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Eveline Hermannseder

Europas letzte große Volksparteien

Die Christlich-Soziale Union und die Südtiroler Volkspartei im Vergleich

1. Einleitung

Bisher fehlte es an einem politikwissenschaftlichen Vergleich der beiden Volksparteien CSU und SVP, obwohl eine solche Untersuchung der beiden „Schwesterparteien“ äußerst nahe liegt. Die Idee zu diesem Beitrag entstand bereits im Zuge der Landtagswahlen in Südtirol und Bayern im Herbst 2008. „Südtirol: Die Angst vor dem CSU-Syndrom“ (Mumelter 2008, 5), „Südtirols Angst vor dem Bayernvirus“ (Zöller 2008a, 6 – 7), „Regierende Volkspartei in Südtirol hat Angst vor dem CSU-Effekt“ (Zöller 2008b, 8) und Ähnliches titelten damals viele deutsche, österreichische und Südtiroler Zeitungen. Tatsächlich gleichen sich die beiden Parteien, aber auch Regionen in vielerlei Hinsicht. Südtirol ebenso wie Bayern wurde über viele Jahrzehnte hinweg von jeweils ein- und derselben Partei mit nahezu schwindelerregenden Mehrheiten, die bis zu zwei Dritteln reichten, regiert. Dabei zeigten sowohl die SVP als auch die CSU – über alle Unkenrufe nach dem Ende der großen Volksparteien hinweg – in ihrer strukturellen Hegemonie eine bemerkenswerte Vitalität und Überlebensfähigkeit.

Die Analogien Südtirols und Bayerns gehen aber weit über die parteipolitische Dimension hinaus. Beide gleichen sich beispielsweise auch in ihrer Bevölkerungsstruktur, in ihrer rasanten wirtschaftlichen Entwicklung vom Agrarland zum Dienstleistungs-und Hightech-Standort, vor allem aber in ihrer oftmals traditionsverhafteten, aber auch dem wirtschaftlichen Fortschritt zugeneigten politischen Kultur. Und beide sind Teil eines Gesamtstaates, von dem sie sich – zumindest politisch-kulturell – abzugrenzen versuchen. Die passende Formel „Laptop & Lederhose“ avancierte als kürzeste und wohl treffendste Beschreibung Bayerns rasch zum Werbeslogan der CSU, „Smartphone & blauer Schurz“ wäre wohl das Südtiroler Pendant dazu.

SVP und CSU fallen jedoch auch allmählich einem Trend anheim, der in den vergangenen Jahren in vielen europäischen Ländern zu beobachten ist: dem Verlust des Wählerbindungspotenzials der großen Volksparteien. Mehr als sechzig Jahre regierte die SVP in Südtirol durchgehend mit absoluter Mehrheit. Doch 2008 konnte sie nur noch rund 48 Prozent der WählerInnen für sich gewinnen, auch wenn sie während der 14. Legislaturperiode aufgrund der Sitzberechnungen weiterhin die absolute Mehrheit der Mandate im Landtag hielt, diese jedoch bei den Landtagswahlen 2013 ebenfalls verlor. Ein ähnliches Schicksal hatte nur einen Monat vor den historischen Südtiroler Landtagswahlen die CSU in Bayern erlitten. Auch sie konnte 2008 nur rund 43 Prozent der WählerInnen mobilisieren und sah sich nun zum ersten Mal seit fast fünfzig Jahren einem Koalitionspartner gegenüber.

Die Gründe für diese Verluste sind vielfältig und gestalten sich in Südtirol sicherlich etwas anders als in Bayern, weisen aber doch erstaunliche Ähnlichkeiten auf. Die weitläufige Meinung, dass eine mögliche Voraussetzung für den Wählerschwund der SVP in der jungen, selbstbewussten Generation der deutsch- und ladinischsprachigen SüdtirolerInnen zu suchen ist, die sich mittlerweile weitgehend mit dem Status quo abgefunden haben und keine scharfe Trennlinie mehr zu den Italienern und Italienerinnen ziehen (vgl. Atz 2012, 258), wird vom Erfolg der rechten Parteien mit ihren Forderungen nach mehr Selbstbestimmung, Abspaltung oder Freistaat konterkariert. Die großen Gewinner bei den Südtiroler Landtagswahlen 2008 waren Die Freiheitlichen und die Süd-Tiroler Freiheit, beides Parteien, die sich nahe dem rechten Spektrum einordnen lassen und beharrlich auf die Trennung der Ethnien und Südtirols Eigenständigkeit pochen. Diesen Erfolg konnten beide Parteien bei den Landtagswahlen 2013 fortführen. Das lässt den Schluss zu, dass die SVP vielen Wählern und Wählerinnen bei der Verteidigung der Autonomie zu „milde“ und zu undurchsichtig geworden ist. Tatsache ist, der SVP wird allmählich die Grundlage für ihren Jahrzehnte währenden Erfolg entzogen, während das rechte Lager an Mobilisierungspotenzial zulegt. Dabei werden aber nicht nur äußere Einflüsse verantwortlich gemacht, sondern auch parteiinterne. Man geht nun auch im deutschsprachigen Parteienspektrum nach jahrzehntelangem Verhandeln über die Autonomie zum Tagesgeschäft über: dem Kampf um Wählerstimmen und die Regierungsmehrheit. Dabei haben die ethnische Konfliktlinie und der Programmpunkt mehr Autonomie oder Selbstbestimmung kaum an Intensität eingebüßt. Auch nach mehr als neunzig Jahren der Angliederung Südtirols an Italien kann damit Wahlkampf betrieben werden. Interessant zu beobachten ist dabei, dass die „autonomiefreundlichen Kräfte im italienischen Lager [zu]nehmen […], während auf deutscher Seite die Parteien zunehmen, die der Autonomie kritisch gegenüberstehen oder sie gar ablehnen“ (Pallaver 2008, 32 – 33). Zu den Gewinnern dieser Entwicklung zählen die italienischen Parteien dennoch nicht, die in Südtirol fragmentiert und auf der Suche nach einer eigenen Identität sind.

Ein ethnisches Cleavage, welches den gesamten politischen Prozess überlagert, existiert zwar in einer solchen Intensität wie in Südtirol in Bayern nicht, aber auch hier herrscht ein gewisser Drang nach Abgrenzung. Und auch hier hat die Regierungspartei 2008 überdurchschnittlich viele Stimmen verloren, vorrangig an das ihr am nächsten stehende Mitte-rechts-Lager, nämlich an die Freien Wähler (FW) und die Freie Demokratische Partei (FDP). Dass die CSU bei den Landtagswahlen 2013 mit einem Stimmenergebnis von 47,7 Prozent wieder Boden gut machen konnte und erneut die absolute Mehrheit der Mandate besetzt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Ergebnis ihr zweitschwächstes seit 1962 ist.

