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Karl Gudauner

Zu Unrecht verteufelt

Eine Zwischenbilanz zum Proporz als Garantieinstrument

1. Einleitung

Anlässlich des 40-Jahr-Jubiläums des Inkrafttretens ist das Südtiroler Autonomiestatut 2012 als internationales Modell für die friedliche Lösung von ethnischen Konflikten gewürdigt worden, zumal die Autonomie Jahrzehnte umfassender eigen­ständiger, politischer, kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Entfaltung ermög­licht hat. Die Begründung weist auf das Zusammenwirken von gesetzgeberischer und verwaltungsmäßiger Eigenständigkeit auf territorialer Ebene und spezifischen Gestaltungsinstrumenten zum Schutz der Sprachminderheiten hin, das im Autonomiestatut angelegt ist. Die dahinter liegenden Polaritäten in ein proaktives Zusammenspiel einzubinden, war ein mühevolles Unterfangen, ausgehend vom Antagonismus zwischen gesamtstaatlich dominierender Ethnie und zentralstaatlicher Hoheitsfunktion einerseits und sprachlicher Minderheit beziehungsweise lokaler Autonomie andererseits, aber auch im Rahmen der vielfältigen Dynamik der Gesellschaft auf lokaler Ebene. Dermaßen gewappnet gegen die Blauäugigkeit eines oftmals postulierten befriedeten Pluralismus ist es nachvollziehbar, dass diese 40 Jahre sukzessive ausgebauter Selbstbestimmung nicht ohne wiederholtes Auflodern von politischen Auseinandersetzungen, kulturellen Anfeindungen und individueller Gewaltbereitschaft verstrichen sind, vor allem auf dem Hintergrund der Heftigkeit der historischen Vereinnahmungserfahrungen der Sprachminderheiten. Im Zentrum der politischen Auseinandersetzungen, die jeweils die Emotionen der Menschen tief aufwühlten, standen seit dem Inkrafttreten des neuen Autonomiestatuts von 1972 vor allem der Stellenproporz samt verpflichtender Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung und die Zweisprachigkeitspflicht im öffentlichen Dienst. In diesem Beitrag wird zehn Jahre nach Ablauf der 30-jährigen Befristung vor allem die Proporzanwendung im öffentlichen Dienst analysiert, um eine Bilanz zu deren Wirksamkeit zu ziehen. Dies geschieht anhand des dazu verfügbaren Datenmate­rials, einer Rückbesinnung auf einige wesentliche Meilensteine für das Zustandekommens der Südtirolautonomie und einer Reflexion über die entsprechenden Einflussfaktoren. Abgerundet wird der Beitrag durch einen Blick in die Zukunft angesichts des inzwischen deutlichen Überschreitens der Zäsur der 30-jährigen Anwendungsfrist.

2. Der steinige Weg zu einem tragbaren Kompromiss

Den politischen Ausgangspunkt für die heutige Südtirol-Autonomie als erfolgreiche Friedenslösung bildeten die UNO-Resolutionen aus dem Jahre 1960 und 1961, mit denen Italien und Österreich aufgerufen wurden, Verhandlungen zur Klärung der offenen Fragen im Zusammenhang mit dem sogenannten Pariser Vertrag von 1946 aufzunehmen. Dazu gekommen ist es aufgrund einer Intervention des damaligen österreichischen Außenministers Bruno Kreisky im Jahre 1959, dessen Mitwirken auch späterhin von entscheidender Bedeutung war. Die auch unter der Bezeichnung „Gruber-De Gasperi-Abkommen“ bekannte Anlage zum Friedensabkommen in Paris, die 1947 mit Gesetzesdekret als Bestandteil der italienischen Rechtsordnung (vgl. Peterlini 1980, 30) übernommen worden ist, sah für die „deutschsprachigen Bewohner der Provinz Bozen und der benachbarten zweisprachigen Gemeinden der Provinz Trient“ die „volle Gleichberechtigung mit den italienischsprachigen Einwohnern im Rahmen besonderer Maßnahmen zum Schutze der völkischen Eigenart und der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Sprachgruppe“ vor. In diesem Abkommen wird auch explizit auf noch zu erlassende Maßnahmen Bezug genommen, die sich auf die „Gleichberechtigung im Zugang zum öffentlichen Dienst“ beziehen und diesbezüglich als Ziel „eine angemessenere Verteilung der Beschäftigung zwischen den beiden Sprachgruppen“ haben, während die LadinerInnen nicht berücksichtigt sind.

Die Anknüpfung an das Pariser Abkommen erwies sich als durchschlagendes Argument auf dem diplomatischen Parkett, da die Nicht-Erfüllung eines Teils des Friedensabkommens angemahnt werden konnte. Das Erste Autonomiestatut, das 1948 mit italienischem Verfassungsgesetz in Kraft gesetzt worden war, hatte nämlich die Region „Trentino-Tiroler Etschland“ zum institutionellen Rahmen der Autonomie bestimmt und den beiden Provinzen nur sehr beschränkte Zuständigkeiten zuerkannt. Die diesbezüglichen Durchführungsbestimmungen waren zudem nicht erlassen worden. Das Italienische fungierte als offizielle Sprache der Region, während für den Gebrauch der deutschen Sprache im öffentlichen Leben nur eine allgemeine Gewährleistungsgarantie vorgesehen war. Obwohl seitens der italienischen Regierung als Erfüllung des Pariser Abkommens reklamiert, handelte es sich um eine Lösung, die eher der Fortsetzung hegemonistischer Machtausübung als der Umsetzung der Ansprüche auf einen wirksamen Minderheitenschutz förderlich war.

Aufgrund der beengten Autonomieperspektiven in einem regionalen Korsett hatte die Südtiroler Volkspartei am 17. November 1957 auf Schloss Sigmundskron eine Protestkundgebung organisiert, um eine Autonomie „für das Land Südtirol allein“ einzufordern, wie es in der einstimmig gefassten Resolution hieß. Dem Ruf des neuen Parteiobmanns Silvius Magnago waren rund 35.000 SüdtirolerInnen gefolgt (vgl. Peterlini 1980, 32). Dass die 1961 aufgenommenen bilateralen Verhandlungen zwischen Italien und Österreich erst 1969 ihren Abschluss fanden, bezeugt sowohl die Hartnäckigkeit der einen wie auch der anderen Seite beim Tauziehen um eine tragfähige Lösung. Dank der Überzeugungskraft von Silvius Magnago akzeptierte die Südtiroler Volkspartei 1969 mit knapper Mehrheit ein „Paket an Maßnahmen zugunsten der Bevölkerung Südtirols“. Am 20. Jänner 1972 ist das daran orientierte neue Autonomiestatut in Kraft getreten, für das, anstatt wie vorgesehen innerhalb von zwei Jahren, in den folgenden 20 Jahren die entsprechenden Durchführungsbestimmungen erlassen worden sind.

Um den Werdegang und die zentralen Anliegen der Autonomiebestrebungen zu verstehen, ist eine Rückblende auf die historische Ausgangslage erforderlich. Ohne darauf näher einzugehen, können anhand der offiziellen Daten zur Bevölkerungsentwicklung und zur Zusammensetzung der Sprachgruppen in Südtirol zwischen 1890 und 1961 (Tabelle 1) die Auswirkungen der Strategien der kulturellen und politischen Vereinnahmung Südtirols veranschaulicht werden, die vom faschistischen Regime vorangetrieben worden sind. Diese prägten zutiefst die persönlichen Schicksale vieler Menschen und Familien, deren Bedarf an Identität und Zugehörigkeit, das Verhältnis zwischen den Sprachgruppen in Südtirol sowie die Einstellung zum italienischen Staat und die politischen Dynamiken auf lokaler Ebene und im Verhältnis zu Rom. Die zugezogenen Familien italienischer Muttersprache aus anderen Regionen hingegen waren unter dem staatlichen Protektorat, das ihre Ansiedlung gefördert hatte, mit einer fremden Realität konfrontiert, in der sie reflexartig ihre nationale Identität und die aus der nationalstaatlichen Tradition erwachsenden Behauptungsmechanismen in den Vordergrund stellten. Sie befanden sich also in einem Kontext, in dem Anpassung eine geradezu abwegige Verhaltensweise darstellte.

Tabelle 1: Sprachgruppenmäßige Zusammensetzung der ansässigen Bevölkerung laut Volkszählung 1890 –1971 a)

Jahr bzw. Sprach­gruppe

deutsch

%

italienisch

%

ladinisch

%

andere b)

%

Summe

1890

187.100

89,0

9.369

4,5

8.954

4,3

4.862

2,3

210.285

1910

223.913

89,1

7.339

4,9

9.429

3,8

10.770

4,3

251.451

1921

193.271

75,9

27.048

10,6

9.910

3,9

24.506

9,6

254.735

1961

232.717

62,2

128.271

34,3

12.594

3,4

281

0,1

373.863

1971

260.351

62,9

137.759

33,3

15.456

3,7

475

0,1

414.041

a) Die Daten beziehen sich bis 1921 auf die anwesende Bevölkerung und auf die im Allgemeinen verwen­dete Umgangssprache, 1961 und 1971 auf die ansässige Bevölkerung. Die erhobene Sprache ist 1961 die im Allgemeinen verwendete Umgangssprache, 1971 jene laut Zusatzerklärung zur Sprachgruppen­zugehörigkeit.

b) Die Daten beziehen sich 1890 auf die lokale Bevölkerung mit einer anderen Umgangssprache sowie auf die nicht lokale Bevölkerung. 1910 beziehen sich die Daten auf italienische BürgerInnen mit einer anderen Umgangssprache sowie auf ausländische StaatsbürgerInnen, 1921 auf Ausländer, 1961 auf alle Ansässigen mit einer anderen Umgangssprache und 1971 auf alle Ansässigen ohne Erklärung zur Sprachgruppenzugehörigkeit.

