Arnold Schuler
Die Gemeinden Südtirols:
Autonomie, Finanzierung, Partizipation
Eine kritische Bestandsaufnahme mit Überlegungen für die Zukunft
1. Einleitung
Gemeinden sind das Ergebnis gemeinschaftlichen Denkens. Alles, was der Einzelne nicht selbst erledigen kann oder was gemeinsam besser gelingt, soll gemeinsam erledigt werden. Diese Grundform menschlichen Zusammenlebens, wie Wilfried Beimrohr (2009) es nennt, hat sich als Erfolgsmodell erwiesen. Staaten wurden in ihrer Form ständig verändert, die Gemeinden aber sind geblieben, während ihre demokratische Gesinnung und Strukturen zum Vorbild für andere politische Ebenen wurden.
Die Vorläufer der Gemeinden in Tirol waren relativ lockere Vereinigungen unter den Bürgern/Bürgerinnen. Erste Stadtrechte und Marktordnungen wurden bereits im 13. und 14. Jahrhundert erlassen, später kamen Dorfordnungen hinzu. Unter bayerischer Herrschaft wurden in der Verfassung von 1808 und der damit verbundenen Reform der Gemeinden strenge Regeln eingeführt, die Verwaltung wurde zentralistischer und bürokratischer.
1848 entstand, wieder unter österreichischer Herrschaft, ein neues Gemeindegesetz. Dieses enthielt den Leitsatz: „Die Grundfeste des freien Staates ist die freie Gemeinde“. Damit wurden die Gemeinden wieder zu autonomen Selbstverwaltungskörpern. Über das Gemeindevermögen hatten sich die Gemeinden bis zum Ende des Ersten Weltkrieges selbst zu finanzieren. Dies geschah aus einem Anteil an staatlichen Steuern, zum Teil über eigene Gemeindesteuern.
Nach dem Ersten Weltkrieg und mit der Teilung Tirols änderten sich die Bedingungen für die Gemeinden nördlich und südlich des Brenners radikal. In Österreich wurde das allgemeine und gleiche Wahlrecht eingeführt, in Italien ergriffen die Faschisten die Macht. Die Gemeinden wurden damit zum Instrument des Staates, die frei gewählten Bürgermeister abgesetzt und durch Amtsbürgermeister ersetzt (Gesetz Nr. 237/1926 und Königliches Dekret Nr. 1910/1926). Selbst die Gemeindesekretäre wurden verstaatlicht. Der Podestà, wie der staatliche Amtsbürgermeister genannt wurde, erhielt sämtliche Kompetenzen, auch jene, welche bisher der Gemeinderat und der Gemeindeausschuss innehatten. Zudem wurden mittels Regierungsdekreten zahlreiche kleine Gemeinden anderen Gemeinden angegliedert. Gab es am 31.12.1923 in Südtirol noch 223 Gemeinden (1849/269, 1854/192, 1885/213) waren dies 1936 noch 96, wovon nicht weniger als 90 Gemeinden von einem auswärtigen Podestà verwaltet wurden.
Nach dem Fall des Faschismus folgten in den Jahren 1943 bis 1945 von den nationalsozialistischen Behörden eingesetzte Amtsbürgermeister. Erst nach 1945 begann das Gemeindewesen in Südtirol wieder unter demokratischen Vorzeichen und blühte entsprechend auf.
Einige Gemeinden wurden wieder neu gegründet, andere, während des Faschismus zusammengelegte, sind im Laufe der Jahre akzeptiert worden, sodass ihre Zahl aktuell bei 116 liegt. In einigen Gemeinden ist zum Teil heute noch das Unbehagen des dekretierten Zusammenschlusses zu spüren, sodass man sich zwischen den Fraktionen noch immer mit einem gewissen Argwohn begegnet. In der Gemeinde Mals etwa, welche ursprünglich aus acht Gemeinden bestand, werden die Fraktionsvorsteher teilweise noch heute Bürgermeister genannt und einzelne Fraktionen verwenden nach wie vor ihr ursprüngliches Gemeindewappen.
2. Von der Europäischen Charta der Gemeindefreiheiten zur Verfassungsreform 2001
Der Staat hat in das Modell der kommunalen Selbstverwaltung immer wieder eingegriffen und dieses à la longue entscheidend geschwächt. Dabei zog der Staat immer mehr Aufgaben an sich, mit Vorliebe jene, die mit Finanzen zu tun hatten. Dadurch ist ein Überbau entstanden, der Abhängigkeit, aber auch Bürokratie geschaffen hat. Dies hatte entsprechende Folgen. Der Staat legt die Steuern fest, treibt sie ein und verteilt sie wieder. Dadurch entstand eine Distanz und der Bezug zwischen Steuerzahler und Geldverteiler ging verloren. Diese Distanz und der Umstand, dass immer mehr Dienstleistungsaufgaben auf die Gemeinden zukamen, die nicht mehr unmittelbar von den Nutzern zu finanzieren waren, hat ein Forderungsdenken entstehen lassen, mit dem zwangsläufig Unzufriedenheit einhergeht. Dadurch haben die Gemeinden an gesellschafts- und gemeinschaftsbildender Kraft eingebüßt, obgleich es weiterhin die Gemeinden sind, die die BürgerInnen von der Wiege bis zur Bahre begleiten und in die sich diese am einfachsten aktiv einbringen können.
Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister für den Frieden in den Gemeinden und für ein Gleichgewicht zwischen den Fraktionen und den Bevölkerungsschichten zu sorgen haben. Das Land oder der Staat sind für diese Aufgaben bereits viel zu weit von den Bürgern/Bürgerinnen entfernt. Die Gemeinden haben immer wieder gezeigt, dass sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und zu tragen, vieles zu bewegen und voranzubringen, zu organisieren, gemeinsam mit den Bürgern/Bürgerinnen Leitbilder und Visionen zu entwickeln, selbstständig zu handeln.
Es genügt, wenn Staat und Land bestimmte Spielregeln und übergemeindliche Strategien vorgeben. Alles andere sind die Gemeinden selbst imstande zu bewerkstelligen – und wenn nicht allein, dann in Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden. Jede Gemeinde, jedes Dorf hat andere Bedürfnisse. Die einen sind über ein Bevölkerungswachstum erfreut, die anderen müssen dieses bremsen; die einen wollen sich touristisch, andere hin zu einem Ausflugsziel entwickeln.
Stattdessen werden dem entgegenwirkend hauptsächlich Normen verabschiedet, die für alle zu gelten haben, für die Landeshauptstadt gleich wie für eine kleine Landgemeinde. Vor allem in Südtirol hat die Politik in den vergangenen Jahren die Gemeinden zu immer weniger Eigenverantwortung und immer mehr Unmündigkeit erzogen. Es werden nicht nur sehr viele Entscheidungen vorgegeben, es ist auch der Eindruck entstanden, dass alles über einen eigenen Artikel in irgendeinem Gesetz geregelt werden muss und man für alles einen finanziellen Beitrag erhalten kann.
Von dieser sozialen Wirklichkeit ausgehend wird deshalb in den Plauser Thesen (Schuler 2009) ein Kurswechsel verlangt.
„Das derzeitige politische Verwaltungssystem ist ein typisches Beispiel für Abhängigkeit: Die Gemeinden hängen in zu vielen Entscheidungen von Bozen ab, das Land von Rom, der Staat von Brüssel. Der Verwalter reagiert in seinem Forderungsdenken wie ein unmündiger Bürger: Trotz ständiger Wünsche (und der teilweisen Erfüllung derselben durch die übergeordnete Verwaltung) stellt sich keine Zufriedenheit ein. Politik muss eine Vorbildfunktion für die Gesellschaft einnehmen; gelebte Subsidiarität ist in diesem Sinn eine absolut notwendige kulturpolitische Maßnahme.“
Die Gemeinde soll in erster Linie den Bürgern/Bürgerinnen gegenüber verantwortlich sein, während diese wieder lernen müssen, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen. Die Aufgabe der Politik ist es, solche Missstände zu erkennen und in diesem Sinn einen längst überfälligen Paradigmenwechsel einzuleiten. Die entsprechenden Grundsätze sind längst festgelegt worden.
Im Jahre 1953 haben die im Rate der Gemeinden Europas zusammengeschlossenen Gemeinden die Europäische Charta der Gemeindefreiheiten beschlossen. Dabei wurden als Fundament der Menschenfreiheit die jahrhundertealten Gemeinderechte festgelegt. Um dieser Charta eine verbindliche Rechtsgrundlage zu geben, wurde innerhalb des Europarates eine entsprechende Konvention erarbeitet, die 1985 von den Mitgliedsstaaten unterzeichnet und in der Folge von fast allen ratifiziert wurde.
In dieser Charta wird unter anderem darauf verwiesen, dass die Gemeinden eine der wesentlichen Grundlagen jeder demokratischen Staatsform sind, das Recht der Mitwirkung der BürgeInner auf Gemeindeebene am unmittelbarsten ausgeübt werden kann. Festgeschrieben wird auch, dass die öffentlichen Aufgaben auf der bürgernähesten Ebene wahrgenommen werden sollen (Subsidiaritätsprinzip). Des Weiteren werden Grundsätze zur Struktur der Verwaltung, zu den verschiedenen Aufgaben, der Steuerhoheit, der Aufsicht und des Schutzes der Gemeinden definiert.
Italien hat diese Charta der Gemeindefreiheiten mit Gesetz Nr. 439 vom 30. Dezember 1989 ratifiziert und mit der Verfassungsreform von 2001 neue Weichen gestellt. Italien plant dabei nicht, sich in einen föderalen Staat umzuwandeln, dazu müsste er die Regionen, ähnlich den deutschen Bundesländern, mit allen drei Gewalten ausstatten: mit exekutiver, legislativer und judikativer Gewalt. Hingegen wurde Italien mit der Verfassungsreform von 2001 als dezentraler Einheitsstaat bestätigt und die bisherige Organisation der Regionen infrage gestellt. Stattdessen wurden die Gemeinden als autonome Körperschaften aufgewertet. Außerdem wurde der Begriff Subsidiarität in die Verfassung eingeführt.
