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Christoph Tauber

Kein Aufbrechen in Sicht –
ethnisch fragmentierte Berichterstattung
im Landtagswahlkampf 2013

Eine Inhaltsanalyse der Wahlkampfberichterstattung
zu den ­Landtagswahlen in Südtirols dominierenden Printmedien
Alto Adige und Dolomiten

1. Einleitung

Die Landtagswahl im Oktober 2013 stand unter dem Zeichen des Wechsels und der Veränderung, denn nach 25 Jahren im Amt trat Landeshauptmann Luis Durnwalder nicht mehr bei den Wahlen an. Bereits im Frühjahr 2013 ermittelte die Südtiroler Volkspartei (SVP) in parteiinternen Vorwahlen ihren Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Herbst. Die eindeutige Wahl fiel auf Arno Kompatscher, Völser Bürgermeister und Präsident des Gemeindenverbandes.

Bei den Landtagswahlen verlor die SVP im Vergleich zu den Landtagswahlen 2008 ihre absolute Mandatsmehrheit. Mit 17 von insgesamt 35 Mandaten war die SVP gezwungen, nicht nur unter ethnischen, sondern auch unter politischen Vorzeichen einen italienischen Koalitionspartner in die Regierung zu nehmen. Sowohl die Freiheitlichen als auch die Grünen-Verdi-Vërc/Sel, die Süd-Tiroler Freiheit und der Partito Democratico erzielten einen Stimmenzuwachs. Für die ersten drei ging sich jeweils ein zusätzliches Mandat aus. Die Freiheitlichen erreichten sechs Mandate, die Grünen und die Süd-Tiroler Freiheit jeweils drei. Der Partito Democratico musste sich mit zwei Mandaten zufriedengeben, das erhoffte dritte Mandat blieb aus. Das Wahlbündnis Forza Alto Adige – Lega Nord – Team Autonomie mit Spitzenkandidatin Elena Artioli, Beppe Grillos Movimento 5 Stelle, die Bürger-Union von Andreas Pöder und L’Alto Adige nel cuore von Alessandro Urzí erreichten jeweils ein Mandat. Verloren haben bei den Wahlen vor allem die italienischen Mitte-rechts-Parteien, die durch interne Streitereien und eine starke Fragmentierung die Parteienverdrossenheit ihrer WählerInnen verstärkt haben (Landesinstitut für Statistik ASTAT 2013, 532).

2. Nachrichten und Wahlkampflogik

Politik ist für die BürgerInnen nicht direkt erfahrbar. Es braucht eine Vermittlungsinstanz, welche ihnen Themen, Prozesse und Struktur politischer Entscheidungen näherbringt. Politik ist für die meisten BürgerInnen nur über die Medien erfahrbar, die Informationen über aktuelle politische Vorgänge zur Verfügung stellen. Die Politikerfahrung der Bevölkerung beruht auf „redaktionellen, medienvermittelten Sekundärwahrnehmungen und weniger auf direkten Erfahrungen durch persönliche Gespräche oder Brief- und E-Mail-Verkehr mit politischen Entscheidungsträgern.“ (Lengauer / Plasser / Seeber 2012, 58).

Derzeit befinden wir uns in der „postmodernen Ära“ der politischen Kommunikation (Norris 2000). Diese Phase ist geprägt von einer Zunahme der Kompetitivität der Medienangebote und von einem Perspektivenwechsel hinsichtlich der Art und Weise der politischen Kommunikation (Tschigg / Pallaver / Vorhofer 2009). Information wird hierbei als Produkt verstanden, das sich im Wettbewerb behaupten muss. Um die „Verkaufschancen“ der Nachrichten zu erhöhen, wenden die Nachrichtenproduzenten verschiedene Mittel an, wie beispielsweise die Dramatisierung und Spektakularisierung der Nachrichten bzw. eine vermehrte Konzentration auf die Persönlichkeit der KandidatInnen (Tschigg / Pallaver / Vorhofer 2009).

In den vergangenen Jahren hat in Südtirol die Bedeutung des Internets wie überall stark zugenommen. Viele PolitikerInnen besitzen einen eigenen Facebook- oder Twitter-Account und versuchen über diesen Weg die WählerInnen direkt und in einer persönlichen Art und Weise anzusprechen (siehe den Beitrag von Isabel Gallmetzer in diesem Band). Dennoch erreichen PolitikerInnen über die Kanäle ihrer Social Media lange nicht Reichweiten wie etwa über einen TV-Beitrag in der Tagesschau des RAI-Senders Bozen oder über einen Bericht in den Tageszeitungen Dolomiten und Alto Adige. Das Internet besitzt zwar die Chance, so die Autoren Tschigg, Pallaver und Vorhofer (2009) in ihrem Bericht über die Landtagswahlen 2008, die ethnische Fragmentierung des Mediensystems zu überwinden und dadurch eine transethnische Kommunikationslogik einzuleiten. Dennoch hat sich auch anlässlich der Landtagswahlen 2013 gezeigt, dass das Mediensystem in Südtirol noch immer stark ethnisch geprägt ist und das politische System der Konkordanzdemokratie widerspiegelt. Dieses System beruht auf den Prinzipien von Inklusion und Exklusion. Alle im Autonomiestatut anerkannten Sprachgruppen werden auf der Ebene der Entscheidungsinstanzen inkludiert, die Zivilgesellschaft ist hingegen noch immer stark ethnisch getrennt (Pallaver 2008).

Die Logik der ethnischen Trennung setzt sich im Bereich des Mediensystems fort. Sowohl die deutsche wie die italienische Sprachgruppe besitzen eigene einsprachige Medien, sowohl im öffentlich-rechtlichen Bereich der audiovisuellen Medien als auch im privatrechtlichen Bereich der Printmedien. Zwar haben in den vergangenen Jahren einige zwei- oder mehrsprachige Internetportale wie beispielsweise franzmagazine.com, salto.bz oder barfuss.it ihre Tätigkeit aufgenommen, doch bleibt der Großteil der Nachrichteninformation nach Sprachgruppen getrennt.

Unter politischer Kommunikation wird unter anderem der Austausch von Informationen zwischen den AkteurInnen der Öffentlichkeiten verstanden, also zwischen dem politischen System, dem System der Medien und den BürgerInnen/WählerInnen (Mazzoleni 2004, 45). Eine ethnische Trennung der politischen Kommunikation ist eine Folge, zugleich aber auch eine Bedingung für eine Trennung der (Südtiroler) Öffentlichkeit(en), mit allen Konsequenzen für die Legitimation von HerrschaftsträgerInnen genauso wie für die demokratische politische Kultur.

In Gesellschaften, in denen mehrere Sprachgruppen miteinander leben, sind laut Pallaver die (Massen)Medien aber besonders aufgerufen, nicht nur ihrer Informationsaufgabe nachzukommen, sondern auch einen Beitrag zur Friedensstiftung zwischen den Sprachgruppen zu leisten. Sie haben zudem die Aufgabe, gegenseitiges Vertrauen unter den Sprachgruppen zu fördern und Misstrauen abzubauen, um ethnische Schranken zu überwinden und um dadurch die Kommunikation und Kooperation unter den Sprachgruppen zu fördern. Ziel sollte deshalb die Herstellung einer ethnisch ungeteilten Öffentlichkeit sein (Pallaver 2006, 10–11). Ausgehend von diesem normativen Anspruch sollen deshalb in dieser Untersuchung nicht nur die Medienberichterstattung über die Landtagswahlen untersucht werden, sondern auch die (ethnischen) Unterschiede in der Berichterstattung der beiden dominanten Printmedien Dolomiten und Alto Adige.1

3. Methode und Untersuchungsdesign

Die vorliegende empirische Untersuchung basiert auf einer Analyse der redaktionellen Politikberichterstattung der deutschsprachigen Zeitung Dolomiten und des italienischsprachigen Alto Adige in den beiden Zeiträumen vom 16. bis zum 29.9.2013 und in den letzten beiden Wahlkampfwochen vom 14. bis zum 26.10.2013. Der Wahltag war der 27. Oktober 2013. Die Berichterstattung am Wahltag und die Nachwahlberichterstattung waren nicht Teil des Untersuchungssamples. Die Wahlkampfberichterstattung wurde mittels einer quantitativen und qualitativen Inhaltsanalyse untersucht. Untersuchungsgegenstand waren die 14 wahlwerbenden Parteien und Parteienbündnisse sowie die 423 antretenden KandidatInnen. Ergänzt wurde die Liste der KandidatInnen durch den Amtsinhaber Luis Durnwalder, da auf diese Weise ein allfälliger Amtsinhaberbonus, der durch die Berichterstattung über die laufenden Amtsgeschäfte anfällt, ermittelt werden kann.