Quelle: Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT (2007), 19

Aufschlussreich ist auch, dass es seit dem Pariser Abkommen mehr als zwanzig Jahre an juridischen und diplomatischen Gefechten mit feinster Klinge bedurfte, um zu einer pragmatischen Lösung zu kommen. Und in diesem Zusammenhang ist der konstante Einsatz Österreichs zu würdigen, dessen Vertreter die Unterstützung des Autonomieanliegens bis zum Paketabschluss sicherstellten, vor allem seit Österreich mit dem Staatsvertrag von 1955 seine nationale Souveränität wiedergewann, und nach wie vor dessen Entwicklung begleiten.

3. Machtproporz, Stellenproporz und Sozialproporz

Das Autonomiestatut von 1972 stattete die nun auf das Südtiroler Territorium begrenzte Eigenständigkeit in der Gesetzgebung mit zahlreichen Kompetenzen aus und setzte in Legislative und Exekutive ein ausgeklügeltes System der politischen Machtverteilung (vgl. Pallaver 2007) in Kraft, das die die einzelnen Sprachgruppen vertretenden AkteurInnen einerseits zur Kooperation verpflichtete, was im Kern auch einer Art von Proporz entsprach, und ihnen andererseits in zentralen Anliegen Bereiche autonomer Weichenstellungen einräumte. Dieses Governance-System, das in einer vielschichtigen Komposition von Kompetenzen und Garantien besteht, wird auch als practice of „complex power sharing“ bezeichnet (Wolff 2008, 330).

Für die staatlichen Verwaltungen wurde im Artikel 89 eine Sonderregelung eingeführt, wonach lokale Stellenpläne erstellt und bei künftigen Personaleinstellungen die entsprechenden Stellen Bürgerinnen und Bürgern der drei Sprachgruppen entsprechend dem Kräfteverhältnis der amtlichen Volkszählung vorbehalten werden, welche alle zehn Jahre durchgeführt wird. Es ist dieses spezifische System der sprachgruppenabhängigen Beschäftigungschancen (und sozialen Förderungsansprüche), das allgemein unter der Bezeichnung „Proporz“ bekannt ist, während sich die Komposition der politischen Governance kaum als Dimension der „Verteilung“ im Bewusstsein der Menschen eingenistet hat. Zugespitzt wurde diese Regelung im Autonomiestatut noch durch die historische Reparaturmaßnahme, wonach kompensativ deutsch- und ladinischsprachige BewerberInnen bevorzugt werden, bis ein Gleichgewicht zwischen den Sprachgruppen erreicht wird. Das Zweite Auto­nomiestatut (als vereinheitlichter Text im D.P.R. Nr. 670 vom 31. August 1972 veröffentlicht) ist am 20. Jänner 1972 in Kraft getreten, bedurfte aber noch entsprechender Durchführungsbestimmungen, um die Neuregelung der lokalen Stellenpläne zu verwirklichen und den Bestimmungen zur Kenntnis der beiden Landessprachen Operativität zu verleihen. Erst mit D.P.R. Nr. 752 vom 26. Juli 1976 wurden die entsprechenden Durchführungsbestimmungen erlassen und ein Jahr später konnten die ersten darauf beruhenden Stellenwettbewerbe ausgeschrieben werden. Zur Messung der Konsistenz der Sprachgruppen wurde eine verpflichtende Erklärung der Sprachgruppenzugehörigkeit eingeführt, die an die Volkszählung gekoppelt war. Die Anwendung der Proporzregelung in den staatlichen Verwaltungen wurde im Artikel 46 D.P.R. 752/76 auf einen Zeitraum von 30 Jahren ab der Gültigkeit des Autonomiestatuts befristet.

Der Proporz war auch als Grundlage für den Anspruch auf Sozialleistungen eingeführt worden: Laut Artikel 15 Absatz 2 des Autonomiestatuts sind die im Haushalt für die „Fürsorge sowie zu sozialen und kulturellen Zwecken“ bestimmten Mittel aufgrund von zwei Kriterien zum Einsatz gekommen, der Stärke der jeweiligen Sprachgruppe und dem entsprechenden Bedarf. Wiederum gelangte das Proporzsystem vor allem als Garantieinstrument zur Anwendung, nachdem die Wohnbaupolitik des Staates unter dem Faschismus und in der ersten Nachkriegszeit einseitig der italienischen Sprachgruppe zugute gekommen war (vgl. Peterlini 1980, 139). Den Anstoß für eine umgehende eigenständige Regelung im Rahmen der neuen Zuständigkeiten des Autonomiestatuts hatte eine Novelle der staatlichen Wohnbaugesetzgebung durch das Gesetz Nr. 865 vom 22. Oktober 1971 gegeben, mit dem eine Zentralisierung der Finanzierung der Programme im geförderten Wohnbau erfolgt ist. Den Regionen ist eine Übergangsfrist eingeräumt worden, um bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes eigene Förderungsmaßnahmen umzusetzen. In Ermangelung entsprechender lokaler Maßnahmen hätten künftig öffentliche Geldmittel nur in Gemeinden mit mehr als 100.000 EinwohnerInnen eingesetzt werden können. Auf Initiative von Landeshauptmannstellvertreter Alfons Benedikter als Architekt des Autonomiegebäudes wurde mit dem Landesgesetz Nr. 3 vom 24. Jänner 1972 die Grundlage dafür geschaffen, dass in allen Südtiroler Gemeinden soziale Wohnbauprogramme verwirklicht werden konnten (vgl. Franzelin 2012, 70). Das nationale Interesse ist von der staatlichen Gesetzgebung (Artikel 24 D.P.R. Nr. 381/1974) und vom Verfassungsgerichtshof (Urteil Nr. 217 vom 11. Februar 1988) in diesem Bereich dennoch als über dem Autonomiestatut stehende Legitimation für staatliche Sondermaßnahmen bestätigt worden. Über lange Zeit hinweg wies die italienische Sprachgruppe in der Folge einen Überhang an Sozialwohnungen auf. 1984 waren von den 12.024 Sozialwohnungen 8.226 von italienischsprachigen BürgerInnen besetzt, was 68,4 Prozent ausmachen, während auf die deutsch- und ladinischsprachigen 30,6 Prozent beziehungsweise ein Prozent entfielen (vgl. Südtirol News 2008). Trotzdem ist bereits ab 1988 aufgrund des Koalitionsabkommens von SVP, DC und PSI ausschließlich das Bedarfskriterium angewendet worden, was ein Entgegenkommen gegenüber der italienischen Sprachgruppe darstellte (vgl. Bonell/Winkler 2011, 242).

4. Das Paradigma getrennter Einflusssphären

Für die Wegbereiter und Gestalter der Autonomie auf lokaler Ebene stellte die Prägung durch die Erfahrungen der faschistischen Unterdrückung und die Bevormundungsversuche der Nachkriegszeit eine Herausforderung dar, zugespitzt durch die massiven staatlichen Interventionen zur Niederschlagung der terroristischen Gewaltbereitschaft Anfang der 60er- Jahre. Diese gesellschaftspolitischen Hintergründe bildeten die kulturelle Matrix für die politische Dynamik der Autonomieumsetzung. Umso höher sind die Kompromissfähigkeit und der realpolitische Scharfsinn anzuerkennen, mit denen der Autonomie Zug um Zug Gestalt gegeben worden ist. In den entsprechenden Verhandlungen, die laut den UN-Resolutionen zwischen Österreich und Italien aufgenommen worden sind, standen neben der Kompetenzausstattung der Territorialautonomie vor allem die Zuerkennung von Rechten zur eigenständigen Gestaltung des kulturellen Lebens und der Bildungspfade sowie Maßnahmen zur Korrektur der geschaffenen Ungleichgewichte im Vordergrund. Eine wesentliche Triebfeder war also die Abgrenzung der eigenen Identität vom nationalstaatlichen Kulturparadigma und die Erreichung autonomer legislativer Zuständigkeiten als Bollwerk gegenüber der (befürchteten) invasiven institutionellen Einflussnahme eines als fremd empfundenen Staates. Für den Staat, der die internationale Dimension der Südtirolautonomie in der Phase der Autonomieverhandlungen und in den offiziellen Erklärungen auch in der Folge immer konsequent in Abrede gestellt hat, ging es hingegen um die Behauptung nationalstaatlicher Souveränität trotz des Drucks der internationalen Staatengemeinschaft. Aber auch das Widerstreben, etwas von der zentralstaatlichen Machtfülle an eine nicht loyalitätserprobte fremdsprachige Peripherie abzugeben, hat die Dynamik stark bestimmt. Beachtenswert ist auch, dass der gleichzeitig mit der Paketumsetzung einsetzende Prozess der Übertragung von Verwaltungsaufgaben des Staates an die Regionen mit Normalstatut gleichfalls von zentralistischen Fußangeln und Vertrauensmängeln gekennzeichnet war (vgl. Bin 2005, 125), womit sich häufig die Konfliktlinie Zentrum – Peripherie über die ethnischen Polaritäten legte.

Seitens der Südtiroler Volkspartei wurde also ein dissoziatives Konfliktlösungsmodell (vgl. Pallaver 2008) verfolgt, bei dem die Kooperationselemente der Territorialautonomie lediglich als notwendige systemtragende Pfeiler eines weitgehend als Nebeneinander angelegten Governance-Modells angesehen und akzeptiert wurden. Entsprechend bildete sich eine nach Sprachgruppen getrennte Ausdifferenzierung der gesellschaftlichen Strukturen heraus, die von der Bildung und den sozialen Belangen über die Kultur bis zum Sport und zur Freizeitgestaltung in zahlreichen Parallelismen ihren Niederschlag fand. Diese mentale Prädisposition verstellte den Blick für die interne Logik der faktischen Gegebenheiten: Das Zusammenleben der Menschen unterschiedlicher Sprache und Kultur war eine alltägliche Erfahrung, die auch konstruktiver Impulse und verständigungsfördernder Maßnahmen bedurfte. Die in vielen Belangen gemeinsame Wahrnehmung der gesetzgeberischen und Verwaltungsautonomie war auf Konsensbildung und akkordierte Entwicklungsperspektiven angewiesen, wenngleich in für den Minderheitenschutz zentralen Fragen unterschiedliche Wege beschritten werden konnten. Das politische Paradigma getrennter Einflusssphären wirkte jedoch bis weit in die privaten Beziehungen hinein als identitätsbildender gruppendynamischer Faktor. In der Öffentlichkeit und in der politischen Auseinandersetzung wurde die Wahrnehmung der politikleitenden Wertvorstellungen der Autonomie an dem Instrument des Proporzes festgemacht. An ihm und an der Pflicht zur Sprachgruppenerklärung als Messinstrument für dessen Anwendbarkeit entzündete sich somit die politische Debatte um die Zulässigkeit und die Zweckmäßigkeit beziehungsweise die Zumutbarkeit einer solchen Regelung, die sichtbar zunächst für Deutsch- und Ladinischsprachige Vorteile beinhaltete, die zulasten der Italienischsprachigen gingen.

