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Christoph Gögele

Südtirols Weg zur direkten Demokratie

Die Entwicklung der gesetzlichen Regelung unter besonderer ­Berücksichtigung des Landesgesetzes 11 / 2005

1. Einleitung

Politische Teilhaberechte der Bürgerinnen und Bürger ergeben sich nicht von allein, sondern müssen erst durch hartnäckiges Engagement zivilgesellschaftlicher Gruppen erkämpft werden. Direkte Demokratie, das heißt neben Personalentscheidungen durch Wahlen auch Sachentscheidungen durch Volksabstimmungen, muss gegen den Widerstand repräsentativ-demokratischer Volksvertretungen durchgesetzt werden, vor allem gegen mächtige Exekutiven und politische Parteien. Hierbei leisten vor allem Regierungsparteien Gegenwehr, aus Furcht vor dem sachfragen-spezifischen Einspruch des abstimmenden Volkes gegen ihre Entscheidungen. Demgegenüber sehen (vor allem ständige) Oppositionsparteien direkte Demokratie als ein auch für sie nützliches Instrument der Machtkontrolle und als politisches Korrektiv.

Volkssouveränität darf sich nicht allein auf den Wahlakt beschränken, bei welchem der Souverän, das Volk, alle paar Jahre seine Stimme abgibt, „… und zwar wörtlich auch in dem Sinne, dass er damit seine politischen Teilhaberechte bis zur nächsten Wahl an die gewählten Organe delegiert“, so Tilman Evers (1999, 27). Denn dann dient Volkssouveränität bloß als Begründungsmythos für die Herrschaft von Parteien und Regierungen (vgl. Evers 1999, 27). Eine bürgerfreundlich geregelte direkte Demokratie hätte das Potenzial, den Begriff Volkssouveränität mit dem zu füllen, was eigentlich darunter zu verstehen sein sollte, nämlich mit direkter Entscheidungsgewalt des Volkes selbst.

Wie das Recht auf direktdemokratische Partizipation in Südtirol von der Zivilgesellschaft eingefordert worden ist und welche Rolle die politischen Parteien dabei gespielt haben, ist Gegenstand der folgenden Ausführungen (vgl. dazu Gögele 2007).

2. Autonomiestatut und Regionalgesetze

An einem Autonomieentwurf, den die beiden Parlamentarier Karl Tinzl und Josef Raffeiner ausgearbeitet hatten, zeigt sich, dass direkte Demokratie vor über 60 Jahren schon einmal Thema war. „Sie sahen in ihrem Entwurf nicht nur das abschaffende Referendum vor, sondern auch die Ausübung der gesetzgebenden Gewalt mittels Volksinitiative zur Erlassung von neuen Gesetzen …“ (Lausch 2005, 181).

Das Erste Autonomiestatut von 1948 konkretisierte die direkte Demokratie in Artikel 53 wie folgt: „Durch Regionalgesetz wird die Ausübung der Gesetzesinitiative durch das Volk und die Volksabstimmung bezüglich der Gesetze von Region und Provinz geregelt.“ Dem Regionalrat kam also die Aufgabe zu, die gesetzlichen Regelungen betreffend Volksbegehren (iniziativa popolare) und Volksabstimmung (referendum) für die regionale Ebene und für die beiden Provinzen zu erlassen. Die regionalgesetzliche Umsetzung des Artikels 53 des Ersten Autonomiestatuts und dann auch des inhaltlich identischen Artikels 60 des Zweiten Autonomiestatuts erfolgte allerdings restriktiv.

Mit Regionalgesetz 11 / 1957 wurde die Volksabstimmung zur Aufhebung von Regional- und Landesgesetzen geregelt. Es handelte sich dabei um ein abschaffendes Referendum (referendum abrogativo), ähnlich jenem auf gesamtstaatlicher Ebene. So lautete Artikel 1: „Jeder Staatsbürger, der in den Wählerlisten für die Wahl des Regionalrates eingetragen ist, kann […] eine Volksbefragung zur vollständigen oder teilweisen Aufhebung von Regionalgesetzen anregen. Die Volksbefragung wird anberaumt, wenn ein schriftlicher Antrag von mindestens fünfzehntausend […] Wählern vorgelegt wird.“ Für Landesgesetze mussten dies 8.000 Wählerinnen und Wähler sein (Artikel 22), für die Sammlung der Unterschriften standen vier Monate zur Verfügung (Artikel 6), eine zustande gekommene Volksabstimmung war nur gültig, wenn sich mindestens die Hälfte der Wahlberechtigten (50-Prozent-Quorum) daran beteiligten (Artikel 1, Absatz 4).

Erst 1972 regelte das Regionalgesetz Nummer 15 die Anwendung des Volksbegehrens. Für regionale Volksbegehren waren 4.000 Unterschriften und für Volksbegehren auf Landesebene 2.000 Unterschriften erforderlich (Art. 2), diese mussten innerhalb von sechs Monaten gesammelt werden (Art. 8). Solche Volksbegehren wurden im Regionalrat beziehungsweise im Landtag unverbindlich behandelt, konnten also angenommen, aber ebenso abgeändert oder auch ganz abgelehnt werden.

Die zentralen regionalgesetzlichen Regelungen fanden in der politischen Praxis keine Resonanz, wie Lausch feststellt: „Die Anwendung von Volksabstimmungen und Volksbegehren auf regionaler und auf Landesebene zeichnet kein qualifizierendes Bild von diesen Instrumenten. Seit seiner Einführung im Jahre 1957 ist weder zu einem Regional-, noch zu einem Landesgesetz ein Referendumsantrag gestellt worden“ (2005, 185). Von den wenigen Volksbegehren, die seit 1972 an den Regionalrat oder an den Landtag gerichtet wurden, schaffte keines den entscheidenden Schritt hin zum rechtskräftigen Gesetz. Im selben Zeitraum sind im Regionalrat sieben Anträge auf Volksbegehren eingereicht worden, wovon nur zwei die Bedingungen für die Behandlung erfüllten.

3. Das Volksbegehren 1995

Diese zwei regionalen Volksbegehren stammten von der Initiative für mehr Demokratie. Ab März 1995 wurden innerhalb der vorgesehenen sechs Monate die erforderlichen 4.000 Unterschriften gesammelt, sodass die darin enthaltenen Vorschläge vom Regionalrat behandelt werden mussten. Ein Volksbegehren betraf die direkte Demokratie auf Gemeindeebene. Das Ziel des zweiten war „… die Ergänzung der bestehenden Einrichtung des Volksbegehrens mit der Möglichkeit, in einem zweiten Schritt und mit einer zweiten Unterstützung durch doppelt so viele Bürgerinnen und Bürger, den Volksbegehrensgesetzentwurf zur Volksabstimmung mit beschließendem Charakter zu bringen“ (Lausch 2005, 186). Die Initiative für mehr Demokratie forderte die Ergänzung des Volksbegehrens durch eine Volksinitiative. Das heißt, man wollte ein Instrument, mit dem das Volk nicht nur unverbindlich Vorschläge an die Adresse der politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger richten, sondern, bei dessen Ablehnung, auch selbst als Gesetzgeber hätte tätig werden können.