Laut dem neuen Wortlaut von Art. 114 der Verfassung sind sämtliche Gebietskörperschaften von der Gemeinde bis zum Staat gleichgestellt. Es handelt sich um das Prinzip der gleichen Würde. Alle Verwaltungsaufgaben müssen vorzugsweise von den Gemeinden abgewickelt werden. Damit sie diese zur Gänze finanzieren können, müssen ihnen dafür laut Art. 119 der Verfassung die erforderlichen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Allerdings fehlt es derzeit nicht nur an der entsprechenden klaren Zuteilung der Aufgaben, sondern auch an einer Finanzierungsform, durch welche ein autonomes Entscheiden erst möglich wird. Damit hängen die Gemeinden noch immer in erheblichem Maße vom Staat, in unserem Falle vom Land, ab.
Die Umsetzung von wesentlichen Teilen der Verfassungsreform lässt immer noch auf sich warten. Dies liegt allerdings nicht nur am Staat, sondern auch an den Regionen. Subsidiarität bedeutet so viel wie zurücktreten, nachrangig sein, womit sich die Politik aber offensichtlich schwertut. Dabei hätten in Italien besonders die Regionen mit Sonderstatut schon seit Langem die Möglichkeit, den Verfassungsgrundsatz zur größtmöglichen Selbstverwaltung für die Gemeinden entsprechend umzusetzen.
Roland Riz und Esther Happacher bringen dies in ihrem Lehrbuch „Grundzüge des italienischen Verfassungsrechts unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Aspekte der Südtiroler Autonomie“ (2008) auf den Punkt, wenn sie schreiben:
„Laut Art. 118 Verf. sind die Verwaltungsbefugnisse den Gemeinden zuerkannt, sofern sie nicht, um eine einheitliche Ausübung zu gewährleisten, nach den Prinzipien der Subsidiarität, der Differenzierung und der Angemessenheit den Provinzen, Stadtmetropolen, Regionen oder dem Staat übertragen werden. Die Gemeinden, die Provinzen und die Stadtmetropolen haben folglich, neben den eigenen Verwaltungsbefugnissen, auch diejenigen, die ihnen gemäß der jeweiligen Zuständigkeiten durch Staatsgesetz und Regionalgesetz übertragen werden.
Diese zukunftsträchtige Aussage des Verfassungsgesetzes Nr. 3/2001 hat jedoch bis zum heutigen Tag, besonders in den Regionen mit Sonderstatut, in denen der Grundsatz des Parallelismus in den Statuten verfassungsrechtlich verankert ist, keine wesentliche Durchführung erfahren. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass weder der Staat noch die Regionen und autonomen Provinzen ihre Verwaltungskompetenzen und ihr Verordnungsrecht an andere abtreten wollen.
Aber auf lange Sicht wird sich nicht vermeiden lassen, dass die Gemeinden aufgrund klarer Bestimmungen des Art. 118 Absatz 1 der Verfassung und des eindeutig ausgegangenen Referendums 2001, unter Bezug auf das Subsidiaritätsprinzip und auf die Prinzipien der Angemessenheit und Differenzierung, ihre Ansprüche auf Erweiterung der Verwaltungsbefugnisse geltend machen und den starren Grundsatz des Parallelismus, der übrigens seit 2001 in der Verfassung keinen Niederschlag mehr gefunden hat, infrage stellen.“
3. Unmittelbare Auswirkungen der Verfassungsreform
Ist auf staatlicher Ebene für die Ordnung der Gemeinden der Staat zuständig und ist diese entsprechend über das Legislativdekret Nr. 267/2000 geregelt, so gilt dieser staatliche Einheitstext für Südtirols Gemeinden nicht, da die Region Trentino-Südtirol aufgrund des Autonomiestatuts im Bereich der örtlichen Körperschaften primäre Gesetzgebungsbefugnis hat. Auf einige Änderungen mussten die Region und das Land Südtirol aber umgehend reagieren.
Umsetzung durch die Region
Das Prinzip der Eigenkontrolle: Wie bereits darauf verwiesen, wurden mit der Verfassungsreform von 2001 Gemeinden, Provinzen, Regionen und der Staat auf eine Ebene gehoben. Dadurch wurde auch der ehemalige Art. 130 der Verfassung abgeschafft, der die Notwendigkeit der Kontrolle über die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungsakte der örtlichen Körperschaften sowie die Möglichkeit der Sachkontrolle vorsah. Das Land ist seitdem nur mehr Aufsichtsorgan. Dem wurde nun auch in der Gemeindeordnung Rechnung getragen, indem das Prinzip der Selbstkontrolle an die erste Stelle gesetzt wurde. Diese interne Kontrolle kann die Gemeinde über eine eigene Kontrollstelle oder von Externen durchführen lassen. Den Südtiroler Gemeinden wird diese Kontrolle in Form der Revisionstätigkeit vonseiten des Südtiroler Gemeindenverbandes in zwei Formen angeboten: in Form der individuellen und in Form der flächendeckenden Revision.
Über die individuelle Revision können die interessierten Gemeinden auf Basis einer Konvention vor Ort verschiedene Dienstbereiche überprüfen lassen. Von Einzel-Revisoren können dabei unter anderem die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Verwaltungshandlungen, deren Effektivität und Wirtschaftlichkeit und die Personalleistungen bewertet werden.
Im Rahmen der flächendeckenden Revision analysiert die Revisionsdienststelle alle Haushalte der Südtiroler Gemeinden. Es werden dabei horizontale und vertikale Vergleiche aller Südtiroler Gemeinden angestellt. So können die Personalkosten, Kosten verschiedener Dienste bis hin zu den Ausgaben für die Essenskosten in den Kindergärten verglichen werden.
Die Ergebnisse der Revision werden periodisch in Form von Berichten den Gemeinden übermittelt. Damit wird nicht nur das Gesetz eingehalten, daneben erhalten auch die BürgermeisterInnen, die Ausschussmitglieder, aber vor allem die einzelnen Gemeinderäte ein Instrument in die Hand, das ihnen ihre Arbeit erleichtert.
Das Prinzip der Eigenorganisation: Laut Verfassung sind die Gemeinden „autonome Gebietskörperschaften mit eigenen Statuten“ (Art. 117, Absatz 2 sowie Art. 118 der Verfassung). Mit dem Regionalgesetz Nr. 7/2004 wurden die entsprechenden Spielräume neu definiert. Demzufolge kann jede Gemeinde, innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Grenzen, die eigene Organisation für sich bestimmen.
Inhalt der Satzungen konnte bis 2004 schon Folgendes sein: Aufbau der Gemeinden, Initiativ-, Kontroll- und Mitbestimmungsrechte der Ratsmitglieder, Ämter- und Dienstordnung, zwischengemeindliche Zusammenarbeit, Bürgerbeteiligung, Regelung der Ratskommissionen, Anzahl der Ausschussmitglieder, Einführung des Volksanwaltes, Aufbau und Funktionen der Stadt- und Ortsviertelräte. Mit dem Regionalgesetz 7/2004 wurden zusätzliche Inhalte ermöglicht: Festlegung der Verwaltungsreform (Trennung zwischen Politik und Verwaltung), Schutz und Beteiligung der Minderheiten, Termin für die Vorlage der programmatischen Erklärung des Bürgermeisters, internes Kontrollsystem, Chancengleichheit zwischen Mann und Frau, Beteiligung der Jugendlichen und der Senioren, um nur einige Beispiele zu nennen. Dadurch konnte sich jede Gemeinde innerhalb eines gewissen Rahmens eine bestimmte autonome Form geben.
Das Prinzip der Mitsprache: In Art. 123 der Verfassung im letzten Absatz ist auch die Errichtung des Rates der örtlichen Autonomien vorgesehen. Er soll das Bindeglied zwischen den Gemeinden und der Region bzw. dem Land nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit sein. Über diesen Rat der örtlichen Autonomien sollen die Gemeinden verstärkt in die Tätigkeit der Regionen und des Landes eingebunden werden. Immerhin wurden die Gemeinden nicht nur in der Verfassung gleichgestellt, sondern diese sind es auch, welche dem/r BürgerIn am nächsten stehen, die Gesetze anzuwenden haben und über eine entsprechende Erfahrung verfügen. Zudem hängt die konkrete Autonomie der Gemeinden mehr von den Entscheidungen des ordentlichen Gesetzgebers als von verfassungsrechtlichen Auflagen ab.
In diesem Sinne haben sich sowohl alle Regionen Italiens als auch alle Regionen mit Sonderstatut bewegt (Aosta R.G. Nr. 7/1998 und 54/1998, ergänzt durch R.G. Nr. 8/2003; Sardinien mit R.G. 1/2005, Friaul-Julisch Venetien mit R.G. 1/2006). Als Besonderheit wurde der Rat der Gemeinden im Gegensatz zu den anderen Regionen Italiens in der Region Trentino-Südtirol auf der Ebene der Länder eingerichtet, da die meisten Kompetenzen, welche die Gemeinden betreffen, inzwischen von der Region auf die Länder übergegangen sind. Es fehlt jedoch noch eine entsprechende Regelung auf der Ebene der Region.