5. Der Proporz als Baustein der Konkordanzdemokratie

In der wissenschaftlichen Literatur wird der Proporz nunmehr als zulässiges Instrument demokratischer Konfliktlösung mit dem Charakter einer positiven Diskriminierung (affirmative action) betrachtet, das eingesetzt wird, um eine relevante nachteilige Situation auf institutioneller Ebene so zu verändern, dass mehr Gleichberechtigung entsteht (vgl. Poggeschi 2005, 307). Im Zusammenhang mit der autonomiepolitischen Entwicklung in Südtirol ist der Proporz als Kernelement der Machtteilung im Modell der Konkordanzdemokratie identifiziert worden (vgl. Pallaver 2008, 304), womit der Proporz aus der negativen politischen Konnotation herausgelöst und als Baustein für eine auf Kooperation setzende Konfliktlösung neu im Governance-System verankert wird. Südtirols institutionelle und politische Ordnung erhielt mit dem Zweiten Autonomiestatut eine Konfiguration, in der jene Kernmerkmale vorhanden sind, die eine Konkordanzdemokratie kennzeichnen: Dazu gehören ein zwischen den Vertretern der Sprachgruppen als wichtigste gesellschaftliche Interessenagglomerationen hergestellter Konsens zur Gewaltenteilung in der Gestaltung der territorialen Autonomie, die Zuschreibung von eigenständigen Entscheidungsbefugnissen an die Sprachgruppen entsprechend der jeweiligen Interessenlagen samt Vetorecht im Falle der Nichteinigung und, eben, Systeme der verhältnismäßigen Vertretung der Sprachgruppen in politischen Organen­, beim Zugang zum öffentlichen Dienst und bei der Inanspruchnahme von Förderungen (vgl. Pallaver 2007, 312). Diese Zuordnungskriterien hat Arend Lijphart­ erstmals 1968 geprägt, als er die consociational democracy als Gegenentwurf zu dem im angloamerikanischen Raum vorherrschenden Modell der auf Mehrheitsbeschlüssen basierenden Konkurrenzdemokratie lancierte (vgl. Gerngroß 2010, 2).

6. Die Proporzregelung als wirksames Korrektiv

Der Ausgangspunkt für die Zielrichtung der Maßnahmen im Pariser Vertrag, nämlich eine weitestgehende Ausgrenzung der deutschsprachigen Minderheit bei der Besetzung der Stellen in den staatlichen Verwaltungen, hat sich in der Nachkriegszeit zunächst kaum verändert, sodass im Rahmen der Verhandlungen zum Zweiten Autonomiestatut der Anlass für entsprechende Interventionen noch gleichermaßen gegeben war. Wie aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich ist, bestand noch 1975 ein krasses Missverhältnis zwischen dem Verhältnis der Sprachgruppen in der Südtiroler Bevölkerung und bei der Besetzung der dem Proporz unterworfenen Stellen bei den staatlichen Verwaltungen – und das zu einem Zeitpunkt, als aufgrund des Ersten Autonomiestatuts bereits seit geraumer Zeit die Proporzregelung für die Besetzung der Stellen der Lokalkörperschaften angewendet wurde, wie in Kapitel 10 näher ausgeführt.

Tabelle 2: Sprachgruppenverhältnis der Volkszählung 1971 und der besetzten Stellen in den staatlichen Verwaltungen 1975

Summe

Deutsch-

sprachige

Italienisch-

sprachige

Ladinisch-

sprachige

Andere

Volkszählung 1971

100 %

62,9 %

33,3 %

3,7 %

0,1 %

Personalstand staatliche Verwaltungen* 1975

5.932

824

5.108

n.v.

Prozentsatz

100 %

13,9 %**

86,1 %

n.v.

* Inklusive Bahn und Post, ohne Innen- und Verteidigungsministerium

** Deutsch- und Ladinischsprachige zusammengenommen

Quelle: Peterlini 1980, 42, 84, 220

Ein Vergleich der Daten zu den Staatsbediensteten von 1975 mit denen aus den Jahren 2002 und 2010 zeigt, dass das Instrument Proporz, gepaart mit dem Erfordernis der Zweisprachigkeit, erfolgreich angewendet worden ist. Es ist gelungen, das Missverhältnis in der sprachgruppenmäßigen Aufgliederung der Staatsstellen deutlich zu korrigieren. Bis zum programmierten Auslaufen der Proporzregelung im Jahre 2002 konnte zwar nicht die Zielsetzung einer Besetzung der Staatsstellen genau im Verhältnis zum Sprachgruppenverhältnis der Volkszählung erzielt werden, eine deutliche Tendenzumkehr ist jedoch erfolgt und war bereits 1999 festzustellen, wo sich laut ASTAT die insgesamt 3.721 Staatsstellen anteilmäßig zu 55,2 Prozent auf deutschsprachige, zu 42,6 Prozent auf italienischsprachige und zu 2,2 Prozent auf ladinischsprachige Bedienstete verteilten (Daten inklusive Bahn- und Postbetrieb, ohne Innen- und Verteidigungsministerium, vgl. ASTAT-Info 2001).

Bis zum Jahr 2010 stellte sich eine weitere leichte Verbesserung der Situation ein. Markantere Verschiebungen waren mangels Ausschreibung weiterer Stellenwettbewerbe im Staatsdienst ab 2002 beziehungsweise aufgrund des Stellenabbaus in den privatisierten ehemaligen Staatsbetrieben nicht möglich. Die Proporzregelung war ja als Mechanismus eingeführt worden, damit eine größere Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Sprachgruppen erst im Zuge von neuen Stellenausschreibungen erreicht wird.

Tabelle 3: Sprachgruppenverhältnis der Volkszählung 1991, 2001 und der besetzten Stellen in den staatlichen Verwaltungen 1999, 2002 bzw. 2010

Deutschsprachige

%

Italienischsprachige

%

Ladinisch-sprachige

%

Summe

Volkszählung 1991

67,99

27,65

4,36

Personalstand 1999

2.053

55,2

1.585

42,6

83

2,2

3.721

Volkszählung 2001

69,15

26,47

4,37

Personalstand 2002

2.011

55,6

1.531

42,3

75

2,1

3.617

Volkszählung 2011

69,41

26,06

4,53

Personalstand 2010

1.748

57,8

1.203

39,8

73

2,4

3.024

Quelle: ASTAT-Info (2001); ASTAT-Info (2003); Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT (2012)

Im Jahre 2010 schlagen nur mehr 3.044 Staatsbedienstete zu Buche, immer einschließlich der genannten Staatsbetriebe, die zusammen auf 1.752 kommen. Abzüglich der 366 Stellen der Sozialkörperschaften INPS, INAIL und INPDAP1 bleiben 926 Stellen zwischen Regierungskommissariat, Verwaltung der öffentlichen Sicherheit, Rechnungshof, regionalem Verwaltungsgerichtshof und Ministerien. Von den Stellen im Staatsdienst, in den Fürsorgekörperschaften sowie in den privatisierten Betrieben von Staatsbahnen und Post werden 57,8 Prozent von deutschsprachigen, 39,8 Prozent von italienischsprachigen und 2,4 Prozent von ladinischsprachigen Bediensteten besetzt. Der Anteil der Deutschsprachigen liegt in den Ministerien und bei den Fürsorgekörperschaften leicht über 50 Prozent und bei Staatsbahnen und Post knapp über 60 Prozent, jener der Ladinischsprachigen kommt knapp über die Zwei-Prozent-Hürde.

Tabelle 4: Personalsituation in den staatlichen Verwaltungen 2010*

Verwaltung

dt.

%

ital.

%

lad.

%

Summe

Ministerien

476

51,4

430

46,4

20

2,2

926

davon Gerichtswesen

170

116

8

294

davon Finanzwesen**

223

172

8

403

INPS, INAIL, INPDAP

194

56,1

145

41,9

7

2

346

Staatsbahn

414

61,8

253

37,8

3

0,4

670

Post

664

61,4

375

34,6

43

4

1082

Insgesamt

1748

57,8

708

39,8

73

2,4

3024

* Ohne die circa 4.000 Bediensteten von Militär und Innenministerium

** Inkl. Agenturen der Einnahmen, des Zollwesens, des Gebietes und für Staatsgüter

Quelle: Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT (2012), 36–37

Zu erwähnen sind noch die Bediensteten des Innen- und Verteidigungsministeriums, die nicht dem Proporz unterliegen: Sie wurden 2010 auf circa 4.000 geschätzt, haben also auch gegenüber einem Stand von 4.386 im Jahr 1995 um etwa 8,8 Prozent und gegenüber dem Stand von 1980 von 4.891 um 18,2 Prozent abgenommen.

2012 haben sich die Staatsstellen im engeren Sinne auf insgesamt 880 laut Stellenplan reduziert. Davon würden unter Zugrundelegung der Proporzzahlen von 2001 608,5 der deutschen Sprachgruppe, 233 der italienischen und 38,5 der ladinischen zufallen. Von den besetzten 467 Stellen kommen laut den Daten der Region 50,6 Prozent auf die deutsche Sprachgruppe, 47,3 Prozent auf die italienische und 2,1 Prozent auf die ladinische.