In diesem Beitrag sollen unter anderem die Gründe, die den Mitglieder- und Wählerschwund der großen ethnoregionalen Südtiroler Sammel- und Volkspartei verursachen, analysiert werden, wobei der Bezugspunkt für Analogien und Gegensätze in der Ursachenforschung die ähnlich gebeutelte bayerische CSU bilden wird, zu der – anders als zur SVP, für die viele Daten von der SVP selbst unter Verschluss gehalten werden oder tatsächlich nicht vorhanden sind – weit mehr Forschungsmaterial zur Verfügung steht (vgl. Hermannseder 2014, 29 – 33).

2. Aktionsrahmen von CSU und SVP

2.1 Sozioökonomische Dimension

In Südtirol und Bayern lassen sich bemerkenswerte sozioökonomische und kulturelle Übereinstimmungen feststellen, die den Nährboden für die Wählerschaft von SVP und CSU bilden: Auch wenn Bayern eine weit größere Bevölkerungszahl und ein langsameres Bevölkerungswachstum aufweist als Südtirol, verhält sich dessen Zuwanderungsgewinnquote mit 0,6 Prozent (Bayern 2011, Südtirol 2009) proportional zu der Südtirols. Beide Regionen sind im Verhältnis zum restlichen Staatsgebiet mit 63 Prozent (Bayern) und 68 Prozent (Südtirol) in kleine Gemeinden bis zu 20.000 Einwohnern gegliedert und ländlich geprägt. Der Ausländeranteil liegt in beiden Untersuchungsgebieten mit rund 9 Prozent (Bayern) und knapp 8 Prozent (Südtirol) fast gleich auf, allerdings unterscheidet sich das Anstiegstempo dieser Quote wesentlich voneinander, auch wenn man es für beide Regionen als rasant bezeichnen kann. Die Altersstrukturen stehen ebenfalls in Analogie zueinander (vgl. Roth 2007, 184; Bundeszentrale für politische Bildung 2013a). Hier ist lediglich eine etwas ältere Bevölkerung in Bayern als in Südtirol auszumachen. Hinzu tritt die römisch-katholische Prägung beider Regionen. Die letzte Zählung der Diözese Bozen-Brixen aus dem Jahr 2006 ergab einen römisch-katholischen Anteil von 97 Prozent an der Gesamtbevölkerung (vgl. Diözese Bozen-Brixen 2013), wohingegen in Bayern dieser Wert im Jahr 2009 bei knapp 54 Prozent (vgl. Bund für Geistesfreiheit Bayern 2013) lag.

Tab. 1: Bayerische und Südtiroler Bevölkerungsstruktur im Vergleich

Kategorie

Bayern

Südtirol

Bevölkerungszahl

12.627.000

505.000

Bevölkerungswachstum

3,0 %

9,1 %

Zuwanderungsgewinn

0,6 %

0,6 %

Ausländeranteil

9,0 %

7,8 %

Einwohner in Gemeinden bis 20.000 Menschen

63,0 %

68,0 %

Altersstruktur der politisch aktivsten ­Altersgruppen (20 – 59 Jahre)

55,6 %

54,9 %

römisch-katholische Konfession

53,8 %

97,0 %

Quelle: Hermannseder 2014, 57 – 64 und die dort angegebenen Quellen

In der Europäischen Union gibt es „kaum einen Landstrich […], der seinen Bürgern eine so hohe Lebensqualität bietet wie Bayern“, heißt es in einem Aufsatz von Matthias Lill zur CSU (2009, 52). Auch Südtirol belegt unter den reichsten Regionen Europas schon seit Jahren stets die vordersten Plätze. Beispielsweise war die Arbeitslosenquote in Südtirol im europäischen wie auch im italienischen Vergleich mit 2,4 Prozent im Jahr 2008 (vgl. Landesinstitut für Statistik ASTAT 2011, 211) äußerst niedrig. Seither stieg sie aber kontinuierlich an und kletterte bis Ende 2014 auf 4,2 Prozent (vgl. Landesinstitut für Statistik ASTAT 2014). Auch die Arbeitslosenzahlen in Bayern sind seit vielen Jahren niedriger als in der gesamten Bundesrepublik. Zwischen 2005 und 2008 sank die Quote rapide von 7,8 Prozent auf 4,2 Prozent (vgl. Statista 2013), Ende 2014 lag sie bei 3,4 Prozent (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration 2014).

2.2 Kulturelle Dimension

Die Redewendung „in Bayern gehen die Uhren anders“ (vgl. Falter 1982, 504–521; 1988, 113 – 114) ist hinlänglich bekannt. Dass dieser Spruch aber auch auf Südtirol angewendet werden kann, und zwar in gleichem Sinne wie in Bayern, soll in nachfolgendem Abschnitt kurz erläutert werden.

Ähnlich wie die bayerische Bevölkerung, von der sich 80 Prozent mit Bayern eng oder sehr eng verbunden fühlen (vgl. Jung 2003, 40), identifizieren sich die SüdtirolerInnen stark mit ihrer Heimat. 2004 gaben 85,6 Prozent der deutschsprachigen SüdtirolerInnen an, sich als Südtiroler (nicht als Tiroler) zu fühlen. Die italienischsprachigen SüdtirolerInnen bejahten dies mit nur 27,1 Prozent (vgl. Landesinstitut für Statistik ASTAT 2004, 157 – 158). Auch in der politischen Kultur wird Südtirol vom ethnischen Cleavage geprägt, daran konnte auch der steigende Wohlstand der vergangenen Jahrzehnte kaum etwas ändern. Anders als in Bayern, wo der ökonomische Wandel, der mit dem Entstehen einer breiten Mittelschicht auch gesellschaftliche Strukturveränderungen mit sich brachte, regionale Unterschiede in Schwaben, Franken und Altbayern politisch in den Hintergrund treten ließ, obwohl die alten „liebenswürdigen Feindschaften“ bis heute erhalten geblieben sind (vgl. Kießling 2004, 58).

Die Wahlbeteiligung ist ein weiteres Indiz für politische Kultur. Sie liegt bei allen Landtagswahlen zwischen 1948 und 2013 in Südtirol mit 89,02 Prozent3 zwar weit über dem bayerischen Durchschnitt von 72,68 Prozent (vgl. Statista 2014b), kann aber für beide Regionen als überdurchschnittlich hoch eingestuft werden. Im Wahlverhalten ist die ethnische Konfliktlinie in Südtirol ebenfalls erkennbar. So nehmen italienischsprachige WählerInnen insgesamt weniger an Wahlen teil als deutsch- oder ladinischsprachige (vgl. Atz/Becker 2009, 190 – 191).

Destilliert man die Elemente der deutsch-ladinischen politischen Kultur heraus und vergleicht sie mit der bayerischen, ergibt sich in beiden Regionen eine Bürgerschaft, die über Jahrzehnte hinweg ihre Stimme mit großen Mehrheiten einer Partei, der SVP bzw. der CSU gegeben hat. Ein Grund hierfür ist, dass es sich beide Parteien stets zum Ziel gesetzt haben, die eigenen Traditionen und die eigene Sprache nicht nur zu erhalten, sondern sich durch sie auch gegenüber dem restlichen Deutschland beziehungsweise Italien abzugrenzen. Dazu beigetragen hat auch der wirtschaftliche Aufschwung beider Regionen, an dem sowohl die CSU als auch die SVP maßgeblich beteiligt waren. Und beide ländlich geprägten Bürgerschaften bereiteten mit ihrer überwiegend katholisch-konservativen Einstellung den Regierungsparteien lange Zeit einen guten Nährboden. Ein engmaschiges Netzwerk mit Vorfeldorganisationen, Verbänden und Vereinen vervollständigt das Erfolgsrezept.