Abbildung 1: Volksbegehren und Volksinitiative im Vergleich

Zum weiteren Verlauf der Volksbegehren von 1995 schreibt deren Einbringer Stephan Lausch (2005, 187): „Die Behandlung der beiden Volksbegehren in der Gesetzgebungskommission und im Regionalrat war dann vor allem durch Desinteresse und Unkenntnis der Materie gekennzeichnet …“ und „… von einer grundsätzlich befürwortenden Haltung der Oppositionsparteien im Unterschied zu den Mehrheitsparteien […]. Entscheidend für den Ausgang der Behandlung war das nicht kompakte Stimmverhalten der Abgeordneten der Mehrheitsparteien, insbesondere des linken Flügels der SVP. Mit knapper Stimmenmehrheit wurde der Gesetzentwurf zur Volksinitiative angenommen, das Volksbegehren zum Bürgerentscheid auf Gemeindeebene hingegen ebenso knapp abgelehnt.“ Mit knapper Mehrheit hatte also der Regionalrat das direktdemokratische Instrument der Volksinitiative (wenn auch mit einem Beteiligungsquorum von 50 Prozent) gutgeheißen. Bald darauf wurde dieser Gesetzesbeschluss jedoch von der Regierung in Rom an den Regionalrat rückverwiesen. An der Begründung der Rückverweisung zeigte sich erneut die Betonung der repräsentativen Demokratie und eine restriktive Auffassung von direkter Demokratie.

4. Die Verfassungsreform 2001

Dass die Bedeutung des Themas direkte Demokratie und das Bewusstsein um die Notwendigkeit zu mehr politischer Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger gewachsen war, zeigte sich nicht nur durch entsprechende Forderungen der Bevölkerung, sondern auch an einem Verfassungsgesetz, das neben anderen Regelungen auch die direktdemokratischen Partizipationsmöglichkeiten erweiterte. So schreibt Ivo Winkler über das Südtiroler Regierungssystem: „Dieser Bereich ist vor Kurzem Gegenstand einer umfassenden und einschneidenden Reform geworden. Die Rede ist vom Verfassungsgesetz Nr. 2 vom 31. Jänner 2001, […], mit dem […] das Neue oder Zweite Autonomiestatut von Trentino-Südtirol bedeutenden Änderungen unterzogen wurde …“ (2006, 25). Diese Änderungen führten zu einem Umbau der Region und zu einer Aufwertung der Länder Südtirol und Trentino. So liegt nun etwa die Gesetzgebung zu Wahlrecht und Regierungsform in der Kompetenz der Landtage. „Mit der vom Verfassungsgesetz […] erfolgten Reform des Autonomiestatuts ist es dem Land ermöglicht worden, für den eigenen Wirkungsbereich die Einrichtungen der direkten Demokratie nun selbst zu regeln. […] Zugleich […] wurden dem Land, was die Volksabstimmung betrifft, auch ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt, über die bisher die Region nicht verfügte“ (Winkler 2006, 53–54).

Dieses Verfassungsgesetz schrieb unter anderem den Artikel 47 Absatz 2 des Autonomiestatuts neu. Die entsprechende Stelle lautet im deutschen Wortlaut: „… bestimmt das Landesgesetz, das vom Landtag mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder zu genehmigen ist […] die Ausübung des Rechtes auf Volksinitiative hinsichtlich der Landesgesetze und der landesweiten aufhebenden, einführenden oder konsultativen Referenden.“ Mit diesen neuen Regelungen ist es dem Landtag und den Bürgerinnen und Bürgern Südtirols ermöglicht worden, umfassende direktdemokratische Instrumente einzuführen. Solche Landesgesetze (Regierungsformgesetze) unterliegen nach ihrer Genehmigung im Landtag einer eigenen, in den Absätzen 5 und 6 des Artikels 47 des Autonomiestatuts geregelten Volksabstimmung, einem idealtypischen fakultativen Referendum. Die Detailregelungen dazu finden sich im Landesgesetz 10 / 2002.

5. Das Landesgesetz 10 / 2002

Dieses Landesgesetz dient dazu, die vom Autonomiestatut ermöglichte Volksabstimmung über Landesgesetze zur Regierungsform zu regeln. Dazu heißt es im ersten Artikel: „Dieses Gesetz regelt die von Artikel 47 Absatz 5 des Sonderstatutes für Trentino-Südtirol vorgesehene Volksabstimmung über die Landesgesetze laut den Absätzen 2 und 3 desselben Artikels.“ Diese Absätze erlauben es dem Südtiroler Landtag, Gesetze über die Regierungsform des Landes und im Beson­deren über die Wahl des Landtags, des Landeshauptmanns und der Landesräte, über das Misstrauensvotum gegenüber dem Landeshauptmann, über Fälle der Unwählbarkeit und Unvereinbarkeit und über die Instrumente der Direkten Demo­kratie zu erlassen. Landesgesetze über diese hier genannten Bereiche können durchaus als Landesgesetze zur Regierungsform bezeichnet werden, wie dies auch Ivo Winkler tut.

Die Vorgaben zu diesem Landesgesetz 10 / 2002 sind in den Absätzen 5 und 6 des Artikels 47 des Autonomiestatuts enthalten. Diese lauten: „Über die im Absatz 2 genannten Landesgesetze [Regierungsformgesetze] wird eine Volksabstimmung auf Landesebene durchgeführt, wenn binnen drei Monaten nach ihrer Kundmachung ein Fünfzigstel der Wahlberechtigten oder ein Fünftel der Landtagsmitglieder dies beantragt; […]. Erhält das Landesgesetz bei der Volksabstimmung nicht die Mehrheit der gültigen Stimmen, so wird es nicht beurkundet.“ Weiters wird festgelegt, dass ein Antrag auf Volksabstimmung von einem Fünfzehntel der bei der Landtagswahl Wahlberechtigten unterzeichnet werden muss, falls das Landesgesetz im Landtag mit Zweidrittelmehrheit genehmigt wurde.

Diese Art der Volksabstimmung dient somit konkret der Bestätigung oder Ablehnung eines vom Landtag beschlossenen Regierungsformgesetzes durch das Volk noch vor dessen Inkrafttreten. Vergleicht man dieses direktdemokratische Instrument mit den Idealtypen, so handelt es sich um ein fakultatives Referendum.

Abbildung 2: Volksabstimmungen zu Landesgesetzen zur Regierungsform

Ein wesentlicher direktdemokratischer Pluspunkt dieser Volksabstimmung laut Artikel 47 des Autonomiestatuts besteht darin, dass für die Gültigkeit der Volksabstimmung über Landesgesetze zur Regierungsform kein Beteiligungsquorum vorgesehen ist. In Artikel 47, Absatz 5 ist diesbezüglich keine Rede von einer Mindestbeteiligung der Stimmberechtigten, sondern es entscheidet die Mehrheit der gültigen Stimmen.

6. Das Beteiligungsquorum

Da bei den weiteren in Südtirol vorgesehenen Volksabstimmungen überall ein Beteiligungsquorum vorgeschrieben ist, stellt sich die Frage, ob ein solches überhaupt erforderlich ist. Paul Tiefenbach fragt: „Soll für Volksentscheide die gleiche Regel gelten wie für Wahlen? Also: Mehrheit entscheidet, unabhängig von der Höhe der Beteiligung? Oder braucht man für Volksentscheide zusätzliche Hürden …?“ (o. J., 1). Beteiligungsquoren sind in demokratiepolitischer Hinsicht umstritten. Empirisch lässt sich in verschiedenen Ländern nachweisen, dass Beteiligungsquoren Volksentscheidungen nicht dadurch demokratischer machen, dass sie diese auf eine breitere Basis stellen, sondern dass Beteiligungsquoren Volksentscheide eher verhindern (vgl. Tiefenbach o. J., 2).