Tabelle 5: Situation der Bediensteten der staatlichen Verwaltungen 2012

Deutsch­sprachige

Italienisch­sprachige

Ladinisch­sprachige

Im Stellenplan vorgesehene Stellen

880

Stellenaufteilung laut Proporz 2001

608,5

233

38,5

Besetzte Stellen 2012

467

236

221

10

Prozentsatz

50,6 %

47,3 %

2,1 %

Quelle: Einvernehmenskomitee (2012).

7. Reform des öffentlichen Dienstes und juridische Spitzfindigkeiten

Seit Mitte der 80er-Jahre hat die Umstrukturierungswelle in den staatlichen Verwaltungen im Dienstleistungsbereich einerseits zu einem drastischen Personalabbau geführt und die Einführung privatrechtlicher Management- und Personalverwaltungsgrundsätze die Anwendung des Proporzes in den neuen Gesellschaften infrage gestellt. Die staatliche Eisenbahnverwaltung wurde zunächst teilprivatisiert (Gesetz Nr. 210 vom 17. Mai 1985) und dann 1992 in eine Aktiengesellschaft mit ausschließlicher Beteiligung der öffentlichen Hand umgewandelt.2 Die Autonome Provinz Bozen konnte vor dem Verfassungsgerichtshof erfolgreich die Anwendung des Proporzgrundsatzes auf den in eine öffentliche Wirtschaftskörperschaft umgewandelten Eisenbahnbetrieb durchsetzen (Urteil VerfGH Nr. 768/1988). Nicht durchgedrungen ist das Land hingegen mit den Rekursen bei der Privatisierung der öffentlichen Fernmelde- und Telefondienste (Urteil VerfGH Nr. 260/1993), wobei als Ausschlussgrund der Anwendung des Proporzgrundsatzes die Vergabe der Dienste an private Konzessionsnehmer angeführt wurde (vg. Bonell/Winkler 2011, 111). Die damit aufgezeigte Abdeckungslücke der Proporzregelung im Hinblick auf weitergehende Privatisierungsabsichten des Staates wurde mit einer Durchführungsbestimmung (Gesetzesdekret Nr. 354/1997) für die Betriebe des Post- und Fernmeldewesens sowie der Staatseisenbahnen geschlossen. Spätere Durchführungsbestimmungen haben die Proporzpflicht auch auf allfällige andere juridische Konfigurationen solcher Privatisierungen ausgedehnt. In diesem Zusammenhang ist auf die Grenzen der Übertragbarkeit von im Autonomiestatut begründeten Rege­lungen auf andere institutionelle Gegebenheiten hingewiesen worden (vgl. Bonell/Winkler 2011, 116–119).

Häufig standen auch verwaltungstechnische Entscheidungen nicht im Einklang mit dem Proporzgrundsatz und bewirkten eine zumindest mittelfristige Abschwächung von dessen Wirksamkeit. Beispiele für solche juridische Spitzfindigkeiten sind die proporzwidrigen Personalaufnahmen in den staatlichen Verwaltungen zwischen 1972 und 1975, die Verlegung der Dienstsitze von Körperschaften außerhalb Südtirols – mit der damit verbundenen deminutio der Kompetenzausstattung und insgesamt der Kürzung von lokalen Leitungsaufträgen – sowie die Abordnung von Personal aus anderen Regionen. Für die letztgenannte Praxis erfolgte 1997 eine Generalsanierung mit der Auflage, dass die Betreffenden innerhalb von zwei Jahren den der Funktion entsprechenden Zweisprachigkeitsnachweis erbringen müssen. Eine Beeinträchtigung der Umsetzung der Proporzregel ist auch durch die Verzöge­rung der Stellenwettbewerbe sowie die Ausschreibung von internen Wettbewerben lediglich für die nationale Stammrolle und daraus resultierende Ungereimtheiten bei der Karriereentwicklung zwischen lokaler und nationaler Stammrolle entstanden. Eine Reduzierung der Reichweite von Proporz und Zweisprachigkeit wurde schließlich durch juridische Winkelzüge in den entsprechenden gesetzlichen Konstrukten erzielt, etwa mit der Einräumung der Möglichkeit, die Wettbewerbsprüfung nicht in der Sprache abzulegen, zu der die sprachgruppenmäßige Zuordnung erfolgt ist.

Allerdings sind auch immer wieder Probleme bei der Besetzung der den Deutschsprachigen und Ladinischsprachigen vorbehaltenen Stellen aufgetreten, einerseits wegen der schleppenden Durchführung der Wettbewerbe und andererseits weil sich zu wenig Deutsch- und Ladinischsprachige dafür beworben haben, aber auch infolge von Aufnahmestopps (zu Beginn der 90er-Jahre, seit dem Jahr 2002). Von den seinerzeit zwischen Regierungskommissär und Land vereinbarten 96 Stellenwettbewerben für insgesamt 1.921 Stellen konnten nur 21 innerhalb 26. Juni 1979 abgeschlossen und 882 Stellen zugewiesen werden (vgl. Peterlini 1980, 152). Eine vom Regierungskommissariat im Jahr 2002 veröffentlichte Tabelle weist immer noch 807 von 1.799 Planstellen im Staatsdienst als vakant auf (vgl. Burger 2002, 43). Unter Berücksichtigung dieser Engpässe fand mit der Formulierung der Durchführungsbestimmung zu den privatisierten Staatsbetrieben 1997 auch eine Flexibilisierung der Proporzanwendung insofern statt, als für die neuen Gesellschaften und Körperschaften die Möglichkeit eingeräumt wurde, die einer Sprachgruppe zugestandenen und unbesetzt gebliebenen Stellen durch geeignete KandidatInnen der anderen Sprachgruppe bei späterer Kompensation zu besetzen, eine Regelung, die somit in erster Linie die Anstellungschancen der italienischsprachigen BewerberInnen verbesserte (vgl. Bonell/Winkler 2011, 109).

Gegenüber einer Wertung der politischen und juridischen Entwicklung, die vor allem die Schwierigkeiten in der Durchsetzung und in der konkreten Anwendung der Proporzbestimmungen aus der Perspektive der Sprachminderheiten ins Blickfeld nimmt, heben manche Autoren hervor, dass der ethnische Proporz vom Ver­fassungsgerichtshof trotz schwankender Rechtssprechung grundsätzlich als legitimes Instrument zur Umsetzung des Verfassungsprinzips laut Artikel 6 anerkannt worden ist (vgl. Poggeschi 2005, 328). Auch der Staatsrat hat zentrale Pfeiler des autonomistischen Rechtsgebäudes anerkannt, wie z. B. aus dem Urteil Nr. 439 vom 7. Juni 1984 zur verpflichtenden Sprachgruppenerklärung ersichtlich ist (vgl. Zaffi 2006, 348).

Von Bedeutung für die politische Stabilität der Südtirolautonomie ist die Entwicklung der Sonderautonomien anderer Regionen (vgl. Bin 2005, 132), aber auch das Verhältnis von Sonderrechten und Belastungen im Vergleich zu den Regionen mit Normalstatut, wie die Entwicklungen der letzten Jahre gezeigt haben. Letztere genießen aufgrund der Verfassungsreform von 2001 in der Ausgestaltung der Regionalstatute sogar eine größere formale Unabhängigkeit von Parlament und Regierung als die Regionen mit Sonderstatut (vgl. Toniatti 2005, 91). Die gesetzgeberischen Initiativen der Regierung in Rom schränken jedoch immer wieder den Gestaltungsspielraum der Regionen ein, indem es unterlassen wird, die Dimension zentralstaatlicher Regelungsgewalt und entsprechende grundlegende Leistungspakete zu definieren. Außerdem werden trotz der Verfassungsreform zentralistische Regelungsvorbehalte fortgeschrieben, welche durch seit Jahrzehnten lineare verfassungsrechtliche Interpretationen des nationalen Interesses als Rechtsbegriff mit großem politischen Ermessensspielraum gestützt werden (etwa durch die VerfGH-Urteile Nr. 322 vom 1. August 2008 und Nr. 177 vom 24. Februar 1988 in Bezug auf die Regionen mit Normalstatut).3 Die enge Rückkoppelung an die gesamtstaatliche Rechtsordnung durch die grundlegenden wirtschaftlich-sozialen Reformen und die Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis konnte für Südtirol durch eigene Durchführungsbestimmungen (Legislativdekret Nr. 266 vom 16. März 1992) im Vorfeld des Paketabschlusses besser mit der Autonomie in Einklang gebracht werden (vgl. Bonell/Winkler 2011, 174).

8. EU-Konformität und europäische Schutzperspektiven

Eine bedeutsame Hürde für die Anwendung der Proporzregelung ist in der Freizügigkeit der ArbeitnehmerInnen innerhalb der EU erkannt worden, die als Grundsatz bereits im EWG-Vertrag von Rom enthalten war und durch die Verordnung (EWG) Nr. 16212/68 des Rates präziser ausformuliert worden ist. Somit stand die Sonderregelung des Proporzes bereits bei deren Einführung im Gegensatz zu den Grundsätzen und Zielsetzungen auf europäischer Ebene. Der Artikel 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Gemeinschaft (AEUV) in der auf den Lissabon-Vertrag beruhenden Fassung ist derzeit die aktuelle Formulierung dieses Grundsatzes. In Anerkennung des Freizügigkeitsprinzips werden BewerberInnen ohne Ansässigkeit in Südtirol aus Italien beziehungsweise aus dem EU-Raum bei Stellenwettbewerben in der Landesverwaltung trotz bestehender Schutzklausel für die in Südtirol ansässigen ArbeitnehmerInnen zugelassen. Dies ist Teil einer EU-rechtskonformen Praxis in der Handhabung durch die lokalen Behörden, die das Risiko der Ingangsetzung von Anfechtungsverfahren minimiert. Da diese jederzeit abänderbare Verwaltungspraxis jedoch nicht als rechtswirksame Erfüllung der Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag gilt, wurde bereits 1990 vorgeschlagen, mit einer neuen Durchführungsbestimmung die Voraussetzung der Staatsbürgerschaft zu streichen und bei der Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung das subjektive Bekenntnisprinzip zu respektieren (vgl. Zeller 1990, 143–146). Wichtige operative Weichenstellungen im Sinne der EU-Konformität stellen die neue Regelung für die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung aus dem Jahr 2010 und das Dekret des Präsidenten des Landesgerichts Bozen dar, das die Möglichkeit eröffnete, die Erklärung gleich direkt abzugeben, ohne vorher die Ansässigkeit nach Südtirol zu verlegen. Die EU ist im Übrigen dabei, das vorherrschende Paradigma der formalen Gleichheit aller BürgerInnen durch ein Konzept der Gleichstellung abzulösen, das Ausdifferenzierungen in Bezug auf die Sprachminderheiten zulässt (vgl. Palermo 2003).