Durch unterschiedliche Regelungen auf regionaler Ebene, aber spätestens mit der Übertragung von immer mehr Zuständigkeiten an die Provinzen, begannen sich die Gemeinden des Trentino und Südtirols immer mehr auseinanderzuentwickeln. Wurde zum Beispiel die Trennung von Politik und Verwaltung (siehe auch die Bassanini-Reform von 1997) für die Gemeinden der südlichen Nachbarprovinz übernommen, gilt dies für die Gemeinden Südtirols nur bedingt. Das heißt, es liegt im Ermessen der Gemeinde, die Trennung zwischen Politik und Verwaltung in der Satzung vorzusehen oder nicht. Bis heute sieht keine Südtiroler Gemeinde unter 10.000 Einwohnern diese Trennung vor. In den kleinen und mittleren Gemeinden Südtirols werden die Verwaltungsakte also weiterhin vom Gemeindeausschuss beschlossen und umgesetzt, bzw. vom Bürgermeister oder dem dafür zuständigen Ausschussmitglied unterzeichnet. Dies stellt eine Ausnahme in Italien dar.
Die Region selbst hat inzwischen auch die Form der Gemeindewahlen, die Entschädigungen der Verwalter und anderes mehr für die beiden Provinzen unterschiedlich geregelt.
Umsetzung durch das Land
Mit dem Landesgesetz Nr. 10 vom 11. Juni 2003 wurde in Südtirol erstmals der Rat der Gemeinden eingesetzt. Er bestand aus 16 VertreterInnen der Gemeinden, wobei alle Bezirke des Landes eine/n VertreterIn entsandten: einen die Gemeinden unter 1200 EinwohnerInnen, zwei die Landeshauptstadt und einen die Stadt Meran, einen die ladinische Volksgruppe und weitere drei VertreterInnen für die italienische Volksgruppe, damit im Rat der Gemeinden das Sprachgruppenverhältnis garantiert war.
Allerdings wurde dieses Gremium vonseiten des Landes mehr als notwendiges Übel denn als Aufwertung angesehen. Der Rat der Gemeinden wurde demzufolge beim Gemeindenverband angesiedelt und nicht wie im restlichen Staatsgebiet beim Landtag. Auch die entsprechenden Kosten hatten die Gemeinden selbst zu übernehmen. Allerdings wurde es den Gemeinden erstmals ermöglicht, zu den Gesetzesvorschlägen, bevor sie im Landtag behandelt wurden, Stellung zu nehmen. Immer wieder wurde aber bemängelt, dass die Stellungnahmen nicht nur keine Berücksichtigung fanden, sondern es meist auch keine Antwort darauf gab.
Deshalb wurde 2009 ein neues Gesetz ausgearbeitet und genehmigt, mit dem der Rat der Gemeinden und somit auch die Gemeinden auf eine andere Ebene gestellt werden. Die wesentlichen Punkte dabei sind, dass der Rat der Gemeinden beim Landtag angesiedelt ist. Außerdem muss bei Gesetzesentwürfen nicht mehr nur der Landtag sein Gutachten beantragen, sondern auch die Landesregierung – und zwar bereits vor der endgültigen Genehmigung derselben. Auf seine Stellungnahmen muss dieser künftig eine Antwort erhalten. Erstmals bekommen die Gemeinden über den Rat der Gemeinden Gesetzesinitiativrecht. Zudem können zu Themenbereichen, welche die Gemeinden betreffen, Volksabstimmungen verlangt werden – zur gänzlichen oder teilweisen Abschaffung eines Landesgesetzes oder zur Einführung eines solchen. Zudem wird eine Konferenz für die Beziehungen zwischen Land und Gemeinden eingesetzt, welche auf Antrag eines der beiden Organe zusammentreten muss.
Dieses Gesetz ist nach den Gemeindewahlen von 2010 und mit der Wahl des neuen Rates der Gemeinden im Oktober 2010 zum ersten Mal zur Anwendung gekommen. Die Gemeinden erhielten somit auf institutioneller Ebene ein ganz anderes Gewicht und ganz andere Möglichkeiten. Bisher war es nur möglich, auf die Initiativen des Landes zu reagieren, und selbst dies nur sehr begrenzt. Künftig wird es möglich sein, selbst zu agieren, also Gesetze auszuarbeiten und einzubringen. Ebenso ist die Möglichkeit, über das Volk die Abschaffung oder Genehmigung eines Gesetzes durchzusetzen, als Quantensprung zu sehen.
Die institutionellen Beziehungen zwischen Land und Gemeinden sind damit gut geregelt, doch wird es darüber hinaus darauf ankommen, ob und wie sich die zuständigen Politiker untereinander begegnen. Am Beispiel der Verhandlungen um die Beteiligung am Anteil der Gemeinden an der Stromproduktion bzw. der Übernahme des Verteilernetzes kann man sehen, dass man auf rein institutioneller Ebene schwer weiterkommt, denn die Verhandlungen und Entscheidungen finden vielfach außerhalb des institutionellen Rahmens statt.
Eine Institutionalisierung dieser Zusammenarbeit gibt es im Bundesland Tirol nicht. Dafür ist auf Bundesebene ein Konsultationsmechanismus vorgesehen. Falls durch Entscheidungen des Bundes oder des Bundeslandes eine zusätzliche Belastung für die Gemeinden entsteht, muss es eine entsprechende Absprache zwischen Gesetzgeber und Gemeinden geben, ansonsten müssen die Gemeinden einen finanziellen Ausgleich erhalten. Den Konsultationsmechanismus in Gang gesetzt hat kürzlich die Stadt Innsbruck in Bezug auf ein Gesetz des Landes, das die Kleinkinderbetreuung betrifft. In Bayern gibt es zur Absicherung der Gemeinden einen ähnlichen Mechanismus, der Konnexitätsprinzip genannt wird. Diese Formen sind defensiv ausgerichtet und haben den Zweck, die Gemeinden zu schützen, lassen aber keine aktive Rolle der Gemeinden oder von deren Verbänden zu.
Aufgrund der entsprechenden Bestimmungen können die Regionen mit Sonderstatut selbst die Zuständigkeiten zwischen Region bzw. dem Land und den Gemeinden regeln. Dabei nimmt das Land Südtirol alles andere als eine Vorreiterrolle ein. In allen anderen Regionen wurden bereits entsprechende Gesetze erlassen, wie in Friaul-Julisch Venetien (RG Nr. 1/2006) und Sardinien (RG Nr. 9/2006), ebenso im Trentino.
Die Situation im Trentino
Auch die Provinz Trentino (Landesgesetz Nr. 3/2006) hat eine Neugestaltung des gesamten Systems der lokalen Selbstverwaltung eingeleitet, wobei die Grundprinzipien und -regeln für das Verhältnis des Landes und der entsprechenden Lokalkörperschaften festgelegt wurden.
Im Rahmen der Grundsätze wird auf die Autonomie der einzelnen Lokalkörperschaften verwiesen, die als souverän in ihrer institutionellen Tätigkeit anerkannt werden und dabei die Bedürfnisse der verschiedenen Sprachgruppen in der Bevölkerung im Rahmen der Verfassungs- und EU-Bestimmungen zu berücksichtigen haben.
In Bezug auf das institutionelle System der öffentlichen Zuständigkeiten wird das Verhältnis der einzelnen Lokalkörperschaften (Gemeinde, Land, Region) untereinander festgelegt. Dabei wird auf die Autonomie, die Zuständigkeiten, die gesetzgeberische Zuständigkeit und die Verwaltungszuständigkeit der einzelnen Körperschaften verwiesen und eingegangen. Der Rat der Lokalautonomien findet im Titel über die Subsidiarität seinen Niederschlag. Dabei werden die Einrichtung, die Funktion, die Zuständigkeit und die Verfahren sowie die Formen der Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden des Landes und der Region geregelt. Was die Finanzautonomie betrifft, so wird dieses Grundprinzip und die Finanzierungsform mit sämtlichen eigenen und Fremdeinnahmen definiert. Weiters wird auch das Buchhaltungssystem festgelegt sowie eine regionale Beobachtungsstelle für die Lokalfinanzen eingerichtet.
Diese Reform wird nun schrittweise umgesetzt, die neuen Aufgaben werden entsprechend übertragen.
Die Situation in Südtirol
In Südtirol lässt die Zuteilung der Kompetenzen im Sinne der Verfassungsreform und des Subsidiaritätsprinzips aufgrund des fehlenden politischen Willens weiterhin auf sich warten. Das Land selbst hat eine Autonomie erhalten, welche in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich ausgebaut worden ist, wobei aber wenig davon nach innen weitergegeben wurde.
Südtirol hat weiterhin ein sehr landabhängiges System, das aufgrund der zentralen Verwaltung und der Doppel- und Dreigleisigkeiten auch sehr viel an unnötiger Bürokratie verursacht. Loslassen und Selbstständigkeit bedeuten automatisch auch weniger Ansuchen, Genehmigungen und Abrechnungen. Es braucht eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten und eine entsprechende Finanzausstattung. Dabei sollen die Gemeinden möglichst autonom die Prioritäten festlegen können. Davon ist man aber noch weit entfernt.
Die derzeitige Vermischung von Zuständigkeiten und Finanzierungen zwischen Land und Gemeinden, aber auch die Abhängigkeit sollen anhand einiger konkreter Beispiele aufgezeigt werden:
Kindergärten: Südtirols Kindergärten sind zwar Landeskindergärten, für den Bau und die Instandhaltung sind aber die Gemeinden zuständig. Bisher waren für den Bau keine Landesbeiträge vorgesehen, sondern diese wurden höchstens nach Vorsprache beim Landeshauptmann von Fall zu Fall vergeben. Seit 2009 kann zumindest um eine Finanzierung über den Rotationsfonds angesucht werden. Für die Instandhaltung der Landeskindergärten wurde den Gemeinden ursprünglich zwar ein ordentlicher Landesbeitrag von 50 Prozent zugesagt (mittels Gesetz), dieser ist im Laufe der Jahre aber auf ca. 15 Prozent abgesackt. Das Kindergartenpersonal wird vom Land gestellt, mit Ausnahme des Küchenpersonals, welches wiederum die Gemeinden zu stellen haben, ebenso müssen Letztere für die Reinigungskosten aufkommen.