In ihrem Faltblatt „Demokratie Direkt“ (1 / 2004, 2 – 3) schreibt die Initiative für mehr Demokratie: „Mit dem Beteiligungsquorum verleitet man die Gegner einer­ Abstimmung, mit Informations- und Diskussionsboykott, also mit Förderung der Nichtbeteiligung, gewinnen zu wollen. Mit direkter Demokratie soll die Beteiligung aber gefördert, nicht entmutigt werden.“ Ist jedoch ein Beteiligungsquorum vorgeschrieben, so ist es aus der Sicht der Abstimmungsgegner durchaus rational, auf eine geringe Abstimmungsbeteiligung hinzuarbeiten; und dies dadurch, dass sie sich der Diskussion entziehen oder dadurch, dass sie zum Boykott auf­rufen.

Beteiligungsquoren sind auch aus einem weiteren Blickwinkel bedenklich, wie Tiefenbach schreibt (o. J., 2), denn ein Nebeneffekt solcher Quoren ist, „… dass das Wahlgeheimnis praktisch aufgehoben ist: da die Neinstimmer die Abstimmung boykottieren, ist klar, dass derjenige, der abstimmt, in der Regel mit Ja abstimmen wird“. Und auf noch einen Aspekt weist Tiefenbach hin: Die Bereitschaft zur Beteiligung an einer Volksabstimmung „… sinkt rapide, wenn der Bürger berechtigterweise davon ausgehen muss, dass die Mühe umsonst ist, da der Volksentscheid ohnehin ungültig sein wird. Das Quorum hat damit einen ‚Self-Fullfilling-Effekt‘: geschaffen aus Angst vor zu niedriger Wahlbeteiligung, sorgt es selbst dafür, dass die Wahlbeteiligung niedrig bleibt“ (o. J., 2–3).

Bei der Analyse von Volksabstimmungen, die an Beteiligungsquoren scheiterten, stellen sich mehrere Fragen: Waren all jene, die nicht an der Volksabstimmung teilnahmen, tatsächlich alles Gegnerinnen und Gegner des zur Abstimmung stehenden Vorschlags? Oder können jene, die zum Boykott aufrufen, stets auch mit circa 20 Prozent an desinteressierten Nichtwählerinnen und Nichtwählern rechnen, welche indirekt zum Erfolg des Boykotts beitragen?

Auf das Argument jener, welche ein Beteiligungsquorum bei Volksabstimmungen befürworten, nämlich auf die Aussage, dass bei fehlendem Quorum eine Minder­heit über die Mehrheit bestimmen könne, erwidert die Initiative für mehr Demo­kratie1 mit folgender Argumentation: „Bei Volksabstimmungen entscheidet immer eine Mehrheit. Wenn diese Mehrheit auch nicht Teil einer Mehrheit der Wahlberechtigten sein kann, dann nur, weil Bürgerinnen und Bürger sich eben auch dafür entscheiden können, keine Stimme abzugeben, das heißt, sich der eigenen Stimme zu enthalten und andere für sich entscheiden zu lassen. Stimment­haltung kann nicht als Neinstimme gewertet werden, denn mit Nein kann abgestimmt werden. Stimmenthaltung oder Desinteresse an einer Entscheidung kann nicht die Qualität eines Vetorechtes haben, sondern ist das, was es ist: der Verzicht auf das eigene Entscheidungsrecht im Wissen, dass andere dieses Recht ausüben und damit auch für den Nichtabstimmenden entscheiden. Niemals kann der Nichtabstimmende mit seinem Verzicht das Entscheidungsrecht der Abstimmenden tangieren.“

7. Das Volksbegehren 2003

Im Frühjahr 2000 wurde die Initiative für mehr Demokratie neu gegründet. „Im Unterschied zu ihrem ersten Auftreten im Jahr 1995 legt sie dieses Mal ein breiteres Spektrum von Anliegen vor, die letztlich alle auf eine größere Unabhängigkeit der Bürger gegenüber ihren politischen Vertretern, auf eine praktizierbare Souveränität hinauslaufen“ (Lausch 2005, 190). Denn laut Initiative für mehr Demokratie ist das Ergebnis der bisherigen Autonomieentwicklung „… eine Autonomie der Landesregierung, gewiss nicht eine Autonomie der Bürgerinnen und Bürger oder ihrer Gemeinden“. Die Forderung nach mehr Demokratie, nach direkter Demokratie resultiert also vor allem aus einer Kritik an der repräsentativen Form der Demokratie, und im Besonderen an der Macht der Landesexekutive.

Im Landtagsteil der Monatszeitschrift „Das Land Südtirol“ vom November 2003 wurde über das Volksbegehren berichtet: „Die Initiative für mehr Demokratie hat […] den Volksbegehrensgesetzentwurf mit dem Titel ‚Direkte Demokratie – Anregungsrechte, Befragungsrechte, Stimmrechte‘ eingebracht. Der Entwurf wurde von insgesamt 6.283 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet, das sind dreimal mehr als vom Gesetz verlangt. Der Gesetzentwurf besteht aus 43 Artikeln […]. Er wurde bereits der Sonder-Gesetzgebungskommission weitergeleitet, konnte aber in dieser Legislatur nicht mehr behandelt werden. Im Unterschied zu den Gesetzentwürfen der Landesregierung oder der Landtagsabgeordneten ist er jedoch nicht verfallen und bleibt auch in der kommenden Legislatur auf der Tagesordnung.“

Eingebracht wurde dieser Gesetzentwurf zur direkten Demokratie mittels Volksbegehren laut Regionalgesetz 15 / 1972. Demzufolge waren innerhalb von sechs Monaten zweitausend beglaubigte Unterschriften zu sammeln, um dem Landtag, unverbindlich, einen Gesetzesvorschlag zu unterbreiten. Erst am 30. Juni 2005 kam der Volksbegehrensgesetzentwurf ins Plenum des Südtiroler Landtags. Bereits bis zum Sommer 2004 kamen zum Volksbegehrensgesetzentwurf noch drei weitere Gesetzentwürfe zur direkten Demokratie hinzu. Es waren dies die Gesetzentwürfe Nummer 11 / 04 von Alleanza Nazionale, Nummer 47 / 04 der Südtiroler Volkspartei und Nummer 48 / 04 der Union für Südtirol.

Zum Vorschlag der SVP berichtete auch die Tageszeitung „Dolomiten“ (15.04.2004, 16) und zitierte Lausch mit folgendem Kommentar: „Völlig inakzeptabel, ein Knochengerüst.“ Der damalige SVP-Fraktionsvorsitzende Walter Baumgartner betonte hingegen, Lauschs Vorbild, die Schweiz, sei nicht auf Südtirol übertragbar und es sei zu bedenken, dass jede Volksabstimmung mit knapp zwei Millionen Euro zu Buche schlage. Schlussendlich scheiterte im Landtag erneut der Sprung vom Volksbegehrensgesetzentwurf zum rechtsgültigen Gesetz. Mit Änderungen genehmigt wurde hingegen der SVP-Gesetzentwurf Nummer 48 / 04, als Landesgesetz 11 / 2005.

8. Volksbegehren laut Landesgesetz 11 / 2005

Beim Landesgesetz 11 / 2005 handelt es sich um ein Landesgesetz zur Regierungsform. Deshalb wurde dieses Gesetz auch mit dem folgenden Hinweis im „Amtsblatt der Region“ veröffentlicht: „In der Sitzung vom 1. Juli 2005 hat der Südtiroler Landtag im Sinne von Artikel 47 Absätze 2 und 6 des Sonderstatuts für Trentino-Südtirol das Landesgesetz ‚Volksbegehren und Volksabstimmung‘ mit Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Landtags verabschiedet. Dieses Gesetz wird einer Volksabstimmung unterzogen, falls innerhalb von drei Monaten ein entsprechender Antrag vonseiten eines Fünfzehntels der bei den Landtagswahlen wahlberechtigten Personen gestellt wird.“ Dieses Landesgesetz hätte also einer Volksabstimmung nach den Detailregelungen des Landesgesetzes 10 / 2002 unterworfen werden können. Ein entsprechender Antrag wurde aber nicht gestellt.

