Thomas Benedikter
Eine „Landesagentur für politische Bildung und Bürgerbeteiligung“ in Südtirol
„Politische Bildung im öffentlichen Auftrag ist unverzichtbar und darf
nicht dem Markt überlassen werden. Vielmehr muss sie als Gemeinschaftsaufgabe
aller Beteiligten angesehen und weiterentwickelt werden.“
Münchner Manifest der Landeszentralen für politische Bildung, 26. Mai 1997
1. Demokratie braucht politische Bildung
Politische Bildung hat im Rahmen der Erwachsenenbildung eine lange, aber auch widersprüchliche Tradition. Die Philosophie der Aufklärung war ohne Zweifel der Humus für den Anspruch auf politische Bildung, gemäß dem oft zitierten Kernsatz von Immanuel Kant: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andren zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht im Mangel des Verstandes, sondern der Erschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung“ (zitiert nach Bahr 1974, 9).
In der Erwachsenenbildung demokratischer Gesellschaften hat politische Bildung als zweckfreie, allgemeine „staatsbürgerliche Bildung“ (citizenship oder civic education) einen hohen Stellenwert. Gerade die heutigen wirtschaftlichen, sozialen und technischen Veränderungsprozesse führen unter anderem zu einer zunehmenden Verunsicherung der Menschen angesichts der unüberschaubaren und zeitgleich angebotenen Fülle von Daten, Fakten und Informationen: „Der einzelne entwickelt sich zum Informationsriesen, bleibt aber ein Bildungszwerg. Denn innerlich hat sich parallel ein gewaltiger Wertewandel vollzogen, der gleichsam Voraussetzung zur Beschleunigung dieses Prozesses war und nun im Ergebnis selbst von dieser multimedialen Flut befördert wird: Individualismus, Egoismus, Entsolidarisierung, Auflösung von generationsübergreifenden Wertmaßstäben […] bedingungslose Konsumorientierung und -haltung sind Stichworte, die diesen Prozess beschreiben. Die damit einhergehende Pluralisierung der Gesellschaft mündet in eine wachsende Ablehnung dauerhafter Bindungen (in den individuellen Beziehungen genauso wie in Parteien, Verbänden, Kirchen usw.) und einer ausgeprägten Distanz zu der Welt der Politik (z. B. Wahlverhalten). Wenn auch diese Distanz zu spezifischen Formen der Politik und Parteienwelt nicht mit politischem Desinteresse überhaupt verwechselt werden darf, so ist sie dennoch eine Herausforderung für die politische Bildung“ (Landeszentralen für politische Bildung der Bundesrepublik Deutschland 1997,1)
Dieser Befund, ausgesprochen vor 17 Jahren für Deutschland, ist heute noch durchaus aktuell, auch in Südtirol. Unbestritten ist, dass die Demokratie vom mündigen Mitdenken und Mittun seiner Bürger und Bürgerinnen lebt und von deren Bereitschaft, sich selbst- und sozialverantwortlich ein Urteil zu bilden, Grundwerte und Regeln zu respektieren und sich für sie zu engagieren. Demokratie muss aber in jeder Generation neu eingeübt werden. Politische Bildung im öffentlichen Auftrag leistet insbesondere hier einen fortdauernden und unverzichtbaren Beitrag zu persönlicher und gesellschaftlicher Orientierung sowie zur Entwicklung und Festigung demokratischer Einstellungen und Verhaltensweisen. Dabei ist Politische Bildung als Teil des Bildungsauftrags der öffentlichen Hand in einem demokratischen Gemeinwesen zu verstehen, ein Auftrag, den vor allem demokratische Institutionen in Deutschland einlösen wollten (vgl. Sander 2014, 15 – 30). Dieser Auftrag wird zurzeit in Südtirol weder im schulischen Bildungssystem noch in der Erwachsenenbildung ausreichend wahrgenommen.
Öffentlich-rechtliche Einrichtungen für politische Bildung können nicht nur die Bildung im engeren Sinn fördern, sondern auch direkt die politische Partizipation der Bürger stärken. Unsere moderne Gesellschaft fordert die Demokratiekompetenz der Bürger und Bürgerinnen auf eine besondere Weise heraus. Sie müssen sich auf Neues und Fremdes einlassen. Das gilt besonders für die Jugendlichen, die sich heute in zu geringer Zahl am politischen Leben beteiligen. Besonders Frauen sind nach wie vor zu wenig in der Politik vertreten. Über die Zugangschancen zur Politik entscheiden oft noch tradierte Rollenvorstellungen, die Bildung, die finanziellen Möglichkeiten, die soziale und berufliche Lage, die konkreten Erfahrungen mit der Politik. Politische Bildung allein vermag nicht all diese Rahmenbedingungen zu verändern, bildet aber eine wichtige Voraussetzung und Hilfe für aktives bürgerschaftliches Engagement und Teilhabe an der Politik. Ein Weiteres sind gute Regeln und Instrumente für die Bürgerbeteiligung. Die in den Institutionen betriebene Politik kann nicht den Bürgern ihr Engagement abnehmen, doch sie kann die Infrastrukturen für mehr Beteiligung bereitstellen1.