Untersuchungsrelevant waren all jene Beiträge, die auf Nennungsebene einen Südtirolbezug aufwiesen. So wurden Artikel, welche sich mit der römischen Politik beschäftigten, nicht in die Analyse übernommen, es sei denn, es gab einen expli­ziten Südtirolbezug wie etwa über die handelnden AkteurInnen oder über die vertretenen Themen. So wurden Artikel, welche sich mit der Problematik der Toponomastik in Südtirol beschäftigten, in die Untersuchung aufgenommen, auch wenn sich der Zeitungsartikel im Großen und Ganzen mit der nationalen Politik beschäftigte. Alle Berichte, in denen die relevanten KandidatInnen vorgekommen sind, wurden in die Untersuchung aufgenommen. Dies bedeutet auch, dass gesamtstaatliche Parteien in die Untersuchung mit aufgenommen wurden, falls sie im Zusammenhang mit untersuchungsrelevanten AkteurInnen zu den Landtagswahlen genannt worden sind.

Die Auswahl der Medien erfolgte nach Kriterien der Reichweite und der publizistischen Relevanz für die jeweilige Sprachgruppe. Auf eine Hereinnahme weiterer zwei Tageszeitungen in die Untersuchung musste aufgrund von Ressourcenproblemen verzichtet werden.2 Insgesamt wurden im gesamten Untersuchungszeitraum 1.263 redaktionelle Beiträge analysiert.

4. Die Struktur der Wahlkampfberichterstattung

4.1 Präsenz der (Spitzen)KandidatInnen

Luis Durnwalder ist noch immer Nummer 1 unter den PolitikerInnen in Südtirol und liegt damit bei der Anzahl der Nennungen (656) im Untersuchungszeitraum an einsamer Spitze. Er überflügelte den SVP-Spitzenkandidaten Arno Kompatscher (413) um mehr als 200 namentliche Nennungen. Die beiden SVP-Politiker führen im Präsenzranking unangefochten und decken mehr als 50 Prozent der Bericht­erstattung ab.

Abbildung 1: Präsenz der SpitzenkandidatInnen im Südtiroler Landtagswahlkampf 2013 (N = 1842)

Quelle: eigene Ausarbeitung

Erst an dritter Stelle folgen Allessandro Urzí von L’Alto Adige nel cuore (132) und der Spitzenkandidat des SVP-Koalitionspartners Christian Tommasini vom Partito Democratico (121). Alle weiteren SpitzenkandidatInnen der antretenden Parteien überschreiten die 100er-Grenze im Präsenzranking nicht und erreichen somit eine geringe mediale Präsenz. Auffallend ist bei Scelta Civica, dass Giorgio Balzarini, der an zweiter Stelle auf der Kandidatenliste angeführt ist, mit 54 namentlichen Nennungen fast drei Mal so viel an Präsenz aufweist wie die Spitzenkandidatin der Partei Manuela Corradini (19 Nennungen). Dies hängt mit der Position von Balzarini als Vizebürgermeister der Stadt Meran zusammen, aber auch mit der Tatsache, dass ihm als einzigem Kandidaten Außenseiterchancen eingeräumt worden sind. Das Wahlergebnis spricht hier für sich. Balzarini erreichte mit 1.505 Vorzugsstimmen beinahe siebenmal mehr Stimmen als die eigentliche Spitzenkandidatin Manuela Corradini (Provinz Bozen 2013).

Bei den Grünen zeigt sich eine ähnliche Tendenz. Dort führt im Kandidatenranking Riccardo Dello Sbarba (91) vor Hans Heiss (46) und Brigitte Foppa (36). Die Spitzenkandidatin der Grünen erreicht damit weit weniger mediale Präsenz als die zwei hinter ihr auf der Kandidatenliste Gereihten. In diesem Falle wirkt sich der „Amtsinhaberbonus“ auf die mediale Präsenz aus. Während Riccardo Dello Sbarba und Hans Heiss bereits im Landtag saßen, musste Brigitte Foppa erst um den Einzug ins Hohe Haus kämpfen. Dementsprechend fielen auch die Vorzugs­stim­men­ergebnisse aus. Hans Heiss erreichte mit 12.703 Vorzugsstimmen den ersten Platz, gefolgt von Brigitte Foppa mit 9.270 Stimmen und Riccardo Dello Sbarba mit 8.431 Stimmen (Landtagswahlen 2013). Betrachtet man die Präsenz der Spitzenkandi­datIn­nen nach den jeweiligen ethnisch determinierten Medien, so zeigt sich, dass über die SpitzenkandidatInnen der italienischsprachigen Parteien Forza Alto Adige – Lega Nord – Team Autonomie, L’Alto Adige nel cuore, Partito Democratico, La Destra und Unitalia vor allem in der italienischsprachigen Tageszeitung Alto Adige berichtet wurde, in den Dolomiten kamen diese KandidatInnen bis zu zehn Mal seltener vor. Diese ethnisch unterschiedliche Berichterstattung gilt jedoch nicht für den Spitzenkandidaten der SVP Arno Kompatscher. Kompatscher erreicht im Alto Adige eine Präsenz von 203 namentlichen Nennungen, während er in den Dolomiten 210 Mal namentlich erwähnt wird. Bei Luis Durnwalder ist das Ergebnis differenzierter. In den Dolomiten kommt er mit 420 Nennungen doppelt so oft vor wie im Alto Adige mit 236 Nennungen. Dasselbe Schema wie bei Arno Kompatscher kann man aber auch für die SpitzenkandidatInnen der deutschsprachigen Opposi­tions­parteien erkennen. Bei ihnen gibt es zwar einen leichten Überhang der Bericht­erstattung in den Dolomiten, aber ansonsten ist die Berichterstattung ausgeglichen.

Zwar sorgt der Status eines Spitzenkandidaten oder einer Spitzenkandidatin in der Regel für eine größere mediale Präsenz, doch zeigt die Verteilung aller KandidatInnen, dass dies allein nicht ausschlaggebend ist. Denn nach dem SVP-Spitzenkandidaten Arno Kompatscher folgen bereits der italienische Landesrat Roberto Bizzo (159 Nennungen) und die beiden SVP-Landesräte Thomas Widmann und Richard Theiner. Nach Alessandro Urzí von L’Alto Adige nel cuore schließt bereits mit 123 namentlichen Nennungen der ladinische Landesrat Florian Mussner an. Eva Klotz schlägt im direkten Vergleich den Spitzenkandidaten ihrer Partei, Sven Knoll, im Präsenzranking und liegt bereits an 15. Stelle. Direkt hinter Eva Klotz liegt Marie Måwe, die SVP-Quereinsteigerin aus Schweden, die es vor allem mit dem Erwerb ihrer Staatsbürgerschaft in die Medien geschafft hat.

Auffallend ist im Verlauf der Berichterstattung die geringe Elitenzentrierung, welche nur knapp über die 30-Prozent-Marke hinausreicht. Unitalia erreicht hier den Spitzenplatz, während selbst die SVP mit dem Landeshauptmannkandidaten Arno Kompatscher nur 26 Prozent erreicht. Für diese geringe Elitenzentrierung ist die Berichterstattung des Alto Adige verantwortlich, welche alle KandidatInnen am Beginn und am Ende des Wahlkampfes mit Bild abgedruckt hat. Dies hat zu diesen geringeren Werten im Vergleich zur Berichterstattung im Jahre 2008 geführt. Damals lag der Personalisierungsgrad der Berichterstattung in den Print- und audiovisuellen Medien Südtirols bei durchschnittlich 39 Prozent (Tschigg / Pallaver / Vorhofer 2009, 155).

