfang an wissen, dass die Kirche jede Gewaltanwendung ablehne und vom Rechtsweg nicht abzugehen bereit sei (Steurer 2009, 169).

Schließlich spielte auch die einzige deutschsprachige Tageszeitung „Dolomiten“ eine zentrale Rolle. Das Blatt, hinter dem als Mehrheitseigentümerin die Kirche stand, aber auch einflussreiche Wirtschaftskreise, verurteilte von Anfang an den Terrorismus. Die mediale Aufarbeitung ging nicht in Richtung Aufheizung des politischen Klimas, sondern in Richtung Abkühlung (Peterlini 2005, 165).

Österreich, vor allem Tirol, stand anfänglich den Attentaten in Südtirol emotional positiv gegenüber, doch hat Wien offiziell die Attentate nie unterstützt und immer verurteilt (Kreisky 1988, 158).

These 2

Die Lösung des Südtirolproblems wurde auf dem Wege von Verhandlungen angestrebt, in die alle betroffenen Akteure eingebunden wurden. Das Ergebnis war eine Konkordanzdemokratie, die auf dem Prinzip der politischen Inklusion aller Sprachgruppen beruht. Eine weitreichende Autonomie und deren großzügige finanzielle Absicherung führte dazu, dass die dominierte zur dominanten Minderheit aufstieg.

Sowohl die Regierung Österreichs als auch die politische Führung der Südtiroler Volksgruppe setzten auf Verhandlungen. Schon 1957 hatte der Obmann der SVP, Silvius Magnago, nicht das Los von Rom, sondern das Los von Trient ausgerufen, also nicht Selbstbestimmung, sondern Autonomie.

Österreich hatte das Südtirolproblem 1960 und 1961 vor die UNO gebracht, wo die Anliegen der Minderheit vor allem von den Staaten der Dritten Welt unterstützt wurden. Mit dem Argument, es handle sich um ein rein inneritalienisches Problem, hatte Italien mit allen Mitteln zu verhindern versucht, dass das Südtirolproblem auf die Tagesordnung der Generalversammlung gesetzt würde. Der Umstand, dass dies aber erfolgte, war für Italien eine politische Niederlage (Egen 1997).

Die UNO war für die Pazifizierung des Südtirolkonflikts aus mehreren Gründen von großer Bedeutung. In erster Linie für die Minderheit selbst, weil die höchste internationale Instanz von ihr Kenntnis genommen hatte, weil die Minderheit das Gefühl hatte, für die Zeit einer Debatte in der Generalversammlung im Mittelpunkt des Weltinteresses zu stehen und somit nicht allein zu sein. Dies war für die Südtiroler Minderheit ein äußerst wichtiger psychologischer Faktor.

Die UNO hatte Italien und Österreich aufgefordert, sich an einen gemeinsamen Verhandlungstisch zu setzen, um das Problem zu lösen. Damit hatte die UNO im Gegensatz zur These Italiens Österreich als legitime Schutzmacht der SüdtirolerInnen sowie die Eingeschränktheit der territorialen Souveränität Italiens über Südtirol anerkannt. Südtirol hatte dadurch jederzeit die Möglichkeit, sich an die Schutzmacht Österreich zu wenden. Der Beschluss der UNO legitimierte so die Position Österreichs als Verhandlungspartner Italiens in der Südtirolfrage.

Obgleich Italien in New York eine politische Niederlage erlitten hatte, weil die Südtirolfrage nicht als rein nationales, sondern als internationales Problem anerkannt worden war, hatte es die schlimmste Befürchtung überstanden. Italien hatte nämlich befürchtet, Österreich werde die Selbstbestimmung für Südtirol im Sinne der Sezession von Italien verlangen. Obgleich die SüdtirolerInnen und Teile der politischen Klasse Österreichs auf dieses Ziel hinsteuerten, war Außenminister Kreisky Realist genug, um davon Abstand zu nehmen. Für ihn war die Verwirklichung einer substanziellen Autonomie für Südtirol, wie sie im Pariser Vertrag von 1946 verankert war, politisch durchsetzbar, die Selbstbestimmung nicht.

Ganz entscheidend war aber, dass die UNO die beiden Länder Österreich und Italien zu bilateralen Gesprächen führte. Beide Seiten mussten erhebliche Anstrengungen aufbringen, um die Komplexität des Problems zu erfassen, vor allem auch, um mit dem politischen Blick des jeweils anderen Kompromisslösungen vorzuschlagen und zu akzeptieren (Gehler 2003, Steininger 2006).

Die UNO blieb bis 1992 formell der Wächter über den Fortgang der Konfliktlösung, als der Streit zwischen Italien und Österreich in New York offiziell als beendet erklärt wurde. Die UNO hatte vor allem in den beiden Debatten 1960 und 1961 eine wichtige Rolle gespielt, weil das diplomatische Eis zwischen Italien und Österreich gebrochen werden konnte. Politisch und vor allem psychologisch hatte die UNO bei der Lösung des Südtirolkonflikts eine friedensstiftende Funktion ausgeübt (Steininger 1995).

Selbst in Zeiten der kommunikativen Funkstille zwischen Italien und Österreich, wie in der Phase der Terroranschläge, gab es jenseits der UNO eine Plattform, wo sich Vertreter beider Akteure regelmäßig trafen. Das 1949 abgeschlos­sene Accordino zum bevorzugten Warenaustausch zwischen der Region Trentino-Südtirol und den beiden Bundesländern Tirol und Vorarlberg bildete so eine institutionalisierte Plattform, wo ein permanenter Dialog stattfand. Solche permanente Dialog- und Verhandlungsforen sind wichtige Instrumente für den Aufbau von gegenseitigem Vertrauen.