2. Politische Bildung: ein gesamteuropäisches Anliegen
Auf gesamteuropäischer Ebene hat vor allem der Europarat die Bedeutung und das Anliegen der politischen Bildung wiederholt aufgegriffen. Mit der Empfehlung 2010/7 (Europarats-Charta zur Politischen Bildung)2 sind alle Mitgliedsstaaten in die Pflicht gerufen worden, diese Aufgabe besser wahrzunehmen. Vorausgegangen waren seit 1997 nicht nur eine Reihe von Empfehlungen und Initiativen des Europarats zur „demokratischen Bürgerschaft“ (Democratic Citizenship) und Menschenrechtsbildung und 2005 das „Europäische Jahr der Bürgerschaft durch Bildung“, sondern auch eine europaweite empirische Untersuchung zum Stand der politischen Bildung (vgl. Europarat 2004). Dabei geht man von der Notwendigkeit politischer Bildung nicht nur in der Schule, sondern in der Erwachsenenbildung aus. In allen untersuchten Ländern, so eines der herausragenden Ergebnisse, wird die politische Bildung in Schul- und Erwachsenenbildung vernachlässigt. Realität und Absichtserklärungen klaffen weit auseinander, so diese Studie. Ein markanter Unterschied zwischen den erklärten Zielen und den real umgesetzten Programmen sowohl in der Schulpolitik wie in der Praxis wird in den Schulen erhoben. Dies betrifft nicht nur die politische Bildung im engeren Sinn, sondern auch das konkrete Engagement der Schulverantwortlichen, die Schule zu einem „Ort des Demokratie-Lernens“ zu machen. Die für die politische Bildung und Menschenrechtsbildung aufgewandte Zeit ist durchgängig zu gering, Inhalte zu solchen Themen sind in den Curricula zu allgemein gehalten, es wird eine bloße „Rhetorik der politischen Bildung“ geortet (Losito 2011). Man verkünde hehre Ziele, bekenne sich zu allgemeinen Werten, doch die Schulpraxis lasse sehr zu wünschen übrig. Es gebe, so die Studie, viel zu wenige Maßnahmen, die die allgemeinen Prinzipien und Inhalte in erfassbarer und bewertbarer Weise in die Unterrichtspraxis umsetzten. Bemängelt wird weiters, dass in zu vielen Ländern die politische Bildung nur mehr als „transversales Unterrichtsprinzip“ präsent ist, aber nicht bzw. nicht mehr (z. B. in Italien) als eigenständiges Fach vorgesehen ist. In den meisten Ländern gebe es weder Monitoring noch Evaluation zur politischen Bildung in den Schulen. Vernachlässigt sei auch der Schlüsselfaktor für die Qualität von politischer Bildung in der Schule: die Lehramtsausbildung.
3. Die politische Bildung als öffentliche Aufgabe im deutschsprachigen Raum
„Demokratie braucht eine lebendige und streitbare Zivilgesellschaft. Sie kann nur funktionieren, wenn die Bürgerinnen und Bürger das politische und gesellschaftliche Leben mitgestalten. Deutschland hat im 20. Jahrhundert zwei Diktaturen hervorgebracht. Daher trägt die Bundesrepublik Deutschland eine besondere Verantwortung dafür, dass in Politik und Gesellschaft demokratische Grundwerte akzeptiert und gelebt werden“ (Bundeszentrale für politische Bildung). So stellt sich in ihrer Website die Bundeszentrale für politische Bildung (Bpb) vor, die von der Bundesrepublik als eigene, bundeseigene Einrichtung für die politische Bildung als öffentlicher Aufgabe geschaffen worden ist.
Die Bpb wurde am 25. November 1952 als „Bundeszentrale für Heimatdienst“ in der Bundesrepublik Deutschland gegründet. Den heutigen Namen trägt sie seit 1963. Aus den Erfahrungen mit diktatorischen Herrschaftsformen in der deutschen Geschichte, so der Grundanspruch, erwächst für die Bundesrepublik Deutschland die besondere Verantwortung, Werte wie Demokratie, Pluralismus und Toleranz im Bewusstsein der Bevölkerung zu festigen.
Die Bpb ist dem Bundesministerium des Inneren unterstellt und unterhält Medienzentren in Bonn und Berlin. Im Münchner Manifest vom 26. Mai 1997 wurden die Ziele der politischen Bildung konkretisiert, amtlich definiert sind die Aufgaben im „Erlass über die Bundeszentrale für politische Bildung vom 24. Januar 2001“. Darin heißt es im § 2: „Die Bundeszentrale hat die Aufgabe, durch Maßnahmen der politischen Bildung Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewusstsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken.“ Die politisch ausgewogene Haltung und die politische Wirksamkeit der Arbeit der Bundeszentrale werden von einem aus 22 Mitgliedern des Deutschen Bundestags bestehenden Kuratorium kontrolliert.3 Heute sind 220 Personen bei der Bpb an ihren beiden Sitzen in Bonn und Berlin beschäftigt.
Die Aufgabe der Bpb ist es, Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewusstsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken. So steht es im Erlass des Bundesministeriums des Innern, und so wird es Tag für Tag in Bonn und Berlin in die Praxis umgesetzt. Gemeinsam mit einem bundesweiten Netzwerk aus Landeszentralen, Bildungseinrichtungen und -trägern engagiert sich die Bpb für politische Bildung und Kultur – unabhängig und überparteilich. Die zentrale theoretische Grundlage der Arbeit der Bpb ist der sogenannte „Beutelsbacher Konsens“ (Mickel 1999, 171 – 178).