2.3 Politische Dimension

Die Abbildung 1 zeigt die Funktionsweise des bayerischen und Südtiroler Regierungssystems, in welchen die Regierungsparteien CSU und SVP agieren. In Bezug auf den politischen Aktionsrahmen der Protagonisten lassen sich erneut enge Parallelen in beiden Regionen erkennen.

3. Ausgewählte Parteistrukturen im Vergleich

3.1 Gründung und Entwicklung

Die Geschichte der interkonfessionellen CSU und der ethnischen SVP lässt sich in mehrere Abschnitte einteilen. Alf Mintzel beispielsweise gliedert die Geschichte der CSU dabei zeitlich wie folgt: 1945–1949 Gründungsphase, 1949–1957 innerparteiliche Flügelkämpfe, Befriedung und Festigung, 1957–1988 Modernisierung und Entwicklung zur hegemonialen Kraft (vgl. Mintzel 1992, 221). Andreas Kießling fährt mit den Phasen von 1988–1999 „Übergang, Krisen und Erneuerung“ sowie 1999–2007 der „‚neue[n] CSU‘ in der Ära Stoiber“ (vgl. Kießling 2004, 40) fort. Dem hinzuzufügen ist ab 2008 die Zeit der Regierung Horst Seehofers, die auch als Phase der fluiden Entwicklung betitelt werden könnte. Die Historie der SVP ließe sich in fünf Phasen einteilen, die Ähnlichkeiten zu denen der CSU aufweisen, wie Tabelle 2 zeigt.

Beide Parteien mussten sich während ihrer Gründungs- und Formierungsphase mit divergierenden Flügeln auseinandersetzen, in denen sich liberale Modernisierer und Traditionalisten gegenüberstanden. Dies führte sowohl in Bayern als auch in Südtirol zu einem rasanten Mitgliederschwund und degradierte die beiden Sammelparteien zu bloßen Honoratiorenparteien. Erst mit der Befriedung beider Flügel schafften es CSU und SVP, zu echten Volksparteien zu werden.

Erstaunliche Ähnlichkeiten zeigen sich auch in der personellen Besetzung der Spitzenpositionen beider Parteien. Der charismatische Strauß, Jahrgang 1915, trat sein Amt als Parteivorsitzender 1961 an und behielt es bis zu seinem Tod 1988. Der geistreiche und kluge Magnago, Jahrgang 1914, wurde 1957 zum Parteiobmann gewählt und blieb es bis 1991. Beide standen also zur gleichen Zeit rund drei Jahrzehnte an der Spitze ihrer Partei und waren maßgeblich an deren Erfolg beteiligt. Zwar hatte Strauß das Amt des Ministerpräsidenten „nur“ von 1978 bis 1988 inne, Magnago von 1960–1989, jedoch ereilte Strauß 1988 ein plötzlicher Tod – denkbar, dass er dieses Amt ansonsten noch länger bekleidet hätte. Beide spielten eine maßgebliche singuläre, wenn nicht gar die wichtigste Rolle in der Nachkriegszeit sowohl für ihre Partei als auch für ihr Land. Und auch heute noch werden beide regelrecht mystifiziert (vgl. Kießling 2004, 150; Silvius Magnago Akademie 2008).

Zwischen Stoiber (Ministerpräsident von 1993 bis 2007, Parteivorsitzender von 1999 bis 2007) und Durnwalder (Landeshauptmann von 1989 bis 2013) lassen sich ebenso Parallelen aufzeigen, auch wenn Durnwalder nie Parteiobmann war. Beide schafften es aufgrund ihrer starken Führung, ihre Parteien in Zeiten der Krisen der 1990er-Jahre (Auflösung des Ost-West-Konflikts, demografischer Wandel, Wertewandel, zunehmende Parteienkonkurrenz) erfolgreich in das neue Jahrtausend zu führen. Beide unterschieden sich von ihren großen Vorgängern Strauß und Magnago erheblich, traten aus deren Schatten heraus und führten dennoch gekonnt ihr Erbe weiter. Stoiber galt im Vergleich zu Strauß als der Saubermann, Durnwalder im Vergleich zu Magnago als volksnah und kontaktfreudig (vgl. ZiS 15/2009, 9). Beide modernisierten ihre Parteien, wofür in Bayern für die CSU der Begriff „Laptop & Lederhose“ eingeführt wurde. Auf der Landesversammlung 2001 präsentierte sich die SVP als „glokaler Akteur“, also als global und lokal handelnde Partei, die als „zukunftsfähige Mittlerin zwischen Welt und Heimat“ stehe (vgl. Heiss 2002, 267; Dolomiten, 26.11.2001).

3.2 Mitgliederstrukturen

Die Mitgliederkurve der CSU zeugt im Vergleich zu den anderen Bundestagsparteien, die Schwesterpartei CDU eingeschlossen4 (vgl. Hirscher 2012, 35), von einer relativen Konstanz. Stiegen ihre Mitgliederzahlen, mit Ausnahme der Gründungsphase bis 1957, zu der im Übrigen nur geschätzte Zahlen vorliegen, kontinuierlich an, veränderten sie sich seit 1978 weniger stark. In Relation dazu sind die Veränderungen der SVP gravierender, auch wenn sich die Gewinne und Verluste in absoluten Zahlen weniger deutlich ausdrücken und denen der CSU sogar gleichen. Setzt man die Veränderungen aber in Beziehung zur gesamten Mitgliederzahl, werden die Verschiebungen klar. Für die CSU ergibt sich beispielsweise zwischen 2003 und 2008 ein Minus von 8,5 Prozent (entspricht 15.000 Mitgliedern), für die SVP im selben Zeitraum ein Minus von 16,7 Prozent (entspricht 11.000 Mitgliedern). Die Mitgliederzahl der SVP fiel nach den Landtagswahlen 2008 auf 50.000, stieg jedoch in den zwei Jahren danach wieder leicht an. Der minimale Mitgliederzuwachs währte aber nicht lange, schon 2012 fiel sie wieder auf rund 50.000 zurück und 2014 sogar auf 37.000 (vgl. SVP 2013a; 2013b; 2013c; Die Neue Südtiroler Tageszeitung 2014). Die aktuellste Mitgliederzahl zur CSU aus dem Jahr 2014 liegt bei rund 147.000 (vgl. Statista 2014a; Die Zeit 2014).