Abbildung 3: Elitenzentrierung. Verteilung der Nennungen der SpitzenkandidatInnen und der restlichen KandidatInnen pro Partei (Angaben in Prozent, N = 5722)

Quelle: eigene Ausarbeitung

Ein Weg von PolitikerInnen in das Bewusstsein der WählerInnen führt über das gedruckte oder gesprochene Wort, ein anderer Weg führt über das Auge. Berichte, in denen KandidatInnen zu sehen sind, ergeben in der Regel einen Zusatznutzen für die wahlwerbenden KandidatInnen, da einerseits eine zusätzliche visuelle Präsenz ermöglicht wird und andererseits diese Präsenz auch leichter fassbar ist. Für RezipientInnen ist es nämlich mit weniger kognitivem Aufwand verbunden, Bilder zu erfassen. Anders als bei einem Text, der erst gelesen und verstanden werden muss, brauchen die RezipientInnen beim Betrachten eines Bildes keine große kognitive Leistung vollbringen, um die Botschaft eines Bildes zu entschlüsseln (Ballensiefen 2009, 35). Die Bedeutung und die Anzahl der Bilder in den Medien haben mit den technischen Entwicklungen stetig zugenommen und sind heutzutage ein wichtiges Element der politischen Kommunikation und des politischen Marketings. Visuelle Kommunikation wird so zum „zentralen Konstitutionsmoment der modernen, hochkomplexen Politik […] und es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass visuelle Kommunikation in ihrer Funktionalität für moderne Gesellschaften bzw. für gesellschaftliche Evolution überhaupt begriffen werden muss“ (Hofmann 2004, 312). Allein das Vorkommen eines Kandidaten in der Bildberichterstattung eines Mediums hat daher Auswirkungen darauf, wie KandidatInnen gesehen werden. Betrachtet man die Berichterstattung im Landtagswahlkampf 2013, so zeigt sich, dass rund ein Drittel der Berichte nicht bebildert war (31,4 Prozent), ein weiteres Drittel (36,6 Prozent) zwar bebildert war, aber nicht die KandidatInnen zeigte. In einem weiteren Drittel (32 Prozent) wurden die Kandi­datInnen gezeigt, entweder im Rahmen einer Pressekonferenz, von Wahlkampfveranstaltungen, als RednerInnen bei politischen Veranstaltungen oder im Büro und Amtszimmer.

Tabelle 2: Art der Visualisierung der KandidatInnen, Angaben in Prozent (N = 1263)

Form der Visualisierung

Bebilderung, aber nicht KandidatIn

36,6 %

KandidatIn ist visuell nicht präsent – nicht relevant

31,4 %

Visualisierung im Rahmen einer Pressekonferenz

10,1 %

Visualisierung im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung

7,0 %

Visualisierung als RednerIn bei einer politischen Veranstaltung, Parteitag etc.

4,4 %

Visualisierung im Büro bzw. Arbeits- oder Amtszimmer

2,0 %

andere Visualisierungsformen

1,9 %

Visualisierung im Gespräch mit PassantInnen, WählerInnen, BürgerInnen etc.

1,9 %

Visualisierung als AkteurIn in einem politischen Werbespot, auf Plakaten etc.

1,8 %

Visualisierung als „Privatmann/frau“, SportlerIn, Familienmensch etc.

1,5 %

Visualisierung im Rahmen einer Kabinettssitzung, Parteivorstand, anderen Sitzung

0,9 %

Visualisierung auf der außenpolitischen Bühne

0,5 %

Visualisierung als Interviewgast im TV-Studio

0,1 %

Gesamtergebnis

100,0 %

Quelle: eigene Ausarbeitung

4.2 Präsenz der Parteien

Im Präsenzranking der Parteien war die SVP am erfolgreichsten. Mit 864 namentlichen Nennungen erreichte sie knapp mehr als ein Drittel der Nennungen aller wahlwerbenden Parteien. Sie erreichte damit weit über das Doppelte der Nennungen als die im Präsenzranking zweitplatzierte Partei, der Partito Democratico (350). Damit folgt an zweiter Stelle bereits der italienische Koalitionspartner der SVP. Während bei der Berichterstattung zu den Landtagswahlen 2008 an zweiter Stelle im Präsenzranking mit 15,2 Prozent das Mitte-rechts-Bündnis Popolo della Libertà folgte, hat die Aufspaltung der Mitte-rechts-Parteien negative Folgen auf das Vorkommen in der Wahlkampfberichterstattung. Ihnen gelingt es nicht mehr in dem Maße wie vor fünf Jahren für Medienpräsenz zu sorgen. So erreichen L’Alto Adige nel cuore, Forza Alto Adige – Lega Nord – Team Autonomie und La Destra zusammen nur mehr 10,8 Prozent medialer Präsenz im Vergleich zu 2008, als der PdL noch 15,2 Prozent Parteienpräsenz erreichte (Tschigg / Pallaver / Vorhofer 2009). Zwar kann man einwenden, dass die Untersuchungen aufgrund des größeren Mediensamples 2008 nur bedingt vergleichbar sind, doch auch im Jahre 2008 beanspruchten Dolomiten und Alto Adige einen großen Teil der redaktionellen Wahlkampfberichterstattung für sich. Eine Tendenz lässt sich folglich durchaus ablesen. Im Präsenzranking der Parteien folgen nach der Demokratischen Partei die Grünen-Verdi-Vërc mit 254 namentlichen Nennungen, gefolgt von den Freiheitlichen mit 160 Erwähnungen. Es zeigt sich, dass sich die Medienberichterstattung im Vergleich zu den einzelnen Mitte-rechts-Parteien weit stärker auf die neuen italienischen Parteien und Bewegungen wie Scelta Civica (143 Nennungen) und Beppe Grillos Movimento 5 Stelle (114 Nennungen) konzentriert. Alessandro Urzís neue Partei L’Alto Adige nel cuore liegt mit 113 namentlichen Nennungen nur geringfügig unter den Grillini. Die restlichen deutsch- und italienischsprachigen Parteien erreichen alle eine Präsenz von jeweils unter 100 namentlichen Nennungen oder 4 Prozent der gesamten medialen Parteipräsenz.

4.3 Ethnisch fragmentierte Berichterstattung

In Südtirol verläuft die Berichterstattung in den unterschiedlichen Medien entlang des ethnischen cleavage (Pallaver 2006, 88-114). Betrachtet man die Präsenz von Parteien und Parteibündnissen nach Medium und Sprachgruppe getrennt, so zeigt sich, dass die Dolomiten weit stärker über deutschsprachige Parteien berichten als über italienischsprachige oder interethnische Parteien. Bei der Zuordnung zu inter­eth­nischen Parteien bestand in diesem Wahlkampf die Problematik, dass sich einige italienische Parteien deutschsprachige KandidatInnen auf ihre Listen genommen hatten. So hat beispielsweise der Partito Democratico an dritter Stelle in der Kandidatenliste gleich hinter Christian Tommasini und Roberto Bizzo die deutschsprachige Kandidatin Cornelia Brugger aufgestellt. Damit wollte die Demokratische Partei gezielt deutschsprachige WählerInnen ansprechen. Dies reicht allerdings nicht aus, um den Partito Democratico als interethnische Partei zu klassifizieren. Allein die Grünen können in diesem Sinne als interethnische Partei klassifiziert werden.

Die Analyse zeigt, dass die Medienberichterstattung noch immer stark ethnisch ausgerichtet ist. Deutschsprachige Medien berichten vorzugsweise über deutschsprachige KandidatInnen, italienischsprachige Medien berichten vorzugsweise über italienische KandidatInnen. Es zeigt sich aber, dass der Alto Adige in seiner Berichterstattung über die Parteien ausgewogener ist als die Dolomiten, denn dort konzentriert sich die Berichterstattung über die Parteien vor allem auf die Südtiroler Volkspartei. Etwas mehr als die Hälfte der Nennungen fällt hier auf die SVP, während im Alto Adige nur etwa ein Viertel der Parteinennungen die SVP betrifft. Auffallend ist hier jedoch, dass die SVP auch beim Alto Adige den ersten Platz im Nennungsranking einnimmt. Hier folgt erst an zweiter Stelle der Partito Democratico mit 18,1 Prozent der Parteinennungen. Einzig die interethnische Partei der Grünen schafft es, in beiden Medien, mit 9 Prozent im Alto Adige und mit 12 Prozent in den Dolomiten, etwa gleich oft genannt zu werden.

Abbildung 4: Präsenzverteilung der Parteien bzw. Parteienbündnisse in Prozent (N = 2506)

Quelle: eigene Ausarbeitung

Tendenziell entspricht die ethnische Aufteilung in den beiden Wahlarenen und den darin agierenden Parteien der Aufteilung bei den Landtagswahlen vor fünf Jahren. Dort belief sich das Verhältnis von italienischen Parteien zu deutschsprachigen und zu interethnischen Parteien bei den italienischsprachigen Medien in etwa auf zwei Drittel Berichterstattung über italienische Parteien, ein Viertel über deutschsprachige Parteien und etwa zehn Prozent für interethnische und ladinische Parteien. In den deutschsprachigen Medien wurde vor fünf Jahren noch mit 22 Prozent der Parteinennungen über italienische Parteien berichtet. Dieser Wert ist bei den Landtagswahlen 2013 um 7 Prozentpunkte gesunken. Zwar ist ein direkter Vergleich mit der Analyse vor fünf Jahren nicht möglich, da damals das Mediensample weit größer war, doch kann eine gleichbleibende Tendenz zu einer ethnisch fragmentierten Berichterstattung festgestellt werden (Tschigg / Pallaver / Vorhofer 2009, 160).