Im Zentrum der Arbeit der Bpb steht die Förderung des Bewusstseins für Demokratie und politische Partizipation. Aktuelle und historische Themen greift sie mit Veranstaltungen, Printprodukten, audiovisuellen und Online-Produkten und in verschiedenen anderen Formen auf. Veranstaltungsformate der Bpb sind Tagungen, Kongresse, Festivals, Messen, Ausstellungen, Studienreisen, Wettbewerbe, Kinoseminare und Kulturveranstaltungen sowie Events und Journalistenweiterbildungen. Die unterschiedlichen Bildungsangebote der Bpb vermitteln Einblicke in die historischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge politischer, kultureller, sozialer sowie wirtschaftlicher Prozesse. Das breit gefächerte Bildungsangebot der Bpb soll die Nutzer motivieren und befähigen, sich kritisch mit politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinanderzusetzen und aktiv am politischen Leben teilzunehmen.
Ihre Aufgabe erfüllt die Bbp in eigener gesellschaftspolitischer, pädagogischer und publizistischer Verantwortung. Die Bpb hat den Anspruch, überparteilich und wissenschaftlich ausgewogen zu arbeiten, genauso wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk und das Fernsehen. Als eine Institution der staatlich verfassten politischen Bildung fördert sie zudem Veranstaltungen von mehr als 400 anerkannten Bildungseinrichtungen, Stiftungen und regierungsunabhängigen Organisationen, die in der Bundesrepublik Deutschland in der politischen Bildung tätig sind. Die Bpb und die Landeszentralen stehen somit nicht in Konkurrenz zu freien Initiativen für politische Bildung, sondern sehen sich als deren Partner und Unterstützer.
Die Bpb hält besondere Angebote für Lehrpersonen und Mitarbeiter der Bildungs- und Jugendarbeit bereit. Jugendliche und junge Erwachsene spricht sie mit altersgemäßen Themen und speziellen Medienpaketen und Fortbildungen direkt an. Die Bpb hat sich längst die ganze Bandbreite moderner Kommunikationsmethoden zu eigen gemacht und verfolgt einen crossmedialen Ansatz. Sie stellt sich den Anforderungen nach schneller und fundierter Information: Mit ihren Bildungsangeboten und speziellen Online-Produkten greift sie aktuelle gesellschaftliche sowie politische Ereignisse und Debatten auf. Interessierte Bürgerinnen und Bürger können sich bei der Bpb also umfassend informieren.
Das Programm der typischen bundesdeutschen Landeszentralen ist sehr vielfältig, ansprechend, auch niederschwellig: Unterrichts- und Lernmedien, E-Learning-Kurse, Spiele, Internetportale, Schülerwettbewerbe, Newsletters, Zeitschriften, Buchreihen, verschiedene Veranstaltungen und sogar Bildungsreisen. In Baden-Württemberg werden jährlich zudem über tausend Veranstaltungen geboten, was auf Südtirol heruntergebrochen mindesten hundert Einzelveranstaltungen bedeuten würde. Diese sind vom Zuschnitt oft so gestaltet, dass auch bildungs- und politikferne Gruppen hereingeholt werden.
Öffentliche Träger wie etwa die Bpb in Deutschland fehlen dagegen in Österreich.4 Eine ähnliche Funktion besitzt in Österreich das Zentrum „polis“, das vertraglich im Auftrag des Unterrichtsministeriums arbeitet, allerdings als selbstorganisierte Initiative bezeichnet werden kann, die allerdings nur mit sehr bescheidenen Ressourcen ausgestattet ist (derzeit vier Teilzeitstellen). Zu diesen Initiativen gehören auch die „Österreichische Gesellschaft für politische Bildung“ (www.politische
bildung.at) und das „Demokratiezentrum Wien“ (www.demokratiezentrum.org), die in erster Linie über öffentliche Subventionen finanziert werden.
In der Schweiz mit ihren gut ausgebauten direktdemokratischen Rechten geht man von einer breit vorhandenen politischen Kompetenz in der Bevölkerung aus, von politischem Interesse und allgemeiner Partizipationsbereitschaft. Bis Ende der 1970er-Jahre war auch in den Schulen traditionell die „Staatsbürgerkunde“ verankert. Doch immer mehr Lehrpersonen schrecken davor zurück, sich in der politischen Bildung zu engagieren, damit ihnen nicht ideologische Beeinflussung vorgeworfen werden kann (vgl. Ziegler 2014, 555).
Seit der Jahrtausendwende ist der Ruf nach einer Aufwertung der politischen Bildung lauter geworden. Die Ursachen liegen in der sinkenden Beteiligung der Bevölkerung an traditionellen Formen des politischen Lebens, nämlich bei Parteimitgliedschaft, Ämterübernahme, Wahl- und Stimmbeteiligung, aber auch in Vereinen und Freiwilligenarbeit. Auch xenophobe Tendenzen sind in der Schweiz im Zunehmen.5 Lehrpersonen, die in der Schule politische Bildung unterrichten, sind meist dafür nicht ausgebildet: „Es gilt deshalb, die Vorstellungen der Lehrpersonen von politischer Bildung bewusst zu machen, auszuweiten und zu professionalisieren, um Unterricht in politischer Bildung systematisieren zu können“ (Zeuner 2014, 142). Interessanterweise existiert in der demokratisch hoch entwickelten Schweiz kein Forschungszentrum, Dokumentationszentrum oder Lehrstuhl für politische Bildung zwecks wissenschaftlicher Betreuung dieses Fachs: „Das Fach ‚Politische Bildung‘ ist universitär verwaist und unterrichtlich verwildert, seine Ausgestaltung hängt letztlich mit dem Bestand einer demokratischen politischen Kultur zusammen.“ (Oser/Reichenbach 2012, 36).
