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Joachim Gatterer

Randfiguren: Südtirols Landtags­abgeordnete der gesamtstaatlichen ­Parteien von 1948 bis 2013

„Es scheint, dass Begriffe wie ‚rassisch‘ oder ­‚ethnisch‘ […] Symptome einer ideologischen Abwehr sind. Durch ihre Verwendung lenkt man die Auf­merksamkeit auf Nebenaspekte dieser Figuration (z. B. ­Unterschiede der Hautfarbe) und zieht sie ab von dem zentralen Aspekt (den Machtunterschieden).“

(Elias/Scotson 1993, 27)

1. Generationenwechsel und soziale Mobilität als Triebkräfte der Politik

Martin Walser gab unlängst zwei Journalisten seine politischen Bewertungskriterien preis: „Ich beurteile Parteien schon lang nicht mehr nach ihren Programmen, sondern nach den Persönlichkeiten, die sie hervorbringen“ (Gathmann et al. 2013). Zwischen den Zeilen blitzen zwei geschichtliche Grundkonstanten auf: die stete Wechselwirkung zwischen Individuum und Gemeinschaft und der zeitliche Wandel, dem politische Parteien und die Karrieren ihrer Exponenten zwangsläufig unterworfen sind. Auch in Zeiten des gesicherten Wohlstands, in denen alles stillzustehen scheint, geben immer noch die biologisch vorgezeichneten Lebensrhythmen den Takt vor.

Der wandlungsbedingte Druck auf das politische Leben und die unterschiedlichen Möglichkeiten, ihn aus der Mitte der Gesellschaft abzuleiten, zeigten sich in der jüngsten Vergangenheit gleich an mehreren Schauplätzen: an den gewaltsamen Umstürzen des Arabischen Frühlings, am verbissenen Machtkampf des betagten Silvio Berlusconi wie auch in Südtirol, wo ein 72-jähriger Landeshauptmann nach einem Vierteljahrhundert sein Amt zugunsten eines jüngeren Nachfolgers zurücklegte. Feinsinnigen Beobachtern lieferte das stille Ableben Giulio Andreottis und der langjährigen Südtiroler Landesräte Armando Bertorelle, Remo Ferretti und Giuseppe Sfondrini 2012 /13 ergänzende Belege dafür, dass auch Langzeitpolitiker das Rad des Lebens nicht anhalten können (vgl. Jahresüberblick in diesem Band).

Anlässlich der genannten Ereignisse soll im folgenden Beitrag ein historischer Blick auf die Abfolge der Generationen in der Südtiroler Landespolitik geworfen werden. Da zur ethnoregionalen Südtiroler Volkspartei (SVP) bereits diverse sozialwissenschaftliche Studien publiziert wurden (vgl. Holzer 1991), rücken an dieser Stelle die weitgehend unerforschten Vertreter der gesamtstaatlichen (italienischen) Parteien ins engere Blickfeld. Das „Hervorbringen“ von Politgenerationen soll dabei nicht nur für gesonderte Einzelfälle rekonstruiert, sondern auf etwaig vorhandene Karrieremuster hin untersucht werden. Wie jedes soziale Phänomen lassen sich auch die biografischen Entwicklungen anhand quantitativer und qualitativer Kriterien beschreiben, wodurch sie miteinander vergleichbar werden:

Quantität meint in diesem Zusammenhang die chronologische Generationenabfolge innerhalb der Jahre 1948–2013: Wie viele Politikergenerationen können in diesem Zeitraum überhaupt benannt werden? Gibt es Generationen, die das politische Geschehen länger bestimmt haben als andere? Waren bestimmte Generationen in Landtag und Parteien auch zahlenmäßig stärker vertreten als jüngere oder ältere Altersgruppen?

Die qualitative Untersuchung bezieht sich hingegen auf den Steigungsverlauf der Karrieren einzelner Politiker und ihrer Parteien. Zu diesem Zweck muss einleitend ein Blick auf den sozialen und historischen Background der Abgeordneten und ihrer Parteien gerichtet werden. Hier gilt es grundsätzlich festzustellen, ob überhaupt von einem geschlossenen „italienischen“ Milieu in Südtirol gesprochen werden kann, dem die gesamtstaatlichen Parteien vor Ort entstammen. Nach Klärung dieser Ausgangslage eröffnet sich die Möglichkeit, rudimentär zu erörtern, wie erfolgreich sich die entsprechenden Gruppierungen seit 1948 weiterentwickelten. Der Ausbau sozialer Netzwerke und die Besetzung von Machtpositionen werden dabei als grundsätzliche Ziele einer jeden Partei ausgegeben, an denen der soziale Auf- bzw. Abstieg ihrer Politiker und damit einhergehend die Festigung/Auflösung der Parteien messbar wird. Dem offenen Charakter des Beitrags entsprechend soll in einer abschließenden Zusammenschau der Ergebnisse auch ein Ausblick auf weiterführende Bearbeitungs- und Diskussionsmöglichkeiten gegeben werden.

2. Kollektive Weltkriegserfahrung und individualistische Jugend

Zur Bestimmung von Generationen erarbeitete Karl Mannheim Ende der 1920er-Jahre eine nach wie vor gültige Anleitung. Auch er orientierte sich an Geburtenjahrgängen, den Alterskohorten, hob allerdings hervor, dass von einer spezifischen Gene­ration erst dann gesprochen werden könne, wenn Menschen ihre zeitgleich erlebten Umwelterfahrungen als verbindend begreifen, wobei das persönliche Lebensalter zwar einen wesentlichen, aber nicht zwingend determinierenden Einfluss ausübt. Heute gilt es als Common Sense, dass neben den Kindheits- und Jugenderfahrungen vor allem die Intensität gemeinsam durchgestandener Ausnahmesituationen dafür ausschlaggebend ist, wie stark eine spezifische Generationenerfahrung im kollektiven Gedächtnis der Beteiligten verankert bleibt (vgl. Mannheim 1964; Mittag 2006, 28–29).

Die 63 Landtagsabgeordneten gesamtstaatlicher Parteien, die zwischen 1948 und 2013 ein Mandat bekleideten, wurden zwischen 1879 und 1975 geboren (vgl. Anhang). Da das 20. Jahrhundert von sämtlichen Akteuren weder geschlossen noch aus derselben Altersperspektive erfahren werden konnte, bilden alle Mandatare gemeinsam selbstverständlich keine Generation. Vielmehr lässt ein Blick in die National- und Regionalgeschichte der vergangenen 130 Jahre auf prägende Ereignisse und Zeitspannen schließen, die einige Abgeordnete als Exponenten einer gemeinsamen Generation kenntlich machen.