Bei der Darstellung des Organisationsgrades, also des Verhältnisses der Mitglieder zur Zahl der WählerInnen, wurde der Zeitraum ab 1962 berücksichtigt, da ab diesem Jahr auch die CSU die absolute Mehrheit der Landtagssitze erreicht hatte und bis 2008 behalten sollte. Aufgrund der nachlassenden Parteibindungen und zunehmender Zahl von Wechselwählern und Wechselwählerinnen scheint es geboten, den Organisationsgrad nicht nur im Rahmen der Wählerschaft einer Partei zu beobachten, sondern im Rahmen aller Wahlberechtigten. Der Organisationsgrad der SVP ist im europäischen Vergleich besonders hoch (vgl. Pallaver 2011b, 185). Zöge man als Grundlage nur die deutsch- und ladinischsprachige Wählerschaft heran, wäre ihr Organisationsgrad noch höher. Da sie aber zunehmend auch von italienischen Wählern und Wählerinnen favorisiert wird, scheint ein Blick auf die gesamte Südtiroler Wahlarena aufschlussreicher. Der Grad sinkt zwar allmählich, dennoch war 2008 immer noch fast jeder dritte SVP-Wähler auch SVP-Mitglied (vgl. Südtiroler Landtag 2013), eine absolute Besonderheit in den Parteiensystemen Europas und sicherlich ein Grund für den jahrzehntelangen Erfolg der Volkspartei. Erst 2014 musste sie horrende Einbußen an Mitgliedern und damit auch Verluste im Organisationsgrad hinnehmen. Der Grad fiel von 12,5 Prozent (2013) auf 9,2 Prozent (2014), dennoch bleibt er überdurchschnittlich hoch.

Tab. 3: Organisationsgrad und Landtagwahlergebnisse der CSU und SVP (in Prozent)5

CSU

1962

1966

1970

1974

1978

1982

1986

1990

1994

1998

2003

2008

2013

0,9

0,9

1,0

1,4

2,2

2,3

2,2

2,1

2,0

2,1

1,9

1,7

1,6

47,5

48,1

56,4

62,1

59,1

58,3

5,5

54,9

52,8

52,9

60,7

43,4

47,7

SVP

1964

1968

1973

1978

1983

1988

1993

1998

2003

2008

2013

5,0

17,3

19,6

22,0

23,2

23,6

20,9

19,2

17,4

14,0

12,5

61,3

60,7

56,4

61,2

59,4

60,4

52,0

56,6

55,6

48,1

45,7

4. Analogien und Divergenzen in den Parteiensystemen

Im bayerischen und im Südtiroler Parteiensystem lassen sich seit 1945 jeweils vier Entwicklungsphasen feststellen, die sowohl starke Analogien als auch Divergenzen erkennen lassen. Die richtungsgebenden Pfeile in nachfolgender Abbildung weisen auf die zunehmende Fragmentierung der Parteiensysteme hin, also auf die steigende Zahl der in den Landtagen vertretenen Fraktionen. Im Südtiroler Parteiensystem werden nur jene Parteien gezählt, die mehr als einen Sitz, also mindestens zwei im Landtag hatten bzw. haben. Dies geschieht, um eine Konzentrierung im Parteiensystem deutlich zu machen.6

Abb. 3: Das bayerische und das Südtiroler Parteiensystem:
Die vier Entwicklungsphasen nach 1945

In beiden Parteiensystemen waren seit Ende des Zweiten Weltkriegs mit der CSU und der SVP zwei äußerst dominante christliche Volksparteien an der Regierungsmacht und erhoben über Jahrzehnte hinweg einen fast ausschließlichen Alleinvertretungsanspruch für sich. Ausnahmen hiervon sind in Bayern die Legislatur­perioden von 1954 bis 1957, währenddessen die CSU in der Opposition war, und von 1946 bis 1947, 1950 bis 1954 und 1957 bis 1962, währenddessen sie zusammen mit einem oder mehreren Koalitionspartnern regierte.

Beide Parteiensysteme lassen sich gut in jeweils vier Entwicklungsphasen einteilen, wobei diese aber nicht deckungsgleich verlaufen. Während die SVP bereits zu Beginn eine besonders starke Stellung in Südtirol einnahm und in den ersten zwanzig Jahren ihres Bestehens bei Landtagswahlen stets über 60 Prozent der Stimmen erhielt, hatte die CSU in ihren Anfangsjahren intensiver als die SVP mit der künftig einzuschlagenden Richtung zu kämpfen. Dies und die ähnlich wie die CSU motivierte Bayernpartei erschwerten ihr zunächst den Aufstieg zur vorherrschenden Kraft.

In den 1970er- und 1980er-Jahren dominierten dann beide Parteien die Regionalpolitik in überragender Weise und ließen alle anderen Parteien weit abgeschlagen hinter sich zurück. Bis 1982 ist in Bayern eine zunehmende Konzentrierung auszumachen, wohingegen sich ab 1986 mit dem Einzug der Grünen ins bayerische Parlament eine allmähliche Ausdifferenzierung, ab 2008 mit dem Einzug der Freien Wähler sowie der FDP (die seit 1982 nur zwischen 1990 und 1994 im Landtag vertreten war) sogar fluide Entwicklungen abzeichnen. In Südtirol verläuft die Entwicklung der Ausdifferenzierung linear. Seit 1978 sind die interethnischen Grünen im Landtag vertreten, seit 1982 die Union für Südtirol und seit 1993 auch die Freiheitlichen. Betrachtet man die sich zur Wahl stellenden Parteien in Südtirol, ist die deutschsprachige Subarena im Vergleich zur italienischsprachigen weniger fragmentiert, obwohl ihre Bevölkerungszahl mehr als doppelt so hoch ist. Allerdings entwickelte sich dieser Trend in der 14. Wahlperiode in umgekehrte Richtung (vgl. Pallaver 2011a, 280). Zwischen 2008 und 2013 hielten im Südtiroler Landtag gleich viele deutsche und italienische Parteien Mandate, wenngleich freilich die Sitzverteilung klar zugunsten der deutschen Parteien ausfiel. In der 15. Legislatur zogen gleichwohl vier deutsche und vier italienische Parteien sowie die interethnischen Grünen in den Landtag ein.

Erkennbar ist also sowohl im bayerischen als auch im Südtiroler Parteiensystem eine zunehmende Fragmentierung und Pluralisierung, die in jeweils vier (unterschiedlichen) Phasen verläuft. Nach den Landtagswahlen 2013 wird der zunehmende Pluralismus zwar weder in Bayern noch in Südtirol an einer wachsenden Fragmentierung deutlich, diese hat im Gegenteil in beiden Parteiensystemen etwas abgenommen, aber die Oppositionsparteien Freie Wähler und Grüne konnten in Bayern erneut beachtliche Ergebnisse erzielen, gleichzeitig fuhr die SPD ein leichtes Plus ein, während in Südtirol Die Freiheitlichen, die Grünen und die Süd-Tiroler-Freiheit sogar Stimmenzuwächse verzeichneten. Die fluiden Entwicklungen setzen sich also in beiden Parteiensystemen fort.