4. Politische Bildung in Italien
In Italien gibt es keine öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, die sich um politische Bildung im öffentlichen Auftrag vergleichbar mit den deutschen Landeszentralen für politische Bildung kümmern. Dieser Bereich der Erwachsenenbildung ist somit im Wesentlichen den freien Vereinen, den Kulturorganisationen und Parteien überlassen. Verschiedenste Stiftungen mit unterschiedlicher Nähe zu Parteien oder einzelnen Strömungen innerhalb von Parteien bieten Inhalte politischer Bildung in verschiedenem Format an, doch nicht in der geregelten, transparent öffentlich subventionierten Form der parteinahen Stiftungen Deutschlands.
Das Fach „Staatsbürgerkunde“ (educazione civica) ist seit 1990/1991 aus dem Lehrplan verschwunden, ohne Proteste der Elternschaft, ohne Aufschrei der Parteien, ohne größeren Widerstand der Lehrpersonen. Man ging damals davon aus, dass sich in einer reifen Demokratie jeder Staatsbürger die nötigen Kenntnisse von Institutionen, Verfassung, Rechten und Pflichten selbstständig anzueignen hätte. 2008/
2009 wurde im Rahmen der Gelmini-Schulreform zögerlich versucht, dieses Fach als „Educazione alla Cittadinanza e Costituzione“ wieder einzuführen, was nicht gelang. In den Schulen gut behaupten konnte sich dagegen die in den öffentlichen Schulen zum Wahlfach gewordene Religionsstunde. Aufschluss über den Zustand der politischen Bildung in den Schulen Italiens gibt auch der Länderreport des Europarats zur politischen Bildung und Menschenrechtsbildung (vgl. INVALSI 2001).
Phänomene der jüngsten Entwicklung der italienischen Demokratie wie der Aufstieg Berlusconis, die Auswüchse der Parteienherrschaft, die Korruption, der Erfolg von Rechtspopulisten und letzthin der massive Bürgerprotest in Form der 5-Stelle-Bewegung hängen nicht ursächlich mit dem Fehlen oder der Vernachlässigung von politischer Bildung in der Schule und Erwachsenenbildung zusammen, doch ist ihr Fehlen im Rahmen der Tätigkeit öffentlich-rechtlicher Institutionen wohl nicht ganz unschuldig daran.
5. Politische Erwachsenenbildung in Südtirol
In der Südtiroler Weiterbildungslandschaft ist politische Bildung sporadisch und nachrangig vertreten. Ein Blick in die halbjährlich neu aufgelegten Programmangebote der großen Bildungsträger (Bildungshäuser, Volkshochschulen, Katholischer Verband der Werktätigen/KVW) zeigt: die Rubrik Politik spielt in der Erwachsenenbildung eine völlig untergeordnete Rolle. So weist der 155 Seiten starke Herbst-Winter-Katalog 2014 des KVW ganze zwei Veranstaltungen auf, die der politischen Bildung zugeordnet werden können (zwei Abendvorträge in Sterzing der KVW-Frauen mit dem Jugenddienst Wipptal). Im Herbst-Winter-Katalog des Verbands der Volkshochschulen Südtirols gibt es gar nur ein einziges dieser Rubrik entsprechendes Angebot. Besser aufgestellt hinsichtlich der politischen Bildung ist die Brixner Cusanus-Akademie mit sechs Abendvorträgen, einem Basislehrgang (Gewaltfreie Kommunikation), einem Supervisions-Workshop (Dialoge begleiten) und einem vierteiligen Seminar zu „Dialogisch Leben und Arbeiten“. Solcherart Angebote ordnet das Bildungshaus Kloster Neustift der Rubrik „Wirtschaft & Kommunikation“ zu und bringt dabei „Systemisches Konsensieren“ als einziges Angebot, das man politischer Bildung im weiten Sinn zuordnen könnte. Die relativ größte Aufmerksamkeit genießt die „gesellschaftspolitische und ökologische Bildung“ bei der URANIA Meran, während in den übrigen Bildungshäusern zu diesem Themenfeld nichts zu finden ist. Eine Ausnahme bildet das „Friedenszentrum/Centropace“ der Gemeinde Bozen. Andere soziale Großorganisationen wie Gewerkschaften und Kirchen bieten kaum frei zugängliche Weiterbildungsveranstaltungen in Sachen politische Bildung. Die einzige Parteiakademie Südtirols, die Silvius-Magnago-Akademie der Südtiroler Volkspartei (SVP), konzentriert sich auf die Weiterbildung der eigenen MitarbeiterInnen und vermittelt Vorträge mit ganzen vier ihrer Mandatare. Allerdings scheint ihre Tätigkeit aufgrund finanzieller Probleme seit 2010 abgebaut worden zu sein.