Fahrradwege: Der Bau der übergemeindlichen Fahrradwege wird zu 60 Prozent vom Land finanziert, zu 40 Prozent von den Gemeinden, durchgeführt von den Bezirksgemeinschaften. Die ordentliche Instandhaltung ist wiederum Zuständigkeit der Gemeinden, wofür sie Landesdienste in Anspruch nehmen, für die sie wiederum bezahlen müssen.
Laufende Ausgaben: Auch zur Finanzierung laufender Ausgaben müssen Südtirols Gemeinden Jahr für Jahr eine ganze Reihe von Gesuchen um Beiträge ans Land richten, wie jene zur Führung der öffentlichen Bibliotheken, der Schulmensen und viele andere mehr. Oder zum Beispiel die Bildungsausschüsse und Dorfvereine, die sowohl von den Gemeinden wie auch vom Land finanziert werden.
Öffentliche Arbeiten: Für nahezu alle öffentlichen Arbeiten der Gemeinden braucht es die technischen Gutachten der Landesämter und Gesuche um Beiträge, verbunden mit entsprechender Bürokratie und Zeitverzögerung. Zwecks Finanzierung von öffentlichen Bauten wie Schulgebäuden, Kindergärten, Rathäusern, Sportplätzen, Feuerwehrhallen und anderen mehr bleibt zudem in Südtirol keinem/r BürgermeisterIn der Gang zum Landeshauptmann erspart.
Die Reihenfolge der öffentlichen Bauten hängt wesentlich davon ab, ob und wann es für etwas einen Beitrag gibt oder nicht. Ein Beispiel: Zu Beginn der letzten Legislaturperiode hat eine Gemeinde eine Prioritätenliste der geplanten Investitionen erstellt. Ein bestimmtes Projekt wurde dabei an 21. Stelle gereiht. Als jedoch der Obmann des betroffenen Dorfvereins mit der guten Nachricht zum Bürgermeister kam, der Landeshauptmann habe ihm für das Projekt einen Beitrag zugesichert, erhielt dieses Vorhaben plötzlich Vorrang und die Gemeinde übernahm die Restfinanzierung, denn niemand kann wohl verantworten, einen Beitrag nicht in Anspruch zu nehmen.
Diese Abhängigkeit von Beiträgen nimmt auf der einen Seite die direkte Verantwortung von den Gemeinden und erzeugt auf der anderen das Gefühl, lieb Kind des Landeshauptmanns sein zu müssen. Wirtschaftliches Denken wird nicht belohnt – es ist jener der bessere Verwalter, der imstande ist, mehr Beiträge auszuhandeln.
Die Situation in Tirol
Die Zuständigkeiten der Gemeinden werden in Tirol durch Bundesgesetze geregelt (Bundesverfassungsgesetz Artikel 115 bis 120) und im Gegensatz zur italienischen Verfassung dort auch aufgelistet. Den Gemeinden wird dabei ein eigener und ein übertragener Wirkungsbereich zuerkannt. Unter einem eigenen Wirkungsbereich wird jener Bereich verstanden, bei dem die Gemeinden keiner staatlichen Weisung unterliegen (aufgelistet in B-VG Art. 118 Absatz 3, z. B. Bestellung der Gemeindeorgane, Ortspolizei, örtliche Raumplanung usw.), während übertragene Bereiche jene sind, welche den Gemeinden von höherer Stelle – sei es vom Bund oder vom Land – übertragen werden (z. B. Standesamt, statistische Erhebungen, Aufgaben im Rahmen der sozialen Betreuung wie die Auszahlung von Arbeitslosenunterstützung). Zudem regelt das Finanzverfassungsgesetz und das Finanzausgleichsgesetz die Finanzierung der Gemeinden. Innerhalb der Vorgaben durch das Bundesverfassungsgesetz wird die Organisation der Gemeinden zusätzlich durch die Tiroler Gemeindeordnung geregelt.
Nur an eine Gemeinde mit mindestens 20.000 EinwohnerInnen darf ein Statut verliehen werden. Dazu ist ein Landesgesetz erforderlich, das wiederum die Zustimmung der Bundesregierung braucht. Für alle anderen Gemeinden gilt als Grundlage die Tiroler Gemeindeordnung. Allerdings können die Gemeinden auch über die Geschäftsordnung Regelungen beschließen, oder der Gemeinderat überträgt mittels Einzelbeschluss Aufgaben auf den Ausschuss.
Die Gemeinden Tirols können Fachausschüsse bilden, welche nicht nur Aufgaben der Beratung übernehmen können, sondern anstelle des Gemeinderates Entscheidungen treffen können. So können sie kleinere Bauaufträge vergeben oder Vorstellungsgespräche zur Personalaufnahme führen.
Weitreichend sind die Kompetenzen der Tiroler BürgermeisterInnen. Sie können im Ausmaß von bis zu 5 Prozent der Budgetsumme selbstständig entscheiden (mit Ausnahme jener Aufgaben, welche per Gesetz dem Gemeinderat vorbehalten sind). Damit entscheidet der/die BürgermeisterIn in Gemeinden mit einem 20-Millionen-Haushalt über Ausgaben von bis zu einer Million selbstständig. Somit kommt seine/ihre Rolle jener eines/einer Geschäftsführers/-führerin gleich, während die Gemeindeausschüsse eine Art Aufsichtsrat bilden. Diese weitreichenden Kompetenzen wurden mit der Direktwahl des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin in die Gemeindeordnung aufgenommen, um zu verhindern, dass in Gemeinden, in welchen der/die BürgermeisterIn über keine Mehrheit im Gemeinderat verfügt, der Gemeinderat dem/der BürgermeisterIn den Spielraum nimmt. Diese Zuständigkeiten gehen weit über jene der Südtiroler BürgermeisterInnen hinaus, die keinen Handlungsfreiraum bei den Ausgaben haben.
Zudem können die BürgermeisterInnen Tirols Punkte von der Tagesordnung der Ratssitzungen nehmen, erstellen den Gemeindehaushalt, während ein Misstrauensvotum gegen sie kaum möglich ist. Somit ist ihre Position im Vergleich zu der ihrer KollegInnen Südtirols und des Trentino wesentlich stärker.
Die interne Kontrolle erfolgt in Tirol über den Überprüfungsausschuss, welcher vierteljährlich die Kassaprüfung und jährlich die Vorprüfung des Rechnungsabschlusses vornimmt. Ebenso ist kein Rechnungsprüfer vorgesehen, welcher so wie in Südtirol ein Gutachten zum Haushaltsvoranschlag und den Haushaltsänderungen abgeben muss.
Die Aufsicht über die Gemeinden Tirols üben die Gemeindeabteilung des Landes und die Bezirkshauptmannschaft aus, welche sich Rechtmäßigkeits- und Gebarenkontrolle teilen. Zudem prüft der Bundesrechnungshof die Gemeinden mit über 10.000 EinwohnerInnen, während die kleineren Gemeinden aufgrund besonderer Umstände der Landesrechnungshof prüfen kann.
Diese Möglichkeiten der Prüfung hat in Südtirol weder das Land noch die Kontrollsektion des Rechnungshofes. Allerdings gibt es in Italien im Gegensatz zu den anderen Ländern Mitteleuropas die rechtsprechende Sektion des Rechnungshofes. Über diese kann die dort angesiedelte Staatsanwaltschaft punktuell Verfahren gegen Gemeindeverwalter und Beamte in die Wege leiten (vgl. Promberger 2005).
4. Gemeindenfinanzierung
Gemeindeautonomie hat nicht nur mit Augenhöhe und mit Zuständigkeiten zu tun, sondern vor allem mit der Finanzausstattung bzw. mit der Finanzautonomie. Nach einem verhaltenen Start zur Umsetzung der Verfassungsreform auch auf Staatsebene ist letzthin wieder einiges in Bewegung geraten. Dies geschah vor allem in Form der Entscheidung des Staates, auf den Steuerföderalismus zu setzen. Keine Steuerautonomie, aber immerhin.
Den Regionen und Gemeinden sollen weiterreichende Möglichkeiten der Steuergestaltung eingeräumt werden. Schon ab 2011 sollten die Gemeinden einen Anteil an Staatssteuern erhalten wie an den Registergebühren, den Hypothekar- und Katastersteuern und der IRPEF auf Immobilien. In den darauffolgenden Jahren soll unter anderem eine neue Gemeindesteuer eingeführt werden, welche andere Steuern ersetzen und die Finanzautonomie der Gemeinden ausbauen soll.
Zudem wird vom Staat, der bis auf die Regionen mit Sonderstatut für die Finanzierung der Gemeinden zuständig ist, die zusätzliche Finanzierung der fundamentalen Dienste der Gemeinden über Standardkosten (benchmark) angedacht. Dies würde gutes Verwalten belohnen. Ein Weg, der auch Teil des vorgeschlagenen Finanzierungsmodells für Südtirols Gemeinden ist.
Wenn der Staat umzudenken beginnt, so deshalb, weil er scheinbar wieder die Stärken der kleinen öffentlichen örtlichen Körperschaften entdeckt hat bzw. die Schwächen des Zentralstaates erkennen musste. Oder hat der Staat ganz einfach eingesehen, dass die Staatsfinanzen mit dem derzeitigen System nicht mehr in den Griff zu bekommen und die öffentlichen Körperschaften wieder in mehr Eigenverantwortung zu entlassen sind?
Über eine direkte Beteiligung der Regionen, Provinzen und Gemeinden am Steueraufkommen bzw. über eigene Steuern sollen die jeweiligen Körperschaften aber nicht nur bei den Einhebungen stärker in die Verantwortung genommen werden, sondern auch bei den Ausgaben. Derzeit werden in Italien 80 Prozent der Steuern direkt vom Staat eingehoben, in Österreich sind es 70 Prozent, in Deutschland weniger als 50 Prozent. Ein direkter Bezug Steuerzahler–Geldverteiler erzeugt auf der einen Seite Druck für einen sparsameren Umgang mit den Steuermitteln und schafft auf der anderen Seite ein stärkeres Kostenbewusstsein.