Eine gewisse Unsicherheit bezüglich des Ergebnisses allfälliger internationaler Gerichtserkenntnisse zum Proporz besteht dennoch, da sich europäische Normen als stärkere Legitimationsbasis erweisen könnten (vgl. Bonell/Winkler 2011, 122). Die Skepsis besteht, obwohl es verschiedene Grundsatzdokumente und Bekenntnisse der EU zum Minderheitenschutz gibt und die Kommission die Auffassung vertritt, dass dieser bereits intrinsisch Teil der in Artikel 6 der EU-Verfassung genannten Grundsätze sei (vgl. Toggenburg 2005, 457). 1993 ist der Minderheitenschutz vom Europäischen Rat zu einem Beitrittskriterium erklärt und die Zuerkennung lokaler und autonomer Verwaltungen an die Minderheiten begrüßt worden. 39 Staaten haben seit 1995 das Rahmenübereinkommen zum Schutz der nationalen Minderheiten4 unterzeichnet und ab 1998 ein Reporting-Verfahren in Gang gesetzt, aufgrund dessen regelmäßige Berichte der einzelnen Staaten von einem beratenden Ausschuss des Europarates überprüft und Empfehlungen des Rates an die jeweiligen Regierungen ausgesprochen werden. So wie dieses Rahmenübereinkommen ohne durchsetzbare Individualrechte und vor allem Gruppenrechte als zu zahnlos angesehen wird, bieten auch andere Anknüpfungspunkte keinen effektiven Rechtsschutz, weshalb der Minderheitenschutz auf europäischer Ebene erst noch definiert und sanktionabel gemacht werden muss. Bei Themen von großem wirtschaftlichen Interesse ist dieser Prozess viel zügiger vollzogen worden. Eine Obsoleszenz des Proporzsystems aufgrund von EU-Bestimmungen scheint also erst dann denkbar, wenn ein auf EU-Ebene wirksames und damit noch besser abgesichertes Garantieinstrument an seine Stelle tritt. Konsequenterweise ist somit das Ziel zu verfolgen, der Südtirolautonomie einen EU-rechtlichen Status zu verleihen.

9. Zwiespältige Akzeptanz

Innerhalb der deutschsprachigen Bevölkerung blieb die Autonomie als politische Kompromisslösung stets umstritten. Davon zeugen die knappe Annahme des Pakets durch die Südtiroler Volkspartei im Jahre 1969 und politische Formationen, die trotz erfolgreicher Autonomieumsetzung am Ziel der Selbstbestimmung und der Herauslösung aus dem italienischen Staat festhalten. Obwohl sie nur einen spezifischen Aspekt der Autonomie darstellen, sind auf deutschsprachiger Seite insbesondere die Proporzregel und die verpflichtende Sprachgruppenerklärung nach 1976 und hauptsächlich vor der Volkszählung von 1981 von der politischen Opposition aus dem linken Parteienspektrum heftig unter Beschuss genommen worden, in erster Linie durch den Landtagsabgeordneten und späteren EU-Parlamentarier Alexander Langer. Der Protest wandte sich kurioserweise gerade gegen die Maßnahmen zur Korrektur der ungerechten Chancenverteilung, die durch die Politik des Faschismus herbeigeführt worden und zentrales Thema des Pariser Vertrags waren. In der Proporzregelung und in der Pflicht zur Sprachgruppenerklärung wurden, wenn nicht gar revanchistische Elemente, so zumindest Hürden für ein friedliches Miteinander und Einschränkungen der persönlichen Freiheit gesehen. In der italienischsprachigen Bevölkerung fand der politische Widerstand gegen Proporz und Zweisprachigkeitspflicht angesichts einer nicht für möglich gehaltenen politischen Achsenverschiebung vom Zentralstaat zur Lokalautonomie erst allmählich und außerhalb der in die lokale Regierung involvierten italienischen Parteien seinen programmatischen Ausdruck, und zwar im neofaschistischen MSI als spiegelbildlicher italienischer Sammelpartei. Eine Gegnerschaft zum Proporzsystem hat sich auch innerhalb der Zivilgesellschaft herausgebildet, zunächst durch die 1981 auf Initiative des Rechtsanwalts Alberto Pasquali gegründete Vereinigung der „Familien der Gemischtsprachigen“. Diese später in „Convivia“ umbenannte Initiativgruppe hat mit einer Eingabe beim italienischen Verfassungsgerichtshof, beim EuGH und der europäischen Kommission 2001 den Anstoß für eine Reform der Sprachgruppenerklärung gegeben, die zu mehr Rechtssicherheit in dieser Frage beigetragen hat. Im Kern trägt der neue Modus der Kritik von Alexander Langer an der Koppelung von Volkszählung und Sprachgruppenerklärung Rechnung (vgl. Poggeschi 2005, 308).

Empirische Daten zur Akzeptanz von Proporz und Zweisprachigkeit in der Bevölkerung hat erstmals eine Erhebung unter der italienischsprachigen Bevölkerung in den Gemeinden von Bozen und Leifers im Jahre 1986 (vgl. Atz 1987, 66–210) geliefert. Sie zeigte eine eher positive Einstellung zur Autonomie und zur Zweisprachigkeit, jedoch eine deutliche Ablehnung des Proporzes durch fast 90 Prozent der Befragten (vgl. Burger 2002, 84–90). Eine umfassende ASTAT-Studie aus dem Jahr 1992 hat verschiedene Aspekte des Zusammenlebens untersucht und ist zum Ergebnis gekommen, dass die lokale Bevölkerung zu 38 Prozent die Konflikte zwischen den Sprachgruppen als „stark“ oder „sehr stark“ einstuft. Nach Sprachgruppen gegliedert fiel die Bewertung des Proporzes als Instrument des friedlichen Zusammenlebens von 63,1 Prozent der Deutschsprachigen, 60,8 Prozent der Ladinischsprachigen und 37,7 Prozent der Italienischsprachigen positiv aus, während die negativen Bewertungen jeweils bei 10,8, 16,7 und 48,4 Prozent lagen (vgl. Atz 1992, 95). Einige zentrale Aspekte dieser Untersuchung wurden im „Social Survey“ von 1997 erneut verifiziert: 1997 wird die Autonomie seitens der italienischsprachigen Bevölkerung von mehr als zwei Dritteln befürwortet. Gegenüber der Befragung von 1991 hat die positive Einstellung der Sprachgruppen zum Proporz nochmals deutlich an Zuspruch gewonnen, allerdings sind vier Fünftel der Italienischsprachigen der Auffassung, dass die europäische Integration diesen überflüssig mache, während diese Meinung nur etwa ein Drittel der Deutschsprachigen und der Ladinischsprachigen teilt.

Tabelle 6: Wahrnehmung des Proporzes als Instrument zur Förderung des friedlichen Zusammenlebens (Werte in Prozent)

1991

1997

Sprachgruppen

Sprachgruppen

deutsch

italienisch

ladinisch

andere

deutsch

italienisch

ladinisch

Anzahl der Befragten

n.v.

n.v.

n. v.

n.v.

427

183

29

positiv

63,1

37,7

60,8

31,1

86

54

81

negativ

10,8

48,8

16,7

47,9

*

*

*

keine Meinung

27,9

13,9

22,5

21

*

*

*

* = keine vergleichbare Fragestellung

Quelle: Atz (1992, 95); Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT (2000), 77–78

Insgesamt haben laut „Social Survey“ 1997 85 Prozent der Deutsch- und Ladinischsprachigen das Proporzkriterium bei der Vergabe von Sozialwohnungen und 86 beziehungsweise 82 Prozent bei der Vergabe von öffentlichen Stellen befürwortet. Auf italienischsprachiger Seite lag die Zustimmung nur bei 55 beziehungsweise 44 Prozent und die Proporzanwendung stößt in diesen Bereichen bei mehr als einem Drittel auf strikte Ablehnung. Diese Untersuchung hat auch über die Anzahl der NutznießerInnen der Proporzanwendung Aufschluss gegeben: Im Durchschnitt haben nur 7 Prozent der Bevölkerung bei den Sozialwohnungen und 8 Prozent bei den öffentlichen Stellen persönliche Vorteile erfahren. Negative Erfahrungen werden von Italienischsprachigen deutlich häufiger angegeben (vgl. Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT 2000, 79–81).

Eine breite Aufklärung der Bevölkerung über die Vorteile der Autonomie und die Rechtmäßigkeit und Angemessenheit einer nach Sprachgruppen ausgewogenen Stellenbesetzung ist nicht versucht worden und entsprach zur damaligen Zeit auch nicht dem Verständnis von Governance. Somit wurde die Autonomie als Terrain der politischen Auseinandersetzung genutzt. Mit ethnischen Aufhängern insbesondere vor den Wahlen die Emotionen zu schüren, war immer wieder ein politisch gewinnbringendes Unterfangen: Es reicht offensichtlich, Stimmungslagen wortgewaltig widerzuspiegeln und Maximalforderungen zu stellen, deren Einlösung nicht überprüft wird.