Warum Politik im Angebot der großen Träger von Erwachsenenbildung ein solches Aschenputteldasein führt, wäre zu klären. Dabei spielt zum einen die Nachfrage eine wesentliche Rolle, doch gilt auch für diesen Markt: Ein gutes Angebot schafft sich seine Nachfrage selbst. Andernfalls wäre die Fülle von Angeboten an politischer Bildung in bundesdeutschen Städten auch nicht von Bestand. Nachdem von Bildungsinstitutionen getragene Initiativen der politischen Bildung in der Erwachsenenbildung schwach ausgeprägt sind, werden politische Themen fast ausschließlich freien Vereinen und Organisationen überlassen, die verschiedenste „non-formale“ Veranstaltungen anbieten. Aus diesem Bereich speist sich auch der Großteil der Veranstaltungen im Rahmen der Aktionstage für politische Bildung, die das Landesamt für Weiterbildung jährlich Ende April/Anfang Mai in Anlehnung an das österreichische Modell koordiniert. Diese zweiwöchige Aktion bietet eine beeindruckende Zahl von Einzelveranstaltungen auf, wobei allerdings die zeitliche Konzentration von Nachteil ist. Ihre Breitenwirksamkeit wäre wie insgesamt die politische Bildung zu evaluieren. Natürlich ist in Südtirol auch informelles Lernen präsent, nämlich alle Lernprozesse, die durch die Auseinandersetzung mit vielfältigen Themen in unterschiedlichen Darbietungsformen angestoßen werden.
In allen drei nördlichen Nachbarländern Südtirols wird politische Bildung somit sowohl von institutionellen Trägern von Erwachsenenbildung (Bildungshäusern, Stiftungen, Volkshochschulen) wie auch von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, kirchlichen Bildungseinrichtungen oder Vereinen angeboten. In Deutschland gibt es darüber hinaus die Bundeszentrale und die 16 Landeszentralen für politische Bildung und ein vielfältiges Angebot an außerschulischer politischer Jugendbildung.
Zwar gibt es in Südtirol eine wachsende Vielfalt von freien Bildungsträgern, doch ist nicht zu übersehen, dass die katholischen Bildungseinrichtungen aus einer geschichtlichen Tradition heraus noch stark das Feld beherrschen. Unverkennbar haben diese Tradition und der für Jahrzehnte geringe Grad an politischem Pluralismus auch auf den Stellenwert und auf das Verständnis von politischer Bildung zurückgewirkt. Eine öffentliche Trägeragentur für politische Bildung existiert nicht und ist bisher auch noch nicht vorgeschlagen oder gefordert worden. Zwar bezuschusst das Land verschiedene Angebote politischer Bildung freier Vereine und Organisationen, doch ist politische Bildung noch nicht als öffentliche Aufgabe in institutionalisierter Form begriffen worden. Auch ohne systematische Gesamtevaluation kann festgehalten werden: es mangelt in Südtirol sowohl an einer öffentlich-rechtlichen Infrastruktur als auch an einem hinreichenden Ausmaß von Ressourcen für die politische Bildung.
6. Was ist eine „Landesagentur für politische Bildung und Bürgerbeteiligung“?
Eine Landesagentur für politische Bildung ist eine eigenständige, überparteiliche Bildungseinrichtung des Landes Südtirol (Autonome Provinz Bozen), die Politikkunde praktisch und lebensnah vermittelt und aktives bürgerschaftliches Engagement unterstützt. Sie hat die Aufgabe, die politische Bildung auf überparteilicher Grundlage zu fördern und zu vertiefen, ausgehend von demokratischen Grundwerten, der Verfassung und der Südtiroler Autonomie. Eine Landesagentur für politische Bildung ist als eigenständige Einheit von der Landesverwaltung getragen und finanziert und verfügt über eine dem Arbeitsförderungsinstitut AFI-IPL vergleichbare verwaltungsmäßige und inhaltliche Autonomie. Sie ist unabhängig von Konfessions-, Partei- oder Gewerkschaftszugehörigkeit für alle Bürger und Bürgerinnen da, informiert grundlegend und aktuell über Politik im Land und allgemein, lädt zur Beteiligung ein, unterstützt Lehrpersonen, Studierende, Erwachsenenbildung in allen Fragen der politischen Bildung. Damit erfüllt sie einen Bedarf, der seit Jahren deutlich erkennbar ist (vgl. Benedikter 2012, 437 – 451).
Welche Aufgaben hätte eine solche Landesagentur für politische Bildung und Bürgerbeteiligung? Eine Landeseinrichtung mit politischer Bildung als Kernaufgabe bietet Leistungen, die heute von keiner anderen Einrichtung in der angemessenen Breite und Tiefe übernommen werden. Auch wenn Jugend- und Sozialverbände, Bildungshäuser, das Amt für Weiterbildung und die Bereiche für Innovation und Beratung (früher Pädagogische Institute) sowie freie Träger Angebote politischer Bildung bereitstellen, reicht dies bei Weitem nicht aus. Eine Landesagentur für politische Bildung steht nicht in Konkurrenz zu den genannten Bildungsträgern, sondern wird – wie die Erfahrung im deutschsprachigen Raum zeigt – ihr wesentlicher Partner in Sachen politische Bildung sein.
Dabei ist eine solche öffentlich-rechtliche Einrichtung in Analogie zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk einer pluralistischen politischen Bildung verpflichtet, muss also die Vielfalt politischer Deutungsmuster und Handlungsmöglichkeiten und die Ausgewogenheit des Angebots garantieren. Das Angebot der Landesagentur für politische Bildung sollte die typische Palette von Angeboten der bundesdeutschen Landeszentralen erhalten, zum Beispiel Publikationsreihen, Zeitschriften, Materialien und Dokumentationen, Planspiele, audio-visuelle Medien, Spiele und Lernmedien aller Art. Eine Landeszentrale arbeitet heute auch wesentlich über ihr breit aufgestelltes Internetportal. Ein eigener Download-Bereich könnte die wachsende Zahl an E-Materialien anbieten, gleichermaßen müsste auch der Versand von physischen Dokumenten gepflegt werden.