Ein Positivbeispiel stellen die Gemeinden der Schweiz dar. Die oft erwähnte Bürgerbeteiligung in der Schweiz hat nicht nur mit einer langen Tradition zu tun, sondern auch mit einem anderen Finanzierungssystem. Aufgrund der föderalistischen Struktur der Schweiz haben neben dem Bund und den Kantonen vor allem auch die Gemeinden das Recht Steuern einzuheben. Die Gemeinden haben somit die Möglichkeit, in einem beträchtlichen Ausmaß aktiv die Steuern zu gestalten, stehen somit nicht nur untereinander im Wettbewerb, sondern auch in direkter Verantwortung dem Steuerzahler gegenüber. Die Ausgaben einer Gemeinde haben unmittelbare Auswirkungen auf den Steuersatz. Wenn in vielen Gemeinden der Schweiz die BürgerInnen und nicht der Gemeinderat über den Gemeindehaushalt und somit auch über die Investitionen abstimmen, so geschieht dies vor einem ganz anderen Hintergrund. Weiß der/die BürgerIn, dass der Bau eines neuen Schulgebäudes oder eines neuen Bürgerzentrums direkte Auswirkungen auf seine Brieftasche hat, entsteht dadurch auch ein Kostenbewusstsein.
Ein anderes Beispiel aus dem Bundesland Tirol: Mit 1. Jänner 2009 wurde in der Altenbetreuung das Kinderregressrecht abgeschafft. Das heißt, dass sich die Kinder all jener Personen, die in Strukturen betreut werden müssen, nicht mehr an den Kosten beteiligen müssen. Die Folge: Hatten sich Land und Gemeinden 2008 noch Kosten von 7,3 Millionen Euro zu teilen (Schlüssel 35 Prozent zu 65 Prozent, wobei für die Pflegestufen 1 und 2 zur Gänze die Gemeinden aufkommen müssen), stiegen diese in den ersten 11 Monaten 2009 auf das Dreifache, und zwar nicht zuletzt aufgrund des zugenommenen Druckes auf die Strukturen.
Die Gemeinden haben immer mehr und immer neue Aufgaben zu erfüllen. Einmal aufgrund der neuen Lebensstandards der Bevölkerung und einmal aufgrund der Entwicklung der Gesellschaft. Denn Aufgaben wie Kinder- und Altenbetreuung, die früher von den Großfamilien übernommen wurden, müssen heute immer mehr von den Gemeinden übernommen werden. Nicht zuletzt muss auch der steigenden Erwartungshaltung der BürgerInnen Rechnung getragen werden. Diese Erwartungshaltung den öffentlichen Einrichtungen gegenüber und die Bereitschaft, sich selbst einzubringen, hat wesentlich mit der Art der Kostenbeteiligung zu tun.
Der Bereich Steuern war in Italien bisher fast ausschließlich Zuständigkeit des Staates, jetzt soll dies zumindest in Teilen gelockert werden. Bereits 1993 wurde die Gemeindeimmobiliensteuer als Gemeindesteuer auf Gebäude und Baugrundstücke eingeführt, welche 10–15 Prozent der laufenden Einnahmen der Gemeinden ausmacht. Hier haben die Gemeinden einen Ermessensspielraum und können die Steuern direkt einheben. Ebenso haben sie die Möglichkeit, einen Aufschlag auf die Einkommenssteuer einzuheben, von der zurzeit nur 15 Gemeinden Südtirols Gebrauch machen. Alle Anteile an Staatssteuern oder eventuelle Ausgleichszahlungen, wie jene, die aufgrund der Befreiung der Erstwohnungen von der Gemeindeimmobiliensteuer zu leisten sind, müssen immer über den Landeshaushalt laufen. Die Zuständigkeit zur Gemeindenfinanzierung hat kraft Autonomiestatut nämlich das Land.
Südtirol
Es ist äußerst spannend zu sehen, welche unmittelbaren Auswirkungen der Steuerföderalismus auf die Gemeinden Südtirols haben wird. Sollte künftig tatsächlich ein fixer Teil bestimmter Staatssteuern den Gemeinden zustehen, ist zu klären, in welcher Form dies geschehen wird. Es ist nämlich zu befürchten, dass aufgrund seiner Zuständigkeiten das Land die entsprechenden Beträge ausbezahlt bekommen wird und nicht die Gemeinden direkt.
Mit dem Mailänder Finanzabkommen zwischen Land und Staat hätte Südtirol sogar die Möglichkeit, in einem bestimmten Rahmen eigene Steuern einzuführen. Ein erster Versuch war der Vorschlag einer Hundesteuer, die von den Gemeinden schon lange gefordert wird. Während der Haushaltsdebatte 2011 hat die Mehrheit der Abgeordneten dann den betreffenden Artikel aber wieder zurückgezogen.
Solange das Land einen so hohen Anteil am Steueraufkommen vom Staat zurückerstattet bekommt und davon auch die Gemeinden gut leben können, werden die zusätzlichen Spielräume zwischen Steueraufschlägen oder gar neuen Steuern wohl kaum genutzt werden müssen. Was die Höhe der Steuern betrifft, so bleibt in erster Linie der Staat dem Steuerzahler gegenüber verantwortlich. Vorerst setzt somit weiterhin der Staat den Großteil der Steuern fest und treibt sie auch ein. 90 Prozent davon werden wieder an das Land abgegeben, das die Rolle des Verteilers innehat.
Der Kampf um eine angemessene Finanzregelung zwischen Land und Gemeinden ist allerdings nicht neu. Ein erstes Modell wurde noch unter der Regierung von Silvius Magnago regelrecht erkämpft. So drohten zu Beginn der 70er-Jahre 80 Bürgermeister mit Rücktritt, sollte nicht einer neuen Finanzregelung zugestimmt werden. Seitdem ist diese Regelung nie mehr einer grundlegenden Reform unterzogen worden und konnte damit auch nicht an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Dadurch müssen noch heute die Mittel zur Gemeindenfinanzierung jährlich neu verhandelt und vieles muss über Sondergesetze finanziert werden.
Betrachten wir nun das derzeitige Finanzierungsmodell etwas näher. Der Großteil der Einnahmen der Gemeinden erfolgt über Beiträge des Landes. So erhielten diese bis zum Jahre 2007 13,5 Prozent der Steuereinnahmen aus dem Landeshaushalt (Titel 1, 2 und 3) zur Finanzierung der Grundbedürfnisse. Seither wurde dieser Anteil frei verhandelt. Dieser Teil, immerhin um die 500 Millionen Euro pro Jahr, wird dann den Gemeinden auf Grundlage bestimmter Kriterien zugewiesen.
Ein Teil wirkt als Ausgleich zu den laufenden Ausgaben, der überwiegende Teil davon als sogenannte Pro-Kopf-Quote (zurzeit ca. 260 Millionen Euro). Diese ist heute nur nach Gemeindegrößen gestaffelt. So erhalten die Gemeinden bis 10.000 EinwohnerInnen am wenigsten, die Gemeinden von 10.000 bis zu 30.000 EinwohnerInnen etwas mehr und die Städte Meran und Bozen den höchsten Betrag pro Kopf. Diese Gleichbehandlung führt zu immer größeren Ungerechtigkeiten, denn damit wird den individuellen Unterschieden der Gemeinden in keiner Weise Rechnung getragen.
Aufgrund unterschiedlicher Verpflichtungen gibt es nämlich beträchtliche Abweichungen auf der Ausgabenseite der Gemeinden. So hat eine Landgemeinde beispielsweise 180 km ländliches Straßenwegenetz zu betreuen und eine der großen Städte nur 36 km. Noch größere Unterschiede finden wir inzwischen auf der Einnahmenseite. Die Gemeindeimmobiliensteuer beträgt in einer Gemeinde 40 Euro, während eine der Tourismushochburgen immerhin mit über 900 Euro je EinwohnerIn rechnen kann. Gravierend sind die Unterschiede auch aufgrund der Einnahmen durch die Produktion von elektrischer Energie. Es gibt Gemeinden, welche Einnahmen in Millionenhöhe zur Verfügung haben, ohne dass es in irgendeiner Form einen Ausgleich gibt. Diese haben nach wie vor denselben Zugang zu den Fördertöpfen des Landes. In allen Nachbarländern ist ein solcher Ausgleich aufgrund der Finanzkraft oder der Finanzschwäche vorgesehen.
Die Finanzautonomie der Gemeinden betreffend jenen Teil der laufenden Einnahmen, der aufgrund eigener Gemeindeabgaben eingenommen wird, beträgt im Schnitt nur 14 Prozent der Einnahmen, wobei die Gemeinden innerhalb dieses Anteils nur einen sehr geringen Spielraum haben.
Jener Teil, den die Gemeinden zur Finanzierung der Investitionen der Gemeinden als fixen Anteil erhalten, entspricht durchschnittlich zwischen 10 und 20 Prozent ihres Anteils aus dem Landeshaushalt und zwischen 10 und 15 Prozent der Investitionsausgaben der Gemeinden. Der Rest wird von den Gemeinden selbst über direkte Verrechnungen, wie im Falle von Erschließungsanlagen, Erschließungsgebühren, Baukostenabgaben, oder durch Beiträge über Sonderbeiträge des Landes aufgebracht – oder, und das hat sich zu einem großen Problem entwickelt, über Darlehen.
Das Gesetz zur Finanzierung der Gemeinden stammt noch aus einer Zeit der gering ausgestatteten Landeshaushalte sowie aus einer Zeit, als die Gemeinden einen Aufholbedarf besaßen, aber nicht ausreichend Finanzmittel zur Verfügung standen.