Das Volksbegehren (italienisch iniziativa popolare) sowie die weiteren direktdemokratischen Instrumente Südtirols sind im zitierten Landesgesetz 11 / 2005 enthalten. Würde man iniziativa popolare wörtlich übersetzen, so erhielte man die Bezeichnung Volksinitiative. Dieses im II. Abschnitt des genannten Landesgesetzes geregelte Instrument ist jedoch keine direkte Initiative, sondern eine indirekte und somit (im deutschen Wortlaut des Gesetzes richtig formuliert) ein unverbindliches und damit recht wirkungsloses Volksbegehren. Ziel eines solchen Volksbegehrens ist die Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Landtag durch das Volk. Artikel 1 des Landesgesetzes 11 / 2005 regelt: „Das Volksbegehren zu den Landesgesetzen wird von mindestens 8.000 Wählern […] ausgeübt.“ Auch hier gelten als Unterschrift- und Stimmberechtigte die Bürgerinnen und Bürger, welche auch zur Wahl des Südtiroler Langtags berechtigt sind. Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens muss von mindestens drei Promotoren beim Präsidium des Landtags eingebracht werden und die Unterschriftensammlung muss innerhalb von vier Monaten erfolgen.

Ein Volksbegehren war, wie bereits genannt, auch vor dem Jahr 2005 möglich. Bis dahin war die erforderliche Unterschriftenzahl jedoch deutlich geringer. Für Volksbegehren zu Regionalgesetzen waren 4.000, für Begehren zu Landesgesetzen 2.000 Unterschriften nötig. Die erforderliche Unterschriftenzahl im neuen Südtiroler Landesgesetz wurde somit vervierfacht, zudem wurde der Zeitraum zur Unterschriftensammlung von sechs auf vier Monate verkürzt.

In der Artikeldebatte im Südtiroler Landtag zum ersten Artikel des SVP-Landesgesetzentwurfes (Nr. 47 / 2004) wurden mehrere Abänderungsanträge gestellt. Diese zielten auf die Reduzierung der erforderlichen Unterschriftenzahl ab. So forderte die Union für Südtirol eine Reduzierung auf 4.000, die Grünen und Alleanza Nazionale eine Reduzierung auf 2.500 erforderliche Unterschriften. Die Freiheitlichen schlugen ein Unterschriftenquorum von einem Prozent der Landtagswahlberechtigten vor (vgl. Wortprotokoll des Südtiroler Landtags der 57. Sitzung vom 30.06.2005, 40). Zur Anzahl der nötigen Unterschriften betonte Andreas Pöder (Wortprotokoll 30.06.2005, 41–42): „Beim Begehren geht es – das rufe ich immer wieder in Erinnerung – nicht um eine Volksabstimmung, sondern um ein Begehren, nämlich um das Ersuchen, um die Aufforderung, wenn man es so will, an den Landtag, sich mit einer Materie, mit einer ausformulierten Vorlage zu befassen. 4.000 Unterschriften dürften dazu reichen.“

Mit Blick auf das bisher gültige Volksbegehren laut Regionalgesetz äußerte sich auch Cristina Kury (Grüne) kritisch zum Quorum von 8.000 Unterschriften (Wortprotokoll 30.06.2005, 45 – 46): „Dass wir aber in Zukunft sagen, statt 2.000 Unterschriften braucht es 8.000 Unterschriften, denke ich, ist schon ein starkes Stück, wenn man parallel den Bürgern klar machen möchte, dass es uns ein Anliegen ist – uns, die wir auf unsere Autonomie, auf unsere Selbstbestimmung, auf unsere Selbstverwaltung bzw. Selbstregierung effektiv und zu Recht bestehen –, dass wir dann diese Möglichkeit nicht den Bürgern weitergeben, sie nicht mit einbeziehen, sondern mit dieser Unterschriftenanzahl eigentlich kundtun, dass wir sie zwar mitbestimmen lassen müssen, weil es das Statut irgendwie vorschreibt, aber alles tun, um das eigentlich zu verhindern.“

Abbildung 3: Volksbegehren laut Landesgesetz 11 / 2005

Der Landtag ist in keiner Weise verpflichtet, dem Volksbegehren Folge zu leisten. Der Gesetzesvorschlag muss zwar behandelt und kann eventuell auch angenommen werden, er kann aber auch beliebig abgeändert oder vollständig abgelehnt werden.

9. Die aufhebenden Volksabstimmungen laut Landesgesetz 11 / 2005

Das direktdemokratische Instrument der aufhebenden Volksabstimmung (referendum abrogativo) zielt darauf ab, ein geltendes Landesgesetz mittels Volksabstimmung abzuschaffen. Ebenso wie das Volksbegehren war auch dieses Instrument bereits früher vorgesehen, und zwar im Regionalgesetz 11 / 1957.

Die heutige Regelung laut II. Abschnitt des Landesgesetzes 11 / 2005 sieht in Artikel 5 vor: „Eine Volksabstimmung zur vollständigen oder teilweisen Aufhebung eines Landesgesetzes wird anberaumt, wenn dies mindestens 13.000 Wähler fordern […]. Die Unterschriften, die in einem Zeitraum von höchstens vier Monaten […] gesammelt worden sind, müssen bei der Landesabteilung Zentrale Dienste hinterlegt werden.“

Der SVP-Gesetzentwurf Nummer 47 / 04 sah 16.000 nötige Unterschriften vor. In verschiedenen Abänderungsanträgen im Landtag schlug Alleanza Nazionale die Zahl 5.000, die Grünen 8.000 und die Union für Südtirol 10.000 als Unterschriftenquorum vor. SVP-Fraktionssprecher Baumgartner schlug als Kompromiss die Zahl 13.000 vor. Diese wurde vom Plenum mehrheitlich gutgeheißen. Zu diesem Kompromiss äußerte sich Riccardo Dello Sbarba von den Grünen wie folgt (Wortprotokoll 01.07.2005, 7): „Sulla questione del tempo e del numero di firme che in questo periodo vanno raccolte, c’è stato un confronto abbastanza difficile, lungo fra i presentatori della proposta di legge, in particolare il capogruppo della SVP Baumgartner, e le opposizioni. Questo confronto ha portato il presentatore a ridurre il numero delle firme previste dalle 16 mila iniziali a 13 mila e il numero di mesi a disposizione per raccoglierle da 3 mesi a quattro mesi. Riteniamo positivi questi cambiamenti, ma non ancora totalmente soddisfacenti. Per quanto riguarda il referendum abrogativo in materia istituzionale, previsto già dall’articolo 47 del nostro statuto d’autonomia, nel caso in cui una legge non abbia la maggioranza del 2 / 3, la legge può essere sottoposta a referendum con la richiesta di un cinquantesimo de­gli elettori. Questo vuol dire circa 7.500 elettori.“

Der Artikel 5 dieses Landesgesetzes regelt auch den Themenausschlusskatalog, also eine Aufzählung von Themen, welche vom direktdemokratischen Zugriff des Volkes ausgeschlossen sind. Dieser Katalog gilt sowohl für die aufhebende wie auch für die gesetzeseinführende Volksabstimmung. Demzufolge dürfen Volksabstimmungen folgende Themen nicht zum Inhalt haben:

1) Steuer- und Haushaltsgesetze,

2) die Regelung der finanziellen Zuwendungen an das Personal und die Organe des Landes sowie

3) Bestimmungen, welche die Rechte und den Schutz der Sprachgruppen betreffen.