Nach diesen Erkenntnissen wird in einem weiteren Schritt die Volatilität der beiden Parteiensysteme genauer untersucht. Auch bei dieser Analyse zeigen sich bemerkenswerte Analogien. Erkennbar ist eine zentrifugale Verschiebung innerhalb der ideologischen Pole der beiden Parteiensysteme vor allem zwischen den Jahren 1973 und 2008. Die deutliche Rechtsverschiebung geht in erster Linie zu Lasten der Parteien der Mitte. Die Südtiroler Landtagswahlen 2013 spiegeln diesen Trend wider. Dass die CSU in Bayern 2013 4,3 Prozent mehr Stimmen holte als 2008, ist nicht zwangsläufig das Ergebnis erneuten Mobilisierungspotenzials, sondern unter anderem der Schwäche der FDP geschuldet, die mit 3,3 Prozent Stimmenanteil an der 5-Prozent-Sperrklausel scheiterte. Zieht man das leichte Plus der SPD von 2 Prozent heran, ist das bayerische Parteiensystem in der 17. Wahlperiode weniger polarisiert als in der 16. Seinen Polarisierungshöhepunkt erreichte Bayern im Jahr 2008, weshalb sich folgende Tabelle auf dieses Jahr bezieht.

Tab. 4: Verschiebung der ideologischen Ausrichtung des bayerischen und Südtiroler Parteiensystems zwischen 1973 und 20089

Links

Mitte-links

Mitte

Mitte-rechts

Rechts

Bayern

1974

Prozent (Sitze)

SPD

30,2 (64)

CSU

62,1 (132)

FDP

5,2 (8)

2008

Prozent (Sitze)

SPD, Grüne

28 (58)

CSU

43,4 (92)

FDP, FW

18,2 (37)

Differenz

– 2,2 (– 6)

– 18,7 (– 40)

+ 13 (+ 29)

Südtirol

1973

Prozent (Sitze)

PCI

5,7 (2)

SPS, SFP,

PSI, PSDI

15,9 (6)

SVP

70,5 (25)

MSI-DN

4,0 (1)

2008

Prozent (Sitze)

PD, Grüne

11,8 (4)

SVP

48,1 (18)

UfS/BU, STF,

F, LN, PdL

31,9 (+12)

Unitalia

1,9 (1)

Differenz

– 5,7 (– 2)

– 4,1 (– 2)

– 22,4 (– 7)

+ 31,9 (+ 12)

– 2,1 (0)

Quelle: Bayern eigene Darstellung; Südtirol Pallaver 2012, 221.

5. Ursachen für den Wandel von CSU und SVP

So wie die Gesellschaft befinden sich auch die Parteien in einem stetigen Wandel. Sie sind keine statischen Institutionen. Ob sie allerdings gesellschaftlichen Veränderungen vorauseilen, indem sie sensibel erste richtungsweisende Stimmungen aufgreifen und diese artikulieren, sodass sie den Willensbildungsprozess aktiv mitgestalten, oder ob sie dem hinterherhinken, wie es seit einigen Jahren bei den großen Volksparteien der Fall zu sein scheint, ist nicht eindeutig festzustellen. Oftmals wechseln sich Wandlungsprozesse in der Gesellschaft und in den Parteien ab oder gehen Hand in Hand. Dass sich die beiden Hauptakteure dieses Beitrags, CSU und SVP, in einem bisher kaum (die CSU erfuhr bereits in ihren Anfangsjahren gravierende Veränderungen, bis sie ihren christlich-konservativ-liberalen Weg schließlich ab den 1960er-Jahren gefunden hatte) bzw. nie (SVP) gekannten Ausmaß im Wandel befinden, ist spätestens seit den bayerischen und Südtiroler Landtagswahlen im Herbst 2008 klar. Ursachen für diesen Wandel sind externer und interner, langfristiger und kurzfristiger Natur. Zusammenfassend lassen sich dabei für beide Parteien folgende, teilweise ineinandergreifende Argumente anführen:

1) Vom gesellschaftlichen Wertewandel und dadurch bedingten Milieuveränderungen, die im deutschsprachigen Raum mit den Umwelt-, Friedens- und Anti-Atombewegungen ab den 1970er-Jahren einsetzten, und die in der Konsequenz die Betonung postmaterieller Werte, eine Pluralisierung der Lebensstile und eine Individualisierung der eigenen Person bedeutete, schienen CSU und SVP lange kaum betroffen zu sein. Verspätet bekommen aber nun auch die beiden Volksparteien die unmittelbaren Folgen hieraus zu spüren, die sich in erster Linie in Verlusten der traditionsgebundenen Stammwählerschaft und in einer Erhöhung der Wechselwahlbereitschaft und Nichtwahl äußern.

2) Die Entstehung neuer postmaterieller Konfliktlinien, das Aufbrechen oder die Verstärkung alter bayerischer Traditionsraum-gebundener Südtiroler ethnischer Cleavages, die nie gänzlich überwunden worden sind, bescheren nun den bayerischen und Südtiroler Oppositionsparteien regen Zulauf. Dies in Südtirol auch deshalb, weil die Parteienkonkurrenz die Ethnizität und soziale Fragen in den Augen der WählerInnen besser kommunizierte. In diesem Zusammenhang stehen zudem die Argumente der Abgrenzung zu Restdeutschland bzw. zu Restitalien, die immer (noch) nicht ausgedient haben. Vor allem die SVP griff diese Thematik in ihren jüngsten Wahlkämpfen kaum auf, denn die reale Umsetzung der Autonomie bedeutet für sie gleichzeitig den Verlust des Feindbildes Rom. Und ohne dieses Feindbild scheint auch eine klare Abgrenzung nicht mehr nötig zu sein. Die CSU hingegen konnte während der großen Koalition im Bund zwischen 2005 und 2008 dort nur schwach auftreten. Auch das kostete sie Wählerstimmen.

3) Wandlungsprozesse in der Parteiendemokratie wie beispielsweise eine Ausdifferenzierung des Parteienspektrums und eine sich durch den technischen Fortschritt gleichzeitig rasch verändernde Mediendemokratie, die eine Personalisierung und Vereinfachung politischer Sachthemen, vor allem aber immer schnellere Reaktionen der Entscheidungsträger fordert, erschweren es den großen Volksparteien, die ihre WählerInnen zufriedenstellen. Prinzipientreue steht hier gegen einen sich rasch wandelnden politischen Alltag in der globalisierten, zunehmend aber auch lokalisierten Welt. Langwierige bürokratische Entscheidungsmechanismen der oft schwerfällig wirkenden Parteiriesen werden informellen Entscheidungen durch einige wenige geopfert. Dies wiederum empört sowohl Mitglieder als auch viele Funktionäre.

4) Alternative kleinere Parteien mit ähnlichen, aber stärker (rechts-)konservativen Programmen als die der beiden Sammelparteien CSU und SVP profitierten von deren Schwächen. Auch die Grünen in Bayern (2008) und in Südtirol (2013) freuten sich ihres Erfolgs bei den Wählern und Wählerinnen. Dennoch waren die eindeutigen Gewinner der Landtagswahlen 2008 Parteien, die in ihren ideologischen Grundsätzen durchaus mit CSU und SVP mithalten können, weniger also solche Oppositionsparteien, die der entgegengesetzten politischen Richtung angehören. In diesem Zusammenhang sind die Landtagswahlen 2008 auch als „Denkzettelwahlen“ für die CSU und die SVP zu werten. Grundideologische Überzeugungen sind in der Wählerschaft nach wie vor vorhanden und haben sich nicht in wenigen Jahren grundsätzlich gewandelt. Eine Rückkehr zu früherem Wahlverhalten ist also denkbar und machte sich in Bayern im Wahljahr 2013 bereits bemerkbar.