Trotz anfänglicher Ablehnung, den Status quo der Südtiroler Autonomie zu diskutieren, setzte der italienische Staat im September 1961 die sogenannte 19er-Kommission ein, der die Aufgabe übertragen wurde, die Südtirolfrage unter allen Gesichtspunkten zu studieren und Lösungsvorschläge auszuarbeiten. Die Kommission setzte sich aus sieben Südtirolern, einem Ladiner und elf Italienern zusammen. Die Zusammensetzung war Ausdruck des neu eingeschlagenen Weges der Verhandlungsdemokratie und des Einschlusses aller direkt betroffener Akteure (Gatterer 1968, 1256).

Wenn es zu dieser neuen Logik der Verhandlungsdemokratie in Italien gekommen ist, dann in erster Linie deshalb, weil sich das Parteiensystem nach einer rund zehnjährigen Phase des Centrismo, bei der die Democrazia Cristiana öfters von außen­ vom neofaschistischen MSI unterstützt worden war, zum Centro-Sinistra entwickelt hatte. Die Mitte-links-Koalitionen ab 1963 legten eine viel größere Sensibilität gegenüber (ethnischen) Minderheiten an den Tag als dies die Mitte-rechts-Regierungen getan hatten. Außerdem hatte auch das Zweite Vatikanische Konzil (1962 – 1965) vor allem unter den Katholiken in Italien diese Sensibilität gegenüber Minderheiten gefördert. Wie auf gesamtstaatlicher Ebene kam es innerhalb der italienischen politischen Eliten auch auf Ebene der Region Trentino-Südtirol und der Provinz Bozen zu minderheitenfreundlichen Einstellungen (Steurer 2009, 172).

Die 19er-Kommission war zwar eine rein inneritalienische Einrichtung, die Einbindung Österreichs erfolgte aber auf zwei Ebenen. Die SVP informierte Wien und Innsbruck laufend über die Ergebnisse der Verhandlungen, alle politischen Schritte wurden mit Österreich abgesprochen. 1964 legte die Kommission ihre Ergebnisse vor, die schließlich nach weiteren Verhandlungen zwischen Wien und Rom 1969 im sogenannten Südtirol-Paket mündeten. Es handelte sich um 137 Maßnahmen zum besseren Schutz der Südtiroler Minderheit und zum Ausbau der territorialen Autonomie (Steininger 1997, 501).

Aufschlussreich ist, dass die Attentate zwischen der Südtiroler Feuernacht 1961 und der Annahme des Pakets durch die SVP im Jahre 1969 ganz eindeutig gegen eine Lösung im Sinne einer Autonomie gerichtet waren. Die Terroristen dieser zweiten Phase waren mehrheitlich Österreicher, vor allem Nordtiroler, aber auch bundesdeutsche Neonazis, die nach wie vor die Sezession Südtirols anstrebten und sich nicht scheuten, auch Menschenleben aufs Spiel zu setzen. Die Attentate erfolgten in der Regel immer im Vorfeld der Verhandlungen zwischen Italien und Österreich und sollten Italien dazu verleiten, die Verhandlungen mit Österreich abzubrechen (Peterlini 2005, 187).

Trotz dieser gewaltsamen Provokationen gelang es den Terroristen nicht, die politische Führung der SVP, von Innsbruck, Wien und Rom von ihrem Weg der Verhandlungsdemokratie abzubringen. Das Ergebnis war 1972 das sogenannte Zweite Autonomiestatut, das auf den Maßnahmen des Südtirol-Pakets beruhte.

Die neue Landesverfassung legte die Grundlagen für eine gut funktionierende Autonomie fest, dessen politisches System der Typologie nach der Konkordanzdemokratie entspricht (consociational democracy).

Das Modell der Konkordanzdemokratie reduziert den politischen Wettbewerb und das Mehrheitsprinzip und betont stärker die Kooperation (Lehmbruch 1967; Lijphart 1977, 1984).

Dieses Modell geht von der Zusammenarbeit verschiedener Parteien und politischer Lager aus, die durch das Vetorecht der Minderheiten und durch einen Elitenkonsens gekennzeichnet ist. Mehrheit und Minderheit teilen sich die politische Macht, wobei die Zuteilung politischer Macht nur eingeschränkt das Ergebnis von Wahlen ist. Die Verteilung der Macht wird in Südtirol durch die Wahlen und durch den ethnischen Proporz geregelt. Dadurch soll keine Sprachgruppe von der politischen Macht und von den wirtschaftlichen Ressourcen ausgeschlossen werden.

Dieses Grundprinzip des power sharing (Sisk 1996) weist auf vier Grundprinzipien hin, die in ethnisch fragmentierten Gesellschaften eine besondere Ausgestaltung finden.

1. Beteiligung aller relevanten Sprachgruppen an der (Regierungs-)Macht und an nachgeordneten verschiedenen Subsystemen. Es handelt sich dabei um das Prinzip der Inklusion aller Sprachgruppen.

2. Entscheidungsautonomie der jeweiligen Sprachgruppen in Fragen, die nicht von gemeinsamem Interesse sind. Im Wesentlichen betrifft dies den Gruppenschutz im Bereich der Kultur- und Schulautonomie.

3. Verhältnismäßige Vertretung der einzelnen Sprachgruppen in politischen Organen (über das Verhältniswahlsystem), bei Einstellungen im öffentlichen Dienst (ethnischer Proporz) und bei der Zuweisung von öffentlichen Geldern.

4. Vetorecht der jeweiligen Sprachgruppe, wenn es um die Verteidigung zentraler Interessen des Gruppenschutzes geht und die vereinbarten Formen der Konfliktregelung nicht greifen.

Grundvoraussetzung für das Funktionieren eines solchen Konkordanzmodells in ethnisch fragmentierten Gesellschaften ist ein Klima der Toleranz und des Dialogs, die sogenannte „institutionelle Gleichheit“ (Pallaver 2008).

Die Grundelemente dieses Konkordanzmodells lassen sich in Südtirol zwischen den Eliten der deutschen (sowie ladinischen) und italienischen Sprachgruppe feststellen, wie auch auf internationaler Ebene und im Verhältnis zwischen dem Staat Italien und Südtirol.