Abbildung 4: Die aufhebende Volksabstimmung laut Landesgesetz 11 / 2005

Bereits weiter oben wurde das Thema Beteiligungsquorum angesprochen. Im Gegensatz zur Volksabstimmung über Landesgesetze zur Regierungsform ist für die aufhebende und auch für die gesetzeseinführende Volksabstimmung ein solches Quorum festgeschrieben. „Der Antrag auf Aufhebung gilt als angenommen, wenn am Wahlgang 40 Prozent der Abstimmungsberechtigten teilgenommen haben und wenn die Mehrheit der gültigen Stimmen zugunsten der Aufhebung ausgefallen ist“, so der Absatz 2 des Artikels 13 des Landesgesetzes 11 / 2005.

Vor allem die Initiative für mehr Demokratie forderte in ihrem Faltblatt „Demokratie Direkt“ (1 / 2004, 2–3): „Kein Beteiligungsquorum!“ Der SVP-Landesgesetzentwurf Nummer 47 / 04 sah in seiner ursprünglichen Fassung ein Beteiligungsquorum von 50 Prozent vor. Zum Quorum äußerte sich im Faltblatt „Demokratie Direkt“ (1 / 2004, Beiblatt) auch der Vorsitzende des Landessozialausschusses der SVP, Albert Pürgstaller: „Wir brauchen ein Quorum, um zu vermeiden, dass das Instrument der Volksbefragung für die Durchsetzung der Interessen von einigen wenigen missbraucht wird. Allerdings schlagen wir ein Quorum von 40 % anstatt des im SVP-Gesetzentwurf vorgesehenen Quorums von 50 % vor.“

In der Artikeldebatte im Landtag schlug schließlich auch SVP-Fraktionssprecher Baumgartner mittels Abänderungsantrag zum eigenen Gesetzentwurf ein Beteiligungsquorum von 40 Prozent vor. Von den Grünen wurde im Landtag anfangs die Streichung des Beteiligungsquorums, dann eine Reduzierung auf 25 Prozent gefordert. Der Landtagsabgeordnete der Grünen, Riccardo Dello Sbarba, äußerte sich zum Beteiligungsquorum wie folgt (Wortprotokoll 01.07.2005, 27): „Siamo arrivati al punto più importante della legge, la questione del quorum. […] una legge sulla democrazia diretta non può avere al suo interno una ‚bomba a scoppio ritardato‘, un elemento di boicottaggio del referendum stesso.“ Trotz einiger oppositioneller Alternativvorschläge zum 50- beziehungsweise 40-Prozent-Quorum wurde im mehrheitlich gutgeheißenen Landesgesetz am Beteiligungsquorum von 40 Prozent festgehalten.

Zu diesem direktdemokratischen Instrument namens aufhebende Volksabstimmung ist noch hinzuzufügen, dass dessen deutsche Bezeichnung eine reine Übersetzung des referendum abrogativo ist. Idealtypischer Definition zufolge handelt es sich bei der aufhebenden Volksabstimmung um kein Referendum, sondern um eine Volksinitiative, oder etwas genauer umschrieben: um eine Volksinitiative zur Aufhebung eines geltenden Gesetzes. Die derzeit gültige aufhebende Volksabstimmung kann also von 13.000 wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern in einem Zeitraum von vier Monaten unterstützt werden. Kommt es zur Volksabstimmung, ist ein Beteiligungsquorum von 40 Prozent vorgeschrieben.

10. Die gesetzeseinführende Volksabstimmung laut
Landesgesetz 11 / 2005

Die gesetzeseinführende Volksabstimmung dient dem Ziel, durch direktdemo­kratisches Engagement der Bürgerinnen und Bürger, die Einführung eines neuen Landesgesetzes zu erreichen. Dieses Instrument war bis 2001 beziehungsweise 2005 nicht vorgesehen. Im Italienischen spricht man vom referendum propositivo. Dieses Instrument entspricht der idealtypischen Volksinitiative und stellt somit neben­ dem idealtypischen Referendum den Kern der direktdemokratischen Instrumente dar.

Abbildung 5: Die gesetzeseinführende Volksabstimmung laut Landesgesetz 11 / 2005

Der Themenausschlusskatalog ist derselbe wie jener für die aufhebende Volksabstimmung. Auch bezüglich der Unterschriftensammlung, des Beteiligungs­quorums und so weiter gelten dieselben Regelungen wie beim Instrument der aufheben­den Volksabstimmung. Nachdem die 13.000 erforderlichen Unterstützungsunterschriften – innerhalb von nicht vier, sondern in diesem Fall von nur drei Monaten (Artikel 15 Absatz 4) – erfolgreich gesammelt wurden und die Kommission für die Abwicklung von Volksabstimmungen die Ordnungsmäßigkeit der Unterschriftensammlung festgestellt hat, wird das Verfahren für 180 Tage unterbrochen. In diesem Zeitraum kann sich der Landtag mit dem Gesetzesvorschlag befassen und diesen als Landesgesetz verabschieden. Erfolgt diese Verabschiedung durch den Landtag nicht, so kommt es zur Volksabstimmung, bei der die Bürgerinnen und Bürger entscheiden. Zu erwähnen ist auch der Absatz 4, Artikel 12 des Landesgesetzes 11 / 2005. Dieser befindet sich zwar im Abschnitt über die aufhebende, gilt aber auch für die gesetzeseinführende Volksabstimmung und lautet: „Die Landesabteilung Zentrale Dienste garantiert eine objektive und ausgewogene Darstellung des Abstimmungsgegenstandes und sorgt für deren Veröffentlichung über die lokalen Medien.“ Eine solchermaßen garantierte objektive Darstellung im Sinne der aktiven und passiven Chancengleichheit wäre wesentlich für die Qualität der direkten Demokratie.

11. Die fakultativ beratende Volksbefragung laut
Landesgesetz 11 / 2005

Als letztes Instrument sieht das Landesgesetz 11 / 2005 noch eine sogenannte fakultativ beratende Volksbefragung (referendum consultivo facoltativo) vor. Das heißt, der Landtag kann mit absoluter Mehrheit die Abhaltung einer solchen Volksbefragung zu einem Gesetzentwurf beschließen, bevor dieser endgültig vom Landtag verabschiedet wird. Der Ausgang der Volksbefragung ist für den Landtag jedoch nicht bindend, also rein konsultativ (Artikel 16). Dementsprechend handelt es sich bei diesem Instrument um eine unverbindliche Befragung des Volkes.

Zu diesem Instrument in Artikel 16 äußerte sich der freiheitliche Landtagsabgeordnete Pius Leitner (Wortprotokoll 01.07.2005, 46) mit der Befürchtung, „… dass dieser Artikel wahrscheinlich nie zur Anwendung kommen wird“. Cristina Kury von den Grünen stellte klar (Wortprotokoll 01.07.2005, 47): „Ich möchte noch einmal erklären, dass dieser Artikel, wie er hier vorgeschlagen wird, eigentlich eine Fopperei der Instrumente der direkten Demokratie darstellt. […] wirklich ein Nonsens!“

12. Kritik und erste Anwendung des Landesgesetzes 11 / 2005

In Südtirol fehlt das fakultative Referendum für einfache Landesgesetze. Diese können somit vor ihrem Inkrafttreten nicht einem präventiven Konsenstest unterzogen werden. Aus der Sicht derer, welche das politische System Südtirols in seiner heutigen Form konservieren wollen, ist es entscheidend, dass ein solches fakultatives Referendum fehlt. Denn die Einführung des fakultativen Referendums, des sogenannten Gesetzesreferendums, in der Schweiz 1874 (und vor allem auch dessen intensive Nutzung) war der institutionell wichtigste Zwang zur Veränderung des politischen Systems hin zu einer Konkordanz- und Referendumsdemokratie (vgl. Lutz / Vatter 2000, 10; Gebhart 2002, 7). Theoretisch könnte auch das in Südtirol vorhandene Instrument der aufhebenden Volksabstimmung, bei entsprechend intensiver Nutzung, ähnliche Wirkungen erzielen. Dagegen sprechen jedoch die hohen Hürden und vor allem das Beteiligungsquorum von 40 Prozent.