Im ersten Landtag von 1948 saßen noch vier von sieben italienischen Partei­repräsentanten, die damals das fünfzigste Lebensalter zum Teil bereits deutlich überschrit­ten hatten. Sie waren vor 1905 geboren worden und mussten ihre erste So­zia­­li­sa­tion zwangsläufig in den nationalistisch aufgeladenen Monarchien der Jahrhundertwende erfahren haben. Der kommunistische Abgeordnete Silvio Bettini (* 1885) war beispielsweise als Trentiner Irredentist gegen Österreich-Ungarn in den Krieg gezogen; als Kriegsinvalide blieb er zeitlebens körperlich wie auch namentlich (durch seinen einstigen Kampfnamen Schettini) von den damaligen Ereignissen gezeichnet. Auf die erste Legislaturperiode der Nachkriegszeit projiziert, zeigt sein Beispiel aber auch, dass die Generationenerfahrung des Ersten Weltkriegs für das Selbstverständnis der erneuerten Nachkriegsparteien 1945 nicht konstituierend war: Die Kommunistische Partei Italiens (PCI) verstand sich in erster Linie als Elite des nationalen Befreiungskampfs gegen Faschismus und Nationalsozialismus, das heißt, sie berief sich, wie alle anderen Parteien, auf prägende Ereignisse der 1930er- und 1940er-Jahre. Für Bettini-Schettini bewirkten seine Jahre im antifaschistischen Exil hingegen eine zweite Sozialisation, die ihn mit jenen Nachgeborenen zusammenschweißte, für die gelebter Antifaschismus das erste prägende Jugenderlebnis gewesen war (vgl. Gatterer 2012, 323; Andreucci 1980, 18–23). Der demografische Druck sorgte schließlich mit dafür, dass nicht nur Bettini-Schettini, sondern auch die restlichen Zeitzeugen des Ersten Weltkriegs – Guido Dorna, (* 1884, PRI), Luigi Negri (* 1879, DC) und Rolando Toma (* 1895, Indipendenti) – bereits 1952 vollständig aus allen Fraktionen der gesamtstaatlichen Landtagsparteien ausschieden. In den Reihen der SVP konnten sich Altösterreicher wie die Landeshauptleute Karl Erckert (* 1894) und Alois Vijo Pupp (* 1900) bis Ende der 1950er-Jahre in Führungspositionen halten (vgl. Anhang; Regione Autonoma 2011, 1146).

Quantitativ betrachtet wurde der Landtag mit Beginn der zweiten Amtszeit folglich noch klarer von jungen Protagonisten der Zwischenkriegszeit und des Zweiten Weltkriegs dominiert. Sie entstammen durchwegs den Geburtenjahrgängen zwischen 1910 und 1930. Im Landtag stellte diese Generation fast ausschließlich Männer, die 1945 im Alter zwischen 30 und 40 Jahren ihre (neuen) politischen Karrieren begonnen hatten. Blickt man in die Führungsetagen der lokalen Parteiorganisationen – bei Oppositionsparteien ist dies die Landtagsfraktion, bei Regierungsparteien sind es die darüber gelagerten Regierungsämter – so zeigen sich die frühen 1950er-Jahre auch als Beginn bemerkenswerter Langzeitherrschaften innerhalb der Parteien. Sie erstreckten sich fast durchgängig bis Anfang der 1980er-Jahre, im Falle des SVP-Führungsduos Silvius Magnago und Alfons Benedikter (beide Jahrgang 1914) sogar über drei Jahrzehnte, bis zum Fall der Berliner Mauer 1989. Eine vergleichbare Kontinuität zu Letztgenannten weisen lediglich die Brüder Andrea (* 1914) und Pietro Mitolo (* 1921) auf, die als unangefochtene Führungspersönlichkeiten der Neofaschisten (MSI) von 1948 bis 1973 bzw. von 1973 bis 1989 ihre Landtagsfraktion leiteten. Pietro Mitolo wirkte sogar bis ins angehende 21. Jahrhundert als politisch aktive Integrationsfigur des lokalen Mitte-rechts-Lagers (vgl. Anhang; Regione Autonoma 2011, 1006–1010, 1265–1271).

Die lange Stabilität der Südtiroler Nachkriegsparteien entspricht bis zum Ende des Kalten Krieges durchaus dem westeuropäischen Trend; auch die überdurchschnittliche Kontinuität in Führungspositionen ist vor allem im Vergleich mit italienischen Spitzenpolitikern der Ersten Republik nicht wirklich außergewöhnlich (vgl. Pasquino 2002, 37). Kann man für diesen Zeitraum deshalb grundsätzlich von Generationenparteien sprechen? Tatsächlich hielt die SVP das Durchschnittsalter ihrer Landtagsfraktion bis dato fast durchgehend unter 50 Jahren, was nur möglich war, weil ein Teil ihrer Mandate bei Wahlen stets von der nachrückenden Jugend besetzt werden konnte. Dabei gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass der Landtag (parallel zum Vordringen der Parteien in immer neue Gesellschaftsbereiche) sukzessive mit Mandaten aufgestockt wurde, von anfänglichen 20 im Jahr 1948 in mehreren Schritten auf 35 seit 1983 (Holzer 1991, 130; Südtiroler Landesregierung 2012, 77–92).

Von den gesamtstaatlichen Parteien Südtirols verfügte hingegen keine über einen vergleichbar breiten Wählerzuspruch, um ähnlich der SVP Kontinuität und Wandel in einer Landtagsfraktion reibungslos zu verbinden. Über weite Strecken hielten die gesamtstaatlichen Parteien nur jeweils ein bis zwei Mandate, und keine der Parteien kam über das einmalige Maximum der Democrazia Cristiana (DC) von fünf Landtagssitzen hinaus. Die Kleinparteien der Republikaner (PRI), Sozialisten (PSI), Sozialdemokraten (PSDI) und Liberalen (PLI) blieben unter diesen Bedingungen eindeutig Parteien der zweiten Weltkriegsgeneration. Sämtliche ihrer Mandatare waren vor 1923 geboren worden; Rolando Boesso (* 1920, PRI) und Tullio Agostini (* 1921, PLI) erreichten den notwendigen Wählerzuspruch darüber hinaus nur phasenweise, aber auch Sozialisten und Sozialdemokraten lebten am Ende von ihren Langzeitabgeordneten Decio Molignoni (* 1915) und Giuseppe Sfondrini (* 1923), denen in den 1980er-Jahren, mit knapp 70 Jahren, offensichtlich die nachrückenden Wählerjahrgänge abhandenkamen. Molignonis PSDI schied 1983, Sfondrinis PSI 1993 endgültig aus dem Landtag aus (vgl. Anhang).

Wo boten sich jungen Politeinsteigern bessere Aufstiegschancen? Die erste Nachkriegsgeneration, die sogenannten Achtundsechziger (geboren circa 1940–1955), tendierten unter dem Eindruck von Wirtschafts- und Bildungsboom europaweit stark nach links. Ein Blick auf die Landtagswahlen 1978 bestätigt diesen Trend in abgeschwächter Form auch für Südtirol. Alexander Langer (* 1946) erreichte mit dem neu geschaffenen Personennetzwerk Neue Linke/Nuova Sinistra 32-jährig sein erstes Landtagsmandat; in der Kommunistischen Partei gelang zeitgleich Gaetano­ D’Ambrosio (* 1941) und Grazia Barbiero (* 1951) der Beginn ihrer Landtagskarrieren. Überblickt man die Personalkontinuität des PCI und seiner Nachfolgeparteien von 1948 bis 2013, so fällt auf, dass im Gegensatz zu den meisten anderen Parteien kein Mandatar länger als fünfzehn Jahre im Amt blieb. Es zeigt sich jedoch auch, dass die Personalrochaden seit 1978 (für mehr als dreißig Jahre) fast ausschließlich auf Jahrgänge der Achtundsechziger beschränkt blieben – ein Befund, der sich weitgehend mit der Entwicklung von Langers grün-alternativer Bewegung deckt (vgl. Anhang; Gatterer 2009, 159–162, 180–181).