Die reale Entwicklung im Lande bietet umfangreiches empirisches Beweismaterial dafür, dass auch ohne Maximallösung im Rahmen der erkämpften Autonomie mit viel Fleiß, Beharrlichkeit und Seriosität herausragende Ergebnisse erzielt werden konnten. Was die Korrektur des Missverhältnisses in der Besetzung der Staatsstellen und in der Wohnbaupolitik angeht, wären ohne konkrete Maßnahmen und entsprechende juridische Instrumente zur Durchsetzung derselben wohl kaum jene Fortschritte in der Gleichstellung der Sprachgruppen im Staatsdienst erzielt worden, die bereits 1999 feststellbar waren. Die Komplexität der Verzahnung von Stellenproporz und Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung ist der zu entflechtenden historischen Verzerrung der Stellenbesetzung im Staatsdienst geschuldet. Es ging bei dem Maßnahmenpaket um die Abwägung des Gewichts zweier unterschiedlicher Rechtsgüter: dem der individuellen Freiheit, kein Sprachgruppenbekenntnis abzulegen, und dem der Behebung einer so drastischen wie ungerechtfertigten Beschneidung der Bürgerrechte, wie sie das faschistische Regime mit der Entfernung der einheimischen Beamten aus den Staatsverwaltungen vollführt hatte. Die Beteiligung der Angehörigen einer sprachlichen Minderheit am öffentlichen Beamtenapparat war nach den Schrecken der faschistischen Ära eine grundlegende Voraussetzung für die Herausbildung einer staatsbürgerlichen Identität im seit 1919 neu geschaffenen nationalstaatlichen Kontext.

10. Proporzanwendung in den Lokalverwaltungen

Im Bereich der Lokalverwaltungen geht die Anwendung des Proporzsystems bereits auf das Erste Autonomiestatut zurück. Der Proporz war in diesem Falle laut Artikel 54 (genauso in Artikel 61 Abs. 1 des neuen Autonomiestatuts von 1972 übernommen) nur für die „Organe“ der örtlichen Körperschaften und nicht für die staatlichen Verwaltungen vorgesehen. Diese Bestimmung ist jedoch sowohl von den Lokalkörperschaften als auch von der staatlichen Regierung und dem Staatsrat übereinstimmend dahingehend interpretiert worden, dass der Begriff „Organe“ auch das Personal als „ausführende Organe“ umfasst. In Ermangelung eines Instruments zur Messung der Stärke der Sprachgruppen für die Besetzung der öffent­lichen Stellen wurde auf die Stärke der Sprachgruppen in den jeweiligen parla­mentarischen (Landtag, Regionalrat) beziehungsweise Verwaltungsorganen (Gemeinderat) Bezug genommen. Die entsprechenden Gesetzesbestimmungen auf regionaler Ebene sind der Artikel 4 des Regionalgesetzes Nr. 5 vom 6. April 1956, der für die Gemeinden vorschreibt, dass der Gemeindeausschuss und die vom Gemeinderat eingesetzten Kommissionen der Zusammensetzung der im Gemeinderat vertretenen Sprachgruppen entsprechen müssen, und Artikel 15 des Regionalgesetzes Nr. 23 vom 7. September 1958, laut dem bei der Einstellung von Personal der Region die Zusammensetzung der Sprachgruppen auf regionaler Ebene berücksichtigt werden muss. Im Bereich der Landesverwaltung hat der Artikel 29 des Landesgesetzes Nr. 6 vom 3. Juli 1959 erstmals die Materie mit der Anknüpfung an die Zusammensetzung des Landtages geregelt (in der Folge durch das Landesgesetz Nr. 40/1988 abgeändert). Durch die Schaffung einer neuen Berechnungsgrundlage für die Konsistenz der Sprachgruppen im Zweiten Autonomiestatut bestand für die lokalen Körperschaften nicht mehr die Notwendigkeit, die „Notlösung“ (Bonell/Winkler 2011, 95) der Anhängung an die Zusammensetzung der gewählten Organe zu verwenden. In der Folge ist mit einer entsprechenden Durchführungsbestimmung (Artikel 23 D.P.R. Nr. 49 vom 1. Februar 1973) auch sogleich bestimmt worden, dass die Sprachgruppenstärke laut Volkszählung für die Zusammensetzung der Kollegialorgane der lokalen Körperschaften ausschlaggebend ist. Erst 1988 fand dies mit dem LG Nr. 40 vom 18. Oktober eine Regelung für die Landesverwaltung und die davon abhängigen Körperschaften und Betriebe.

In den Lokalkörperschaften sind zwischen 1980 und 2010 25.869 Stellen neu geschaffen worden. Aufgrund des Neuaufbaus der lokalen Verwaltungsstrukturen hat die Proporzregelung von vorneherein nicht vordergründig als Korrektiv historischer Usurpationsmaßnahmen fungiert. Damit stand der Nutzen von Proporzanwendung und Zweisprachigkeit als Garantie für die lokale Bevölkerung und als Abschottung der entsprechenden Arbeitsplätze gegen den Zuzug von Arbeitskräften von außerhalb der Provinz Bozen für alle drei Sprachgruppen im Vordergrund, als sich die Debatte um die Proporzanwendung im Staatsdienst und die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung entfachte.

Tabelle 7: Entwicklung der öffentlich Bediensteten in den Lokalverwaltungen

1980*

2010**

Zuwachs

%

Stellen der Lokalkörperschaften

15.545

39.301

24.256

156

1980***

2010

Lehrpersonal

7.000

8.747

1.747

25

* = ohne Lehrpersonal

** = Landesverwaltung, Lehrpersonal in Schulen staatlicher Art, Gemeinden und Gemeindekonsortien, Sanitätsbetrieb und sonstige Körperschaften

*** = bis 1998 im Staatsdienst

Quelle: Peterlini 1980, 146; Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT (2011), 213

Was die Stellenaufteilung nach Sprachgruppen angeht, entspricht sie in den Lokalverwaltungen bereits 1980 weitgehend dem tatsächlichen Verhältnis laut Volkszählung (vgl. die Volkszählungsergebnisse von 1971 in Tabelle 1). Der deutliche Ausbau der Stellenpläne der Lokalverwaltungen erleichterte die Einhaltung des Proporzziels, während dessen Umsetzung in den staatlichen Verwaltungen, wie dargestellt, deutlich langsamer vonstatten ging.

Tabelle 8: Aufteilung der Landesbediensteten* nach Sprachgruppen und Laufbahnen 1980

Stand 1.1.1980

deutsch

italienisch

ladinisch

Summe

Anzahl

n.v.

n.v.

n.v.

5.231

Höhere Laufbahn (A)

62,46

34,57

2,97

100

Gehobene Laufbahn (B)

62,94

35,79

1,27

100

Mittlere Laufbahn (C)

70,83

27,27

1,90

100

Einfache Laufbahn (D)

68,16

30,34

1,50

100

Straßenwärter

73,13

25,21

1,66

100

Förster

94,44

5,56

0

100

Forstwachen und Waldaufseher

89,77

6,25

3,98

100

* = ohne Verwaltungspersonal im Hauptschulamt, in den Schulämtern, in den Staats- und Berufsschulen, abbestelltes, beauftragtes und Ersatzpersonal

Quelle: Peterlini 1980, 114

Ein Vergleich der Stellenaufteilung in den staatlichen und lokalen Verwaltungen in Südtirol zwischen 1980 und 2010 zeigt die auf dem historischen Hintergrund insgesamt sehr positive Entwicklung auf. In der Landesverwaltung entspricht der Stellenanteil der Sprachgruppen insgesamt seit 1980 der Volkszählung. Seit 1988 belegen die Daten, dass dies auch für die Gesamtheit der lokalen Verwaltungen zutrifft. In den oberen Laufbahnen der Landesverwaltung pendelt sich die Präsenz der italienischsprachigen Bediensteten allmählich auf die Konsistenz laut Volkszählung ein (Tabellen 9 und 10).

Tabelle 9: Aufteilung der öffentlich Bediensteten nach Sprachgruppen

Aufteilung der öffentlich Bediensteten nach Sprachgruppen 1988

deutsch

italienisch

ladinisch

Summe

Anzahl Bedienstete Lokalverwaltungen

10.450

5.024

527

16.001

Prozentsatz

65,3

31,4

3,3

100

Keine Daten zu den Staatsbediensteten verfügbar

Aufteilung der öffentlich Bediensteten nach Sprachgruppen 1999

Anzahl Bedienstete Lokalverwaltungen

22.105

9.390

1.161

32.656

Prozentsatz

69,9

26,6

3,5

100

Anzahl Staatsbedienstete a) b)

2.053

1.585

83

3.721

Prozentsatz

55,2

42,6

2,2

100

a) inkl. Bahn, Post, INPS, INAIL; b) ohne Innen- und Verteidigungsministerium

Aufteilung der öffentlich Bediensteten nach Sprachgruppen 2002

Anzahl Bedienstete Lokalverwaltungen

23.995

9.653

1.222

34.870

Prozentsatz

68,8

27,7

3,5

100

Anzahl Staatsbedienstete a) b)

2.011

1.531

75

3.617

Prozentsatz

55,6

42,3

2,1

100

a) inkl. Bahn, Post, INPS, INAIL, INPDAP, Gebietsagenturen; b) ohne Innen- und Verteidigungsministerium

Aufteilung der öffentlich Bediensteten nach Sprachgruppen 2010

Anzahl Bedienstete Lokalverwaltungen

27.512

10.412

1.377

39.301

Prozentsatz

70

26,5

3,5

100

Anzahl Staatsbedienstete a) b)

1.748

1.203

73

3.024

Prozentsatz

57,8

39,8

2,4

100

a) inkl. Bahn, Post, INPS, INAIL, INPDAP, Gebietsagenturen; b) ohne Innen- und Verteidigungsministerium

Quelle: ASTAT-Information (1990), 4; ASTAT-Info (2001), 3; ASTAT-Info (2003), 3; Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT (2012), 32, 36

10.1 Die Entwicklung in der Landesverwaltung

Das Personal der Landesverwaltung ist im Zeitraum von 1980, wo 5.231 Personen aufscheinen (vgl. Peterlini 1980, 114), bis 1990 auf 5.821 angewachsen. 2010 beträgt die Anzahl der Landesbediensteten 12.036, wobei die Lehrpersonen nicht berücksichtigt sind. Ein Vergleich der Daten von 1990 und 2010 zeigt, dass der Anteil der Deutschsprachigen absolut und auch prozentuell deutlich zugenommen hat und über dem Anteil laut Volkszählung 2001 von 69,15 Prozent liegt. Auch bei den italienischsprachigen Landesbediensteten ist ein Zuwachs festzustellen, ihr Anteil ist jedoch unter die Marke der Volkszählung 2001 von 26,47 Prozent gefallen, welche auch die ladinischsprachigen Landesbediensteten verfehlen. Ausgeprägt ist insbesondere die Zunahme der Bediensteten der 8. und 9. Funktionsebene (Tabelle 10).