Das auf dem SVP-Gesetzentwurf Nummer 47 / 04 beruhende Landesgesetz 11 / 2005 zur direkten Demokratie wurde am 1. Juli 2005 mit Zweidrittelmehrheit im Landtag verabschiedet: 29 Jastimmen, 4 Neinstimmen und eine Stimmenthaltung. Laut Stimmabgabeerklärungen (vgl. Wortprotokoll 01.07.2005, 58 – 65) stimmten die 3 Landtagsabgeordneten der Grünen und ein Mitglied der Landtagsfraktion Union für Südtirol gegen dieses aus ihrer Sicht zu wenig weit reichende Landesgesetz. Die Landtagsabgeordnete von Forza Italia enthielt sich der Stimme.

Die Zugeständnisse der SVP resultierten wohl auch aus der Absicht, unbedingt eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen, um so eine Volksabstimmung laut Auto­nomiestatut deutlich zu erschweren. In ihrer Stellungnahme zum Landesgesetz 11 / 2005 schrieb die Südtiroler Volkspartei beziehungsweise deren Fraktions­vor­sitzender Walter Baumgartner: „Außerhalb der Schweiz gibt es in Europa wenig Gesetze, welche dem Bürger derartige Mitspracherechte garantieren. Wir scheuen den Vergleich weder in Italien, noch in Deutschland oder Österreich.“ In Bezug auf die Kritiker des Gesetzes schrieb Baumgartner: „Da verwechselt jemand Demo­kratie mit Demagogie. Wir machen eines der modernsten Gesetze Europas, und trotzdem werden wir von einigen wenigen als autoritärer Haufen dargestellt.“ (www.svpartei.org / de / presse / pressemitteilungen, Stichwortsuche: Direkte Demokratie)

Zu den Kritikern des Gesetzes zählt vor allem die Initiative für mehr Demokratie. Das Faltblatt „Demokratie Direkt“ 1 / 2005 überschrieb den Aufmacher mit der Schlagzeile: „Direkte-Demokratie-Start mit gezogener Handbremse.“ Und weiter: „Ein Quantensprung in der Demokratieentwicklung Südtirols, aber auch eine Misstrauenserklärung an das Volk.“ In einem ironischen Kommentar attestierte Thomas Benedikter dem Herrn „Gartenbaum“ „akute Symptome von Demophobie“, diese äußerten sich durch „nervöses Zucken beim Wort ‚Referendum‘ [und] Angstzustände bei ‚direkter Demokratie‘“.

Mit dem Landesgesetz 11 / 2005 wurden also die Instrumente der direkten Demokratie in Südtirol und deren Anwendung gesetzlich geregelt. Der Initiative für mehr Demokratie waren und sind die Regelungen dieses Landesgesetzes jedoch zu restriktiv und weichen zu sehr von den Vorschlägen des Volksbegehrensgesetzentwurfes von 2003 ab. Über die Mitgliederversammlung der Initiative für mehr Demokratie vom Oktober 2005 berichtete auch die Tageszeitung „Dolomiten“ (24.10.2005, 4) und zitierte Stephan Lausch mit den Worten: „Das im Juli verabschiedete Gesetz ist ein Meilenstein, doch die Anwendung weist noch viel zu hohe Hürden auf.“ Für die Initiative für mehr Demokratie sind also umfangreiche Nachbesserungen am geltenden Landesgesetz nötig. Die erste Anwendung des Landesgesetzes 11 / 2005 erfolgte jedoch nicht durch die Initiative für mehr Demokratie, sondern durch die Union für Südtirol. Im September 2006 berichtete die Union für Südtirol im Rahmen einer Pressekonferenz über ihr Vorhaben, direktdemokratische Instrumente des Landesgesetzes 11 / 2005 anwenden zu wollen, um einige ihrer parteipolitischen Anliegen mithilfe des Volkes durchzusetzen. Zur Anwendung kommen sollten drei gesetzeseinführende Volksabstimmungen: über den Vorrang der Einheimischen in der Wohnbauförderung, über ein Verbot von Freizeitwohnungen und über die Erweiterung der Volksabstimmungsmöglichkeiten bzw. der direkten Demokratie, sowie ein Volksbegehren zur Senkung von Landessteuern. Vom November 2006 bis zum Februar 2007 sammelte die Union für Südtirol die nötigen 13.000 Unterschriften für die drei genannten einführenden Volksabstimmungen sowie die 8.000 Unterschriften für das Volksbegehren. Die Tageszeitung „Dolomiten“ (10.02.2007, 19) berichtete unter der Schlagzeile „15.184 Südtiroler wollen mitreden“ über die erfolgreiche Unterschriftensammlung der Union für Südtirol.

13. Die Volksinitiative zum Besseren Gesetz zur direkten Demokratie

Unter dem gerade erwähnten Bericht über die Unterschriftensammlung der Union für Südtirol (UfS) schrieb die Tageszeitung „Dolomiten“ (10.02.2007, 19) unter folgender Schlagzeile „Nächste Sammler schon ante portas“: „Die Unterschriftensammlung der UfS ist gerade erst vorbei, da steht schon die nächste vor der Tür: Ab März machen die Flugplatzgegner und die Initiative für mehr Demokratie mobil.“ Nach den Regeln der im Landesgesetz 11 / 2005 vorgesehenen gesetzeseinführenden Volksabstimmung startete die Initiative für mehr Demokratie nun ihr Projekt zum Besseren Gesetz zur direkten Demokratie. Dafür mussten innerhalb von drei Monaten, von März bis Anfang Juni 2007, 13.000 beglaubigte Unterschriften gesammelt werden. Der Fraktionsvorsitzende der Südtiroler Volkspartei, Walter Baumgartner, äußerte sich verwundert über die Vorhaben zur Abänderung des Landesgesetzes 11 / 2005 mittels Volksabstimmung. In einer SVP-Pressemitteilung nannte er verfassungsrechtliche Bedenken: „Das Wahlgesetz und das Gesetz zur direkten Demokratie sind zwei Gesetze besonderer Art, wobei das Autonomiestatut eigene Wege der Gesetzgebung vorsieht. Ich denke nicht, dass ein solches Refe­rendum zulässig wäre, da es ja implizit die im Autonomiestatut erstellten Verfahrensregeln abändern würde“ (www.svpartei.org / de / presse / presse­mittei­lun­gen /
20069l925.html).

Unterstützt wurde die Unterschriftensammlung der Initiative für mehr Demokratie, diese sogenannte Volksinitiative 2007, von einem breiten Bündnis aus Vereinen und Organisationen – vom ACLI (Associazione Cristiana Lavoratori Italiani) über den Alpenverein, den Bund Alternativer Anbauer, den Dachverband für Natur- und Umweltschutz, das Frauenforum, den Heimatpflegeverband, die Plattform Pro Pustertal und die Verbraucherzentrale bis hin zum WWF Meran, insgesamt von 40 Organisationen. Indirekt unterstützten auch weitere Organisationen und Parteien diese Unterschriftensammlung, zum Beispiel auch der Südtiroler Schützenbund (SSB); so hieß es auf dessen Internetseite: „Die Bundesleitung […] hat bei ihrer letzten Sitzung beschlossen, die überparteilichen Volksinitiativen zur direkten Demokratie und zur Verminderung des Flugverkehrs zu unterstützen. Die laufende Unterschriftensammlung wird zwar teilweise von Verbänden und Vereinen mitgetragen, welche Anschauungen vertreten, die nicht den Idealen und Vorstellungen von uns Schützen entsprechen, trotzdem geht es bei diesen Volksinitiativen um Inhalte, welche der SSB voll und ganz unterstützen kann“ (www.schuetzen.com).