Nach dem kurzen Linksruck der 1970er-Jahre gewannen in Südtirol ab den 1980er-Jahren wiederum die gesamtstaatlichen Parteien rechts der Mitte langfristig an Wählerzuspruch, den sie weit mehr als zwei Jahrzehnte relativ solide verwalteten. Eine wesentliche Ursache für diese Trendumkehr lieferte der südtirolspezifische Strukturwandel im öffentlichen Berufssektor durch die flächendeckende Einführung eines ethnischen Proporzsystems. Für italienisch deklarierte Südtiroler reduzierte diese gesetzliche Maßnahme schlagartig zentrale Berufsperspektiven, was entsprechende Untergangsstimmungen heraufbeschwor, die von den Neofaschisten lang anhaltend stimuliert wurden. Anfang der 1990er-Jahre gab die korruptionsbedingte Implosion der bis dahin staatstragenden DC einen zweiten Impuls, der weitere gemäßigte Wähler nunmehr nach rechts führte, primär in die Arme des neuen, wirtschaftsliberalen Politmäzens Silvio Berlusconi (vgl. Pallaver 2013, 259–266).

Proporzängste und Schmiergeldkrise, vermischt mit dem Ende des Kalten Krieges und den Anfängen des Globalisierungshypes, stellen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Breitenwirkung generationsprägende Ereignisse dar, und sie fanden in den Landtagsfraktionen der nationalen Parteien auch ihren Niederschlag. 1988 stellten ausschließlich die Neofaschisten den dreißigjährigen Politnachwuchs, dessen Zukunftsperspektiven erstmals besonders stark unter dem Eindruck der neuen Proporzregelung gereift waren. Diese Generation (geboren circa 1955–1970) um Giorgio Holzmann (* 1957) und Marco Bolzonello (* 1958) konnte sich mit Mauro Minniti (* 1963) und Alessandro Urzì (* 1966) ab den 1990er-Jahren an der rechten Flanke des Parteienspektrums festsetzen. Die formal erneuerte, gemäßigte Rechte um Forza Italia und Lega Nord leistete bis zur Wahl von Michaela Biancofiore und Elena Artioli (beide Jahrgang 1970) hingegen keinen Beitrag zur Verjüngung der Provinzelite. Ihre ersten Mandatare der 1990er-Jahre zählten vielmehr zu den Alterskohorten der Nachkriegsgeneration. Umberto Montefiori (* 1946, Lega Nord) und Antonio Lo Sciuto (* 1945, Forza Italia) entstammten höheren Stellen des Staatsapparats, der mit dem Ende der DC seine politische Stütze verloren hatte. Kandidatur und Wahl beider Exponenten können somit als Ausdruck des Interesses an Stabilität gelesen werden. Trotzdem verloren die gesamtstaatlichen Parteien aufgrund ihrer anhaltenden Metamorphosen ab der Jahrtausendwende weiter an Vertrauen. Das Ende der letzten Zentrumspartei um Luigi Cigolla (* 1942) bei den Landtagswahlen 2008, italienische Wählerströme hin zur Südtiroler Volkspartei und eine drastische Zunahme der Nichtwähler im Jahr 2013 belegen diese These (vgl. Anhang; Pallaver 2013, 263–266).

Gab es zwischen 1948 und 2013 nun tatsächlich eine schleichende, der politischen Stabilität geschuldete Überalterung des Südtiroler Landtages? In den vergangenen fünfzig Jahren ist das Gremium trotz üppiger Mandatsaufstockung um satte zehn Jahre gealtert, von einem gerundeten Durchschnittsalter von 37 Jahren 1952 auf 48 im Jahr 2008. Im Spektrum der gesamtstaatlichen Landtagsparteien erfolgten kleinere Verjüngungen dabei in Schüben. Sie hingen vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren mit spezifischen Generationenprägungen zusammen und erfolgten bis zum Regierungseintritt des 33-jährigen Christian Tommasini (* 1975) im Jahr 2008 stets an den oppositionellen Rändern. Zwar hatte sich im regierenden Zentrum mit dem Ausscheiden Armando Bertorelles (* 1919) zugunsten Remo Ferrettis (* 1936) bereits 1978 ein zaghafter Generationswechsel angedeutet, doch fehlte hier weitgehend die erlebte inhaltliche Differenz – beide Politiker waren nämlich in den Reihen der Azione Cattolica denselben Karrieremustern gefolgt. Auch Tommasini blieb analog dazu ein Jungpolitiker mit traditionellem Profil, der seine Ecken und Kanten beim Durchlaufen des Parteiapparats der Linksdemokraten offenbar früh abgestoßen hatte (vgl. die Zeitungsartikel von Dall’Ò 2013 und Mair 2008).

Das stete Altern des Landtags deckt sich im Übrigen mit dem gestiegenen Durchschnittsalter der Südtiroler Gesamtbevölkerung, das 2011 bei gerundeten 41 Jahren lag (Schmuck/Weiss 2012, 41). Insofern besteht hinsichtlich des Lebens­alters keine grundsätzliche Entfremdung zwischen Gesellschaft und politischer Insti­tution. Vielmehr steht jedwede Herrschaft mit zunehmender Dauer vor der Herausforderung, im Prozess der Entscheidungsfindung eine steigende Anzahl an widersprüchlichen Generationenerfahrungen vereinen zu müssen. Die westeuropäische Gegenwart zeigt, dass überalterte Parteien den Interessenausgleich mit jüngeren Alterskohorten nur unzureichend herbeiführen können. Ihre Omnipotenz trägt im Gegenteil mit zur Entsolidarisierung einer ohnehin stark individualisierten Jugend bei, die aus rationalen Überlegungen dazu neigt, sich an ältere (mächtige) Generationen anzupassen. Dadurch wird aber auch das Entstehen eigener, genera­tionsprägender Kollektiverfahrungen erschwert, wodurch am Ende jener soziale Kitt nicht mehr produziert wird, der die Gesellschaft der Zukunft zusammenhält (vgl. Hobsbawm 1998, 17, 31). Auch ein Blick in die Historie bestätigt, dass konstante Geburtenraten allein noch kein politisches System am Leben erhalten haben, wenn die entsprechende Gesellschaft, einschließlich ihrer Jugend, krampfhaft an Vergangenem festhält. Der soziale Wandel ist ein Fluss, der sich in irgendeiner Form immer eine Bahn bricht (vgl. Marx/Brunkhorst [Hg.] 2007, 9–11).

3. Migrationshintergrund, der nicht verblassen will

Eine kollektive Identität ruht gemeinhin auf zwei Säulen: auf einer Auswahl an Ereignissen, die als Ursprung der Gruppe betrachtet werden (Historie), und auf der Erwartung, dass die historisch fundierte Gemeinschaft dem Einzelnen auch eine Zukunft garantieren kann (Loyalität) (vgl. Geulen 1999, 372). Vergangenheits- und Zukunftsperspektive sind es auch, die in Südtirol die Anhänger gesamtstaatlicher und regionaler Parteien maßgeblich voneinander unterscheiden, und auch unter diesem Aspekt zeigt sich das verbindende/trennende Element in den Biografien der Einzelnen.