Tabelle 10: Personal der Landesverwaltung nach Sprachgruppe und Funktionsebene 1990–2010

Deutsch-sprachige

%

Italienisch-sprachige

%

Ladinisch-

sprachige

%

Summe

Alle

1990

3.884

66,7

1.739

29,9

198

3,4

5.821

Alle

2010

8.662

72

2.935

24,4

439

3,6

12.036

Zuwachs

4.778

123

1.196

68,7

241

121

8.+9. FE*

1990

197

57,3

136

39,5

11

3,2

344

8.+9. FE*

2010

1.392

67,4

618

29,9

56

2,7

2.066

Zuwachs

1.195

606,6

482

354,4

45

409

1.722

* 1990 inkl. Generalinspektoren und Generaldirektoren

Quelle: ASTAT-Mitteilungen (1991), 7; Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT (2012), 109

Insgesamt erreichen 2010 die deutschsprachigen Landesbediensteten 72 Prozent, während 24,4 Prozent für die italienischsprachigen und 3,6 Prozent für die ladinischsprachigen zu Buche schlagen. Die deutsche Sprachgruppe weist einen Überhang bei der Besetzung der Stellen mit niedrigerem Schulabschluss von der zweiten bis zur vierten Funktionsebene auf (Tabelle 10).

Tabelle 11: Personal der Landesverwaltung nach Funktionsebene und Sprachgruppe 2010

Funktions-ebene

Deutsch-sprachige

%

Italienisch-sprachige

%

Ladinisch-sprachige

%

Summe

1

20

55,6

15

41,6

1

2,8

36

2

1.345

76,0

364

20,5

62

3,5

1.771

3

338

77,0

78

17,7

23

5,2

439

4

1.377

77,4

327

18,4

74

4,2

1.778

5

725

67,1

323

29,9

32

3,0

1.080

6

2.659

71,0

957

25,5

133

3,5

3.749

7

806

72,2

253

22,6

58

5,2

1.117

8

1.232

67,9

536

29,5

47

2,6

1.815

9

160

63,7

82

32,7

9

3,6

251

8.662

72,0

2.935

24,4

439

3,6

12.036

Quelle: Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT (2012), 109

In den obersten beiden Funktionsebenen ist der Anteil der Italienischsprachigen im Verhältnis zu den Deutschsprachigen merklich zurückgegangen, liegt jedoch noch über dem der Volkszählung. Die Präsenz der Deutschsprachigen hat sich hier prozentuell dem Volkszählungsanteil angenähert, während die Ladinischsprachigen an Boden verloren haben. In der achten und neunten Funktionsebene entfallen 67,4 Prozent auf die Deutschsprachigen, 29,9 Prozent auf die Italienischsprachigen und 2,7 Prozent auf die Ladinischsprachigen.

Von den Führungsaufträgen entfallen in der Landesverwaltung insgesamt 167 Stellen auf deutschsprachige, 67 auf italienischsprachige und 11 auf ladinischsprachige Bedienstete, wie aus der Tabelle 11 hervorgeht. Diese Zusammensetzung entspricht ziemlich genau den Anteilen der Sprachgruppen laut Volkszählung (provisorisch besetzte Stellen sind nicht berücksichtigt).

Tabelle 12: Personal der Landesverwaltung mit Führungsaufgaben nach Sprach­gruppen 2012

Ebene

deutschsprachig

italienischsprachig

ladinischsprachig

Summe

Anzahl

%

Anzahl

%

Anzahl

%

1. Führungsebene

9

3

1

13

2. Führungsebene

29

6

3

38

3. Führungsebene

129

58

7

194

Summe

167

68,20

67

27,34

11

4,50

245

Stellenplan

193

69,40

72

25,89

13

4,70

278

Volkszählung 2011

69,41

26,06

4,53

Quelle: Abteilung Personal der Südtiroler Landesverwaltung (2013)

Auf der Ebene der StellvertreterInnen liegen die deutschsprachigen Bediensteten mit 122 Personen (62 %) ein gutes Stück unter dem Proporzwert, die italienischsprachigen hingegen mit 70 (35,5 %) deutlich darüber, die ladinischsprachigen, auf die wenige Stellen entfallen, erreichen auch hier mit 5 StellvertreterInnen (2,5 %) den Proporzanteil nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Stellvertreterfunktion in der Landesverwaltung grundsätzlich nicht einer Führungsposition entspricht.

10.2 Die Entwicklung in den anderen Verwaltungszweigen auf lokaler Ebene

Aus den Daten zu den Lokalverwaltungen geht in einem Längsvergleich sowohl das stete Anwachsen der Bediensteten hervor als auch deren weitgehende Übereinstimmung mit den Proporzwerten der Volkszählung, wenn sie aggregiert betrachtet werden.

Tabelle 13: Öffentlich Bedienstete der Lokalverwaltungen nach Sprachgruppe – 1999

Stand am 31.12.

Deutsch-sprachige

%

Italienisch-sprachige

%

Ladinisch-sprachige

%

Ins­-
gesamt

Landesverwaltung

6.739

69,50

2.587

26,70

365

3,80

9.691

Lehrpersonen in
Schulen staatlicher Art*

5.293

67,30

2.260

28,70

313

4,00

7.866

Gemeinden und ­Gemeindekonsortien

2.842

63,30

1.465

32,60

185

4,10

4.492

Sanitätsbetrieb

5.033

68,80

2.097

28,60

189

2,60

7.319

sonstige
Körperschaften**

2.198

66,85

981

29,85

109

3,30

3.288

Insgesamt

22.105

67,69

9.390

28,75

1.161

3,55

32.656

* = Unter Sprachgruppe ist hier die Muttersprache zu verstehen

Quelle: ASTAT-Info (2001), 9

Einen Beschäftigungsanstieg verzeichneten zwischen 1999 und 2010 vor allem die Landesverwaltung und der Sanitätsbetrieb mit Zuwächsen von 28,5 beziehungsweise 21,7 Prozent.

Tabelle 14: Öffentlich Bedienstete der Lokalverwaltungen nach Sprachgruppe – 2010

Stand am 31.12.

Deutsch-sprachige

%

Italienisch-sprachige

%

Ladinisch-sprachige

%

Ins-
gesamt

Landesverwaltung

8.662

72,0

2.935

24,4

439

3,6

12.036

Lehrpersonen in Schulen staatlicher Art*

5.926

67,7

2.481

28,4

340

3,9

8.747

Gemeinden und Gemeindekonsortien

3.010

67,6

1.274

28,6

168

3,8

4.452

Sanitätsbetrieb

6.126

70,5

2.316

26,7

242

2,8

8.684

sonstige Körperschaften

3.788

70,4

1.406

26,1

188

3,5

5.382

Insgesamt

27.512

70,0

10.412

26,5

1.377

3,5

39.301

* = Unter Sprachgruppe ist hier die Muttersprache zu verstehen

Quelle: Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT (2011), 213

In der Detailübersicht zu den sonstigen Körperschaften sticht der hohe Anteil der deutschsprachigen Bediensteten in den Bezirksgemeinschaften und Fürsorgekörperschaften sowie der italienischsprachigen Bediensteten im Sonderbetrieb der Sozialdienste Bozen hervor, der durch die territoriale Zuordnung der sprachgruppenmäßigen Zusammensetzung zu erklären ist.

Tabelle 15: Übersicht zu den sonstigen Körperschaften

Deutschsprachige

%

Italienisch-sprachige

%

Ladinisch-sprachige

%

Summe

Landtag

39

66,1

16

36,6

4

3,2

59

Regionalverwaltung und Regionalrat

56

60,2

34

36,6

3

3,2

93

Bezirksgemeinschaften

1.411

83,0

217

12,7

74

4,3

1.702

Sonderbetrieb ­Sozialdienste Bozen

184

19,9

739

79,7

4

0,4

927

Fürsorgekörperschaften (v. a. IPAB)

1.813

83,0

276

12,6

95

4,3

2.184

Wohnbauinstitut

155

70,8

58

26,5

6

4,7

219

Rundfunkanstalt Südtirol*

27

Handelskammer*

127

Sonstige*

44

Insgesamt

5.382

* = keine Angaben zur Aufteilung nach Sprachgruppen

Quelle: Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT (2011), 213

Ein Vergleich der Daten zum Gesundheitsdienst von 1988 und 2011 zeigt, dass die Verteilung trotz der Schwankungen innerhalb der einzelnen Funktionsebenen insgesamt immer besser der Stärke der Sprachgruppen entspricht.