Die Südtiroler Landesagentur für politische Bildung wäre aber auch laufend in Kulturleben, Schule und Erwachsenenbildung mit Veranstaltungen präsent, oft in Kooperation mit Kultur- und Bildungseinrichtungen. Sie sollte in dauerhafter und qualifizierter Form Dienste bereitstellen, die eine lebendige Demokratie mit ausgeprägter Bürgerbeteiligung braucht: ausgewogene politische Information, didaktische Materialien für Schule und Erwachsenenbildung, Netzwerke, Kontaktmöglichkeiten, Beratung und Qualifizierung bei Inhalten und Methoden.
Zudem soll eine Landesagentur für politische Bildung auch zentrale Aufgaben in der deliberativen Demokratie auf Landes- und Gemeindeebene übernehmen. In der politischen Praxis auf kommunaler Ebene hat es sich immer wieder gezeigt, dass neue Verfahren zur Bürgerbeteiligung an der Politik nur mit einer minimalen Unterstützung durch das Land initiiert werden (vgl. Benedikter/Michelotto 2014). Ausgehend vom Beispiel des „Zukunftsbüros“ der Vorarlberger Landesregierung (Amt der Vorarlberger Landesregierung, Büro für Zukunftsfragen, www.vorarlberg.at/zukunftsbüro), eingerichtet im Jahr 2006, könnte eine Landesagentur für politische Bildung auch wichtige Aspekte der deliberativen und direkten Demokratie pflegen. So könnten zum Beispiel Bürgerräte, Leitbildprozesse, Bürgerdialoge, Bürgergutachten und Bürgerhaushalte qualifiziert koordiniert und betreut werden. In Anlehnung an das interessante Modell der „Autorità per la partecipazione“ der Region Toskana, errichtet auf Grundlage des Reg. Gesetzes Nr. 46/2013 (Autorità per la partecipazione della Regione Toscana, www.consiglio.regione.toscana.it/autorità und www.regione.toscana.ir/partecipazione) könnten mit personeller und finanzieller Unterstützung des Landes Bürgerbeteiligungsprozesse unterstützt werden wie zum Beispiel die „Öffentliche Debatte“, ein Verfahren, das in der Toskana seit 2013 – nach dem Vorbild Frankreichs bei öffentlichen Investitionen ab einer bestimmten Ausgabenschwelle Pflicht ist.
Wie bei den Bereichen für Innovation und Beratung/Area pedagogica (früher Pädagogische Institute) empfiehlt es sich, unserer dreisprachigen Realität dadurch gerecht zu werden, indem eine einheitliche Einrichtung mit drei Abteilungen für die drei Sprachgruppen aufgebaut wird, wobei nach Bedarf zusammengearbeitet oder an eigenständigen Projekten und Programmen gearbeitet werden kann.
7. Der Weg zur Schaffung einer Südtiroler Landesagentur für politische Bildung und Bürgerbeteiligung
Eine solche öffentlich-rechtliche Bildungseinrichtung muss mit Landesgesetz eingeführt werden, denn eine Reihe von Besonderheiten ist bei der Trägerschaft, der Leitung und Arbeitsweise zu berücksichtigen, die nur gesetzlich geregelt werden kann. So müsste ein Institutsrat die Leitungsfunktion innehaben, der den politischen Pluralismus und die kulturelle Vielfalt Südtirols widerspiegelt und die Autonomie der Institution wahrt. Im Institutsrat könnten – wie in den deutschen Landeszentralen für politische Bildung – Vertreter der im Landtag präsenten Parteien, wichtige soziale Kräfte und der Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen vertreten sein. Wie in deutschen Bundesländern sollte diese Einrichtung beim Landtagspräsidium eingerichtet werden, wodurch der Anspruch auf Überparteilichkeit zum Ausdruck käme. Ein wissenschaftlicher Beirat müsste die Tätigkeit der Agentur begleiten.
Der finanzielle Aufwand muss den heutigen finanziellen Rahmenbedingungen des Landes entsprechen, aber grundsätzlich der breiten Aufgabenstellung angemessen sein. Im Wesentlichen kann diese Einrichtung durch die Umschichtung von Mitteln aus dem Landeshaushalt finanziert werden, deren Verwendung anderweitig obsolet geworden ist (so z. B. ist der Bedarf des Landes an Sportstätten, die in den letzten Jahrzehnten massenhaft gebaut worden sind, in einer alternden Gesellschaft annähernd gesättigt). In der politischen Bildung weist Südtirol gegenüber dem Standard im deutschsprachigen Raum einen erheblichen Rückstand auf, kann andererseits auch vieles an Produkten und Materialien von ähnlichen Institutionen übernehmen. Allerdings gibt es einen erheblichen Grundstock an Diensten (Materialien, Veranstaltungen, Dienstleistungen), die nur südtirolbezogen von Fachkräften im Land erstellt werden können.