Diesem Elitenkonsens kam die gemeinsame ideologische Basis noch entgegen. Die beiden dominanten Parteien dieses Elitenkonsenses waren katholisch. Die SVP bezeichnete sich, obwohl als Sammelpartei aller SüdtirolerInnen zu innerem politischen Pluralismus verpflichtet, seit 1964 auch offiziell als eine Partei, die sich christlich-sozialen Grundsätzen verpflichtet fühlte. Auf der anderen Seite stand die Democrazia Cristiana, die sich als katholische Volkspartei verstand.

Trotz der vielen Schwierigkeiten bei der Verwirklichung der Autonomie, trotz einer Ablösung der eher liberalen Kräfte innerhalb der SVP durch eine bäuerlich-konservative Elite Ende der 50er-Jahre und der damit eingeschlagenen schärferen Tonart, trotz der Terroranschläge die ganzen 60er-Jahre hindurch, verließ die deutschsprachige politische Elite niemals den Weg der Legalität und hielt am Pakt mit den italienischen, im Wesentlichen katholischen Eliten fest.

Dasselbe gilt für die italienischen Eliten, die trotz vieler Vorbehalte gegen die Autonomie den Weg des Dialogs nie aufgaben. (Berloffa 2004) Trotz des auf beiden Seiten sehr bald wieder einsetzenden Nationalismus in den 80er-Jahren wurde dieser soziale Dialog nie mehr abgebrochen. Dieser Elitenkonsens schlug sich im Verfahren zur Autonomie und in der Substanz der konkreten Ausgestaltung der Autonomie nieder und bedeutete, dass in wesentlichen Fragen keine Entscheidung gegen das Veto einer Sprachgruppe erfolgen kann. Diese innenpolitische Dimension auf Landesebene wird durch die außenpolitische Dimension im weiteren Sinne ergänzt. Die Durchführung von Maßnahmen zur Südtirol-Autonomie erfolgt nach wie vor über eine Reihe von Kommissionen, in denen Exponenten des Staates, der Region bzw. der Provinz und der Minderheiten vertreten sind. Österreich als offizielle Schutzmacht der Südtiroler Minderheit wird kontinuierlich über alle Fragen die Minderheit und die Autonomie betreffend informiert.

Diese Verhandlungsdemokratie im Rahmen des erfolgreichen Konkordanzmodells, in dem keine relevante Gruppe ausgeschlossen ist, hat den Attentätern jegliche politische Legitimation und breitere Sympathien entzogen.

These 3

Der Staat Italien hat seinerseits über relativ milde Gerichtsurteile versucht, die tiefen Gräben zuzuschütten und im Laufe der Jahre die ehemaligen Terroristen weitgehend amnestiert.

Zwei Jahre nach der Feuernacht im Juni 1961 begann gegen 94 Personen ein Gerichtsverfahren. Angeklagt waren 87 Südtiroler, sechs Österreicher und ein Bundesdeutscher. 68 davon befanden sich in Haft. Den Angeklagten wurden Anschläge auf Leitungsmasten, Wohnhäuser im Rohbau und militärische Einrichtungen zur Last gelegt. Es gab eine Kollektivanklage wegen Mordes, da ein Straßenwärter beim Hantieren an einer Sprengladung getötet worden war, vor allem aber gab es eine Anklage wegen Hochverrats (Steininger 1997, 493).

Es gab zwar einige hohe Haftstrafen – bis zu 25 Jahre – aber im Durchschnitt fielen die Strafen relativ milde aus.

Die Urteile fielen auch deshalb weniger hart und weniger hoch aus, weil der Präsident des Schwurgerichts die von der Staatsanwaltschaft erhobene Anklage wegen Anschlag auf die Einheit des Staates und Anschlag auf die Verfassung, worauf lebenslänglich stand, fallen ließ, genauso wie die kollektive Anklage wegen Mordes. Dadurch änderten sich die Straftatbestände und die damit verbundenen Strafen.

Dies war aber nur deshalb möglich gewesen, weil die Angeklagten auf Anraten ihrer Verteidiger als Ziel ihrer Anschläge nicht die Selbstbestimmung und somit die Sezession Südtirols angaben, sondern die Verwirklichung der Autonomie. Die milden Urteile waren aber nicht nur wegen der Änderung der Straftatbestände erfolgt, sondern auch, weil die italienische Regierung interveniert hatte. Dies wurde von den Angeklagten, von der SVP und von Österreich als Zeichen des guten Willens interpretiert. Viele der verurteilten Südtiroler wurden später auch vorzeitig aus der Haft entlassen (Steininger 1997, 493 – 494).

Der Prozess in Mailand hatte aber auch eine über seine strafrechtlichen Aspekte hinausgehende Funktion der Aufklärung. Wegen der großen medialen, gesamtitalienischen Resonanz, die der erste Mailänder Sprengstoffprozess hatte, wurde den ItalienerInnen über die Medien Nachunterricht über Südtirol erteilt. Dadurch konnten Unwissenheit und Vorurteile gegenüber Südtirol abgebaut werden. Der Staat zeigte auch dadurch Entgegenkommen, dass er die Verurteilten im Laufe der Jahre von verschiedenen Gefängnissen in Oberitalien ins Gefängnis nach Trient verlegen ließ, wo die Verwandten die Straftäter leichter und ohne großen Zeitaufwand besuchen konnten.

Wenn durch das Mailänder Gericht eine erste Geste der Versöhnung erfolgt war, die auch vom Staat unterstützt wurde, so hatte eben derselbe Staat seine Kreditwürdigkeit durch die Folterungen verspielt, die gleich nach den Verhaftungen im Juni 1961 erfolgt waren und wegen derer einige Attentäter bleibende körperliche Schäden erlitten oder sogar den Tod gefunden hatten. Die Prozesse gegen die Peiniger endeten alle mit Freisprüchen oder die Straftaten fielen unter Amnestie (Gatterer 1968, 1254 – 1255).