Im Gegensatz zur ethnoregionalen SVP, die 1945 an lokal verwurzelte Macht­tra­ditionen anknüpfte, brachten die gesamtstaatlichen Parteien bis in die 1980er-Jahre fast zur Gänze Mandatare hervor, die außerhalb Südtirols geboren waren. Auch die Parteiexponenten nachfolgender Alterskohorten entstammen bis dato durchwegs den Milieus mit entsprechendem Migrationshintergrund (vgl. Pallaver 2000, 29; Anhang). Die historischen Fundamente dieser Entwicklung liegen in den staatlich geförderten Einwanderungswellen der Jahre 1920–1960 begraben. Da diese Migrationsphase kolonialistische Züge trug, wurden ihre Protagonisten von den historisch verwurzelten Eliten als kollektive Bedrohung empfunden – eine tief eingeprägte Außensicht auf Südtirols Italiener, die sogar in den Sprachduktus der öffentlichen Lokalverwaltung („staatliche[s] Mehrheitsvolk“) Eingang gefunden hat (Pristinger 1980, 154–158; Winkler/Bonell 2010, 90).

Das fragmentierte Südtiroler Parteienspektrum zeigt jedoch, dass die historische Selbstwahrnehmung der Einwanderer mit diesem offiziösen Geschichtsbild nicht übereinstimmt. Das Fehlen einer italienischen Einheitspartei in Südtirol stützt vielmehr die Ergebnisse der empirischen Sozialforschung, der zufolge Migranten aufgrund ihrer unterschiedlichen geografischen wie sozialen Herkunft über kein gewachsenes Personennetzwerk verfügen und sich deshalb nicht als homogene Gruppe, sondern als voneinander isolierte Subgruppen begreifen (vgl. Elias/Scotson 1993, 238–246). An den ideologischen Rändern der gesamtstaatlichen Parteien Südtirols sind diese sozialen Differenzen besonders deutlich erkennbar: Die Neo- und Post­faschisten rekrutierten ihr Personal in den ersten Nachkriegsjahrzehnten vor allem aus dem Umfeld jener eingewanderten Staatsbeamten, die mit dem Ende der Diktaturen ihre Privilegien verloren und in den demokratischen Parteien keine zweite Heimat gefunden hatten (Gatterer 1991, 291). Juristen und Freiberufler mit höherem Bildungsabschluss sind auch unter den Mandataren der späteren Mitte-rechts-Parteien überproportional vertreten. Am linken Rand haben die Abgeordneten hingegen fast durchgängig nachweisbaren Gewerkschaftsbezug, der auf das Milieu der italienischen, zum Teil antifaschistischen Arbeitsmigration verweist. Ab den 1980er-Jahren entstammen die Vertreter dieses Spektrums dabei nicht mehr handwerklich-technischen Berufen, sondern aufgrund des wirtschaftlichen Strukturwandels überwiegend öffentlichen Sozial- oder Bildungsinstitutionen (vgl. Anhang).

Ein Blick auf die soziokulturelle Herkunft der Landtagsabgeordneten seit 1948 zeigt weiters, dass die gesamtstaatlichen Parteien des ideologischen Zentrums und der Linken keine hermetisch abgeriegelten Parteien der Italiener sind. Zwar ist es keiner Gruppierung bis dato gelungen, einen relevanten Wähleranteil aus dem Milieu der alteingesessenen Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen, doch standen die Organisationen auch deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern schon in den 1950er-Jahren nachweisbar offen, wenngleich unter objektiv erschwerten Bedingungen. In den Reihen der DC, die sich als christlichsoziale Volks- und Regierungspartei verstand, wurden unter anderen Albino Dell’Antonio (1952) und Martin Flatscher (1993) als erklärte Ladinervertreter in den Landtag gewählt. Der PCI entsandte mit Josef Stecher von 1973 bis 1983 zweimal einen explizit deutschsprachigen Vertreter und 2013 erreichte Paul Köllensperger für die gesamtstaatliche Protestbewegung Movimento 5 Stelle ein Mandat (Alto Adige, 21.11.1952, 2; FF, 30.10.1993, 8; Gatterer 2009, 111).

Welche Zukunftsperspektive machte gesamtstaatliche Parteien für Ortsansässige attraktiv? Ein Seitenblick auf die Südtiroler Wirtschaftsstruktur zeigt, dass die Unterschiede sämtlicher Nachkriegsparteien primär auf getrennten Erwerbssystemen basieren, die von den entsprechenden Parteien kontrolliert werden – eine universelle Logik, die in Österreich als „Lagermentalität“, in Italien mit dem Begriff der „politischen Subkulturen“ bezeichnet wird. Die Südtiroler Volkspartei war in diesem Sinn bereits 1945 der Zusammenschluss jener historisch verwurzelten Bevölkerung, die direkt oder in Form enger Familienbeziehungen über mehr als 70 Prozent der Grundflächen und mehr als 90 Prozent des historisch gewachsenen Privatbesitzes der Provinz verfügten (Landesstelle für Südtirol 1946, 9). Sprache und Kultur haben im darauf basierenden, bis heute stark kleinbetrieblich organisierten Erwerbssystem durchaus einen funktionalen Wert. Von den maßgeblichen Parteien wurden Sprache und Kultur phasenweise aber vorwiegend als ausgrenzendes Stigma eingesetzt, um die sozialen Barrieren zwischen Einheimischen und Migranten/Kolonialisten aufrechtzuerhalten (vgl. Atz 1991, 159–163; Pallaver 2000, 29–31). Der Drang, eine derartige Trennung zu überwinden, bleibt grundsätzlich gering, solange auf beiden Seiten materielle Bedürfnisse und Karriereambitionen ausreichend befriedigt werden. Die Biografien der vier Genannten weisen darauf hin, dass dieser Ausgleich vor Ort nicht immer gegeben war, und dass Staatsparteien dabei für bestimmte Personengruppen attraktiver waren als Regionalparteien: Der Eintritt Stechers in den oppositionellen PCI fällt Anfang der 1950er-Jahre in eine Zeit, in der besitzlose Arbeiter im Umfeld der SVP keine Aufstiegschancen (vielfach auch keine Erwerbsmöglichkeiten) vorfanden (vgl. Holzer 1991, 127). Der ladinische Zuspruch zur regierenden DC verdeutlicht, dass sich aber auch ein Teil der ortsgebundenen Landbevölkerung mit der zum Teil nationalsozialistisch kompromittierten Geschichte der ethnischen Sammelpartei SVP nicht vollends identifizieren konnte. Köllenspergers Wahlerfolg steht wiederum in Zusammenhang mit universellen Wertvorstellungen (Privilegienabbau, Verteilungsgerechtigkeit usw.), in denen ethnonationale Schranken nicht existieren. Die Umrisse dieses postmaterialistisch orientierten Wählersegments wurden mit der Wahl Alexander Langers bereits 1978 erstmals erkennbar (vgl. den Zeitungsartikel von Mair 2013).

Gab es im Gegenzug Tendenzen unter den Migrationsgemeinschaften, sich individuell oder als Partei im Territorium zu verankern, und – wenn ja – waren sie damit erfolgreich? Die staatlich geförderten Zuwanderungsschübe wurden beruflich durchwegs vom öffentlichen Verwaltungssektor und von der subventionierten Großindustrie aufgefangen. In diesen, relativ modernen Berufssektoren konnten die Zuwanderer aber nur in sehr eingeschränktem Maße selbst Eigentum an Produktionsmitteln erwerben; noch 2008 waren weniger als 55 Prozent der fast ausschließlich urban beheimateten Italiener Südtirols Eigentümer einer Privatwohnung (Atz 2013, 166). Daraus lässt sich im Vergleich mit den ortsgebundenen Südtirolern auf eine verhältnismäßig bescheidene Kapitalausstattung der Migrantenmilieus schließen. Für deren Politik ergibt sich somit, dass auch eigene Parteien tendenziell der finanziellen Unterstützung durch externe Machtzentren bedürfen. Wenn sich noch 1999 nur 11 Prozent der Jugendlichen aus italienischsprachigem Ortsmilieu als Südtiroler identifizierten, weist dies zudem darauf hin, dass sich die Karriereambitionen in diesen Milieus nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Überlegungen gleichfalls am kulturellen und wirtschaftlichen Hinterland Italien orientieren. In dieses sind viele Südtiroler mit Migrationshintergrund offensichtlich stärker eingebunden als in die sozialen Netzwerke der Provinz, in der sie eigentlich beheimatet sein müssten (Gallenmüller-Roschmann 1999, 106).