Wesentliche Teile der Gemeindeinvestitionen waren seitdem darlehensfinanziert. Die Gemeinden erhielten als Landeshilfe einen Teil der Amortisierungsraten als Landesbeitrag zurückerstattet. Diese Regelung mag für die damalige Zeit zwar sinnvoll gewesen sein, hat die Gemeinden aber, da die Form der Gemeindefinanzierung nicht dem enorm gestiegenen Landeshaushalt angepasst wurde (inzwischen über 5 Milliarden Euro), inzwischen in eine Schuldenfalle tappen lassen. Seitdem die Gemeinden einen fixen Anteil aus dem Landeshaushalt erhalten, wurde der Landesbeitrag zur Amortisierung der Gemeindedarlehen den Gemeinden von ihrem Anteil am Landeshaushalt abgezogen, sodass sie die Darlehen samt Landesbeiträgen selbst zurückzahlen müssen. Allerdings muss dies nicht die einzelne Gemeinde, sondern die Gemeinden müssen dies gemeinsam leisten. Dies bedeutet, dass jene Gemeinden, die keine Schulden gemacht haben, den anderen Gemeinden bei der Rückzahlung von deren Schulden helfen müssen.
Die gesamte Restschuld der Südtiroler Gemeinden beträgt zurzeit ca. 1,2 Milliarden Euro, das ist mehr als die Summe aller Gemeindehaushalte eines Jahres und im Durchschnitt 2.300 Euro pro Kopf. Diese Schuld liegt somit weit über dem staatlichen Schnitt von 1.100 Euro pro Kopf und auch weit über dem Schnitt der Gemeinden des Trentino. Die Unterschiede dabei reichen von schuldenfreien Gemeinden bis zu einer Verschuldung von bis zu 6.800 Euro pro EinwohnerIn. Über 500 Millionen Euro sind noch aufgrund von Investitionen im Bereich Trink- und Abwasseranlagen zurückzuzahlen, 370 Millionen aufgrund von Schulbauten, der Rest aufgrund von Altersheimbauten, dem Bau von Schwimmbädern, Rathäusern und anderen Investitionen. Somit werden einer Gemeinde mit 3.000 EinwohnerInnen noch 20 Jahre lang 360.000 Euro jährlich an Einnahmen fehlen, unabhängig davon, ob sie sich selbst verschuldet hat oder nicht. Zudem werden die ca. 60 Millionen Euro an jährlichen Zinsen in Rom (Sitz der Depositenkasse) eingezahlt, womit dem Land der 90-Prozent-Anteil an diesen Steuern verloren geht.
Im Jahre 2008 ist die Notbremse gezogen worden. Es wurde ein interner Rotationsfonds eingerichtet, in den die Gemeinden selbst 50 Millionen jährlich einzahlen, weitere 50 Millionen kommen vom Land. Aus diesem Rotationsfonds erhalten die Gemeinden zu nahezu denselben Bedingungen Geldmittel zur Finanzierung jener Investitionen, die bis 2008 über Bankdarlehen finanziert wurden. Haben die Gemeinden bis 2008 noch 100–120 Millionen Euro an neuen Darlehen aufgenommen, wurde dieser Anteil nun auf null gesetzt. Die Gemeinden zahlen die Tilgungsraten von nun an in einen Fonds zurück, womit Geldmittel für künftige Investitionen auf die Seite gelegt werden. Ein großer Schritt.
Das Positive am bisherigen Finanzierungsmodell ist sicherlich, dass dadurch die Gebühren niedrig gehalten werden konnten. Nur jener Teil, der für Investitionen der im Bereich von Trink- und Abwasseranlagen anfallenden Amortisierungsraten gedacht war, musste auf die Gebühren aufgerechnet werden, welche die Gemeinden direkt zu bezahlen hatten.
Vergleichen wir dazu in aller Kürze die Finanzierungsmodelle von Südtirols Nachbarn, der Provinz Trentino und des Bundeslandes Tirol.
Trentino
In der Provinz Trentino ist die Gemeindenfinanzierung mit dem Landesgesetz Nr. 36 von 1993 und nachfolgenden Abänderungen geregelt. Auch hier ist eine Zweiteilung der Zuweisungen vorgesehen. Die ordentlichen Zuweisungen zur Finanzierung der laufenden Ausgaben der Gemeinden erfolgen auf der Grundlage eines Bedarfsschlüssels, in erster Linie über den Ausgleichsfonds und den Fonds für spezielle Gemeindedienste (2011: 268 Millionen Euro).
Die außerordentlichen Zuweisungen erfolgen einerseits aufgrund einer komplexen Formel über direkte Zuweisungen an die einzelnen Gemeinden (ca. 50 Millionen Euro/Jahr) und andererseits und zum großen Teil ab 2011 über die Talgemeinschaften, die nun für die Finanzierung von Gemeindestrukturen zuständig sind (mindestens 300 Millionen Euro innerhalb dieser Legislaturperiode, wobei die Gemeinden selbst über die entsprechenden Programme entscheiden und das Land dabei kein Mitspracherecht hat).
Auch im Trentino wurden seit Beginn der 90er-Jahre die Zuweisungen des Landes an die Gemeinden aufgrund eines fixen Anteils (22,1 Prozent der ersten drei Titel) am Landeshaushalt errechnet. Seit 2006 wird frei verhandelt. Sobald die Auswirkungen des Steuerföderalismus bekannt sind, soll wieder zu einem fixen Anteil zurückgekehrt werden, so Renzo Anderle, ehemaliger Präsident des Gemeindenverbandes des Trentino und Bürgermeister von Pergine.
Über die Zuteilung des im Vergleich zu Südtirol bescheidenen Reservefonds entscheidet das Land im Einvernehmen mit den Gemeinden, in Südtirol entscheidet darüber der Landeshauptmann. Darüber hinaus müssen die Betreiber der großen Wasserableitungen eine Zusatzgebühr an die Gemeinden leisten (36 Millionen Euro), über welche sie ab 2011 verfügen können. Auffallend ist, dass die Darlehen der Gemeinden des Trentino zum größten Teil über die Cassa del Trentino laufen und somit die Geldflüsse und die entsprechenden Steuereinnahmen innerhalb des Landes bleiben.
Die Finanzautonomie der Gemeinden in Bezug auf deren laufende Einnahmen ist auf regionaler Ebene ähnlich. Sie beträgt in Südtirol 47 Prozent und im Trentino 49 Prozent. Der italienische Durchschnitt beträgt allerdings 75 Prozent. Diese großen Unterschiede ergeben sich aufgrund der Tatsache, dass die Gemeinden in den Regionen mit Normalstatut weniger Zuweisungen von oben erhalten und sich deshalb stärker über eigene Einnahmen finanzieren müssen. Fast alle müssen einen Zuschlag auf die Einkommenssteuer einheben und die Gemeindeimmobiliensteuer über einen um ca. 50 Prozent höheren Hebesatz bei niedrigeren Freibeträgen einheben.
Tirol
Auch die Gemeinden des Bundeslandes Tirol haben keine allzu großen Spielräume bei der Gestaltung der Einnahmen. Das Finanzierungsmodell Tirols ist allerdings schwer mit jenem Südtirols und des Trentino vergleichbar. Die Grundlage bilden Kommunalsteuern und Bundesertragsanteile, aber vor allem horizontale und vertikale Verteilungen, deren Ausmaß alle vier Jahre zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verhandelt und vom Nationalrat beschlossen wird und für das gesamte Bundesgebiet gilt.
Laut einer Studie umfassen die Transferbeziehungen der Gemeinden Österreichs (ohne Wien) jährlich ca. 210.000 Tansfers. 41 Prozent davon sind absteigende, 39 Prozent aufsteigende (Ko-Finanzierung der Gemeinden von Landesaufgaben) und 20 Prozent horizontale (von den Gemeinden zu den Gemeindenverbänden) Transfers, eine enorme Verflechtung zwischen Aufgaben und deren Finanzierung, mit einem entsprechenden Aufwand und reduzierter Eigenverantwortung.
Die Bundesertragsanteile sind nach Gemeindegröße gestaffelt, wobei nicht nur der Unterschied zwischen Städten und kleinen Gemeinden wesentlich größer ist als in Südtirol (Multiplikator der EinwohnerInnen von 1,5 bis 2,33), sondern auch die Gesamtsumme. Erhielten Tirols Gemeinden 2009 als Bundesertragsanteil und Getränkeausgleichsteuer 808 Euro/EinwohnerIn bzw. 567 Millionen, so betrugen im selben Zeitraum in Südtirol die laufenden Zuweisungen vonseiten des Landes an die Gemeinden über die Pro-Kopf-Quote 520 Euro pro EinwohnerIn.
Noch größer erweist sich der Unterschied, wenn man die Gemeindesteuern vergleicht. Diese betrugen in Tirol im Jahre 2009 308 Millionen Euro, im Gegensatz dazu in Südtirol bescheidene 108 Millionen Euro (439 Euro zu 217 Euro/EinwohnerIn).
Während in Südtirol aber nur geringfügige Abgaben von den Gemeinden an das Land zu entrichten sind, müssen die Gemeinden Tirols beträchtliche laufende Transferzahlungen an das Land entrichten. 2009 waren dies 255 Millionen als Krankenhausumlagen, Landesumlage, Beitrag an den Gesundheitsfonds, Sozialbeiträge usw.
Finanziert in Südtirol also das Land zu einem großen Teil die Gemeinden, erhält das Bundesland Tirol wesentlich mehr von den Gemeinden, als es diesen gibt (Negativsaldo 2009: 71 Millionen Euro, ohne die Zahlungen der Gemeinden an den Tiroler Gesundheitsfonds von ca. 90 Millionen mit eingerechnet).