Im Zuge der Annahme des Pakets (1969) und der Verabschiedung des Zweiten Autonomiestatuts (1972) – Ergebnis der politischen Verhandlungen zwischen Südtirol, Italien und Österreich – wollte der italienische Staat ein weiteres Zeichen der Versöhnung setzen und erließ zwar keine Generalamnestie, aber eine Reihe von Gnadenakten. Sie wurden als vertrauensbildende Maßnahmen verstanden, die für die Stimmung im Lande wichtig waren (Peterlini 2005, 315 – 316). Die verschiedenen Versuche seitens Österreichs und der SVP, alle in Gewaltakte involvierten Attentäter zu amnestieren, schlug insofern fehl, als Italien bisher nur jene ehemaligen Attentäter amnestiert hat, denen keine Tötung von Menschen zur Last gelegt wird.

These 4

In Südtirol wurden die ehemaligen Attentäter gesellschaftlich integriert und deren Leistung für das Land seit Mitte der 70er-Jahre anerkannt.

Die offizielle Politik verurteilte die Attentate mit aller Entschiedenheit, auch wenn informell dafür Sympathien zum Ausdruck gebracht wurden (Peterlini 2005, 158). Innerhalb der einfachen Bevölkerung gab es aber eine breite, zum Teil auch offene Sympathie für die Attentäter, auch wenn sich diese Sympathie nicht zur Rekrutierung neuer Attentäter entwickelte. Dafür gab es eine Reihe von Gründen: Die Attentäter hatten in den Augen der Bevölkerung aus idealistischen Gründen gehandelt, hatten Anschläge auf Objekte, nicht auf Personen verübt. Die Gründe für die Attentate, die sich gegen den in Autonomiefragen säumigen Staat Italien richteten, waren nachvollziehbar. Die nationale Befreiung durch die Sezession lag weit höher im Kurs als die Autonomie. Schließlich waren es in der Anfangsphase der Attentate eigene Landsleute, nicht Personen, die von außen kamen.

Die Sympathie für die Attentäter kam auf verschiedene Art und Weise auch öffentlich zum Ausdruck. Die Häftlinge wurden so gut es ging von außen unterstützt. Die Prozesskosten wurden über Tarnwege vom österreichischen Staat oder vom Bundesland Tirol übernommen. Den Frauen der Häftlinge, die die Familie weiterbringen und den Hof bewirtschaften mussten, kam Nachbarschaftshilfe und finanzielle Unterstützung zugute (Kofler 2003). In Südtirol wurden Spendenaktionen von Privatpersonen und verschiedenen Organisationen durchgeführt, auch Vereinigungen im deutschsprachigen Ausland riefen zu Hilfsaktionen auf. Die aus der Haft entlassenen Häftlinge wurden in den Dörfern freudig empfangen, oft von den Bürgermeistern, oft spielte die Musikkapelle auf (Peterlini 2005, 217 – 218). Als der Anführer des BAS, Sepp Kerschbaumer, 1964 im Gefängnis von Verona starb, nahmen mehr als 30.000 Personen am Begräbnis teil. Unter ihnen befand sich auch Landeshauptmann Magnago (Fontana/Mayr 2000, 216).

Obgleich vielfach ihrer politischen, zum Teil auch ihrer bürgerlichen Rechte verlustig gegangen, wurde den Attentätern nach ihrer Freilassung von Personen aus der Zivilgesellschaft, aber auch aus der Politik (wenn auch nicht offiziell) vielfach geholfen, um sich wieder eine Existenz aufbauen zu können.

Diese Sympathie wurde allerdings nur den Attentätern der ersten Phase entgegengebracht, nicht mehr den Terroristen, die nach der Feuernacht 1961 zu Bomben und Maschinengewehren griffen. Die Politik hatte den Attentaten allmählich den Boden abgegraben.

Die Politik, namentlich die SVP, äußerte sich erstmals 1976 positiv über die Attentäter der Feuernacht. Zwei Jahre zuvor, 1974, war nämlich der Südtiroler Heimatbund gegründet worden, die Vereinigung der Südtiroler politischen Häftlinge (Der Südtiroler Heimatbund 2010), der die Autonomiepolitik der SVP immer schärfer angriff und wieder den Ruf nach Selbstbestimmung erhob. Vor allem in den 80er-Jahren entfernten sich viele der ehemaligen politischen Häftlinge und ihre Sympathisanten immer mehr von der SVP, die nach wie vor die konkrete Forderung nach Selbstbestimmung ablehnt.

Als Wahlverband des Heimatbundes unterstützten die ehemaligen Häftlinge ihre Kandidaten bei den Parlamentswahlen unter dem Parteilogo Süd-Tirol im Jahre 1983 gegen die SVP (4,24 Prozent). Die Liste zog im November mit Eva Klotz, der Tochter des Terroristen Jörg Klotz, in den Südtiroler Landtag (2,54 Prozent). 1988 wiederholte Klotz mit der in Südtiroler Heimatbund (SHB) umbenannten Bewegung ihren Wahlerfolg (2,29 Prozent). Seit den Landtagswahlen von 2008 ist die Partei unter ihrem neuen Namen Süd Tiroler Freiheit mit zwei Abgeordneten im Südtiroler Landtag vertreten (Pallaver 2007, 609, Pallaver 2010).

Die Einschätzung der politischen Lage und der Zukunft des Landes ist heute allerdings längst nicht mehr einhellig, sondern sehr unterschiedlich, was auch immer wieder zu Auseinandersetzungen unter den ehemaligen Attentätern führt.

Auf der Grundlage einer Befragung ehemaliger Attentäter von 1961 im Jahre 2009 lassen sich heute im Wesentlichen vier Positionen festhalten.

1. Kämpfer für das Tirolertum: Die größte Gruppe versteht sich als national-kämpferisch, als Bewahrer des Tirolertums. Diese stehen nach wie vor zur Forderung nach Selbstbestimmung und betrachten die Autonomie höchstens als Übergangslösung.

2. Stille Separatisten: Es ist jene Gruppe, die mit der erreichten Autonomie zwar im Wesentlichen zufrieden ist, diese aber nicht als optimale Lösung betrachtet, gleichzeitig aber nicht laut nach Selbstbestimmung ruft und sich auch aus dem Kampf mit friedlichen Mitteln für die Wiedervereinigung Tirols zurückgezogen hat.