Die fühlbare Distanz zu örtlichen Gegebenheiten ist auch auf der lokalen Parteiebene klar erkennbar, doch lassen sich dort seit den 1950er-Jahren immerhin kleinere Verwurzelungsschübe feststellen, die spätestens ab der Jahrtausendwende in allen gesamtstaatlichen Parteien an Intensität zunahmen (vgl. Pallaver 2013, 252–255). Ausgelöst wurden sie stets von akutem Machtschwund in den römischen Parteizentralen (Push-Faktoren); die angestoßenen Fluchtbewegungen wurden aber umgehend von der grundsätzlich geringen Integrationsbereitschaft der dominanten Regionalparteien beeinflusst (Pull-Faktoren). Auf keine der gesamtstaatlichen Parteien wirkten diese Zieh- und Fliehkräfte jedoch einheitlich. Häufig wirkten sie auf die jeweiligen Parteien sogar in gegensätzliche Richtungen, sodass die Annäherungen der Linken (a), des Zentrums (b) wie auch der nationalistischen Rechten (c) häufiger zu Kollisionen denn zu Kooperationen mit den Regionalparteien führten.

a) Die italienische Linke stand, ebenso wie die Südtiroler Regionalparteien, seit jeher in weitgehender Opposition zum Zentralstaat und seinen Institutionen. Seit dem 19. Jahrhundert versuchte sie als Basisbewegung der ökonomisch Ausgegrenzten ein staatsweites Oppositionsnetz auf Kommunal- und Regionalebene aufzubauen, womit Sozialisten und Kommunisten unter anderem unter den Sprachminderheiten Aostas und des Friaul zeitweise erfolgreich waren (vgl. Gatterer 1968, 1040–1057; Canestrini 1989, 99–102). In Südtirol gelang es Lokalpolitikern dieses Spektrums bis dato aber nicht, eine langfristig profitable Wechselwirkung mit den italienischen Nachbarregionen zu initiieren. Einigen Genossen wie dem PCI-Europaparlamentarier Anselmo Gouthier verhalf das überregionale Netzwerk zwar zu einer internationalen Karriere; im Gegenzug konnten Erfolge in Rom, von denen auch die Südtiroler Bevölkerung profitierte, über dieselben Kanäle jedoch nicht gewinnbringend in die Provinz kommuniziert werden. Der maßgebliche Einfluss der Linksparteien auf die grundlegende Verbesserung des Pflichtschulangebots (Einführung der Einheitsmittelschule 1963) und die umfassende Erweiterung von Arbeitsrechten (Arbeiterstatut 1970) blieb der Lokalbevölkerung so unbekannt, wie das Engagement Renato Ballardinis, Ruggero Griecos oder Emilio Lussus für die Ausgestaltung der Südtirol-Autonomie (vgl. Gatterer 2009, 103–104, 116–121).

Gleichzeitig war die Bündnisbereitschaft der Südtiroler Regionalparteien mit der aufgeschlossenen, aber politisch minderbemittelten Linken aus opportunistischen Gründen sehr gering. In Alexander Langers Bewegung wurden anfängliche Bezüge bald ausgemerzt, womit in den 1990er-Jahren auch das italienische Element der Südtiroler Grünen zusammenschrumpfte. Die antikommunistische SVP verweigerte den Linksparteien nicht zuletzt aus weltanschaulichen Gründen lange Zeit eine Zusammenarbeit. Bei der Regierungsbildung waren Sozialisten und Post-Kommunisten hinter den Zentrumsparteien stets zweite Wahl, weshalb deren Partnerschaften mit der Südtiroler Volkspartei ohne wesentliche Substanz blieben. Integrationswilligen wie dem PCI-Abgeordneten Romano Viola, der 1998 für die SVP hatte kandidieren wollen, blieb die Tür symptomatisch verschlossen (vgl. Gatterer 2009, 122–124).

b) Auf Lokalpolitiker der Democrazia Cristiana übte die Provinz Bozen lange Zeit eine wesentlich geringere Anziehungskraft aus. Im Gegensatz zu den Linksparteien kontrollierten die Christdemokraten zwischen 1945 und 1993 nicht nur die Regierungsgeschäfte (und damit zusammenhängende Wirtschaftsressourcen) in Rom, sondern bis 1972 auch die maßgeblichen Autonomiekompetenzen über die Einheitsregion Trentino-Südtirol, in der die Südtiroler Regionalparteien nur minoritär vertreten waren. Kooperationsversuche lagen in diesem Beziehungsverhältnis wesentlich im Interesse der SVP, die hierfür im Klima des Kalten Krieges auf einen katholisch-antikommunistischen Minimalkonsens mit der DC bauen konnte. Auf diesem Weg erreichte sie mit Unterstützung Österreichs schließlich die Abwertung der Einheitsregion zugunsten des SVP-kontrollierten Landtags in Bozen (vgl. Pallaver 2012, 165–166). Die rigide Umsetzung der erneuerten Südtirolautonomie, im ethnischen Proporz kristallisiert, begann das eingespielte Verhältnis der beiden Parteien jedoch zu stören. Kooperationsbereite DC-Lokalpolitiker verloren ob des demonstrativen Machtgewinns der SVP sukzessive an Wählerzuspruch; nach dem staatsweiten Kollaps ihrer Partei konnten sich die letzten Reste um Roberto Bizzo 2008 ins Mitte-links-Spektrum retten, doch hatten die dezimierten Christdemokraten von einst längst einen beträchtlichen Teil ihrer Macht eingebüßt (vgl. Giudiceandrea 2006, 61–70; Anhang).

c) Die Neofaschisten unterhielten seit 1948 bewusst den geringsten Kontakt zu den Regionalparteien. Vielmehr hatten sie jahrzehntelang beharrlich versucht, zu einer zentralistischen Politik zurückzukehren, um ihre ursprünglichen Macht- und Erwerbsressourcen im lokalen Staatsapparat nicht gänzlich an eine autonome Provinzverwaltung zu verlieren. Die genannten Veränderungen in Wirtschaft und Politik stärkten ihre antiautonomistische Haltung gegenüber den Regionalparteien. Doch das neofaschistische Gegenmittel zum gestiegenen Unbehagen der Italiener – die stärkere Bindung Südtirols an den Zentralstaat – war gerade in Bozen historisch vorbelastet. Spätestens seit den konstant wiederkehrenden Parteikrisen der 1990er-Jahre offenbarte sich der Zentralismus auch pragmatisch betrachtet als wenig effizient (vgl. Sorg 2003, 48–50; Giudiceandrea 2006, 71–84).