Auf die Unterschriftensammlung zum Bozner Flughafen wiesen vor allem auch die Grünen in mehreren Pressemitteilungen hin; so etwa durch jene vom 31.05.2007 mit der Schlagzeile: „Flughafen-Mediation k.o.? Referendum o.k.!“ Ausdrücklich unterstützte laut Initiative für mehr Demokratie auch der ehemalige Volksanwalt Werner Palla die beiden Unterschriftensammlungen. Ein Grund zur Unterstützung dieser Volksinitiativen sei gewesen, dass seine Achtung vor der politischen Obrigkeit, besonders in der Zeit als Landesvolksanwalt, zusehends geringer geworden sei.

Über den Abschluss der Unterschriftensammlung berichtete die Tageszeitung „Dolomiten“ (16.06.2007, 20) mit der Schlagzeile: „28.000 Bürger wollen mitbestimmen“, und die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ (16.06.2007, 3) titelte: „Mahnung an Durnwalder“. Über 28.000 Bürgerinnen und Bürger unterstützten die Volksinitiative zum Bozner Flugplatz und 25.810 Unterschriften erreichte das Anliegen zum Besseren Gesetz zur direkten Demokratie – ein voller Erfolg aus der Sicht der Initiative für mehr Demokratie.

An dieser Stelle soll noch ein Blick auf die Vorschläge des Besseren Gesetzes zur direkten Demokratie geworfen werden. In ihrem Kampagnenfalter zur Unterschriftensammlung nannte die Initiative für mehr Demokratie unter der Frage „Was bringt das bessere Gesetz zur direkten Demokratie?“ die wesentlichsten Unterschiede im Vergleich zum Landesgesetz 11 / 2005:

„Ein echtes Referendum, mit dem Gesetze des Landtages und vor allem auch Beschlüsse der Landesregierung vor ihrem Inkrafttreten abgelehnt, nicht nur nachträglich abgeschafft, werden können. […]

Diejenigen entscheiden, die abstimmen gehen. 15 % Mindestbeteiligung an der Volksabstimmung reicht als Garantie, damit nicht zu wenige entscheiden. […]

Eine vernünftige Unterschriftenzahl: 10.000 Unterschriften in 6 Monaten für eine Volksinitiative und 7.500 für ein Referendum in 3 Monaten: diese Hürden reichen, um ein Übermaß an Anträgen zu vermeiden.

Eine erleichterte Unterschriftensammlung, bei der jede vom Bürgermeister beauftragte Person Unterschriften in der eigenen Gemeinde beglaubigen können soll.

Einbeziehung des Landtages […]. Er erhält das Recht, bei einer Volksinitiative einen Alternativvorschlag zur Volksabstimmung zu bringen. […]“

Neben den Erleichterungen bei der Unterschriftensammlung, dem niedrigeren Quorum, der Reduzierung der Unterschriftenzahlen und der Verlängerung der Sammelfristen waren die beiden wesentlichsten Verbesserungsvorschläge sicherlich jene, wonach das derzeit nicht vorhandene und auch im Gesetzesvorschlag der Union für Südtirol nicht vorgesehene Instrument des bestätigenden beziehungsweise ablehnenden Referendums für einfache Landesgesetze eingeführt würde und dass Abstimmungen auch über Beschlüsse der Landesregierung ermöglicht würden.

Die Artikel 24 und 25 des zur Volksabstimmung vorgelegten Gesetzentwurfes enthielten die Regelungen zum bestätigenden / ablehnenden Referendum. Betroffen von einem solchen, in idealtypischer Terminologie fakultativen Referendum wären vor allem Landesgesetze, Durchführungsverordnungen und Verwaltungsakte von öffentlichem Interesse. In Artikel 25, Absatz 1, heißt es: „Der Antrag auf ein bestätigendes / ablehnendes Referendum […] muss innerhalb sieben Tagen ab der Beschlussfassung durch den Landtag beziehungsweise durch die Landesregierung vorgelegt werden.“ Für Landesgesetze und Durchführungsverordnungen müssen dann innerhalb von 90 Tagen mindestens 7.500 Unterschriften gesammelt werden, für Verwaltungsakte von öffentlichem Interesse sind ebenfalls 7.500 Unterschriften erforderlich, aber innerhalb von nur 45 Tagen. Wie alle Volksabstimmungen würde auch eine solche nur dann gültig sein, wenn 15 Prozent aller Wahl- bzw. Abstimmungsberechtigten daran teilgenommen hätten.

14. Zusammenfassung

Bei den am 25. Oktober 2009 stattgefundenen ersten Volksabstimmungen in Südtirol handelte es sich eigentlich um die Zusammenfassung von fünf erfolgreich eingebrachten Volksabstimmungsanträgen, welche mithilfe des direktdemokratischen Instruments der gesetzeseinführenden Volksabstimmung laut Landesgesetz 11 / 2005 initiiert wurden. In idealtypischer Terminologie handelt es sich hierbei um das Instrument der Volksinitiative; diese kann einerseits darauf zielen, bestehende Rechtsnormen abzuschaffen (aufhebende Volksabstimmung) oder, wie im vorliegenden Fall, neue Rechtsnormen zu beschließen. In beiden Fällen ergreift das Volk – im Sinne von derzeit mindestens 13.000 Bürgerinnen und Bürgern – die Initiative und beteiligt sich am Gesetzgebungsprozess. Das Volk holt sich in spezifischen Sachfragen die eigentlich nur ihm zustehende Volkssouveränität zurück und trifft selbst Entscheidungen. Oder aber die Volksabstimmung scheitert am zu hohen Beteiligungsquorum und ist somit ungültig.

Die generelle Entwicklung in der gesellschaftlich-politischen Diskussion zeigt, dass die Frage, ob das Volk direktdemokratisch mitentscheiden soll, mit Ja zu beantworten ist. Die große und umstrittene Frage bleibt aber weiterhin jene nach dem Ausmaß der politischen Teilhabe der Bevölkerung: Wie oft und zu welchen Themen soll es den Bürgerinnen und Bürgern möglich sein, direktdemokratisch mitzuentscheiden? Dies mündet zwangsläufig in die Frage nach den Hürden für die Inanspruch­nahme direktdemokratischer Instrumente: Wie hoch ist die vorgeschriebene Zahl der zu sammelnden Unterschriften und wie viel Zeit steht den Promotoren dafür zur Verfügung? Hier geht es also konkret um Unterschriftenquoren und Sammelfristen. Aber es geht auch um die Frage, ob nicht nur Landesgesetze, sondern auch Beschlüsse der Landesregierung dem Zugriff des Volkes zugänglich sein sollen. Soll das Volk also nicht nur in die Legislative eingreifen können, sondern auch in die für das öffentliche Interesse relevante Arbeit der Exekutive?

Bedeutend für ein hochwertiges Design der direkten Demokratie ist schließlich auch die Finanzierung und vor allem eine ausgewogene Information der Abstimmungsberechtigten über die Pro- und Kontra-Argumente.

Die Volksabstimmungen vom 25. Oktober 2009 haben ganz deutlich gezeigt, wie die politischen Akteure und die Medien agieren und was an den derzeitigen Regelungen zur direkten Demokratie gerade in dieser Hinsicht unbedingt zu verbessern ist.