Auf KandidatInnenebene zeigt sich, dass sich auch die Berichterstattung über die SpitzenkandidatInnen entlang der Sprachgruppen bewegt. Sowohl Alto Adige als auch Dolomiten berichten in weit stärkerem Maße über die KandidatInnen der jeweils eigenen Sprachgruppe. Während im Alto Adige auf Alessandro Urzí, Christian Tommasini, Elena Artioli, Mauro Minniti, Donato Seppi, Carlo Carlini und Manuela Corradini durchwegs 80 Prozent der KandidatInnennennungen fallen, liegt dieses Verhältnis bei den deutschsprachigen SpitzenkandidatInnen bei circa 40 Prozent der Nennungen im Alto Adige zu rund 60 Prozent der Nennungen in den Dolomiten.

Abbildung 5: Präsenzverteilung der SpitzenkandidatInnen nach Medium getrennt (N = 1842)

Quelle: eigene Ausarbeitung

4.4. Themenanalyse

Betrachtet man die Politikberichterstattung, so kann man zwischen mehreren Kategorien unterscheiden. Auf der einen Seite können JournalistInnen über Vorhaben, Leistungen und Probleme in bestimmten sachpolitischen Bereichen (policy issues) berichten. Zum anderen kann der Fokus der Berichterstattung verstärkt auf die Machtspiele und den Wettbewerbscharakter des Wahlkampfes liegen. In diesem Falle spricht man von metapolitischen issues. Dabei geht es um Gewinn- und Verlustchancen von Parteien und KandidatInnen, um das Wettrennen der Kandidatinnen um die Gunst der WählerInnen. In der politikwissenschaftlichen Forschung ist seit Längerem ein Trend zu einer verstärkten Game-Zentrierung festzustellen. Medien berichten in Wahlkampfzeiten nicht mehr so sehr über die sachpolitischen Themen und Vorhaben von Parteien und KandidatInnen, sondern vielmehr über den Konkurrenzkampf der Parteien und KandidatInnen um die Stimmen der WählerInnen (vgl. Höller / Pig / Vorhofer 2009; Lengauer / Pallaver / Pig 2007). Diese Tendenz kann auch am unterschiedlichen Themenprofil der medialen Berichterstattung abgelesen werden.

Untersucht man die wichtigsten 30 Themen im Verlauf der Wahlkampfberichterstattung, so fällt der hohe Anteil der metapolitischen Themen auf. Wahlkampfstil, Wahlspekulationen und Diskussionsveranstaltungen nehmen einen großen Teil der Berichterstattung ein. Dass das Thema Wahlbündnisse und Kandidaturen mit 32,5 Prozent an erster Stelle liegt, könnte auf die Auswahl der beiden Untersuchungszeiträume zurückgeführt werden. Besonders zu Beginn und am Ende der heißen Wahlkampfphase wird vermehrt über die antretenden Parteien und KandidatInnen berichtet. Im ersten Untersuchungszeitraum Ende September reichten die Parteien ihre KandidatInnenlisten bei der Wahlbehörde ein, was zu einer erhöhten Berichterstattung geführt hat. In den letzten beiden Wahlkampfwochen ging es vielfach darum, die WählerInnen daran zu erinnern, zur Wahl zu gehen, und noch einmal aufzuzeigen, wer zur Wahl antritt. In dieser Hinsicht hat vor allem der Alto Adige alle antretenden KandidatInnen aller Parteien zu Beginn und am Ende der Wahlkampfphase mit Namen und mit Bildern versehen aufgelistet. Die zahlenmäßig verstärkte Berichterstattung über das Thema Verkehr hing damit zusammen, dass in den letzten Wahlkampfwochen in Südtirol viele Straßenverkehrsbauten wie die Umfahrungen in Auer und Meran fertiggestellt und Neueinweihungen von Bahnhöfen vorgenommen wurden. Das Thema Toponomastik liegt an achter Stelle der Berichterstattung und ist auf die Berichterstattung über die Namensgebung der Schutzhütten und der Wanderwege in Südtirol zurückzuführen. Sachpolitische Themen wie Wirtschaft, Bildung, Energie, Tourismus und Gesundheit gehen demgegenüber in der Berichterstattung etwas unter. Was gemacht wird bzw. wurde, ist im Verlauf des Wahlkampfes nicht so wichtig, wie und dass etwas gemacht wird, scheint wichtiger zu sein.

Tabelle 4: Themenpräsenzranking, Angaben in Prozent (N = 7404)

Thema

Prozent

Wahlbündnisse und -kandidaturen – Inland

32,5 %

Wahlkampfstil

14,3 %

Wahlspekulationen

6,8 %

Diskussionsveranstaltungen

4,1 %

Wahlen, Abstimmungen, Plebiszite – Inland

4,0 %

Wahlkampfstrategie

3,2 %

Verkehr

3,1 %

Toponomastik

2,6 %

Biografisches zur Person

2,2 %

Bildung

2,2 %

Energie

1,9 %

Wahlkampf als horse race

1,9 %

keyhole issues – Persönliche Affären und Skandale

1,7 %

Beziehungen zwischen den Sprachgruppen

1,6 %

Wahlkampforganisation

1,6 %

nicht erkennbar

1,5 %

Wirtschaft, Wettbewerb und Markt

1,5 %

Zustand Regierung

1,3 %

politische Repräsentation

1,3 %

Volksbegehren und -befragungen

1,2 %

Partei-Organisation

1,1 %

Soziales

1,1 %

Tourismus

1,1 %

Gesundheit

1,1 %

Kommunalpolitik

1,0 %

Society – Adabei – Gesellschaftliches

0,9 %

PolitikerInnenverhältnis

0,9 %

politische Kultur

0,9 %

Kultur

0,9 %

Arbeitsmarkt

0,8 %

Quelle: eigene Ausarbeitung

Vergleicht man die Berichterstattung von Dolomiten und Alto Adige, so zeigt sich, dass beide Medien den Wahlbündnissen einen großen Teil der Berichterstattung widmen. Zwischen 30 Prozent der Nennungen (Dolomiten) und 47 Prozent (Alto Adige) stehen im Zusammenhang mit den KandidatInnenlisten der einzelnen Parteien und Parteienbündnisse. Metapolitische Themen folgen sowohl bei den Dolomiten als auch beim Alto Adige. Das Thema Diskussionsveranstaltungen ist bei den Dolomiten an dritter Stelle zu finden. Dies liegt an der ausgedehnten Berichterstattung der Dolomiten über die vom Medienhaus Athesia organisierten Wahldiskussionsabende in den einzelnen Südtiroler Bezirken. Auffallend ist jedoch der hohe Anteil an metapolitischen Themen in der Berichterstattung des Alto Adige. Während bei den Dolomiten bereits an fünfter und sechster Stelle die Sachthemen Verkehr und Energie folgen, liegen die sachpolitischen Themen Toponomastik und Bildung beim Alto Adige weit abgeschlagen an achter und zehnter Stelle.

Betrachtet man die Themenwertung der 20 wichtigsten Sachthemen, so fällt auf, dass eine negative Bewertung der Themen überwiegt. Die Berichterstattung über diese Sachthemen ist aber im Großen und Ganzen durch eine neutrale Bericht­erstattung gekennzeichnet. Das Thema Verkehr ruft verstärkt negative Resonanz hervor; dies ist einerseits auf die Kritik der Oppositionsparteien in Bezug auf die südlichen Zulaufstrecken des Brennerbasistunnels sowie der Kritik am Bozner Flughafen und andererseits auf Pendlerproteste im Südtiroler Unterland und in Bozen zurückzuführen. Das Thema Toponomastik ist dabei in erwartbarer Weise von einer starken negativen Berichterstattung geprägt. Dies hängt mit der Kritik der italienischen Rechtsparteien, aber auch des Partito Democratico am Vorgehen der SVP und dem sogenannten Delrio- bzw. Fitto-Abkommen zusammen. Der Koalitionspartner der SVP kritisierte dabei vor allem die Zustimmung zu einem Antrag der Süd-Tiroler Freiheit in Bezug auf Umbenennungen von Schutzhütten in Süd­tirol. Ähnlich in diesem Falle auch das Thema, das die Beziehungen der Sprachgruppen in Südtirol erfasst. Es ist ebenso wie die Toponomastik durch eine erhöhte negative Berichterstattung gekennzeichnet. Unzweifelhaft sticht auch die hohe negative Wertungsdichte beim Ausländerthema ins Auge. Doch ist es nicht das wichtigste Sachthema im Wahlkampf gewesen. Wesentlich wichtiger waren Verkehr (228 Nennungen), Toponomastik (192), Bildung (160), Energie (140), Beziehungen zwischen den Sprachgruppen (120) und Wirtschaftsthemen (111). Obwohl im Wahlkampf auf die schlechter werdenden Bedingungen in der Wirtschaft und am Arbeits­markt eingegangen worden ist, zeigt die Analyse, dass das Thema Verkehr doch noch immer an erster Stelle steht. Für die negative Berichterstattung sorgten in der Kategorie Wirtschaft die schlechte Entwicklung von Gemeinden in der Peripherie wie beispielsweise Moos in Passeier oder die negativen Auswirkungen des hohen Steuerdrucks auf die Unternehmen in Südtirol. Das von der Süd-Tiroler Freiheit forcierte Thema der Selbstbestimmung landet hierbei mit 52 Nennungen im unteren Bereich der Sachthemen. Es zeigt sich, dass trotz aller Bemühungen dieses Thema keinen großen Niederschlag in der Medienberichterstattung erfahren hat.