Einen zweiten Verschleißeffekt bewirkte schließlich das konstante Verharren in Opposition. Trotz beträchtlicher Wahlerfolge bei Landtagswahlen war es den Mitte-rechts-Parteien nie geglückt, die italienischen Koalitionspartner der SVP vollständig aus dem Landtag zu drängen und dadurch selbst Regierungsverantwortung zu übernehmen. Auch im römischen Parlament scheiterten die südtirolspezifischen Initiativen von Andrea und Pietro Mitolo, Adriana Pasquali, Franco Frattini, Giorgio Holzmann und Michaela Biancofiore, denn nach Jahrzehnten der Autonomieverhandlungen war die SVP in Rom mittlerweile vernetzt und dazu in der Lage, Parteien des Mitte-links-Spektrums erfolgreich zu eigenen Gunsten zu mobilisieren (vgl. Sleiter 2000, 138–143). Bei den Landtagswahlen 2013 endeten zweieinhalb Jahrzehnte des Höhenflugs, nachdem die römische Parteipolitik Monate zuvor zum wiederholten Male im Skandalsumpf versunken war. Elena Artiolis Versuch, sich im Stile Romano Violas in die SVP zu integrieren, blieb 2008 vorerst eine Einzelinitiative mit wegweisendem Charakter.

4. Ausgrenzen, integrieren, selektieren oder motivieren?

Was zeigt die Skizze? Ein Bild der gesamtstaatlichen Parteien Südtirols und ihrer Landtagsmandatare muss Mosaik bleiben, da im Gegensatz zu den Regionalparteien nach 1945 nie eine gesamtstaatliche Sammelpartei existierte. Von außen betrachtet bildet die Kolonisierung Südtirols durch den italienischen Staat zwar den gemeinsamen historischen Ursprung aller nationalen Parteiableger; in ihrer Selbstwahrnehmung beschritten diese Gruppierungen aber von Anfang an getrennte, über weite Strecken offen gegensätzliche Wege. Die Ursachen für diese Entwicklung liegen vor allem in der unterschiedlichen Nähe zum Staatsapparat (Beamte vs. Arbeitsmigranten) und damit einhergehenden ökonomischen Interessenskonflikten begraben, deren Wurzeln bis an die italienische Staatsgründung des 19. Jahrhunderts zurückreichen.

Nähe und Distanz zum Zentralstaat haben in Südtirol gleichzeitig die Wirkung der gesamtstaatlichen Parteien auf die lokal verwurzelten Regionalparteien entscheidend beeinflusst. Ein Blick aus der Karriereperspektive hat gezeigt, dass der kolonialistisch gefärbte Migrationshintergrund der „italienischen“ Staatsparteien die territorial verwurzelten „deutschen“ Regionalparteien dazu veranlasst hat, zum Zweck des eigenen Machterhalts die Entwicklung der nationalen Parteien zu hemmen. Vor allem die Südtiroler Volkspartei beschränkte ihre Kontakte mit Konkurrenzparteien stets auf ein pragmatisches Minimum. Taktische Bündnisse mit gesamtstaatlichen Parteien wurden im Gegensatz zu anderen Sprachminderheiten Italiens seit 1919 aber tendenziell mit der „regierenden Macht“, nicht mit der „oppositionellen Moral“ geschlossen (Gatterer 1962, 193).

Im Gegenlicht der Generationsperspektive betrachtet – die den Ausgangspunkt der Untersuchung bildete – wird wiederum deutlich, dass die Südtiroler Regionalpolitik jenseits des besonderen Kolonisationstraumas durchaus nationalen und europäischen Trends (Weltkriege, Wirtschaftsbooms, Institutionskrisen) unterworfen ist. Diese Trends haben auch die jeweiligen Subkulturen der gesamtstaatlichen Parteien, und folglich die Prägung ihres politischen Personals, in unregelmäßigen Schüben verändert. Die externen Einflussfaktoren auf die regionalen Sozialmilieus waren dabei staatlich-institutioneller, aber auch ökonomischer und demografischer Natur, was für weiterführende Betrachtungen der Regionalpolitik eine ähnlich mehrdimensionale Beobachtungsperspektive nahelegt.

Die größten politischen Veränderungsimpulse scheinen diesbezüglich in nächster Zukunft nicht von den demokratischen Institutionen und daran gebundenen Parteieliten auszugehen als vielmehr von der sich wandelnden Zivilgesellschaft, die auch in Südtirol – abgesehen vom biologischen Austausch der Alterskohorten – von steigender Migration und einem krisenhaften Umbau der Erwerbsverhältnisse zunehmend in Bewegung gesetzt wird (vgl. Schmuck/Weiss 2012, 46; Landesinstitut für Statistik 2013). Diese Entwicklungen werden das historisch gewachsene Integrationsdefizit der italienischen Sprachgruppe und ihr nahestehender Parteien zwangsläufig beeinflussen. Die Regionalpolitik der nunmehr dritten Nachkriegsgeneration wird deshalb vor allem daran zu messen sein, ob sie die sozioökonomischen Veränderungen dahin gehend zu nutzen versteht, um historisch gewachsene Integrationsdefizite zu verringern.

Generationenvertreter: Remo Ferretti (* 1936) „Der italienische Durnwalder“ verkörperte Omnipotenz und Niedergang der Südtiroler Democrazia Cristiana. Grazia Barbiero (* 1951) profitierte vom kommunistischen Wählerpotenzial der 68er-Generation. Giorgio Holzmann (* 1957) kanalisierte die italienischen Zukunftsängste der Nach-Paket-Ära. Michaela Biancofiore (* 1970) nutzte den Berlusconismus als Karrieresprungbrett.

Gesamtstaatliche Parteien eröffneten auch einigen deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern Landtagskarrieren: Albino Dell’Antonio (links) war von 1952 bis 1956 ladinischer DC-Mandatar, Josef Stecher (Mitte) von 1973 bis 1983 PCI-Abgeordneter, Paul Köllensperger (rechts) wurde 2013 für den Movimento 5 Stelle in den Landtag gewählt.

Gesamtstaatliche Parteien versuchen zunehmend, sich als autonomistische Regionalparteien zu präsentieren. Die Kommunisten des PCI (links) machten bei den Regionalratswahlen 1952 den Anfang, christdemokratische Zentrumspolitiker (Mitte) zogen 2003 nach, Mitte-rechts-Parteien (rechts) folgten bei den Landtagswahlen 2013.

5. Anhang

Südtirols Landtagsabgeordnete der gesamtstaatlichen Parteien von 1948 bis 2013

a. Auflistung der Mandatare von 1948 bis 1993 (Erste Republik) nach Ideologie­strömungen

Legende:

- Name (Partei)

* Geburtsjahr, Geburtsort

Ausbildung/Beruf (Amtszeit im Landtag)

= zeitweise Mitglied der Landesregierung

= zeitweise Mitglied der Regionalregierung

= später im italienischen Parlament

= später im europäischen Parlament

= später für eine andere ideologische ­Strömung (Rifondazione Comunista) im ­italienischen Parlament

Abkürzungen:

PCI-KPI: Partito Comunista Italiano/Kommuni­stische Partei Italiens

PSLI: Partito Socialista dei Lavoratori Italiani

PRI: Partito Repubblicano Italiano

PSI: Partito Socialista Italiano

PSDI: Partito Socialista Democratico Italiano

DC: Democrazia Cristiana

UI: Unione Indipendenti

MSI: Movimento Sociale Italiano

PLI: Partito Liberale Italiano

k. A.: keine Angaben

Kommunisten

konstant in Opposition

Silvio Bettini-Schettini (PCI-KPI)

* 1885, Rovereto/TN

Architekt/Gewerkschafter (1948 – 1952)