3. Die Wahrer der Autonomie: Ein beachtlicher Teil der ehemaligen Attentäter befürwortet die Autonomie und deren Weiterentwicklung. Diese Gruppe hat sich von der Forderung nach Selbstbestimmung verabschiedet. Sie lehnt die Wiedervereinigung Tirols zwar nicht ab, hält dies aber für nicht realistisch.

4. Anhänger der Europaregion: Für diese kleinste Gruppe ist die politische Verwirklichung einer grenzüberschreitenden Europaregion Tirol/Südtirol/Trentino der europäische Ersatz für die Selbstbestimmung Südtirols (Fasser 2009, 104 – 120).

These 5

Der Südtirol-Terrorismus wird heute kontrovers diskutiert, wobei die Bruchlinien des Diskurses innerhalb der deutschsprachigen SüdtirolerInnen heftiger sind als zwischen den Sprachgruppen.

Wie kontrovers und emotionsgeladen die historische Aufarbeitung des Südtirol-Terrorismus und dessen politische Einschätzung nach wie vor ist, kommt schon dadurch zum Ausdruck, dass in der Alltagssprache und in der wissenschaftlichen Literatur unterschiedliche Begriffe zur Bezeichnung der Südtirol-Attentäter verwendet werden: Freiheitskämpfer, Terroristen, Attentäter, Aktivisten, Bumser. Hinter diesen Bezeichnungen stehen semantische Machtfragen. Wer die Fähigkeit besitzt, Begriffe inhaltlich zu besetzen, übt Macht aus, zumal Inhalte, die sich in diesem spezifischen Falle durchsetzen, über die Legitimation der Gewaltanwendung entscheiden.

Deshalb wird heute im offiziellen Diskurs immer häufiger der schwammige Begriff des Aktivisten verwendet. Dadurch werden die guten Aktivisten von den bösen Terroristen abgegrenzt, während der Begriff Bumser die Anschläge eher verharmlost und romantisiert. Hinter dieser semantischen Nebelwand lässt sich zugleich vieles verstecken, vor allem der Umstand, dass es beim Südtirol-Terrorismus unschuldige Tote auf beiden Seiten gegeben hat. (Pallaver 2009). Werden sozialwissenschaftliche Kategorien angewandt, so weisen die Mitglieder des BAS und die späteren Bombenleger in den Jahren zwischen 1962 und 1988 klare Merkmale einer terroristischen Bewegung auf (Waldmann 1998).

In der Beurteilung der Terroranschläge von damals muss zwischen den Positionen der deutsch- und italienischsprachigen SüdtirolerInnen differenziert werden. Die Haltung der italienischen Politik und Zivilgesellschaft ist so gut wie nicht kontrovers und drückt sich in der eindeutigen Verurteilung der Attentäter von damals aus, zumal auch weniger zwischen den verschiedenen Phasen der Terroranschläge und deren Motivation unterschieden wird. Die Verurteilung ist auch deshalb so eindeutig und bleibt meist ohne Hinterfragung der Motive, weil die Attentate nicht nur gegen den Staat, sondern im übertragenen Sinne gegen die ItalienerInnen in Südtirol gerichtet waren. Diese Wahrnehmung hat sich über all die Jahre auch deshalb kaum geändert, weil ehemalige Terroristen und diesen nahestehende Kreise und Organisationen den oft schon in der dritten und vierten Generation im Lande lebenden ItalienerInnen nach wie vor das Heimatrecht vorenthalten wollen.

Während es unter aufgeklärten italienischen Historikern längst differenzierte Positionen gibt (Romeo 2004), folgen solche vereinzelt auch schon auf politischer Ebene. Als 2009 der Südtiroler Landtag einen Beschlussantrag verabschiedete, mit dem eine Amnestie für die noch flüchtigen Attentäter gefordert wurde, stimmte ein italienisches Mitglied der Landesregierung dafür, ein anderes dagegen. Solche Ereignisse finden auf gesamtstaatlicher Ebene immer wieder große Medienresonanz (Selva 2009).

Was die deutschsprachige Seite betrifft, so hat sich die Beschäftigung mit dem Terrorismus und der öffentliche Diskurs darüber im Laufe der Zeit geändert. Schon in den 60er-Jahren gab es eine reichhaltige apologetische Literatur, erst relativ spät setzten sich vor allem Historiker und Historikerinnen kritisch mit den Bombenjahren auseinander. Die aktuelle Literatur bewegt sich zwischen eindeutiger Legitimation (z.B. Golowitsch 2009), kritischer Distanz mit menschlichem Verständnis bis Sympathie (z.B. Peterlini 2005, 2010) und historisch-politischer Kontextualisierung, die den Terrorismus negativ beurteilt (z.B. Steininger 1999, Fasser 2009, Steurer 2009).

Seit längerem dreht sich die Debatte vor allem um die Frage, welchen Stellenwert die Attentate für den Minderheitenschutz der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung gehabt haben. In dieser Frage stehen sich zwei Positionen diametral gegenüber. Die ehemaligen Bombenleger und ihnen nahestehende Kreise behaupten, dass ihr unmittelbares Ziel, nämlich die Verwirklichung der Selbstbestimmung und die damit verbundene Sezession Südtirols von Italien zwar nicht erreicht werden konnte, dass es aber nur dank der Attentate eine Initialzündung und politische Schubkraft in Richtung Verwirklichung der Autonomie gegeben habe. Indirekt sollte damit eine ex-post Legitimation der Terrorakte herbeigeführt werden, nachdem die damalige Machttrias in Südtirol (Politik, Kirche, Medien) die Attentate mit aller Deutlichkeit verurteilt hatte (Mitterhofer/Obwegs 2000).