Die Differenz zwischen den laufenden Einnahmen und den laufenden Ausgaben beträgt im Vergleich zu Südtirol in Tirol das Zwei- bis Dreifache. Das bedeutet, dass dadurch die Gemeinden Tirols den größeren Spielraum haben, Investitionen über Eigenmittel zu finanzieren. Zudem wird in den Tiroler Gemeinden inzwischen vieles ausgelagert. In Österreich sind im Gegensatz zu Italien die Gemeinden auch in Bezug auf die Körperschaftssteuer Steuersubjekt, weshalb vor allem wegen der Steuervorteile viele Bauvorhaben über Gesellschaften abgewickelt werden. Der Nachteil dabei ist sicherlich, dass die Finanzsituation nicht mehr übersichtlich und die Verschuldung der Gemeinden kaum mehr überprüfbar ist (vgl. Amt der Tiroler Landesregierung 2009; Bröthaler 2006).
Wegen der verschiedenen Finanzierungsformen und Zuständigkeiten lässt sich schwer feststellen, welche Gemeinden über die meisten Finanzmittel verfügen – die unmittelbare Abhängigkeit der Gemeinden von Staat und Land ist, verglichen mit den nördlichen und südlichen Nachbarn, in Südtirol sicherlich am höchsten. Weder im Trentino noch in Tirol wird über individuelle Beiträge vonseiten des Landes so massiv in die Möglichkeiten der Gemeinden eingegriffen und somit gegen die Grundsätze des Subsidiaritätsprinzips verstoßen.
Konzept der Gemeindefinanzierung 2015
Aufgrund dieser Tatsache, aber vor allem in Erwartung der längst fälligen institutionellen Reform, hat sich der Südtiroler Gemeindenverband vorgenommen, ein neues Finanzierungsmodell für die Gemeinden Südtirols auszuarbeiten. Nachdem die Gemeinden in nächster Zukunft noch nicht über Eigeneinnahmen verfügen werden, welche sie unabhängig machen, muss zumindest ein Modell umgesetzt werden, das den Gemeinden so viel Autonomie und so viel Planungssicherheit wie möglich gibt. Über dieses sollten den einzelnen Gemeinden möglichst gerecht die Geldmittel zugewiesen werden. Das Konzept Gemeindefinanzierung 2015 umfasst vier Phasen:
1) Ein erster Schritt bestand darin, aus der Verschuldungssituation herauszukommen. Dies erfolgte mit der Einführung des Rotationsfonds – 2009 war das erste Jahr, in dem die Gemeinden keine neuen Bankdarlehen mehr aufgenommen haben. Aufgrund dieses Programms, das vorerst auf fünf Jahre angelegt ist, wird der alte Schuldenstand abgebaut, wobei man sich 250 Millionen Euro allein an Zinsen erspart, die ansonsten zu zahlen gewesen wären.
2) Für den nächsten Teil, die Neuaufteilung der Pro-Kopf-Quote über den Finanzbedarf, ist ein Grundsatzbeschluss gefasst worden. Die Grundlage (Verhältnis Standardkosten und Eigeneinnahmen) wird eine wissenschaftlich-mathematische mit einigen wenigen politischen Korrekturen sein, an denen noch gearbeitet wird.
3) Das Modell sieht auch eine neue Form der Zuweisung der Investitionsmittel vor. Dieser Teil würde den Gemeinden vor allem mehr Unabhängigkeit und Planungssicherheit bringen und vor allem Bürokratie abbauen. Denn Bürokratie abgebaut werden kann nur, wenn das Land bereit ist, loszulassen. Gerade dieser Teil des Modells würde einen Quantensprung in der Unabhängigkeit der Gemeinden bedeuten, für stärkeres Kostenbewusstsein sorgen und sparsames Verwalten belohnen.
4) Die Unterteilung der Zuweisungen nach laufenden Investitionen soll aufgehoben werden und erst im jeweiligen Haushalt erfolgen. Zur Kontrolle der laufenden Ausgaben würde künftig allein der Stabilitätspakt dienen, der damit endlich auch einen Sinn erhalten würde.
Sicher würde dadurch nicht wie in der Schweiz der unmittelbare Bezug zum Steuerzahler hergestellt werden, doch solange die Steuergesetzgebung nicht wesentlich geändert wird, wäre dieses Modell ein großer Schritt zu mehr Kostenbewusstsein. Steht ein möglichst fixes Budget zur Verfügung und kann oder muss man nicht für alles und jedes wieder zum Land um einen Beitrag pilgern, dann muss man haushalten. Ob das Land die Umsetzung dieses Konzeptes unterstützen wird, ist allerdings äußerst fraglich.
5. Übergemeindliche Zusammenarbeit oder Zusammenschluss von Gemeinden?
Immer öfter taucht folgende Frage auf: Soll man nicht eine Gebietsreform beschließen und Gemeinden zusammenlegen, um Kosten zu sparen? Immerhin gibt es bereits heute viele Formen der Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, wie den Gemeindenverband, gemeinsam geführte Altersheime, Abwasserverbände, vor allem die Bezirksgemeinschaften, die je nach Land unterschiedlich geregelt und organisiert sind.
Die Bezirksgemeinschaften Südtirols haben dabei nur Aufgaben zu erfüllen, die ihnen von den Gemeinden delegiert werden. Insbesondere Aufgaben im Bereich Sozialdienste, Umweltdienste und anderes mehr. Sie sind somit ausschließlich Dienstleister.
Im Trentino wurden aufgrund der institutionellen Reform die Talgemeinschaften eingerichtet. Sie erhielten auf Basis eines Einvernehmens zwischen Land und Gemeinden konkrete Aufgaben, wie Zuständigkeiten im Bereich Raumordnung und öffentliche Bauten, wie den Bau von Schulgebäuden, Feuerwehrhallen und Abwasseranlagen, aber ebenso Zuständigkeiten im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs, des öffentlichen Wohnbaus u.a.
Das staatliche Gesetzesdekret Nr. 78 vom 31.05.2010, umgewandelt in das Gesetz Nr. 122 vom 30.07.2010 (decreto Tremonti), das die Verpflichtung für Gemeinden unter 5.000 EinwohnerInnen vorsieht, ihre fundamentalen Dienste über Formen der Zusammenarbeit zu organisieren, ist nicht unmittelbar anzuwenden. Trotzdem wurde im Einvernehmensprotokoll zum Finanzabkommen 2011 zwischen Land und Gemeinden festgelegt, dass in Anlehnung an die staatlichen Vorgaben zusätzliche Aufgaben der Gemeinden unter 3.000 EinwohnerInnen gemeindeübergreifend abzuwickeln seien. Das Thema Zusammenarbeit spielt im Trentino somit eine immer wichtigere Rolle.
Im Bundesland Tirol sind die Bezirkshauptmannschaften eine Behörde, welche die Aufgabe hat, Bundes- und Landesgesetze in ihrem Bezirk umzusetzen und die entsprechenden Anordnungen zu vollziehen. Zusätzlich können die Gemeinden Aufgaben an die Bezirkshauptmannschaft übertragen. Die Bezirkshauptmannschaften sind dem Landeshauptmann unterstellt. Der Bezirkshauptmann wird von der Landesregierung ernannt, während die Organe der Bezirksgemeinschaften Südtirols demokratisch von den Mitgliedsgemeinden gewählt werden, jene der Talgemeinschaften des Trentino zum großen Teil direkt vom Volk.
Sicherlich wird es notwendig sein, dass die Gemeinden stärker zusammenarbeiten, nicht nur in Bezug auf Dienstleistungen, sondern auch Aufgaben der Verwaltung sollten gemeinsam organisiert werden. Arbeiten die Gemeinden Südtirols im Bereich der Dienstleistungen sehr gut zusammen (2.000 Beschäftigte in den Bezirksgemeinschaften gegenüber den 4.300 der Südtiroler Gemeinden), lässt dies im Bereich der Verwaltung noch sehr zu wünschen übrig. Hier sind die Kirchtürme noch sehr hoch. Obwohl es in Südtirol wesentlich weniger Gemeinden gibt als in den benachbarten Ländern (116 in Südtirol, 279 in Nordtirol und 219 im Trentino), wird es im Sinne einer effizienten Verwaltung unabdingbar sein, neue Formen der Zusammenarbeit zu finden. Nicht nur im Bereich der Stadt- und Gemeindepolizei, sondern auch in Bezug auf die Bauhöfe, die Bauämter, Buchhaltung usw. ist noch sehr viel an Potenzial vorhanden. Ist für bestimmte Formen der Zusammenarbeit die Ebene der heutigen Bezirke nicht ideal, da diese zu groß und zu inhomogen sind, bräuchte es dazu auch nicht neue Körperschaften mit eigenen Verwaltungen, sondern es könnten künftig Gemeinden über Vereinbarungen auch Verwaltungsaufgaben anderer Gemeinden übernehmen. Es wird aber noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten sein.
Eine von oben verordnete Zusammenarbeit oder gar Zusammenlegung von politischen Gemeinden ist problematisch. In der Theorie mag es zwar stimmen, dass große Gemeinden günstiger arbeiten als kleine, doch die Praxis zeigt uns etwas ganz anderes. Zum einen werden Gemeinden ab einer bestimmten Größe unüberschaubar, aber noch wichtiger ist, dass sich in den kleinen Gemeinden die BürgerInnen noch ganz anders mit ihrer Gemeinde identifizieren und Dinge aus einem gemeinschaftlichen Denken heraus erledigen, die zu erledigen in einer Stadt niemand mehr bereit ist. Wenn Gemeindezusammenlegungen, dann nur, wenn von unten gewollt.
6. Partizipation
Soll Gemeinschaft auf Dauer funktionieren, müssen die BürgerInnen Verantwortung übernehmen und in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Bürgerbeteiligung wird heute allerdings von vielen recht einseitig gesehen, denn natürlich geht es dabei um Mitentscheidung bei Projekten oder Vorhaben. Es ist aber zu wenig, laut die Stimme zu erheben und Entscheidungen zu kritisieren, es muss auch die Bereitschaft vorhanden sein, sich aktiv an den täglichen Aufgaben der Gesellschaft zu beteiligen. Gemeinschaft ist keine Einbahnstraße. Nach wie vor gibt es viele, die sich als Einzelperson, über Vereine oder Verbände ehrenamtlich für die Gemeinschaft einsetzen. Es gibt aber auch immer mehr, die sich aus der Gemeinschaft verabschiedet haben. Je größer die Gemeinde, desto stärker ist dies spürbar. Andererseits ist es Aufgabe der Politik, die BürgerInnen in die Entscheidungen mitzunehmen, sie einzubinden.