Die metapolitischen Themen, welche den Wahlkampf an sich, die Gewinn- und Verlustchancen der Parteien, Medienauftritte, Wahlkampfveranstaltungen von Parteien und KandidatInnen und Diskussionsrunden zu den Wahlen erfassen, nehmen im Themenranking die vordersten Ränge ein. Betrachtet man die metapolitischen Themen noch etwas genauer, so zeigt sich, dass das Thema Wahlkampfstil mit 1.062 Nennungen oder fast 50 Prozent der metapolitischen Nennungen mehr als doppelt so häufig vorkommt wie das zweitwichtigste metapolitische Thema der Wahlspekulationen. Dies zeigt, dass die Parteien und KandidatInnen vor allem über Wahlveranstaltungen und Angriffe auf gegnerische KandidatInnen den Weg in die Medien schaffen.

Das Thema der Wahlspekulationen nimmt im Wahlkampf 2013 einen großen Teil der Berichterstattung ein. Dies ist auf den Landeshauptmannwechsel zurückzuführen. Luis Durnwalder trat nach 25 Jahren an der Spitze der Landesregierung nicht mehr bei den Wahlen an, weshalb das Interesse groß war, wie das Wahlergebnis des „Neuen“, Arno Kompatscher, wohl aussehen würde, und vor allem, wen er in die Landesregierung berufen würde. Dass die SVP wieder den Landeshauptmann stellen würde, war von vornherein klar; ob Arno Kompatscher dies jedoch aus der sicheren Position einer absoluten Mandatsmehrheit heraus tun können oder aber die Mandatsmehrheit verlieren würde, das stand vor dem 27. Oktober noch nicht fest. An dritter Stelle der metapolitischen Berichterstattung lagen die Diskussionsveranstaltungen, die von Vereinen und Zeitungen zu den Wahlen organisiert worden waren, wobei hier vor allem die Veranstaltungsserie des Medienhauses Athesia „Leser bewegen das Land“ für die umfangreiche Medienberichterstattung verantwortlich war.

Der Fokus der Wahlkampfberichterstattung der Dolomiten lag auf dieser Veranstaltungsreihe, der Rest der Berichterstattung war business as usual. Es zeigt sich hier eine Strategie der Medien, mithilfe von selbst organisierten Diskussionsveranstaltungen verstärkt darüber mitzubestimmen, worüber die KandidatInnen sprechen. Medien erzeugen damit selbst die Ereignisse, worüber sie dann berichten. Dadurch ist es den Medienunternehmen noch stärker möglich, die Schwerpunkte ihrer Berichterstattung zu bestimmen und gleichzeitig bieten solche Veranstaltungen die Möglichkeit, Marketing in eigener Sache zu betreiben.

Die Themenanalyse zeigt eine Kontinuität, wie sie schon bei den vergangenen Landtagswahlen in Südtirol und auch in Tirol festgestellt worden ist. Auch beim Landtagswahlkampf 2008 lag das Wahlkampfthema an unangefochtener erster Stelle. Es zeigt sich jedoch, dass 2008 das Thema Wirtschaft bereits an zweiter Stelle im Themenranking lag (Höller, Pig, Vorhofer 2009, 164).

Abbildung 9: Themen nach Überthemen, Angaben in Prozent (N = 8886)

Quelle: eigene Ausarbeitung

5. Thematische Fragmentierung

Interessant war bei diesem Wahlkampf weiters, dass es auch bei den einzelnen Themen je nach KandidatInnen eine unterschiedliche Intensität der Berichterstattung in den einzelnen Medien gab. Nimmt man beispielsweise das recht prominente und kontroversielle Thema Toponomastik her, dann sieht man, dass sich zwar beim Landeshauptmann Luis Durnwalder – dessen Anteil an seiner Gesamtberichterstattung lag bei 9,5 Prozent – die Berichterstattung gleichmäßig mit jeweils 4,7 Prozent an Durnwalders Gesamtberichterstattung in beiden Medien verteilt, nicht jedoch bei Sven Knoll. Mit diesem Thema kommt Knoll einzig und allein im Alto Adige vor – 18,8 Prozent nimmt die Toponomastik an seinen Themen ein und die Berichterstattung darüber findet allein im Alto Adige statt. Bei Eva Klotz ähnelt hingegen die Berichterstattung jener von Luis Durnwalder. In beiden Medien kommt sie mit jeweils 4,3 Prozent der Nennungen zu diesem Thema vor.

Auch beim Thema Energie ist eine unterschiedliche Berichterstattung je nach KandidatIn in den einzelnen Medien feststellbar. Landesrat Florian Mussner und der grüne Landtagsabgeordnete Riccardo Dello Sbarba sprechen im Verhältnis zu ihrer sonstigen Medienpräsenz mit 11,2 Prozent zu 16,5 Prozent recht häufig zu diesem Thema. Dies ist auf den Fall des bereits im Planungsstadium gescheiterten Projektes eines Pumpspeicherkraftwerkes im Unterland zurückzuführen. Doch während Mussner recht ausgeglichen in beiden Medien – 4,1 Prozent im Alto Adige und 7,3 Prozent in den Dolomiten – vorkommt, konzentriert sich die Präsenz von Dello Sbarba vor allem auf den Alto Adige – 13,2 Prozent Nennungen zu diesem Thema versus 3,3 Prozent in den Dolomiten.

Ein anderes Beispiel für eine unterschiedliche Berichterstattung in den beiden Medien ist der „Fall Måwe“ bzw. allgemein das Thema der Skandale und Affären. Die Berichterstattung über die Verleihung der Staatsbürgerschaft im Schnellverfahren für die SVP-Kandidatin Marie Måwe zeigt, dass vor allem im Alto Adige dies als Skandal und als Affäre thematisiert wurde. 24 Prozent der Themenpräsenz von Marie Måwe sind mit dem Thema „Skandale und Affären“ verbunden und diese 24 Prozent kommen alle im Alto Adige vor. Daraus kann man auf eine unterschiedliche Berichterstattung schließen. Måwe kommt in den Dolomiten zu diesem Themenbereich und auch zum Thema der Staatsbürgerschaftsverleihung nicht vor. Bei diesem Aufregerthema haben die RedakteurInnen der Dolomiten im Untersuchungszeitraum beide Augen zugedrückt.

Ein anderes, zwar weniger prominentes Thema im Wahlkampf, aber speziell das Wahlkampfthema der Süd-Tiroler Freiheit, zeigt unterschiedliche Ansprechpartner für die Medien auf. Während der Alto Adige sich vorwiegend an Eva Klotz, die Grande Dame der Süd-Tiroler Freiheit wendet (11,4 Prozent der Nennungen versus 2,9 Prozent in den Dolomiten), sprechen die Dolomiten-RedakteurInnen vor allem mit dem Spitzenkandidaten Sven Knoll – 14,6 Prozent der Nennungen entfallen hier auf die Dolomiten und nur 2,1 Prozent auf den Alto Adige.

Betrachtet man die Themenverteilung der meistgenannten KandidatInnen, so zeichnet sich ein gewisser Trend ab. KandidatInnen sprechen vorwiegend zu Themen, die in ihren Kompetenzbereich fallen bzw. im Falle der Regierungsmitglieder in ihr Ressort. So konzentriert sich Landesrat Thomas Widmann vor allem auf das Thema Verkehr; mit 38,9 Prozent Anteil an seiner Berichterstattung ist es Widmanns Kernthema. Dies hängt mit seiner Rolle als Verkehrslandesrat zusammen. Auch bei Landesrat Florian Mussner nimmt das Thema Verkehr mit einem Drittel einen Großteil seiner Medienpräsenz ein, doch auch die Energie spielt bei Mussner mit 11 Prozent eine große Rolle. So gesehen streut Mussner seine Themenpräsenz deutlich stärker, als dies Landesrat Widmann gemacht hat. Auffallend ist jedoch, dass bei nur wenigen KandidatInnen der Oppositionsparteien eine thematische Kernkompetenz auffällt.