Der Position ohne Attentate keine Autonomie stehen die Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft entgegen. Auf die Attentate folgte eine Militarisierung Südtirols, Einschüchterungen und Folterungen der Verhafteten. Das Einlenken des Staates erfolgte nicht wegen des Drucks, den die Gewalt angeblich ausgeübt hatte, sondern weil sich die politischen Rahmenbedingungen geändert hatten.

Die Anschläge sollten unter anderem die von der UNO eingeforderten bilateralen Verhandlungen wiederum zum Stillstand bringen. Doch auf diese Einbahn­straße ließ Italien sich nicht ein. Bei den ersten Expertengesprächen nach der Feuer­nacht zwischen Österreich und Italien erwähnten die Italiener mit keinem Wort die Anschläge. Sie wollten weiterverhandeln und den Hardlinern keinen Grund liefern, die Gespräche abzubrechen. Einen Abbruch der Gespräche, wie von vielen Hard­linern in Süd- und Nordtirol gefordert, lehnte auch Österreich ab. Mit der Organisation der Feuernacht wurde genau das Gegenteil von den geplanten Zielen erreicht: keine Selbstbestimmung, kein Rückzug Italiens, Fortsetzung der Gespräche mit Österreich.

Die These schließlich, dass die Anschläge Italien veranlasst hätten, die 19er-Kommission einzurichten, deren Ergebnisse dann ins Paket und dadurch ins Zweite Autonomiestatut münden sollten, geht auch ins Leere. Der damalige italienische Innenminister Mario Scelba wollte diese Kommission, um Österreich und den Südtirolern zuvorzukommen. Sollten diese wiederum vor die UNO treten, wie dies 1961 der Fall war, konnte Italien auf seine Bereitschaft zu Gesprächen verweisen. Und in der Tat, auch der zweite Gang vor die UNO hatte nicht geholfen, sondern nur eine Wiederholung der Resolution von 1960 gebracht. Italien hatte seine 19er-Kommission ausgiebig ausgeschlachtet (Steininger 2007). Nach den Regierungen des Centrismo, bei denen die Democrazia Cristiana (DC) zum Teil von außen auch von den Neofaschisten unterstützt wurde, kam es in den Jahren zwischen 1960 und 1963 zur Öffnung der DC hin zu den Mitte-links-Parteien, die 1963 in der ersten Mitte-links-Koalition Italiens mündete. Sozialisten und Sozialdemokraten wie linke Katholiken brachten den Minderheiten ein weit größeres Verständnis entgegen als die ehemaligen Mitte-rechts-Regierungen. Auch das Zweite Vatikanische Konzil (1962 – 1965) hatte zu dieser Sensibilisierung der (italienischen) Katholiken gegenüber Minderheiten beigetragen.

Rund um diese beiden antagonistischen Positionen kommt es zu immer wiederkehrenden Auseinandersetzungen im öffentlichen Diskurs. Tendenziell befindet sich der Südtirol-Terrorismus der ersten Phase (1957 – 1961) auf dem Weg der Verklärung, zu dem auch Filme beigetragen haben, die ein eher romantisches und Abenteuer-Bild der Ereignisse von damals zeichnen (Franceschini/Lechthaler 2005). Damit wird der Südtirol-Terrorismus immer mehr in eine unkritische, heroische Ecke geschoben, Gewalt wird dadurch (indirekt) legitimiert.

4. Resümee

Der Südtirol-Terrorismus war separatistisch ausgerichtet; er war nicht für die Demokratie, sondern griff zwecks nationaler Befreiung zur Gewalt und erlebte 1961 mit der Feuernacht seinen Höhepunkt. Die zweite Phase des Terrorismus während der gesamten 60er-Jahre und die dritte Phase in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts waren zwar blutiger als die erste Phase, sind aber im Wesentlichen schlechte Kopien der Feuernacht. Die Attentate fanden ohne Rückhalt in der Bevölkerung statt und schon gar nicht mit Unterstützung der politischen Eliten Südtirols und Österreichs.

Wenn man die Gewaltphasen, vor allem die erste rund um die Feuernacht, analysiert, so lassen sich aus den historischen Ereignissen einige Grundthesen für eine Aussöhnung nach der Phase des Terrorismus in Südtirol herausarbeiten.

Eliten: Der Vorteil im Südtirolkonflikt bestand in den politischen Rahmenbedingungen. Eine davon war eine kompakte politische Elite, die im Rahmen der Südtiroler Volkspartei imstande war, ihre Entscheidungen durchzusetzen. Die SVP erfüllte damals alle Voraussetzungen, von denen Nordlinger (1972) in seiner Arbeit über Konfliktregelungsmechanismen ausgeht, um sicherzustellen, dass die Vorherrschaft der Eliten gegenüber ihrer Gefolgschaft gewährleistet wird. Dazu gehören unpolitische Massen, eine folgebereite Bevölkerung gegenüber ihren Eliten, stabile Patron-Klient-Beziehungen und die Integration der Bevölkerung in modernen Massenparteien. Die Präsenz dieser Rahmenbedingungen verhinderte, dass Vertreter extremer politischer Positionen Teile der Gesellschaft mobilisieren oder bei Verhandlungen extreme Positionen vertreten konnten. Die SVP und mit ihr die stark in der Gesellschaft verwurzelte Katholische Kirche sowie die relevanten Medien der Minderheit lehnten Gewaltanwendung als Mittel zur Konfliktlösung ab. Die Attentäter der Feuernacht konnten auf Sympathien in der Bevölkerung zählen, aber nicht mehr.