Südtirol
Die Formen der Mitbestimmung auf Gemeindeebene werden in den Satzungen geregelt. Dabei kann festgelegt werden, worüber direktdemokratisch abgestimmt werden darf (im Rahmen der Verfassung) und ob die Abstimmungen bindend sind oder nicht. Auch die Zugangshürden und das Beteiligungsquorum können geregelt werden. So gibt es in Südtirol mittlerweile so viele Regelungen, wie es Gemeinden gibt, neun Gemeinden haben zum Beispiel kein Beteiligungsquorum vorgesehen, damit Referenden rechtsgültig sind.
Inzwischen hat es einige Volksabstimmungen gegeben, die bisherigen Erfahrungen sind aber durchaus nicht alle positiv. In der Gemeinde Tisens wurde nach hartem Kampf der Bau eines Bergzoos befürwortet, konnte aber dann aufgrund der Volksabstimmung doch nicht realisiert werden. In der Gemeinde Ulten wurde trotz einer Ablehnung durch das Volk und nur ein Jahr später das Skigebiet neu erschlossen. Kürzlich sind in der Gemeinde Laas und in der Gemeinde Bruneck zwei Volksabstimmungen am Beteiligungsquorum gescheitert. In Laas sollten die Bürger über die Abänderung der Gemeindesatzung abstimmen, wobei unter anderem vorgesehen war, die Zahl der Ausschussmitglieder zu reduzieren, in Bruneck sollte über ein Skipistenprojekt abgestimmt werden.
Erfolgreich waren die Abstimmungen in Bezug auf die Hallenbäder von Innichen und Kaltern. Ersteres wurde aufgrund eines positiven Ausganges der Bürgerbefragung gebaut, jenes von Kaltern aufgrund des negativen Ausganges der Bürgerbefragung nicht.
Demnächst stehen Volksbefragungen in den Gemeinden Mals und Graun an. Dort soll über die Errichtung von Windkraftanlagen entschieden werden.
Trentino
Als positiv erweisen sich sicherlich einige Beispiele aus dem Trentino. Dort wurden im Jahre 2009 aufgrund des Bürgerwillens die Gemeinden Bezzecca, Concei, Molina di Ledro, Pieve di Ledro, Tiarno di Sopra und Tiarno di Sotto zur Gemeinde Ledro zusammengeschlossen, ebenso die Gemeinden Bleggio Inferiore und Lomaso zur Gemeinde Comano Terme. Dem vorausgegangen ist ein Verbund dieser Gemeinden zur gemeinsamen Verwaltung von verschiedenen Diensten. In diesen Verbund wurden nicht nur zahlreiche Gemeindeaufgaben verlegt, sondern auch sämtliche Gemeindeämter. Die Zustimmung seitens der BürgerInnen betrug je nach Gemeinde zwischen 58 und 86 Prozent. Es sei angemerkt, dass der positive Ausgang der Abstimmungen sicherlich auch damit zu tun hatte, dass sich die BürgerInnen dieser Gemeinden nicht zuletzt aufgrund der versprochenen zusätzlichen Beiträge seitens der Region einen unmittelbaren Vorteil erwarten konnten.
Es gibt zwar Gemeinden, welche ihre Haushalte vor deren Genehmigung den Bürgern vorstellen und deren Wünsche auch aufgreifen und einfließen lassen, sonstige Formen der Bürgerbeteiligung sind im Trentino aber eher selten.
Tirol
Im Bundesland Tirol sind die Formen der Bürgerbeteiligung durch die Gemeindeordnung einheitlich geregelt. Sie betreffen dabei Instrumente wie Volksbefragung, Gemeindeversammlungen, das Petitions- und Informationsrecht und die Teilnahme der BürgerInnen in den Ausschüssen. Volksbefragungen können unter bestimmten Voraussetzungen von den GemeindebürgerInnen (1/6 der Wahlberechtigten), vom Gemeinderat (mit einer 2/3-Mehrheit) und vom Bürgermeister (wenn dieser glaubt, dass ein Beschluss des Gemeindeausschusses die Interessen der Gemeinde verletzt) verlangt werden. Volksbefragungen sind allerdings nicht bindend.
Die ersten Erfahrungen mit den neuen Instrumenten der direkten Demokratie haben gezeigt, dass der Weg hin zu einer stärkeren Partizipation ein schwieriger, aber höchst notwendiger Prozess ist, bei dem alle Seiten lernen müssen. Die Rolle des Bürgers/der Bürgerin muss dabei wieder eine aktivere und direktere werden, um die über Jahrzehnte aufgebaute Distanz zwischen Zivilgesellschaft und Institutionen und die damit verbundene Erwartungshaltung zu überwinden.
7. Fazit
Die Gemeinden befinden sich in einer Phase des Umbruchs, einerseits in ihrer Position gegenüber Land und Staat, aber vor allem auch gegenüber den eigenen BürgerInnen. Dieser notwendige Paradigmenwechsel betrifft nicht nur Südtirol. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass den Gemeinden eine neue Rolle zugestanden werden muss, die sich stark an der alten, ursprünglichen Rolle orientiert. Damit sind wir wieder am Ausgangspunkt angelangt. Die Gemeinden wurden gegründet, um jene Aufgaben zu erledigen, die der Einzelne nicht erledigen kann und die gemeinsam leichter zu erledigen sind. Haben auf der einen Seite Staat und Länder immer mehr Aufgaben an sich gezogen und haben auch die Gemeinden den BürgerInnen immer mehr solcher Aufgaben abgenommen, so hat sich auf der anderen Seite auch die Gesellschaft weiterentwickelt, und zwar immer weiter weg von einem gemeinschaftlichen Denken. Deshalb braucht es einen Paradigmenwechsel, eine neue Einstellung zur Gemeinschaft seitens der Politik, aber auch seitens der BürgerInnen. Denkweisen lassen sich aber nicht mit Paragraphen allein ändern.
Literaturverzeichnis
Beimrohr, Wilfried (2009). Über die Gemeinden in Alttirol, in: Die Gemeinde, Nr. 6/Mai 2009
Schuler, Arnold u.a. (2009). Plauser Thesen. Durch Eigenverantwortung zu mehr Würde. www.plauserforum.info (12.1.2011)
Amt der Tiroler Landesregierung (2009) (Hg.). Die Finanzlage der Gemeinden Tirols 2009, www.tiroler-bauernbund.at/dataarchive/data48/finanzstatistik_2009_mit_lesezeichen.pdf (12.1.2011)
Riz, Roland/Happacher, Esther (2008). Grundzüge des italienischen Verfassungsrechts unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Aspekte der Südtiroler Autonomie, Innsbruck: Studia
Promberger, Kurt (2005). Managemant der Gemeinden in Tirol und Südtirol, Innsbruck: Studienverlag
Bröthaler, Johann u.a. (2006). Österreichs Gemeinden im Netz der finanziellen Transfers: Steuerung, Förderung, Belastung, Wien: Springer
Abstracts
I Comuni dell’Alto Adige: autonomia, finanziamento, partecipazione
La carta europea prevede la riqualifica di quei diritti, di amministrazione comunale e della riforma della costituzione, che da sempre la contraddistingue. Infatti, la carta europea è l’ente pubblico più vicino al cittadino. Per quanto riguarda il principio di sussidiarietà, l’Alto Adige, purtroppo, non rappresenta certamente un modello da seguire. I comuni altoatesini sono, ancora, dipendenti dalla Regione. L’autonomia delle tasse è limitata, molti finanziamenti, attraverso contributi, giungono dalla Regione stessa e il pensiero economico cade, infine, in secondo piano. Nel frattempo, però, si è creata una forma istituzionalizzata che permette il coinvolgimento attivo dei Comuni sul territorio regionale. Con la speranza di dare più responsabilità ai Comuni, è stato attuato un ordinamento sui finanziamenti.
I comuns de Südtirol: autonomia, finaziamënt, partezipaziun
La cherta europeica dl’aministraziun autonoma comunala, la reforma costituzionala dl Stat, mo dantadöt na manira de ponsè nöia dess indô ti reconësce ai comuns chë importanza che ti speta bele da dagnora incà. Le comun é l’ënt publich che ti é plü daimprò ala jënt. La provinzia de Balsan n’é nia chëra che va danfora por ći che reverda la concretisaziun dl prinzip de sussidiarité. Al dedaincö depënn i comuns de Südtirol tres ćiamò dala Provinzia: ai à n’autonomia fiscala limitada, tröp vëgn finanzié cun contribuć provinziai y n ponsè economich n’é nia predominant. Intratan él gnü a s’al dè a livel provinzial na forma istituzionalisada de partezipaziun di comuns. Al é gnü laurè fora na reforma dl finanziamënt y an spera che chësta fejes deventè i comuns plü responsabli.
Municipalities in South Tyrol:
Autonomy, Financing, and Participation
The European Charter of Local Self Government, a constitutional reform of the state, represents—first and foremost—a new way of thinking that restores a role to municipalities to which they have always been entitled. The municipality is the public body closest to the citizens. Unfortunately, the province of South Tyrol takes no leadership role in the implementation of the principle of subsidiarity. Municipalities in South Tyrol are still dependent on the province. Their tax autonomy is limited, and much is financed by contributions from the province—economic thinking is thus not a top priority. Now, however, there is an institutionalized form of participation for municipalities at the province level. A revision in financing has been worked out, and will hopefully bring the municipialities more direct responsibity.