Mit Ausnahme vielleicht von Riccardo Dello Sbarba, der gemessen an seiner Gesamtanzahl der Nennungen mit 16,5 Prozent relativ häufig zum Thema Energie spricht, werden die restlichen OppositionskandidatInnen der 20 meistgenannten KandidatInnen vor allem im Zusammenhang mit metapolitischen Themen genannt: Alessandro Urzí 25 Prozent (Wahlkampfstil), Elena Artioli 32,7 Prozent, Donato Seppi 25 Prozent, Mauro Minniti 13,6 Prozent, Andreas Pöder 13 Prozent, Giorgio Balzarini 16,7 Prozent und Eva Klotz 17,1 Prozent. Dabei fällt auf, dass die metapolitische Berichterstattung in Bezug auf das wichtigste Thema Wahlkampfstil vor allem auf die Berichterstattung des Alto Adige zurückzuführen ist. Bei Artioli zum Beispiel macht dieser Bereich 28,6 Prozent im Alto Adige und 4,1 Prozent in den Dolomiten aus (gemessen an Artiolis Vorkommen in den beiden Zeitungen), bei Seppi ist dies ähnlich. 23,7 Prozent von Seppis Berichterstattung ist metapolitischer Natur im Alto Adige, verglichen mit nur 1,3 Prozent in den Dolomiten. Diese Tendenz stimmt überein mit dem hohen Anteil an metapolitischer Berichterstattung im Alto Adige.

6. Frame-Analyse

Im Wechselspiel zwischen PolitikerInnen und Medien sind die beteiligten Akteur­In­nen in der Lage, in gewisser Weise die transportierten Inhalte zu bestimmen. ­Medien sind jedoch weit stärker in der Lage zu bestimmen, worüber die BürgerInnen diskutieren sollen, indem sie Themen setzen und über Themen berichten. Der Agenda-setting-Ansatz geht davon aus, dass in einer Mediendemokratie, zu der auch Südtirol zählt, die Medien darüber bestimmen können, worüber die Bür­gerInnen diskutieren und welche Themen die BürgerInnen für wichtig erachten (McCombs, Shaw, Weaver 1997; Lengauer, Pallaver, Pig 2007). Es hat sich in dieser Analyse gezeigt, dass sich zwar die AkteurInnen je nach Medien unterschieden haben – die Dolomiten als deutschsprachiges Medium berichten vermehrt über deutschsprachige KandidatInnen; der Alto Adige als italienischsprachiges Medium berichtet stärker über italienischsprachige KandidatInnen als über deutschsprachige – nicht jedoch bei der Themenberichterstattung. In beiden untersuchten Medien führen im Themenpräsenzranking metapolitische Wahlkampfthemen vor Sachthemen. Die Bestimmung der medialen Agenda durch die Medien selbst ist eine Möglichkeit, die Berichterstattung zu formen. Eine andere Möglichkeit der JournalistInnen besteht darin, mittels Rahmung (framing) eines Beitrages den Deutungsrahmen festzulegen und auf diese Weise zu determinieren, wie ein Beitrag von den Wähler­Innen interpretiert werden soll. Der Framing-Ansatz geht davon aus, dass Medien durch journalistische Darstellungsmittel mitbestimmen können, wie ein Thema oder ein Ereignis von den LeserInnen einer Zeitung interpretiert werden soll.

Dabei werden zwei Ebenen unterschieden. Auf der ersten Ebene geht es darum, welche Objekte (Themen und AkteurInnen) dargestellt werden; auf der zweiten Ebene geht es um die Art und Weise, wie diese Themen und AkteurInnen dargestellt werden. Mittels formaler und inhaltlicher Mechanismen legen die Medien einen­ Deutungsrahmen vor, in diesem Falle die Medienberichterstattung in Wahlkampfzeiten (Lengauer, Pallaver, Pig 2007, 106; Lengauer 2005). Insgesamt können mehrere unterschiedliche Rahmungen unterschieden werden.

6.1. Game-/Policy-Frame

Eine Wahl ist ein Wettkampf der KandidatInnen und Parteien um die Stimmen der WählerInnen, aber auch ein Wettkampf der Meinungen und besten Ideen. So gesehen ist es den JournalistInnen möglich, in ihren Berichten eher auf den Wettkampfcharakter der Wahl, auf das Wettrennen der KandidatInnen um die Stimmen, auf die Spekulationen um den Wahlausgang oder auf die politische Taktik und Strategie der Parteien und KandidatInnen einzugehen. Auf der anderen Seite können sich die JournalistInnen auch darauf beschränken, politische Sachthemen darzustellen und sich auf die Auseinandersetzung der relevanten Themen und Problemlagen zu konzentrieren. Eine vergleichende Untersuchung von Lengauer aus dem Jahre 2007 hat ergeben, dass sich bei den Wahlkämpfen zum österreichischen Nationalrat 1999 und auch 2006 rund die Hälfte der Beiträge um den Wettkampfcharakter drehten. Nur ein Drittel aller Politikbeiträge beschäftigte sich mit sachpolitischen Themen bzw. waren sachpolitisch gerahmt. Lengauer kommt zum Schluss, dass in Wahlkampfzeiten sach- und demokratiepolitische Diskussionen im Schatten des Wahlkampfes selbst stehen (Lengauer, Pallaver, Pig 2007, 124).

Tabelle 6: Game- versus Policy-Zentrierung in der Wahlkampfberichterstattung in Dolomiten und Alto Adige (N = 1263)

Alto Adige

Dolomiten

eher game-centered reporting

58 %

46 %

eher policy/issue-centered reporting

33 %

46 %

frame ist nicht erkennbar

7 %

6 %

gleichgewichtig

2 %

2 %

Quelle: eigene Ausarbeitung

Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung stehen damit im Zusammenhang mit den österreichischen und internationalen Untersuchungen. Betrachtet man die gesamte Berichterstattung, so konzentrieren sich 52 Prozent der Beiträge auf den Wettbewerb von KandidatInnen und Parteien um die Gunst der WählerInnen, während sich nur 40 Prozent der Beiträge mit sachpolitischen Themen auseinandersetzen. Im direkten Vergleich zwischen Dolomiten und Alto Adige zeigt sich, dass die Berichterstattung des Alto Adige näher am Schema des österreichischen Wahlkampfes liegt, als es die Berichterstattung in den Dolomiten ist. Diese orientiert sich stärker an der internationalen Tendenz, dass knapp die Hälfte der Berichte sich mit dem Wettbewerb von Parteien und KandidatInnen beschäftigt und die andere Hälfte mit den sachpolitischen Themen (Lengauer, Pallaver, Pig 2007, 124f).

6.2. Konflikt-/Konsenszentrierung

Wirtschaftlicher Druck führt bei den Medien zu einer Konzentration der Bericht­erstattung auf sogenannte bad news (Schulz 2010, 70f); Skandale, Unfälle, Kriminelles, Mord und Totschlag im Chronikteil und Konflikte und politische Scharmützel in der Politikberichterstattung sollen für den nötigen kommerziellen Erfolg sorgen. Diese internationale Tendenz gilt in Südtirol nur bedingt. Während beispielsweise für Deutschland und Österreich für die Jahre um 2007 eine Zunahme dieses sogenannten konfrontativen Negativismus festgestellt wurde, war bereits bei der Berichterstattung zu den Landtagswahlen 2008 in Südtirol eine Konfliktzentrierung von unter 30 Prozent der Beiträge festgestellt worden (Tschigg, Pallaver, Vorhofer 2009, 165; Lengauer, Pallaver, Pig 2007, 117ff.). Während in Österreich die negative Berichterstattung bei den Nationalratswahlkämpfen von 1999 auf 2006 zugenommen hat, ging die Konfliktzentrierung in Südtirol sogar etwas zurück. Nur mehr 17 Prozent der Gesamtberichterstattung waren 2013 auf Auseinandersetzung, Konflikt und Streit zwischen den KandidatInnen und Parteien ausgerichtet (Tschigg, Pallaver, Vorhofer 2009, 165).