5) Die meiste Kritik mussten die Parteien bei den Landtagswahlen 2008 auf dem Feld sachpolitischer Themen einstecken. Nicht nur waren unpopuläre Entscheidungen stark umstritten, beispielsweise in Bayern zum achtjährigen Gymnasium, zum Rauchverbot oder zum Transrapid, in Südtirol beispielsweise zum Autobahn- und Flughafenausbau, sie wurden von vielen Wählern und Wählerinnen sogar als klare Fehlentscheidungen eingeschätzt. Wählerstimmenverluste waren damit vorprogrammiert. Dabei spielten aber nicht nur die Entscheidungen an sich eine wichtige Rolle, sondern auch die Prozesse, wie sie zustande gekommen waren. Heftige Diskussionen und unterdrückter Groll in den Parteien, die Missachtung des Wählerwillens und informelle intransparente Wege der Entscheidungsfindung verärgerten viele BürgerInnen. Vor diesem Hintergrund wurde den Parteien mangelnde Bürgernähe und ein stark nachlassender Einfluss durch die Basis vorgeworfen (vgl. Hermannseder 2014, 349– 351).

Langfristige gesellschaftliche Wandlungsprozesse wie Milieuveränderungen, nachlassende Bindungen an soziale Gruppen wie Kirche und Parteien sowie die Ausdifferenzierung von Interessen erfordern gerade für die Volksparteien einen immer härter zu leistenden Kraftakt „attraktive politische Angebote zu machen, die den schwierigen Balanceakt meistern, Unterscheidbarkeit, Mobilisierung der Anhängerschaft und Mehrheitsfähigkeit zu gewährleisten“ (vgl. Brunnemann 2009, 58). Das gilt für die Volksparteien im Allgemeinen – für die CSU und SVP muss hier aber eingeschränkt werden, dass während der im Vorfeld der Landtagswahlen 2008 gehäuft aufgetretenen parteiinternen Probleme vor allem in der Führungsetage und im Politikstil viele WählerInnen ihre Wahlentscheidung kurzfristig und situativ getroffen haben (vgl. Schultze 2009, 54), die Zukunft der beiden Parteien als Volksparteien also noch völlig offen ist. Die Rückeroberung der Mandatsmehrheit durch die CSU bei den Landtagswahlen 2013 weist in diese Richtung. Abschließend soll der Ausblick in mögliche künftige Entwicklungen gemacht werden.

6. Schluss: Politische Zeitenwende in Bayern und Südtirol?

„Die SVP ist tot. Es lebe die SVP!“ (Dall’Ò 2008, 9). Dieses Zitat aus dem Südtiroler Wochenmagazin ff ließe sich eins zu eins auch für die CSU übersetzen, denn die entscheidenden Fragen für die nächsten Legislaturperioden lauten: Wie kann es weitergehen für die bisher so erfolgsverwöhnten Volksparteien? Wird die CSU noch einmal zu alter Stärke finden und „Alleinherrscherin“ bleiben? Ist die SVP in der Lage, ihre Mandats- und Stimmenmehrheit zurückzugewinnen? Können es beide Parteien schaffen, sich selbst zu erneuern und auch künftig Volks- und Sammelpartei zu bleiben?

Viele WählerInnen wünschen sich eine Neupositionierung von SVP und CSU. Für die SVP stünde diese im Spannungsfeld zwischen der Etablierung als Partei aller SüdtirolerInnen, auch der italienischen, und der stärkeren Profilierung rechts der Mitte in Richtung „deutsch- und ladinischsprachige SüdtirolerInnen zuerst“, wie es die Freiheitlichen und die Süd-Tiroler Freiheit in ihrem „patriotischen Forderungskatalog“ (Heiss 2011, 79) seit einigen Jahren erfolgreich praktizieren und wie es die SVP jahrzehntelang vorgemacht hat (vgl. Dall’Ò 2008, 9). Die CSU erneuerte sich indes nicht nur wie die SVP personalpolitisch, sondern schnitt auch alte Zöpfe ab wie das Festhalten an der Atomenergie und der Wehrpflicht, die jahrelange Absage an den Mindestlohn oder die Beibehaltung der Studiengebühren. Eine stärkere Profilierung im sozialpolitischen Bereich ist in Planung. Mit den Modernisierungsmechanismen Personalaustausch und Einbindung aktueller gesellschaftlicher Interessen konnten beide Parteien schon früher ihr Schiff wieder auf Erfolgskurs bringen.

Die nächsten Legislaturperioden stehen richtungsweisend dafür, ob die Schwächen von CSU und SVP von Dauer sind oder nur vorübergehende Symptome und ob der in der Politikwissenschaft seit Jahren diskutierte Niedergang der Volksparteien nun auch in Bayern und Südtirol angekommen ist. Bei den Landtagswahlen 2013 holte die SVP 45,7 Prozent der Stimmen und 17 von 35 Mandaten, konnte also die Mandatsmehrheit nicht halten. Die CSU war mit 47,7 Prozent ähnlich stark, schaffte aber mit 101 von 180 Sitzen die Mandatsmehrheit. Das Ergebnis der Landtagswahlen 2013 gibt nun aber nicht zwangsläufig Auskunft darüber, ob 2008 ein dauerhafter Systembruch in den beiden Untersuchungsregionen eingesetzt hat oder nicht. Viel aufschlussreicher in dieser Hinsicht ist die langfristige Entwicklung von SVP und CSU, aber auch die ihrer Konkurrenz. Ob sich diese allerdings langfristig etablieren wird, hängt unter anderem davon ab, inwiefern sie in der Lage ist, ihre im Wahlkampf gegebenen Versprechen auch einzulösen. Beispiel Einwanderung: Diese obliegt dem italienischen Staat und nicht der Provinz (vgl. ff, 44/2008, 24). Beispiel Freistaat oder Abspaltung: Diese scheinen vor dem rechtlichen Hintergrund der Autonomie eher utopisch. Die bayerische Opposition, allen voran die Freien Wähler, sind seit Langem stark in den Kommunen, auf landespolitischer Ebene haben sie aber kaum Erfahrung, auf bundespolitischer Ebene gar keine. Regen, bayernweiten Zulauf bekamen sie in den letzten Jahren dennoch, während die FDP schon lange in einer tiefen Krise steckt, aus der sie keinen Ausweg zu finden scheint. Aller Voraussicht nach erwächst der CSU damit dauerhaft nur ein Konkurrent aus dem gleichen Lager. Die Grünen bleiben in Bayern aber ebenfalls auf Erfolgskurs. Auch mit ihnen muss die CSU künftig rechnen, während die SPD nicht recht vom Fleck kommt.