UNO: Den politischen Eliten Südtirols, aber auch Italiens und Österreichs ist es zu verdanken, dass nach den Attentaten ein langer Prozess von Verhandlungen eingeleitet worden ist. Wenn es dazu gekommen ist, so kann die Rolle der UNO nicht hoch genug eingeschätzt werden. Österreich brachte das Südtirol-Problem vor die UNO, verzichtete aber auf die Forderung nach staatlicher Unabhängigkeit oder der Rückkehr Südtirols zu Österreich. Mit dem Argument, Südtirol sei ein rein inneritalienisches Problem, versuchte Italien zu verhindern, dass das Thema auf die Tages­ordnung der Generalversammlung gesetzt würde. Die UNO klärte einige strittige, aber zentrale Fragen: Der Südtirol-Konflikt sollte auf dem Wege von Verhandlungen gelöst werden. Österreichs Rolle als Schutzmacht für Südtirol, begründet im Pariser Vertrag von 1946, wurde anerkannt. Der Südtirolkonflikt galt als internationales, nicht als rein nationales Problem. Bei allen Schwächen und Unzulänglichkeiten der UNO bildete diese eine Arena für die Weltöffentlichkeit, die Prestige und Anerkennung der einzelnen Staaten beeinflusst. Die Kraft der politischen Autorität hatte einen starken Einfluss auf das Verhalten der beiden Konfliktgegner Italien und Österreich. Wichtig war, dass die Kommunikation zwischen Österreich und Italien nie abriss. Die Aufforderung der UNO, das Südtirol-Problem auf dem Verhandlungswege zu lösen, förderte diesen Kommunikationsprozess.

Verhandlungsdemokratie: Alle am Konflikt beteiligten Akteure wurden in die Verhandlungen mit einbezogen: Südtirol selbst, Italien und Österreich, im Hintergrund die UNO. Damit wurden alle Gruppen in das power sharing System integriert und das Prinzip der Gleichheit unter den Akteuren eingeführt und akzeptiert. Die Inklusion aller relevanten Akteure in den Befriedungsprozess führte dazu, dass aus den Verhandlungen nur ein win-win-Ergebnis hervorkommen konnte. Die Kompromisse mussten für alle akzeptabel sein, wollte man nicht durch das Ausscheiden eines Akteurs Gefahr laufen, externe Konkurrenten zu schaffen. Das bedeutete lange und schwierige Verhandlungen. Wurde aber einmal eine Entscheidung im Konsens getroffen, besaß diese ein solides Fundament. Dies führte im Laufe der Zeit zum Aufbau von Vertrauen unter den Verhandlungspartnern, das eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg in schwierigen Konflikten anzusehen ist, wie Judith Renner und Alexander Spencer (2010) nachweisen. Dieses Prinzip der Verhandlungsdemokratie und der daraus folgenden consociational democracy ist auch im politischen System Südtirols institutionalisiert worden.

Das Verhalten des Staates: Schon wenige Tage nach der Feuernacht wurden die meisten Südtiroler Attentäter verhaftet. Einigen gelang die Flucht nach Österreich, wo sie mit den verbleibenden Nordtiroler BAS-Leuten und angereichert durch neue, rechtsextreme Exponenten den Kampf um die Befreiung Südtirols weiterführten. In dieser zweiten Phase konnten die Terroristen bereits kaum noch mit der Sympathie oder gar Unterstützung der Bevölkerung rechnen. Es waren nicht mehr ihre Landsleute, die im Untergrund wirkten. Im Gegenteil, die Attentate wurden insbesondere von den politischen Eliten als störend und kontraproduktiv für den weiteren Verlauf der Verhandlungen angesehen.

Die Prozesse gegen die Südtirol-Terroristen gaben mehrere Signale. Staatspräsident Giuseppe Saragat, ein Freund des österreichischen Außenministers Bruno Kreisky, ließ erkennen, dass er einen fairen und entschärften Prozessverlauf wünschte. Die Prozesse wurden in einer Art und Weise geführt, dass sie als eine Art Nachhilfeunterricht für die italienweite Öffentlichkeit in der Südtirolfrage angesehen werden können. Die Anklage wegen Hochverrats, auf die lebenslänglich steht, wurde fallen gelassen. Damit kam es zu milderen Strafen. Am Ende waren die Strafen zwar hart, aber der Prozess und noch mehr das Häftlingsleben haben bewirkt, dass die Attentäter die Unterscheidung zwischen italienischem Staat und Italienern vornahmen. Die Institution, nicht die Personen wurden abgelehnt. Es brauchte nicht lange und die Südtiroler Häftlinge genossen das Vertrauen der Haftungsleitung. Auch fühlten sie sich nicht im Stich gelassen. Österreich bezahlte im Wesentlichen die Prozesskosten, Familienbesuche fanden statt, die Kontakte zu Südtirol waren intensiv. Amnestie und Strafnachlass beendeten dieses Kapitel. Der Staat wollte einlenken. Dadurch wurde zwar kein neues Vertrauen aufgebaut, aber die Konzilianz gefördert und die psychologische Stimmung verbessert. Es war keine Taktik des Staates, sondern sein ernsthaftes Bemühen, dieses Kapitel abzuschließen.

Gesellschaftliche Reintegration: Die Südtirol-Attentäter der Feuernacht genossen bei vielen Sympathie. Deshalb war es auch kein Problem, diese nach Beendigung ihrer Haftstrafen wieder ins gesellschaftliche Leben zu integrieren. Der Reintegrationsprozess wurde auf privater Ebene wie auf offiziöser Ebene gefördert. Die meisten kehrten in ihre alten Berufe zurück, einige wandten sich neuen Lebensaufgaben zu. Eine soziale Isolierung hat es im Allgemeinen nicht gegeben. Dieser Integrationsprozess in die Normalität des Alltags führte bei vielen ehemaligen Attentätern zu einer politischen Deeskalation, wenn auch nicht bei allen. Die späte offizielle Anerkennung der idealistischen Ziele durch die Politik förderte die externe und interne Wertschätzung der ehemaligen Attentäter. Ein Teil davon hat sich aus dem öffentlichen Leben völlig zurückgezogen, ein anderer engagiert sich nach wie vor für die Selbstbestimmung Südtirols.