Gleich geblieben ist im Vergleich zum Landtagswahlkampf 2008 der relativ hohe Prozentsatz an Beiträgen, bei denen der Frame-Indikator nicht erkenntlich ist. In den Dolomiten liegt dieser Indikator bei 74 Prozent, beim Alto Adige liegt dieser Wert um genau 10 Prozentpunkte niedriger (Tschigg, Pallaver, Vorhofer 2009, 165).

Tabelle 7: Konfliktzentrierung in der Wahlkampfberichterstattung in Dolomiten und Alto Adige (N = 1263)

Alto Adige

Dolomiten

eher konfliktorientiert

23 %

11 %

eher konsensorientiert

11 %

13 %

Frame-Indikator nicht relevant

64 %

74 %

gleichgewichtig

2 %

2 %

Quelle: eigene Ausarbeitung. Die Prozentangaben wurden auf- bzw. abgerundet.

6.3. Persönlichkeits-/issue-Zentrierung

Eine weitere Möglichkeit der Rahmung eines Beitrages stellt der journalistische Fokus­ auf die Person und die Persönlichkeit einzelner KandidatInnen dar im Unterschied zu einer Fokussierung auf kollektive Institutionen wie Parteien und sachpolitische Themen. Laut Lengauer ist die Zunahme der Personalisierung in der Medienberichterstattung einerseits zwar einer der am häufigsten genannten Indikatoren, gleichzeitig aber einer der am umstrittensten. Langzeitstudien würden nämlich zeigen, dass es im Bereich der massenmedialen Berichterstattung keine solche vermehrte Konzentration der Berichterstattung auf Persönlichkeiten gibt. Eine erhöhte Personalisierung kann man daran festmachen, dass vor allem die SpitzenrepräsentantInnen einer Partei oder einer Institution in der Medienberichterstattung präsent sind, während der Großteil der restlichen KandidatInnen nur sporadisch genannt wird. Wenige politische AkteurInnen werden als Identifikationsfiguren und TrägerInnen der politischen Botschaften benutzt (Lengauer, Pallaver, Pig 2007, 112). Im Gegensatz dazu steht der kollektiv-institutionenzentrierte bzw. issue-zentrierte Fokus. Hier konzentriert sich die Berichterstattung einerseits auf Parteien und andere kollektive AkteurInnen und andererseits auf Themen; nicht eine Person steht in diesem Fall im Zentrum der Berichterstattung, sondern das Kollektiv der Partei bzw. der anderen KandidatInnen.

Im Gegensatz zur festgestellten internationalen Tendenz der Fokussierung auf Persönlichkeiten zeigt die vorliegende Untersuchung, dass trotz allem der Fokus in der Berichterstattung zum Südtiroler Landtagswahlkampf auf der Vermittlung von Sachthemen und kollektiven Institutionen lag. Dies kann damit zusammenhängen, dass sich zwar einerseits ein großer Teil der Berichterstattung mit dem Wahlkampf an sich auseinandergesetzt hat, ein beträchtlicher Teil der Berichterstattung sich jedoch mit den alltäglichen Amtsgeschäften der Regierung beschäftigt hat. Bei dieser Berichterstattung steht jedoch nur in den seltensten Fällen eine Person im Zentrum des Interesses. Zwar hat der Landeshauptmann die neue Kirche eingeweiht, aber der Werdegang und die Schilderung des Baufortschrittes legen eine Issue-Zentrierung und Kollektiv-Institutionenzentrierung der Berichterstattung nahe.

7. Zusammenfassung

Die Wahlkampfberichterstattung in den beiden großen Südtiroler Tageszeitungen Dolomiten und Alto Adige erweist sich, dem internationalen Trend folgend, als stark auf den Wettbewerbscharakter der Wahl und das Thema der Wahl selbst konzentriert. Ein Trend in Richtung Personalisierung konnte nur bedingt festgestellt werden; den internationalen Trend zum konfrontativen Negativismus gehen die beiden Südtiroler Leitmedien nicht mit. „Der Luis“ (Durnwalder) spielte im Wahlkampf zwar keine große inhaltliche Rolle mehr, als scheidender Landeshauptmann erwies er sich aber als beständige Größe in der Medienberichterstattung. Auf diese Weise kann der Amtsbonus in etwa abgeschätzt werden. Dieser macht fast zwei Drittel der Berichterstattung eines wahlkämpfenden Amtsinhabers aus.

Das politische System in Südtirol bewegt sich entlang der ethnischen Bruchlinie in der Gesellschaft, dasselbe ist beim Südtiroler Mediensystem der Fall. Die Berichterstattung über KandidatInnen und Parteien orientiert sich ebenfalls an diesem Muster. Die Dolomiten berichten vor allem über deutschsprachige KandidatInnen, der Alto Adige hingegen vor allem über italienischsprachige Parteien und KandidatInnen.

Dabei zeigt sich, dass bei den traditionellen Printmedien eine Öffnung hin zur jeweiligen anderen Sprachgruppe nicht stattgefunden hat. Die Analyse hat gezeigt, dass es nicht nur eine unterschiedliche Berichterstattung hinsichtlich der KandidatInnen in den beiden untersuchten Medien gegeben hat, sondern in Teilen auch bei den Themen. So wurden bestimmte Themen, wie beispielsweise die Verleihung der Staatsbürgerschaft an Marie Måwe, vor allem vom Alto Adige aufgegriffen, während die Dolomiten hier beide Augen zugedrückt haben. Zudem zeigt sich, dass sich die Berichterstattung bei den Regierungsmitgliedern sehr stark auf deren Regierungsarbeit konzentriert und Wahlkampfthemen und Wahlkampfveranstaltungen eine eher untergeordnete Rolle gespielt haben. Business as usual, so scheint es, war bei der SVP das Ziel im Wahlkampf. Es scheint so, als ob der Wunsch vorhanden war, die Kontinuität in der politischen Arbeit und die Bilanz der Regierung zu präsentieren und nicht groß Wahlkampf im engeren Sinne zu betreiben.

Diese Darstellung der SVP könnte auch auf die Tendenz der Dolomiten zurückzuführen sein, die Wahlkampfberichterstattung einzuschränken und sie auf das athesiaeigene Wahldiskussionsformat „Leser bewegen das Land“ zu beschränken, wo KandidatInnen aller wichtigen und in der Regel deutschsprachigen Parteien von BürgerInnen zu bestimmten Themen befragt wurden und darüber diskutieren konnten. Der Rest der Berichterstattung konzentrierte sich auf die Regierungsarbeit und deren Erfolge, was sich in der Berichterstattung über Einweihungen und Eröffnungen von Bauten und Ähnlichem festmachen lässt.

Die geringe Präsenz der restlichen KandidatInnen könnte auch damit zusammenhängen, dass sich der Trend hin zu einem Social-Media-Wahlkampf und zum direkten Kontakt mit den WählerInnen auch verstärkt in Südtirol bemerkbar macht. Nicht mehr alle WählerInnen sollten über die Printmedien angesprochen werden, sondern die einzelnen WählerInnen zielgruppenspezifisch bzw. in einem „persönlicheren“ Kontakt über die Social-Media-Kanäle, wobei sich allerdings zeigt, dass sich die Parteien noch schwer damit tun, da sie diese neuen Medienkanäle teilweise wie Verlautbarungsorgane benutzen und sich der Interaktion mit den WählerInnen verweigern (siehe den Beitrag von Isabel Gallmetzer in diesem Band).

Zu untersuchen wäre jedoch noch, ob die zunehmende Konzentration auf Facebook, Twitter & Co. eine Sprengung der ethnischen Fragmentierung zur Folge hatte und folglich jeder in der eigenen Sprache die einzelnen KandidatInnen anschreiben konnte und in der eigenen Sprache auch eine Antwort bekam bzw. ob die KandidatInnen die eigenen Statusmeldungen auf Facebook überwiegend oder abwechselnd zweisprachig gestalten.

Tabelle 1: Ranking der SpitzenkandidatInnen (Angaben in Prozent).