Das Ziel ist und bleibt für beide Volksparteien, die 50-Prozent-Marke in Zukunft wieder zu überspringen. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer versuchte in diesem Sinne bereits im Jahr 2010 auf einer SVP-Landesversammlung in Meran, den Parteimitgliedern Mut für künftige Herausforderungen zu machen (vgl. Dall’Ò 2010, 16 – 17). Alle Wahlen zwischen 2008 und 2013 deuteten für die SVP entgegen ihrer Umfragewerte auf eine leichte Erholung hin. Die Gemeindewahlen 2010, bei denen sie 57,4 Prozent der Stimmen holte (2005: 58,8 Prozent) bescherten ihr einige Zuwächse bei den Bürgermeisterposten, während die Verluste in den Gemeinderäten eher marginal ausfielen. Hier konnte dafür die deutschsprachige Opposition mit einem Plus von rund 6 Prozent aufwarten (vgl. SVP 2013e; Obexer 2011, 183, 185 – 186). Der positive Trend setzte mit dem überraschenden Ergebnis bei den Parlamentswahlen 2013 fort, bei denen die Südtiroler Volkspartei insgesamt sieben Mandate (vier Abgeordnete = 44,2 Prozent Kammer, (2008: 44,3 Prozent); drei Senatoren = 53,7 Prozent Senat (2008: 52,9 Prozent)) holte, so viele wie noch nie zuvor und wie kein einziges Umfrageergebnis vorausgesagt hatte (vgl. Dolomiten, 26.02.2013, 13; SVP 2013f).10 Der Sinkflug der CSU erreichte im Herbst 2009 bei den Bundestagswahlen seinen Tiefstpunkt. Dort sackten die Christsozialen auf 42,5 Prozent ab, ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2009a; 2009b). Die Bundestagswahlen 2013 fielen für sie mit 49,3 Prozent wieder deutlich positiver aus.

Ein weiteres Phänomen könnte beiden Volksparteien auch künftig einige Stimmenzuwächse bescheren: In Südtirol hat die ländliche Bevölkerung in den letzten Jahren zugenommen. Rund 13.000 Wahlberechtigte mehr stammten bei den Landtagswahlen 2008 aus dem ländlichen Raum, nur 1.000 aus den Städten. Insgesamt macht das fast ein zusätzliches Mandat für die ländlichen Gebiete aus (vgl. Atz 2009, 214). In Bayern zeichnet sich ein ähnliches Bild ab, auch dort steigt die Zahl des Wahlvolkes auf dem Land seit Jahren an. Stammten 1990 31 Prozent aller Wahlberechtigten aus Gemeinden bis 5.000 Einwohner, waren es 2003 bereits 50 Prozent (vgl. Falter 2007, 376 – 377). Dies ist für die SVP und die CSU möglicherweise von Vorteil, denn ihre Wählerklientel kommt auch nach den dortigen Verlusten 2008 überwiegend aus dem ländlichen Raum.

Eine weitere Rolle spielt auch die aktuelle Finanzkrise, unter der zwar die BürgerInnen zu leiden haben, die aber der Forderung nach einem stärkeren Gewicht der Regionen in einer globalisierten Welt neuen Auftrieb verleiht. Die Bewahrung der kulturellen Identität und der politischen Eigenständigkeit erhält in Bayern und Südtirol im gleichen Atemzug einen noch höheren Stellenwert, als dies ohnehin schon der Fall war. Vielen Südtirolern und Südtirolerinnen ist klar, dass gerade vor dem Hintergrund der Finanzkrise, den immensen Summen, die Rom indessen von Bozen fordert (vgl. Tiroler Tageszeitung, 26.07.2012, 4; ZiS 16/2011, 13) und den Kompetenzbeschneidungen, die die Provinz im gleichen Zuge zu erdulden hat, ein geschlossenes Auftreten Südtirol stärkt. Sollte sich die Finanzkrise, in der Italien tief drinsteckt, verschärfen und Südtirol weiter zu einem Zahlmeister der Republik degradiert werden, ist das sicherlich von Nachteil für die Provinz, möglicherweise aber von Vorteil für die SVP. In diesem Bereich wäre es möglich, dass sie ihr traditionelles Thema in neuem Gewand, nämlich die Verteidigung Südtirols gegen Rom neu besetzt. Hierbei hat sie mit dem Finanzabkommen, dem sogenannten „Sicherungspakt“ (Tiroler Tageszeitung 2014), zwischen Rom und Bozen und unter Einbeziehung Österreichs bereits einen Erfolg erzielt.

Abschließend kann die Frage nach einem dauerhaften Systembruch oder einer nur kurzfristigen Schwäche der Volksparteien für Bayern und Südtirol nicht eindeutig beantwortet werden. Klar ist: Die Wählerschaft von CSU und SVP ist überdurchschnittlich alt. Klar ist aber auch, dass konservative Werte wie feste Bindungen, Ehe und Familie in der jungen Generation mittlerweile wieder einen höheren Stellenwert einnehmen, wie jüngere Studien hierzu darlegen (vgl. Deutsche Shell Holding GmbH 2013). Ob es beide Parteien schaffen, sich diesen Trend zunutze zu machen und wieder mehr junge WählerInnen anzusprechen, wird die Zukunft zeigen.

In jedem Fall wird sich weder die CSU mit einem Sturz vom bayerischen Parteithron, noch die SVP mit einem Abstieg vom Südtiroler Gipfel der Macht, so einfach zufrieden geben. Ein gemeinsames geschlossenes Auftreten, dynamische Führungspersönlichkeiten und mit aktuellen Inhalten gefüllte Programme könnten der Schlüssel zu alter neuer Größe sein. Mit der Führung tut sich die SVP noch etwas schwer. Kompatscher und sein Regierungsteam, in welchem der neue Landeshauptmann dem Wunsch vieler SüdtirolerInnen nach Verjüngung und Freisein von alten Seilschaften und Klientelismus (vgl. ff 44/2013, 17,19) nachgekommen ist, müssen sich erst noch beweisen. Die CSU scheint in dieser Hinsicht erst einmal besser aufgestellt zu sein. Dies ungeachtet hat die politische Normalität, der Wettkampf um Wählerstimmen nun auch die bayerischen und Südtiroler Grenzen überschritten. Die Ära dauerhafter, stabiler absoluter Mehrheiten ist durchbrochen, ob sie wiederkehrt, bleibt abzuwarten.

Anmerkungen

1 Als Grundlage dieses Beitrags diente der Autorin ihre Dissertation Europas letzte große Volksparteien. Die Christlich-Soziale Union und die Südtiroler Volkspartei im Vergleich, Baden-Baden 2014.

2 Der Ausdruck stammt ursprünglich aus dem Munde des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. Er verwendete ihn 1998 erstmals in einer Rede, um den Wandel des landwirtschaftlichen Bayern zum Hightech-Standort metaphorisch darzustellen.

3 Eigene Berechnungen auf Grundlage der Daten des Landesinstituts für Statistik ASTAT 2007, 529, http://wahlen.provinz.bz.it/ aw_ld_vg.htm (19.01.2009) und www.provinz.bz.it/vote/landtag2013/results/home_ld_vg.htm (29.12.2014).

4 Während beispielsweise die CDU zwischen 1990 und 2007 18 Prozent ihrer Mitglieder verloren hat, waren es bei der CSU im selben Zeitraum nur 10,6 Prozent.