Der Ausbau der Autonomie, die heute zu einem Vorzeigemodell geworden ist, wie ethnische Konflikte friedlich gelöst werden können, und die internationale Garantie für die Minderheiten im Lande haben einen gesellschaftlichen, vor allem auch ökonomischen Transformationsprozess eingeleitet, welcher der Südtiroler Minderheit Sicherheit gegeben hat. Trotz der Kontroversen um den Stellenwert der Gewaltanwendung in der Geschichte des Landes, um die nach wie vor immer wieder auftretenden ethnischen Konflikte und zahlreichen Apologeten, die an die heroischen Zeiten wieder anknüpfen möchten, befindet sich der Südtirol-Terrorismus auf dem Wege der Historisierung. Alle haben ihren Beitrag dazu geleistet: Die pragmatische politische Führung Südtirols, der italienische Staat, Österreich, die internationale Gemeinschaft, zum Teil die ehemaligen Terroristen selbst, die nach einem persönlichen, selbstkritischen Reflexionsprozess personelle Gewalt heute ablehnen. Der gordische Knoten zwischen Gerechtigkeit und Frieden scheint in Südtirol gelöst worden zu sein. Ausständig ist nur noch das schwierigste von allen Unterfangen: die Aussöhnung.

Anmerkungen

1 Dieses kurze Kapitel, das sich lediglich als eine Annäherung an die vielen theoretischen Fragen zu Aussöhnung und Terrorismus versteht, stützt sich im Wesentlichen auf das paper von Renner/Spencer (2010). Für eine Vertiefung der Frage sei auf deren Buch „Reconciliation after Terrorism: Strategy, Possibility, or Stupidity“ verwiesen (erscheint im Herbst 2011 im Verlag Routledge).

2 Auf die Typologie von terroristischen Bewegungen wird hier nicht näher eingegangen. Nur soviel sei angefügt, dass zwischen national-separatistischem, ideologischem und religiösem Terrorismus unterschieden werden kann, wobei es oft zu Überlappungen kommt. Die RAF in Deutschland war eine ideologische Terrororganisation, die Liberation Tigers of Tamil Eelam ist eine national-separatistische Bewegung, die terroristische Mittel anwendet. (Daase 2001). Auch wird hier nicht auf die kontroverse Begrifflichkeit des „Freiheitskämpfers oder Terroristen“ eingegangen. (Vgl. Fasser 2010, 52 – 66; Waldmann 1998.)

3 Hier erhebt sich für jede demokratisch gewählte Regierung die Frage, inwieweit solche Verhandlungen für die eigene Legitimation verkraftbar sind, wenn eine bewaffnete Minderheit einer Mehrheit den eigenen Willen aufzwingen kann. Die These, dass sich ein Staat der Gewalt einer Minderheit nicht beugt, ist beispielhaft im Fall Aldo Moro genauso wie im Fall der bundesdeutschen RAF nachlesbar.

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Abstracts

Pacificazione dopo il terrorismo ­sudtirolese

Trattative, democrazia consociativa
e spartizione del potere

È da molto tempo che la letteratura cerca di analizzare come sia possibile trovare un equilibrio tra i partiti coinvolti nel conflitto, soprattutto visto il terreno violento e di terrore da cui è nato e cresciuto. Si parte da cinque tesi, riguardo agli anni del terrore in Alto Adige, per dimostrare come fu congelato il terrore: la Südtiroler Volkspartei, la chiesa così come i media di lingua tedesca hanno da sempre respinto ogni tesi che mirasse all’uso della violenza per sopprimere il conflitto, mirando a trovare una soluzione attraverso le trattative. Il risultato fu una democrazia di accordo, che si basa sull’inserimento politico di ogni gruppo linguistico coinvolto. Lo Stato italiano tentò di mitigare la situazione attraverso condanne piuttosto lievi, con la speranza di sotterrare il tutto, controllando così gli attentatori che non furono mai esclusi dalla realtà altoatesina. Ancora oggi il terrorismo altoatesino è punto di partenza di molte polemiche e discussioni, il cui punto di rottura all’interno della cerchia delle donne altoatesine appartenenti al gruppo linguistico tedesco è ancora maggiore rispetto ai gruppi linguistici.

L’apajada dl terorism südtirolesc. Tratatives, democrazia de concordanza y spartiziun dl podëi

La leteratöra scientifica se dà bele jö da tröc agn cun la domanda co ch’an fej da reconzilié grups en conflit te na realté de violënza y de terur. Al vëgn tut en conscidraziun cin’ teses sura i agn dl terur te Südtirol, che messass mostrè sö sciöche la violënza é gnüda „dlaciada ite“: la SVP, la Dlijia y i media todësc à refusé vigni forma de violënza. Sön na strada de tratatives, pro chëres ch’al é gnü stlüt ite dötes les perts, él gnü chirì na soluziun. Le resultat é stè na democrazia de concordanza, che se basëia sön le prinzip dla intlujiun politica de düć i grups linguistics. Da süa pert à le Stat talian porvè de curì pro i sfossà soć cun sentënzes iudiziares relativamënter morjeles y cun le passè di agn ti àl scialdi conzedü l’amnistia ai ex-auturs di atentać, che n’é te Südtirol mai gnüs stlüć fora dala sozieté. Dl terorism de Südtirol vëgnel al dedaincö baié te manires controverses y les lignes de rotöra dl discurs é plü granes danter i südtirolesc y les südtirolejes dl grup linguistich todësch co danter i grups linguistics.

The Pacification of South Tyrolean ­Terrorism: Negotiations, Consensus Democracy, and Power Sharing

The scientific literature has been grappling with an important question already for a long time: when a real-life situation is marked by violence and terror, can a reconciliation between the conflicting parties be achieved? This paper about the years of terror in South Tyrol has its genesis in five theses that focus on illustrating how the violence has been frozen: the South Tyrolean People’s Party, the church, and the German media have quelled every type of violence to resolve the conflict. Negotiations—in which all involved parties participated—paved the way to a solution. The end result was a consensus democracy based on the principle of political inclusion of all linguistic groups. The State of Italy, for its part, has tried to heal deep rifts through relatively lenient judicial decisions and has, over the years, given amnesty to most of the former terrorists—who were never excluded from South Tyrolean society. Today, South Tyrolean terrorism is hotly debated; the fault lines of the discourse within the German-speaking inhabitants of South Tyrol are more heated than those between the language groups.