Einen Überblick über das Design der direktdemokratischen Instrumente auf Südtiroler Landesebene gibt folgende Grafik, welche alle Instrumente thematisch vergleichend und in chronologischer Reihung nebeneinander stellt. Betrachtet werden dabei Designelemente wie Terminologie, Anwendungsbereich, Unterschriftenquorum, Sammelfristen und Beteiligungsquorum.

Abbildung 6: Direktdemokratische Instrumente auf Südtiroler Landesebene im Vergleich

Anmerkungen

1 Zitate der Initiative für mehr Demokratie sind, sofern nicht anders angegeben, stets deren Internetseite www.dirdemdi.org / neu / de / (18.10.2007) entnommen.

Literaturverzeichnis

Das Land Südtirol. Monatszeitschrift der Südtiroler Landesverwaltung mit Landtagsteil, November 2003, hrsg. v. der Südtiroler Landesregierung, Bozen

Evers, Tilman (1999). Volkssouveränität und parlamentarisches System – Ideologie-geschichtliche Wurzeln einer aktuellen Debatte, in: Heußner, Hermann K. / Jung, Otmar (Hg.). Mehr direkte Demokratie wagen. Volksbegehren und Volksentscheid: Geschichte – Praxis – Vorschläge, München: Olzog, 23 – 39

Gebhart, Thomas (2002). Direkte Demokratie I. Die Wirkungen direktdemokratischer Verfahren: Was lehren die Erfahrungen in der Schweiz? www.kas.de / db_files / dokumente / arbeitspapiere / 7_dokument_dok_pdf_740_1.pdf (28.12.2009)

Gögele, Christoph (2007). Direkte Demokratie auf Südtiroler Landesebene. Vorschläge und gesetzliche Neuerungen seit 2001, politikwiss. Diplomarbeit, Innsbruck

Lausch, Stephan (2005). Direkte Demokratie in Südtirols Autonomiesystem, in: Marko, Joseph / Ortino, Sergio / Palermo, Francesco / Voltmer, Leonhard / Woelk, Jens (Hg.): Die Verfassung der Südtiroler Autonomie. Die Sonderrechtsordnung der Autonomen Provinz Bozen / Südtirol, Baden-Baden: Nomos, 180 – 193

Lutz, Georg / Vatter, Adrian (2000). Abschied von der Konkordanz? Die Zukunft des Schweizer Politik­systems. www.ipw.unibe.ch / mitarbeiter / lutz / docs / Artikel_Bl %E4tter_1_2000_ %20Lutz_Vatter.pdf (18.10.2007)

Tiefenbach, Paul (o. J.). Sinn oder Unsinn von Abstimmungsquoren. www.mehr-demokratie.de / fileadmin /
md / pdf / positionen / pos08.pdf (28.12.2009)

Winkler, Ivo / Bonell, Lukas (2006). Südtirols Autonomie. Beschreibung der autonomen Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten des Landes Südtirol. www.provincia.bz.it / lpa / themen / publikationen.asp (28.12.2009)

Wortprotokolle des Südtiroler Landtags der 57. Sitzung vom 30. Juni 2005 und der 58. Sitzung vom 1. Juli 2005. www.landtag-bz.org / de / datenbanken-sammlungen / legislaturperiode-13.asp (28.12.2009)

Quellen

Ein inakzeptabler Skelett-Entwurf, in: Dolomiten, 15.04.2004

Meilenstein mit zu vielen Hürden, in: Dolomiten, 24.10.2005

15.184 Südtiroler wollen mitreden, in: Dolomiten, 10.02.2007

Nächste Sammler schon ante portas, in: Dolomiten, 10.02.2007

28.000 Bürger wollen mitbestimmen, in: Dolomiten, 16.06.2007

Mahnung an Durnwalder, in: Neue Südtiroler Tageszeitung, 16.06.2007

Demokratie Direkt. Forum der Initiative für mehr Demokratie 1 / 2004, hrsg. v. der Initiative

für mehr Demokratie, Bozen

www.dirdemdi.org / neu / de / (18.10.2007)

www.schuetzen.com (18.10.2007)

www.svpartei.org / de / presse / pressemitteilungen, Stichwortsuche: Direkte Demokratie (18.10.2007)

www.svpartei.org / de / presse / pressemitteilungen / 20069l925.html (18.10.2007)

Abstracts

L’Alto Adige verso la democrazia ­diretta

Le prime spinte considerevoli verso la democrazia diretta e il conseguente sviluppo della partecipazione popolare in Alto Adige ebbero inizio nei primi anni ’90, soprattutto da parte dell’“Iniziativa per più democrazia”. Non si fece attendere a lungo la reazione dei partiti politici, che ben presto presero posizioni diverse. Fu la legge costituzio­nale n. 2 / 2001, con cui veniva introdotto il referendum propositivo provinciale, a riaccendere il dibattito politico. Le proposte di legge di iniziativa popolare e i referendum (abrogativi) regolati dalle leggi regionali 11 / 1957 e 15 / 1972 erano ancora a un primo stadio di “maturazione”. Con le leggi provinciali 10 / 2002 e 11 / 2005 la rappresentanza popolare dell’Alto Adige reagì di fronte alle disposizioni della legge costituzionale sopracitata e, parzialmente, alle richieste di parti della popolazione (proposte di legge di iniziativa popolare del 1995 e 2003). Il referendum provinciale del 25 ottobre 2009, nonostante non sia stato rag­giun­to il quorum per un soffio, ha rappresentato un passo importante del percorso dell’Alto Adige verso la democrazia diretta.

Südtirol se möi devers dla democrazia direta

Te Südtirol s’àn bele al mëteman di agn 1990 tres indô damanè n ampliamënt dles poscibilitês de partezipaziun ala democrazia direta. Chilò él da recordè dantadöt la “scomenciadia por de plü democrazia”. Tla finada él inće stè i partis politics che à reagì y che à tut de conseguënza posiziuns desvalies. La lege costituzionala n. 2/2001, cun chëra che al é gnü portè ite le referendum propositif provinzial à indô descedè la discusciun politica. Te na forma groia ê les propostes de lege por la scomenciadia popolara y i referendums (abrogatifs) bele regolà dales leges regionales 11/1957 y 15/1972. Cun les leges provinziales 10/2002 y 11/2005 à la rapresentanza popolara de Südtirol reagì ales desposiziuns dla lege costituzionala dada dant chilò dessura y en pert ales ghiranzes de perts dla popolaziun (propostes de lege sön scomenciadia popolara dl 1995 y dl 2003). Inće sce le quorum n’é por püch nia gnü arjunt rapresentëia le referendum provinzial di 25 de otober dl 2009 n’atra pera miliara sön le tru de Südtirol por arjunje la democrazia direta.

South Tyrol’s Path to Direct Democracy

The first major push toward direct democracy and the consequent development of popular participation in South Tyrol began in the early 1990s, and was spearheaded by an organisation called Initiative for More Democracy. The political parties reacted immediately, quickly adopting differing stances. Constitutional Law N° 2/
2001 introduced a propositional referendum in the province that stimulated the political debate. Bills initiated by the populace and the abrogative referendums governed by regional laws 11/1957 and 15/1972 were still at an early stage of maturity. South Tyrolean politicians reacted to the provisions of the above-mentioned constitutional law and, in part, to requests by segments of the population (i. e., popularly initiated bills in 1995 and 2003) with Provincial Laws 10/2002 and 11/2005. The provincial referendum of October 25
th 2009 represented an important step in South Tyrol’s path towards direct democracy despite the fact that it just missed a quorum by a hair.