Ettore Nardin (PCI-KPI)

* 1923, Segonzano/TN

Grundschullehrer (1952 – 1964)

Anselmo Gouthier (PCI-KPI)

* 1933, Roreto Chisone/TO

Anwalt (1964 – 1979)

Josef Stecher (PCI-KPI)

* 1930, Graun im Vinschgau

Schneider/Gewerkschafter (1973 – 1983)

Gaetano D’Ambrosio (PCI-KPI)

* 1941, Bozen

Eisenbahner/Gewerkschafter (1978 – 1988)

Grazia Barbiero (PCI-KPI)

* 1951, Bozen

Lehrerin/Gewerkschafterin (1979 – 1988)

Romano Viola (PCI-KPI)

* 1941, Villadossola/PN

Lehrer/Gewerkschafter (1988 – 1993)

Sozialisten und Republikaner

zeitweise an der Regierung beteiligt

Guido Dorna (PSLI/PRI)

* 1884, Vigo Rendena/TN

Ingenieur (1948 – 1952)

Marcello Caminiti (PSI)

* 1913, Taormina/ME

Amtsdirektor (1948 – 1956)

Decio Molignoni (PSDI)

* 1915, Brez/TN

Schulinspektor (1952 – 1963; 1964 – 1967; 1973 – 1983)

Pietro Arbanasich (PSI)

* 1915, Chiavari/GE

Gewerkschafter (1956 – 1960)

Giuseppe Avancini (PSDI)

* 1918, Brez/TN

k. A. (1963 – 1964)

Silvio Nicolodi (PSI)

* 1921, Cembra/TN

k. A. (1960 – 1978)

Giuseppe Sfondrini (PSDI/PSI)

* 1923, Mezzana Bigli/PV

Kinobetreiber (1967 – 1993)

Rolando Boesso (PRI)

* 1920, Riva/TN

Leitender Beamter (1983 – 1988)

Christdemokraten

konstant an der Regierung

Luigi Negri (DC)

* 1879, Tres/TN

Jurist/Beamter (1948 – 1952)

Sandro Panizza (DC)

* 1922, Vermiglio/TN

Gewerkschafter (1948 – 1964)

Albino Dell’Antonio (DC)

* 1914, St. Ulrich

Jurist, Bürgermeister (1952 – 1956)

Armando Bertorelle (DC)

* 1919, Rosà/VI

Rechtsanwalt (1952 – 1978)

Giovanni Rizzi (DC)

* 1928, Meran

Akademiker (1956 – 1960)

Lino Ziller (DC)

* 1908, Revò/TN

Versicherungsagent, Bürgermeister (1960 – 1964)

Lidia Menapace (DC) 

* 1924, Novara/TN

Hochschullehrerin (1964 – 1968)

Valentino Pasqualin (DC)

* 1930, Ospedaletto Euganeo/PD

Angestellter (1964 – 1983)

Amerigo Finato (DC)

* 1922, Laghi/VI

k. A. (1968 – 1972)

Giorgio Pasquali (DC)

* 1925, Fiesso Umbertiano/RO

Ingenieur (1968 – 1983)

Alessandro Leurini (DC)

* 1927, Rimini

Rechtsanwalt (1972 – 1973)

Fabio Rella (DC)

* 1930, St. Ulrich

k. A. (1973 – 1978; 1983)

Gaetano Marcon (DC)

* 1932, Pederobba/TV

k. A. (1973 – 1978)

Aldo Balzarini (DC)

* 1930, Meran

Kaufmann (1978 – 1990)

Remo Ferretti (DC)

* 1936, Bozen

Schuldirektor/Publizist (1978 – 1993)

Giancarlo Bolognini (DC)

* 1938, Giacciano con Baruchella/RO

Angestellter (1983 – 1993)

Alessandro Pellegrini (DC)

* 1938, Mezzolombardo/TN

Beamter (1990 – 1993)

Martin Flatscher (DC)

* 1961, Enneberg

Historiker (1993)

Liberale und Neofaschisten

konstant in Opposition

Rolando Toma (UI)

* 1895, Lecce/LE

Professor (1948 – 1952)

Andrea Mitolo (MSI)

* 1914, Randazzo/CT

Anwalt (1948 – 1958; 1959 – 1973)

Maurizio Lorandi (MSI)

* 1913, Hallein/A

Professor (1958 – 1959)

Tullio Agostini (PLI)

* 1921, Trient/TN

Jurist (1964 – 1973)

Pietro Mitolo (MSI)

* 1921, Bozen

Ingenieur (1973 – 1989)

Luigi Montali (MSI)

* 1921, Tricesimo/UD

Versicherungsagent (1983 – 1993)

Ruggero Benussi (MSI)

* 1924, Fiume/IST

Leitender Angestellter (1988 – 1993)

Giorgio Holzmann (MSI)

* 1957, Bozen

Versicherungsinspektor (1988 – 1993)

Marco Bolzonello (MSI)

* 1958, Bozen

Geometer (1989 – 1993)

b. Auflistung der Mandatare von 1993 bis 2013 (Zweite Republik) nach Ideologie­strömungen

Legende:

- Name (Partei)

* Geburtsjahr, Geburtsort

Ausbildung/Beruf (Amtszeit im Landtag)

= zeitweise Mitglied der Landesregierung

= zeitweise Mitglied der Regionalregierung

= später im italienischen Parlament

Abkürzungen:

PDS: Partito Democratico della Sinistra

PC-S: Progetto Centro-Sinistra/Mitte-links-Projekt

PeD: Pace e Diritti/Frieden und Gerechtigkeit

PD: Partito Democratico

UCAA: Unione di Centro per l’Alto Adige

PPI: Partito Popolare Italiano

UDA: Unione Democratica dell’Alto Adige

UA: Unione Autonomista

PAA: Popolari Alto Adige

MSI: Movimento Sociale Italiano

AN: Alleanza Nazionale

LN: Lega Nord

FI: Forza Italia

PdL: Popolo della Libertà

FT: Fiamma Tricolore

UI: Unitalia

TA: Team Autonomie

AAnC: L’Alto Adige nel Cuore

M5S: Movimento 5 Stelle

Abgeordnete der Mitte-links-Parteien

konstant an der Regierung

Romano Viola (PDS)

* 1941, Villadossola/PN

Lehrer/Gewerkschafter (1993 – 1998)

Luisa Gnecchi (PC-S/PeD)

* 1953, Bozen

Gewerkschafterin (1998 – 2008)

Francesco Comina (PeD)

* 1967, Bozen

Journalist (2008)

Barbara Repetto (PD)

* 1947 in Bozen

Leitende Beamtin (2008)

Christian Tommasini (PD)

* 1975, Bozen

Bibliotheksmitarbeiter (2008–)

Roberto Bizzo (PD)

* 1955, Bozen

Ingenieur (2008–)

Abgeordnete der Zentrumsparteien

bis 2008 zum Teil an der Regierung

Armando Magnabosco (UCAA)

* 1930, Brentonico/TN

Jurist/Lehrer (1993 – 1995)

Luigi Cigolla (PPI/UDA/UA)

* 1942, Vigo di Fassa

Beamter (1993 – 2008)

Michele Di Puppo (PPI/PAA)

* 1945, Bozen

Manager (1993 – 2003)

Franco Ianieri (UCAA)

* 1939, Rom/LZ

Geometer (1995 – 1998)

Abgeordnete der Mitte-rechts-Parteien

konstant in Opposition

Pietro Mitolo (MSI)