5 Die Werte des Organisationsgrades der CSU und SVP beruhen auf eigenen Berechnungen auf Grundlage der Mitgliederzahlen aus Abbildung 2 und der Wahlberechtigtenzahlen in Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013; Landesinstitut für Statistik ASTAT 2007, 529 (bis 1978); Südtiroler Landesregierung 282012, 85 – 92; Autonome Provinz Bozen/Südtirol 2013 (ab 1983). Zu den Werten der Landtagswahlergebnisse siehe Abbildung 30 für Bayern und Abbildung 35 für Südtirol in Hermannseder 2014, 236, 252 sowie die dort angegebenen Quellen.

6 Alle in den Landtagen vertretenen Fraktionen mit ihren jeweiligen Stimm- und Sitzanteilen sind in Hermannseder 2014, 235 – 236, 251 – 253, 406 – 416 vollständig aufgelistet. Vergleiche auch die dort angegebenen Quellen.

7 4-PS bedeutet Vierparteiensystem und so fort. Auch wenn diese Abkürzungen (außer Ein-, Zwei- und Dreiparteiensystem) nicht den üblichen politikwissenschaftlichen Termini von Mehr- oder Vielparteiensystemen entsprechen, wurden sie doch gewählt, um die Fragmentierung und Konzentrierung in den Parteiensystemen klar herauszustellen.

8 Italienische Parteien sind zur besseren Unterscheidung kursiv markiert.

9 Die Tabelle 4 endet im Jahr 2008, weil Bayerns Polarisierung zu diesem Zeitpunkt seinen Höhepunkt erreichte. Nach den Landtagswahlen 2013 zeigte sich das bayerische Parteiensystem deutlich gemäßigter, auch weil die FDP den Einzug in das Parlament verpasste. Der Polarisierungsgrad in Südtirol änderte sich nach den Landtagswahlen 2013 nur in geringem Umfang.

10 Zu verdanken hatte sie dieses Ergebnis aber auch dem Mitte-links-Bündnis mit dem PD. Obwohl die 44,2 Prozent der Stimmen zur Abgeordnetenkammer im medialen Kontext insgesamt positiv bewertet werden, soll dieses Ergebnis nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hierbei um das schlechteste SVP-Ergebnis bei italienischen Parlamentswahlen seit 1948 handelt.

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Wiesendahl, Elmar (2006). Partizipation in Parteien: Ein Auslaufmodell?, in: Hoecker, Beate (Hg.): Poli­tische Partizipation zwischen Konvention und Protest. Eine studienorientierte Einführung, Opladen: Budrich, 74 – 99

Zendron, Alessandra (2012). 2011 – Die Bewährungsprobe für die Südtirol-Autonomie im Zeichen der Krise. Essay: Kritische Bewertung des Jahres 2011, in: Südtiroler Gesellschaft für Politikwissenschaft (Hg.): Politika 12. Südtiroler Jahrbuch für Politik, Bozen: Raetia, 98 – 165

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Zöller, Martin (2008a). Südtirols Angst vor dem Bayernvirus, in: Kleine Zeitung, 24.10.2008, 6 – 7

Zöller, Martin (2008b). Regierende Volkspartei in Südtirol hat Angst vor dem CSU-Effekt, in: Die Welt, 25.10.2008, 8

Abb. 1: Die Regierungssysteme Bayerns und Südtirols im Überblick

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an Roth 2007, 103.

Tab. 2: Phasen der CSU- und SVP-Entwicklung seit 1945 im Vergleich

Phasen der CSU-Entwicklung

Phasen der SVP-Entwicklung

1945 – 1949 Gründungsphase

1949 – 1957 innerparteiliche Flügelkämpfe

1945 – 1957 Neubeginn und Formatierung unter gemäßigter Führung

1957 – 1988 Modernisierung und ­Entwicklung zur ­hegemonialen Kraft

1961 – 1988

Ära Strauß

1957 – 1972 Umbruch: mit härterer Gangart zum Erfolg

1957 – 1991

Ära Magnago

1972 – 1992 Festigung der Macht durch Konsenspolitik

1988 – 1999 Übergang, Krisen und Erneuerung

1957 – 1991

Ära Stoiber

1989 – 2008 Durnwalders neue
„Politik des Lächelns“

1989 – 2013
Ära Durnwalder

1999 – 2007 Die „neue CSU“ in der Ära Stoiber

Ab 2008 Phase der fluiden Entwicklung

Ab 2008 Phase der fluiden Entwicklung

Abb. 2: Mitgliederzahlen der CSU und SVP im Vergleich

Quelle: Niedermayer 2012, 2; Bundeszentrale für politische Bildung 2013b; Hanns-Seidel-Stiftung 2012; Süddeutsche, 21.02.2012; CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag 1996, 713; Statista 2014a; ff, 8/2010, 17; Angelucci 2011, 60; SVP 2013a; SVP 2013b.

Abstracts

Gli ultimi partiti popolari europei

In Baviera gli orologi della politica girano in maniera diversa, così come in Alto Adige. Lo Stato Libero della Baviera e la Provincia di Bolzano, il partito del laptop & delle braghe di cuoio, così come dello smartphone & del grembiule blu, l’Unione cristiano-sociale e la Südtiroler Volkspartei; tutti questi aspetti fanno parte del presente contributo.

Sono significative le analogie che vengono evidenziate in entrambi i partiti popolari; sia nel loro sviluppo che nella loro vicinanza ideologica, così come nel loro rispettivo contesto politico e culturale. Il presente contributo si è quindi posto l’obiettivo di analizzare il partito bavarese della CSU e la Südtiroler Volkspartei in un confronto prospettico dal punto di vista delle scienze politiche. Questo avviene attraverso una dimensione socioeconomica e culturale, una dimensione politica e una di carattere politico-partitico. I punti salienti del contributo sono quindi rappresentati dalla comparsa, negli ultimi anni, di crisi sempre più serie che hanno implicato il crollo dal trono del partito bavarese e l’abbandono del vertice del potere a livello altoatesino. Al termine del contributo si tenta di delineare una prudente prospettiva di un possibile futuro positivo per entrambi i partiti popolari.

Europe’s last big People’s Parties

Politics in Bavaria are wired differently from the way they are elsewhere, but similar to the way they are wired in South Tyrol. The Free State of Bavaria and the South Tyrolean province: one the laptop-and-“Lederhos’n”-party and the other the smartphone-and-blue-apron-party, i.e. the Christian-Social Union (CSU) and the South Tyrolean People’s Party, are the focus of the present paper. The two People’s Parties show remarkable similarities, be they in their development and ideology, as well as in their political and cultural commitments. This paper aims to analyze the Bavarian CSU and the South Tyrolean People’s Party within the perspective of comparative political science – particularly on a socio-economical, political, and party-policy level. Emphasis will also be given to the increasing signs of strain in the latest years which have led some to imply the “fall from the Bavarian party throne” or the “fall from the South Tyrolean power summit”. Finally the article will try to offer a cautious outlook on the – maybe positive – future of the two People’s Parties.