Für dieses Projekt muss breite Unterstützung von Verantwortlichen aus Bildungseinrichtungen, aus der Erwachsenenbildung und Jugendarbeit, Sozialverbänden und Gewerkschaften herbeigeführt werden, denn noch wird politische Bildung in Südtirol nicht als eine öffentliche Aufgabe begriffen, die eine eigene Infrastruktur mit angemessenen Ressourcen erfordert. Sowohl der Öffentlichkeit wie den politischen Vertretern müsste klar werden, dass eine solche Aufgabe nicht subsidiär erfüllt werden kann, sondern nur durch eine Landesinstitution. Überlässt man sie dem freien Bildungsmarkt, geht es weiter wie bisher. Nicht zuletzt die Südtiroler Gesellschaft für Politikwissenschaft ist gefordert, in diese Richtung mit aktiv zu werden. Unser demokratisches Gemeinwesen ist reif für diesen Schritt, besser gesagt: Es braucht diesen Schritt, um der politischen Bildung zu einem Qualitätssprung zu verhelfen. Bildung verändert Denken und Verhalten der Menschen, vermittelt Orientierung und ist damit eine Investition in die Zukunft. Bildungsarbeit, also die Entwicklung von Materialien, die Bereitstellung eines pluralen Informationsangebots, die Durchführung verschiedenster Veranstaltungen erfordert einen beträchtlichen finanziellen Aufwand. Eine ausreichende Ausstattung mit Ressourcen im Rahmen einer solchen Infrastruktur für politische Bildung ist Voraussetzung für eine erfolgreiche politische Bildungsarbeit. Politische Bildung ist auch eine der Voraussetzungen für qualifiziertes bürgerschaftliches Engagement und für breitere politische Beteiligung.
Anmerkungen
1 Da sich der Wandel in unserer Gesellschaft so dramatisch und rasch vollzieht, muss man den Menschen Hilfestellung anbieten. „Die Zentralen stellen sich den gesellschaftlichen, ökologischen und politischen Umbrüchen und setzen sich mit den damit verbundenen Problemen auseinander. Sie nehmen neue Themenstellungen in ihre Bildungsarbeit auf und müssen auch zukünftig für neue Inhalte offen sein (z. B. Globalisierung und ihre wirtschaftlichen und sozialen Folgen, Europa, Technikfolgen, Ökologie). Ihnen kommt darüber hinaus die Aufgabe zu, gegebenenfalls auch unpopuläre Themen zu besetzen und in die politische Bildung einzubringen. Die Arbeit der Zentralen für politische Bildung trägt dazu bei, komplexe Zusammenhänge besser zu verstehen und verschiedene Lösungsansätze kritisch zu diskutieren. Neben der Öffnung für neuartige Inhalte ist die Entwicklung, Umsetzung und Evaluierung neuer Methoden und Beiträge zur Didaktik der politischen Bildung von großer Bedeutung. Hierzu gehört neben der Nutzung neuer Techniken und Medien im Bildungsbereich (z. B. Internet) auch die Erprobung neuer Arbeitsweisen und Vermittlungsformen“ (aus dem „Münchner Manifest der Landeszentralen für politische Bildung“ vom 26. Mai 1997).
2 Vgl. Europarats-Charta zur Politischen Bildung und Menschenrechtsbildung Empfehlung CM/Rec(2010)7 des Ministerkomitees des Europarats an die Mitgliedstaaten (verabschiedet vom Ministerkomitee am 11. Mai 2010 anlässlich der 120. Versammlung); URL: http://www.coe.int/t/dg4/education/edc/Source/Charter/EDC_Charter_DE.pdf
3 Vgl. § 6 Abs. 1 des Erlasses über die Bundeszentrale für politische Bildung.
4 Die Geschichte der politischen Bildung – vor allem auch im deutschen Sprachraum – wird griffig, fundiert und nicht zu ausführlich zusammengefasst von Thomas Hellmuth und Cornelia Klepp in: Hellmuth, Thomas/Klepp, Cornelia (2010). Politische Bildung, Schwalbach/Ts: Böhlau UTB, 13 – 86
5 „Auf der anderen Seite bleibt ein pädagogischer Oberflächenrealismus, der sich durch keine Ideale und keine nostalgischen Erinnerungen an das Politische irritieren lässt, für die Sache der politischen Bildung mehr als prekär. Es ist diese Sicht, die sich in den letzten Jahren hat ausbreiten können, die die Welt der Menschen nicht mehr auch als Anstoß und Ärgernis begreift, welche sie politisch werden lassen, sondern als eine Art Naturgeschehen, mit welchem man sich am besten arrangiert, weil es sich nicht verändern lässt. Für eine politische Bildung, die mehr sein will als (minimaler) politischer Unterricht bzw. (minimale) staatsbürgerliche Erziehung, nämlich Einführung in das Politische und Praxis eines dezidiert demokratischen Lebens, ist eine solche ,realistische´ Sicht der geeignete Totengräber.“ (Oser, Fritz/Reichenbach, Roland (2012): Schlussbericht zum Mandat „Politische Bildung in der Schweiz“, 36)
Literaturverzeichnis
Benedikter, Thomas/Michelotto, Paolo (2014). Die Gemeindepolitik mitgestalten. Ideen und Verfahren für die Bürgerbeteiligung in der Gemeinde – Ein Leitfaden, Bozen: POLITiS
Benedikter, Thomas (2012). Ehrenamt im Bereich Politik und bürgerschaftliches Engagement in Südtirol unterbewertet, in: Pallaver, Günther (Hg.): Politika 12. Jahrbuch für Politik/Annuario di politica/Anuer de pulitica (Südtiroler Gesellschaft für Politikwissenschaft/Società di Scienza Politica dell’Alto Adige/Sozietà de scienza pulitica de Südtirol), Bozen: Edition Raetia, 437 – 457
Bundeszentrale für politische Bildung, www.bpb.de
Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: www.blz.de;
Demokratiezentrum Wien: www.demokratiezentrum.org
Europarat (2010) (Hg.). Europarats-Charta zur politischen Bildung u. Menschenrechtsbildung 2010/7. www.coe.int/t/dg4/education/edc/Source/Charter/EDC_Charter_DE.pdf
Europarat (2004) (Hg.). All-European Study on Education for Democratic Citizenship Policies, Straßburg: Eigenverlag