* 1921, Bozen

Ingenieur (1993 – 1994)

Ruggero Benussi (MSI/AN)

* 1924, Fiume/IST

Leitender Angestellter (1993 – 1998)

Umberto Montefiori (LN)

* 1946, Vezzano Ligure/SP

Carabinieri-Offizier (1993 – 1998)

Giorgio Holzmann (MSI/AN)

* 1957, Bozen

Versicherungsinspektor (1993 – 2006)

Marco Bolzonello (MSI/AN)

* 1958, Bozen

Geometer (1993 – 1998)

Mauro Minniti (MSI/AN/PdL)

* 1963, Foligno/UM

Publizist (1994 – 2013)

Beniamino Migliucci (FI)

* 1955, Bozen

Rechtsanwalt (1998 – 1999)

Donato Seppi (FT/UI)

* 1953, Bozen

Unternehmer (1998 – 2013)

Alessandro Urzì (AN/PdL/AAnC)

* 1966, Bozen

Journalist (1998–)

Antonio Lo Sciuto (FI)

* 1945, Castelvetrano/SZ

Quästor (1999 – 2003)

Michaela Biancofiore (FI)

* 1970, Bozen

Unternehmerin (2003 – 2006)

Alberto Pasquali (FI)

* 1937, Bozen

Rechtsanwalt (2006 – 2008)

Alberto Sigismondi (AN)

* 1957, Bozen

Freiberufler (2006 – 2008)

Elena Artioli (LN/TA)

* 1970, Bozen

Unternehmerin (2008–)

Maurizio Vezzali (PdL)

* 1961, Brixen

Jurist (2008 – 2013)

Abgeordnete der Antiparteien­bewegung

in Opposition

Paul Köllensperger (M5S)

* 1970, Bozen

Unternehmer (2013–)

Erstellt anhand der Informationen aus: Regione Autonoma Trentino-Alto Adige/Province Autonome di Trento e di Bolzano 2011, 953 – 1550; Südtiroler Landesregierung (Hg.) 1979 – 2013; Alto Adige, 3.12.1948, 2; Alto Adige, 21.11.1952, 2; Alto Adige, 14.11.1956, 2; Alto Adige, 9.11.1960, 5; FF, 30.10.1993, 8

Literaturverzeichnis

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Winkler, Ivo/Bonell, Lukas (2010). Südtirols Autonomie, Bozen: Presseamt der Südtiroler Landesregierung, 10. überarbeitete Auflage

Zeitungen und Zeitschriften

Questi i consiglieri di Bolzano che siederanno al parlamento regionale, in: Alto Adige, 3.12.1948, 2

Consiglieri regionali della provincia di Bolzano, in: Alto Adige, 21.11.1952, 2

I ventidue consiglieri provinciali, in: Alto Adige, 14.11.1956, 2

Le note biografiche dei 22 neo-eletti, in: Alto Adige, 9.11.1960, 5

Erst Ladiner dann Partei, in: FF, 30.10.1993, 8

Mair, Georg (2008). Der neue Rote, in: FF, 31.12.2008, 20-21

Dall’Ò, Norbert (2013). Mister DC, in: FF, 4.4.2013, 28-29

Mair, Georg (2013). Keine Kompromisse, in: FF, 18.4.2013, 22-24

Bildnachweis

Bild 1: www.vitatrentina.it (28.12.2013)

Bild 2: Copyright: Grazia Barbiero

Bild 3: Copyright: Die Neue Südtiroler Tageszeitung

Bild 4: www.queerblog.it (28.12.2013)

Bild 5: Gemeindeamt St. Ulrich. Foto: Matthias Hofer

Bild 6: Südtiroler Panorama, Juli 1976

Bild 7: Copyright: Paul Köllensperger

Bild 8: Fondazione Istituto Gramsci, Rom

Bild 9: www.provinz.bz.it/vote/2003/parteien_d.htm (13.12.2013)

Bild 10: www.teamautonomie.org (13.12.2013)

Abstracts

Figure marginali: i consiglieri provinciali altoatesini eletti nei partiti nazionali dal 1948 al 2013

Il fenomeno del ricambio generazionale svolge da alcuni anni un ruolo di primo piano nei dibattiti politici a livello europeo. In Alto Adige la tematica ha acquisito un ruolo importante in seguito alla non candidatura alle elezioni provinciali del 2013 del settantaduenne Presidente della Provincia, Luis Durnwalder. L’articolo affronta questo argomento d’attualità e descrive in maniera puntuale ed esaustiva il ricambio generazionale nella politica provinciale altoatesina dal 1948 ad oggi.

Rendendo fruibile per la prima volta una serie di curricula vitae, per lo più sconosciuti, con lo scopo di agevolare la ricerca inerente alla storia regionale, l’analisi fa riferimento alle biografie dei 63 consiglieri provinciali che appartengono a partiti nazionali (italiani). Attraverso il confronto sistematico delle carriere politiche divengono evidenti anche le cause che hanno portato ad un progressivo innalzamento dell’età media nel Consiglio provinciale. L’origine sociale dei consiglieri provinciali e le diverse carriere intraprese rendono evidente che le dinamiche del sistema dei partiti altoatesini possono essere identificate, in maniera precisa, con le sfere di pensiero connotate non da un carattere etnico, bensì da un carattere economico.

Figures de curnisc: Cunselieres provinziei de Südtirol di partic a livel nazionel dal 1948 al 2013

L fenomen dl mudamënt generazionel se sburdla tla descuscions politiches te duta l’Europa da n valgun ani tresora sun la prima posizion. Te Südtirol dajova l se tré zeruch dl sëurastant dla provinzia de 72 ani Luis Durnwalder tl 2013 la sburdla per chësta tematica. L cuntribut tol l’ucajion atuela che se pieta y prova de mustré su plu avisa l mudamënt generazionel tla politica de Südtirol dal 1948 inant. Per mëter da garat ala nrescides de storia regionela tl medem mumënt, per l prim iede, na seria de curriculum vitae nia cunesciui se cunzentrea l’analisa sun la biografies di 63 cunselieres provinziei che purtën a n partit a livel nazionel (talian). Tres l cunfront sistematich dla carieres di politicri vëniel a lum nia mé la gaujes che à purtà a n aumënt var per var dl’età media tl Cunsëi provinziel. La purtenienza soziela di cunselieres provinziei y la carieres che se à svilupà autramënter auza nce ora che la dinamiches tl sistem di partic de Südtirol possa unì capides nia tres categories de pensier etniches, ma economiches.

Marginal figures: South Tyrol’s ­parliamentary representative in the ­national parties from 1948–2013

The phenomenon of generational change has been edging more prominently into the foreground of European political debate for some years now. In South Tyrol, the resignation of 72-year-old Province Governor Luis Durnwalder provided the thematic impetus for the year 2013. This article draws upon the topicality of the subject, and tries to present the generational change in South ­Tyrolean policy since 1948 in a more comprehensive way. In ­order to simultaneously make a number of largely unknown CVs available for regional historical research for the first time, the analysis refers to the biographies of the 63 parliamentary representatives who belonged to a state (Italian) party. The systematic comparison of political careers sheds light not only on the ­causes that have led to a gradual increase in the average age in the state parliament: the social origins of the parliamentary representatives and their various career paths make it equally clear that the dynamics of the South Tyrolean party system cannot be accurately captured solely with ethnic categories of thinking, but only by taking economic ones into consideration as well.