KandidatIn

Prozent

Luis Durnwalder

35,6 %

Arno Kompatscher

22,4 %

Alessandro Urzì

7,1 %

Christian Tommasini

6,5 %

Elena Artioli

5,3 %

Mauro Minniti

4,4 %

Donato Seppi

4,1 %

Andreas Pöder

2,9 %

Sven Knoll

2,6 %

Pius Leitner

2,5 %

Brigitte Foppa

1,9 %

Paul Köllensperger

1,5 %

Carlo Carlini

1,1 %

Manuela Corradini

1,0 %

David Augscheller

0,8 %

Quelle: eigene Ausarbeitung

Abbildung 2: Präsenzverteilung in Prozent der am häufigsten genannten KandidatInnen

Quelle: eigene Ausarbeitung

Tabelle 3: Präsenzranking der Parteien- und Parteibündnisse (N = 2506)

Partei

Präsenz

Südtiroler Volkspartei

34,5 %

Partito Democratico

14,0 %

Grüne

10,1 %

Die Freiheitlichen

6,4 %

Scelta Civica

5,7 %

Movimento 5 Stelle

4,5 %

L’Alto Adige nel cuore

4,5 %

Forza Alto Adige – Lega Nord – Team Autonomie

3,9 %

Süd-Tiroler Freiheit

3,6 %

Unitalia

3,1 %

Rifondazione Partito Comunista

2,9 %

La Destra

2,4 %

Bündnis „BürgerUnion - Ladins Dolomites - Wir Südtiroler“

2,4 %

Partito dei Comunisti Italiani/Südtiroler Kommunisten

2,0 %

Quelle: eigene Ausarbeitung

Abbildung 6: Top-Ten-Themen Dolomiten

Quelle: eigene Ausarbeitung

Abbildung 7: Top-Ten-Themen Alto Adige

Quelle: eigene Ausarbeitung

Abbildung 8: Wertende Berichterstattung über die 20 wichtigsten Sachthemen (N = 1813)

Quelle: eigene Ausarbeitung

Tabelle 5: Anteil der Themenberichterstattung der meistgenannten KandidatInnen

Durnwalder

Kompatscher

Bizzo

Theiner

Widmann

Urzì

Mussner

Tommasini

Artioli

Dello Sbarba

Minniti

Seppi

Pichler Rolle

Klotz

Tschurtschenthaler

Pöder

Balzarini

Måwe

Knoll

Gesamt

Wahlkampfstil

4,6 %

14,8 %

25,8 %

9,5 %

10,4 %

25,8 %

3,3 %

22,3 %

32,7 %

5,5 %

13,6 %

25,0 %

0,0 %

17,1 %

0,0 %

13,0 %

16,7 %

16,0 %

8,3 %

16,1 %

Wahlspekulationen

5,5 %

15,0 %

2,5 %

8,8 %

2,8 %

3,0 %

5,7 %

5,0 %

0,0 %

4,4 %

4,9 %

5,3 %

4,2 %

7,1 %

14,3 %

5,6 %

14,8 %

4,0 %

2,1 %

8,1 %

Wahlbündnisse und ­-kandidaturen –
Inland

0,8 %

2,4 %

3,8 %

3,4 %

3,5 %

8,3 %

4,1 %

4,1 %

8,2 %

5,5 %

13,6 %

13,2 %

6,9 %

5,7 %

8,9 %

9,3 %

14,8 %

10,0 %

10,4 %

6,2 %

Toponomastik

9,5 %

0,2 %

1,9 %

0,7 %

3,5 %

2,3 %

0,0 %

5,0 %

1,0 %

6,6 %

1,2 %

0,0 %

0,0 %

8,6 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

18,8 %

3,5 %

Verkehr

2,7 %

1,5 %

0,0 %

0,0 %

38,9 %

0,0 %

33,3 %

0,0 %

1,0 %

3,3 %

2,5 %

0,0 %

1,4 %

2,9 %

5,4 %

1,9 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

3,5 %

Wahlkampfstrategie

0,6 %

4,4 %

2,5 %

6,1 %

0,7 %

0,8 %

0,0 %

5,0 %

4,1 %

4,4 %

6,2 %

0,0 %

4,2 %

1,4 %

0,0 %

3,7 %

1,9 %

0,0 %

0,0 %

3,5 %

Wahlen, Abstimmungen, Plebiszite –
Inland

2,6 %

0,5 %

0,6 %

0,0 %

0,0 %

4,5 %

0,0 %

0,0 %

2,0 %

3,3 %

4,9 %

1,3 %

4,2 %

1,4 %

1,8 %

0,0 %

7,4 %

0,0 %

0,0 %

3,5 %

Diskussions­veranstaltungen

0,0 %

1,7 %

0,0 %

3,4 %

0,0 %

3,8 %

0,0 %

2,5 %

5,1 %

6,6 %

1,2 %

6,6 %

1,4 %

4,3 %

0,0 %

9,3 %

1,9 %

0,0 %

12,5 %

3,4 %

Energie

4,0 %

6,5 %

0,0 %

4,1 %

0,0 %

0,0 %

11,4 %

0,0 %

1,0 %

16,5 %

1,2 %

0,0 %

6,9 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

2,5 %

Bildung

4,3 %

1,9 %

0,0 %

1,4 %

0,0 %

0,0 %

4,9 %

15,7 %

3,1 %

1,1 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

3,7 %

1,9 %

0,0 %

0,0 %

2,2 %

Quelle: eigene Ausarbeitung. Spaltenprozente der restlichen Themen ergeben 100 Prozent.

Tabelle 8: Imagezentrierung in der Wahlkampfberichterstattung in Dolomiten und Alto Adige (N = 1263)

Alto Adige

Dolomiten

eher kollektiv-institutionen- bzw. issue-zentriert

67 %

75 %

eher personen- bzw. imagezentriert

30 %

17 %

Frame-Indikator nicht erkennbar

1 %

8 %

gleichgewichtig

1 %

1 %

Quelle: eigene Ausarbeitung. Die Prozentangaben wurden auf- bzw. abgerundet.

Anmerkungen

1 Für die Bereitstellung der Ausgaben der beiden Tageszeitungen bedanke ich mich bei den beiden Chefredakteuren Toni Ebner (Dolomiten) und Alberto Faustini (Alto Adige).

2 An dieser Stelle möchte ich mich recht herzlich bei Marianna Kastlunger für die Unterstützung bei der Kodierarbeit, bei Andreas Hacker und Günther Lengauer für die technische Mithilfe sowie bei Günther Pallaver für die Mithilfe bei der Sammlung des Datenmaterials bedanken.

Literaturverzeichnis

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Abstracts

Nessuna apertura in vista – ­etnicamente ­frammentata la cronaca delle elezioni provinciali del 2013

Per quanto riguarda il resoconto della campagna elettorale presentato dai media, l’Alto Adige si muove in maniera sempre più marcata lungo il solco tracciato a livello internazionale le cui linee guida sono caratterizzate in primo luogo da una grande attenzione ai temi metapolitici che ruotano in primis intorno alla campagna elettorale ed alla sua logica intrinseca. Sebbene il Presidente della Provincia uscente, Luis Durnwalder, non si sia candidato alle recenti­ elezioni provinciali, egli conquista ancora il gradino più alto del podio nella classifica delle presenze mediatiche. Al secondo posto segue, come c’era da attendersi, il suo successore alla carica di Presidente della Provincia, Arno Kompatscher.

In relazione al resoconto delle elezioni riportato separatamente dai due organi mediatici presi in esame dal presente studio – l’“Alto Adige” per il gruppo linguistico italiano e il “Dolomiten” per il gruppo linguistico tedesco – non si nota alcuna apertura nei confronti dell’altro gruppo linguistico. La cronaca elettorale rimane, come nel passato, etnicamente frammentata.

Degun mëterman da udëi – cronica etnicamënter spartida dla veles dl Cunsëi provinziel 2013

Per cie che à da nfé cun la reportajes ti media se muev Südtirol for deplù te eghes internazioneles y ie senieda da una na pert da na cunzentrazion sterscia de tematiches metapolitiches che raida dantaldut ntëur ala campania de vela y si logica. Nce sce l sëurastant Luis Durnwalder ne se à nia plu prejentà pra la veles ruvel mpo mo a cë dla tlassifica dla prejënzes. Sun l segondo post vën docà, coche n se l aspitova, si suzessëur tla ncëria de sëurastant dla provinzia, Arno Kompatscher. N referimënt ala reportajes aldò dla grupes de rujenedes vëniel ora ti doi media tëuc n cunscidrazion Alto Adige y Dolomiten che i ne se gëura nia ti cunfronc dl’autra grupa de rujeneda. La reportajes resta for mo spartides etnicamënter.

No opening in sight –
Ethnically fragmented reporting
on the 2013 province elections

With regard to media coverage, South Tyrol is moving incre­asingly in international waters and is characterized on the one hand by a strong focus on metapolitical issues, which primarily revolve around the election campaign and its own logic. Although Province Governor Luis Durnwalder is no longer on the ballot, he still occupies the top spot on the podium when it comes to the media-presence rankings. In second place, as might be expected, is his successor in the office of province governor: Arno Kompatscher. Concerning media coverage, which is split according to language group, both media outlets studied – the Alto Adige and the Dolomiten – show no signs of opening up towards the other language group. Media reporting remains fragmented along ethnic lines.