Hellmuth, Thomas/Klepp, Cornelia (2010). Politische Bildung, Schwalbach/Ts: Böhlau UTB
Sander, Wolfgang (2014). Geschichte der politischen Bildung, in: Sander, Wolfgang (2014): Handbuch Politische Bildung, Schwalbach: Wochenschau Verlag, 15 – 30
INVALSI (2011). La terza indagine IEA sull’educazione Civica e alla Cittadinanza, Napoli: Tecnodid
Bahr, Erhard (Hg.) (1974). Was ist Aufklärung? Thesen und Definitionen. Kant, Erhard, Hamann, Herder, Lessing, Mendelssohn, Riem, Schiller, Wieland. Bibliographisch erg. Ausgabe 1996, Nachdruck 2000, Stuttgart: Reclam
Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. www.lpb-bw.de
Losito, Bruno (2011). L’educazione civica e alla cittadinanza: due ricerche internazionali, Intervento al Convegno‚ Fare il cittadini. La formazione di un nuovo soggetto nell’Europa fra XIX e XXI secolo, Brescia, 7.5.2011, URL: http://www.istruzione.lombardia.gov.it/varese/wp-content/uploads/2012/10/Losito_Educazione_Cittadinanza_Brescia_1109.pdf
Mickel, Wolfgang W. (1999) (Hg.). Handbuch zur politischen Bildung, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd.358, Schwalbach: Wochenschau Verlag
Landeszentralen für politische Bildung der Bundesrepublik Deutschland (1997). Das Münchner Manifest der Landeszentralen für politische Bildung vom 26. Mai 1997 „Demokratie braucht politische Bildung“
Oser, Fritz/Reichenbach, Roland (2012). Schlussbericht zum Mandat „Politische Bildung in der Schweiz“. www.politischebildung.ch/fileadmin/redaktion/Schlussbericht_PB_in_der_CH_EDK.pdf (16.11.2014)
Schweizer Zentrale für politische Bildung: www.politischebildung.ch
Zeuner, Christine (2014). Institutionen der außerschulischen politischen Bildung, in: Sander, Wolfgang (2014): Handbuch Politische Bildung, Schwalbach/Ts: Wochenschau Verl. 136 – 144
Ziegler, Béatrice (2014). Politische Bildung in der Schweiz, in: Sander, Wolfgang (2014). Handbuch Politische Bildung, Schwalbach/Ts: Wochenschau Verlag, 552 – 559
Abstracts
A favore di un “ente per l’educazione civica e la cittadinanza attiva”
L’educazione civica (citizenship education, in tedesco politische Bildung) gioca un ruolo importante ma spesso trascurato nelle società democratiche. La sola educazione civica scolastica, che non esiste più come materia specifica, non può soddisfare il bisogno di comprendere un sistema democratico e una società sempre più complessi. A tale scopo sono richieste infrastrutture pubbliche che, utilizzando tutti i metodi moderni di comunicazione, possano garantire l’insegnamento di questa materia quale parte del sistema di educazione per giovani e adulti.
In Germania questa sfida è stata raccolta già negli anni cinquanta con la creazione della Bundeszentrale e delle Landeszentralen für politische Bildung, funzionanti a livello federale, e dei Länder che offrono un’ampia gamma di servizi riguardo a innumerevoli argomenti politici.
L’autore in questo contributo si pronuncia a favore dell’introduzione di un tale organismo pubblico (provinciale) anche in Alto Adige, come infrastruttura all’altezza delle molteplici esigenze dell’educazione civica. Partendo dall’asserzione che questo settore attualmente sia a dir poco trascurato, nel corso del saggio si fa presente che questo settore rientra nelle responsabilità pubbliche. Perciò il mondo politico locale sarebbe chiamato a destinare più attenzione e risorse a tale argomento con l’istituzione di un ente specifico. Tale ente per la cittadinanza attiva dovrebbe non solo curare i servizi di educazione, sulla falsariga di quanto offerto dalle Landeszentralen germaniche, ma anche avere un ruolo forte nell’incentivazione di processi partecipativi alla politica in ambito comunale e provinciale.
An “Agency for citizenship education and civic participation” in South Tyrol
Citizenship and civic education in democratic societies play an important, but often disregarded, role. Some civic education at school age and the media alone cannot fully meet the need to learn about the complex functioning of our modern societies and democratic systems. There is the need to create more awareness about basic rights and duties, human and democratic values, and a commitment to a political life. In order to foster an “active citizenship” a public infrastructure is required to support civic education for both adults and youth. Civic education belongs to the core responsibilities of a public education system.
In Germany this challenge has been met since the early ‘50s by a federal institution called “Bundeszentrale für politische Bildung”, which covers a wide range of services, products and activities regarding all possible political issues. This institution, active also in each German Bundesland as an autonomous agency, has been established in the Bundestag and the Landtage; it operates in a non-partisan way and is headed by a supervisory board composed in a pluralistic manner.
The author, thanks to the example of the said German institution, advocates the creation of a public institution in South Tyrol in order to create a functional infrastructure for civic education. Within the assumption that this sector of public responsibility is underdeveloped and in need of public attention and resources, the present paper details the main features of such an Agency. It should not only meet the South Tyrolean specific needs for citizenship education addressed to all linguistic groups, but tackle the purpose of fostering popular participation processes at a communal and provincial level.