Tabelle 16: Bedienstete im öffentlichen Gesundheitsdienst nach Funktionsebenen und Sprachgruppen 1988

Funktionsebene

deutsch

italienisch

ladinisch

Summe

Anzahl

%

Anzahl

%

Anzahl

%

1

0

0

0

0

2

389

67,8

172

30,00

13

2,20

574

3

307

75,3

94

23,00

7

1,70

408

4

565

65,2

275

31,80

26

3,00

866

5

21

67,7

10

32,30

0

0

31

6

1.331

71,1

478

25,50

63

3,40

1.872

7

220

62,1

129

36,50

5

1,40

354

8

13

48,1

14

51,90

0

0

27

1. Leiter/in

38

66,7

16

28,10

3

5,20

57

2. Leiter/in

27

47,4

28

49,10

2

3,50

57

3. Leiter/in

17

60,7

10

35,70

1

3,60

28

Assistenzarzt

137

63,1

73

33,70

7

3,20

217

Oberarzt

111

63,8

59

33,90

4

2,30

174

Primar

46

63,0

26

35,60

1

1,40

73

Summe

3.222

68,0

1.384

29,21

132

2,78

4.738

Quelle: ASTAT-Mitteilungen (1991), 7

Tabelle 17: Bedienstete im öffentlichen Gesundheitsdienst nach Funktionsebenen und Sprachgruppen 2011*

Funktionsebene

deutsch

italienisch

ladinisch

Summe

Anzahl

%

Anzahl

%

Anzahl

%

3

653

74,0

210

23,8

20

2,2

883

4

908

71,3

347

27,2

19

1,5

1.274

5

411

67,9

176

29,1

18

3,0

605

6

354

71,2

128

25,8

15

3,0

497

7

2.924

70,9

1.065

25,8

136

3,3

4.125

8

77

68,1

32

28,4

4

3,5

113

9

4

36,4

7

63,6

0

0

11

1. Führungsebene**

740

68,3

319

29,4

25

2,3

1.084

2. Führungsebene***

84

71,2

32

27,1

2

1,7

118

Summe

6.155

70,7

2.316

26,6

239

2,7

8.710

* = ohne Personal mit privatrechtlichem Vertrag und Ersatzpersonal

** = Ärzte, Tierärzte und sanitäre Leiter, die keiner komplexen Struktur vorstehen

*** = Ärzte, Tierärzte und sanitäre Leiter, die einer komplexen Struktur vorstehen

Quelle: ASTAT-Info (2012), 6

In den Körperschaften, die der Kontrolle der Autonomen Provinz Bozen unterstehen, und in den Sonderbetrieben wird laut Landesgesetz Nr. 40 vom 18. Oktober 1988 sichergestellt, dass die Zusammensetzung der Verwaltungsräte die Sprachgruppenverhältnisse laut Volkszählung widerspiegelt. Kritisiert wurde jedoch mehrfach, dass die Funktion des/r Präsidenten/in fast ausschließlich Deutschsprachigen zugestanden wird. Diese Vermutung ist in der Tageszeitung „Alto Adige“ (vgl. Piccoli 2010) im Jahr 2010 aufgrund der in Beantwortung einer diesbezüglichen Landtagsanfrage übermittelten Aufstellung der Verwaltungsratsmitglieder in den Gesellschaften mit Landesbeteiligung geäußert worden.5 Mögliche Asymmetrien bei der Besetzung wichtiger Verantwortungspositionen mittelfristig abzubauen und Transparenz und Qualifikation in den Mittelpunkt der Auswahlverfahren zu setzen, trägt sicherlich zu einem besseren Klima der Verständigung zwischen den Sprachgruppen bei.

Tabelle 18: Übersicht zu den Gesellschaften mit Landesbeteiligung (Daten von 2010)

Gesellschaft

Anteil Land in Prozent

Vom Land nominierte
VerwaltungsrätInnen*

ABD Airport Bolzano Dolomiti AG

100

Engelbert Ritsch (Präsident)

Brenner Autobahn AG

7,6255

Heinrich Holzer, Benedikt Gramm (Vizepräsident) (Ernennung gemeinsam mit der Handelskammer)

Flughafen V. Catullo Verona Villafranca

5,631

--

Areal Bozen - ABZ AG

50

Gerhard Brandstätter (Präsident), Roberto Nicolodi, Hermann Berger

BrennerCom AG

42,35

Alois Kofler, Karl Manfredi, Massimo Torresani

Business Location Südtirol AG

100

Johann Felder (Präsident), Andrea Zeppa, Markus Bernard

Central Parking AG

33

Heinrich Röd, Claudio Cobbe

Eco-Center AG

9,99

Ernesto Scarperi

FINBTB

0,000264

--

Großmarkthalle Konsortium

10

Umberto Meneghelli

Institut für innovative Technologie I.I.T.

20

Walter Huber (Präsident)

Interbrennero AG - Interporto

16,7297

Roberto Rubbo

Klimahausagentur

100

Konrad Bergmeister (Präsident), Stefano Fattor, Lodovico Comploj

Konsortium der Beobachtungsstelle für Umwelt- und Arbeitsschutz für die Arbeiten am Erkundungsstollen des Brennerbasistunnels

50

Walter Huber, Laura Martellato (von der ­Landesregierung ernannte Mitglieder vertreten die Mitglieder des Konsortiums und sind nicht Verwalter)

Körperschaft allgemeines Lagerhaus Bozen

20

Johann Felder (Vizepräsident)

Investitionsbank Trentino-Südtirol

17,488601

Ivano Morandini, Franz Pircher, Rita Dallabona (Ernennung im Einvernehmen mit der Region)

Messe Bozen AG

63,468

Gernot Rössler (Präsident), Arrigo Simoni (Vizepräsident), Herbert Fritz

Sadobre AG

53,06

Franz Spögler (Präsident), Dario Stablum ­(Vizepräsident)

SEL AG

93,88

Klaus Stocker (Präsident), Karl Ferrari, Konrad Pfitscher, Giorgio Carnielli (Vizepräsident)

SMG Südtirol Marketing AG

50

Reinhold Marsoner (Präsident), Hansjörg Haller

STA Südtiroler Transportstrukturen AG

100

Dieter Schramm (Präsident), Josef Negri (zurückgetreten am 3. November 2009), Domenico Ardolino (Vizepräsident)

STR Brennerschienentransport AG

3

Südtiroler Informatik AG

64,865

Walter Crepaz (Präsident), Eros Magnago, Florian Zerzer, Kurt Pöhl

TFB-Tunnel ferroviario del Brennero Finanziaria di Participazioni AG

6,187

Hermann Berger

Therme Meran AG

99,874

Andreas Cappello (Präsident), Roberto Ragazzi (Vizepräsident), Ingrid Walch-Hofer, Thomas Aichner, Hansjörg Haller

TIS Techno Innovation Südtirol KAG

60,284

Maurizio Bergamini, Ulrich Stofner

* Folgende Neubesetzungen der PräsidentInnen sind zwischen 2010 und 2012 vorgenommen worden: Flavio Ruffini, Klimahausagentur (2010), Martha Gärber, Busines Location AG (2011), Wolfram Sparber, SEL AG (2011).

Quelle: Amt für Finanzaufsicht (2010)

Was das Personal der Körperschaften angeht, die vom Land abhängen beziehungsweise seiner Gesetzgebung unterstehen, sieht das 40er-Gesetz vor, dass in den Stellenplänen der genannten Einrichtungen die Zusammensetzung der Sprachgruppen laut Volkszählung berücksichtigt wird, und zwar mit Bezug auf das Gebiet, in dem die Körperschaft oder Gesellschaft ihre Tätigkeit ausübt. Ihren Sitz haben die meisten davon in Bozen, weshalb sie für die Bevölkerung in diesem Raum attraktive Beschäftigungspole darstellen. Zumeist betrifft die Tätigkeit jedoch das gesamte Land und der Bezugswert für die Proporzanwendung ist somit der der Volkszählung. Es liegen keine Daten dazu vor, wie es mit der Umsetzung dieser Grundsätze in den einzelnen Sonderbetrieben aussieht, die ja durchaus unterschiedliche juridische Konfigurationen und Zielbestimmungen aufweisen. Vermutungen zur sprachgruppenmäßigen Konsistenz der MitarbeiterInnen sind deshalb unangebracht. Zu überprüfen wäre unter anderem, ob die Umsetzung der Proporzbestimmungen jeweils durch betriebsinterne Rechtsakte verankert werden muss und dies erfolgt ist.

11. Flexibilisierungen der Proporzregelung

Ab den 90er-Jahren hat infolge des Legislativdekrets Nr. 354 vom 9. September 1997, mit welchem die Ergänzung des Proporzdekrets mit einem neuen Artikel 32 bis vorgenommen worden ist, eine Praxis der flexibleren Handhabung des Proporzinstruments eingesetzt: Die ausgeschriebenen Stellen in den privatisierten staatlichen Verwaltungen beziehungsweise Staatsbetrieben und den lokalen staatlichen Körperschaften INPS, INAIL und INPDAP können demnach den BewerberInnen einer anderen Sprachgruppe laut der Rangliste des Wettbewerbsergebnisses zugesprochen werden, sofern für die betreffende Sprachgruppe entsprechende Stellen vorgesehen sind. Im Rahmen der Landesverwaltung und der mit Landesgesetz geregelten Körperschaften und Betriebe bildeten das LG Nr. 40/1988 sowie die entsprechende Durchführungsverordnung (Dekrete des Landeshauptmannes Nr. 21 vom 23. Juni 1997 und Nr. 20 vom 30. Mai 2003) und die Grundlage für eine Flexibilisierung der Proporzanwendung, wobei jeweils Kompensationen beziehungsweise spätere Rückgaben im Falle der Überschreitung der Kontingente vorgesehen sind.

Einen großen Schritt zur Etablierung des meritokratischen Grundsatzes bei Stellenbesetzungen in der Landesverwaltung stellt der Verzicht auf die sprachgruppenmäßige Zuordnung bei der Neubesetzung von Führungspositionen dar, eine Praxis, die sich seit geraumer Zeit etabliert hat. Stellenausschreibungen ohne Sprachgruppenzuordnung finden insbesondere für bestimmte technische Berufsbilder und auch für die anderen Funktionsebenen Anwendung.

Für die Akzeptanz und die juridische Tragfähigkeit des Proporzsystems von Bedeutung sind auch die Erleichterungen durch die Reform der Zweisprachigkeitsprüfung im Jahr 1999, die einen Anstieg der positiven Abschlüsse von 40,2 Prozent auf 60,6 Prozent bewirkte (vgl. Bonell/Winkler 2011, 143). Aufgrund des Gesetzesdekrets Nr. 86 vom 14. Mai 2010 werden nun zehn Jahre nach dem EuGH-Urteil zur causa Angonese auch anderweitig erworbene Sprachzertifikate mit Bezug auf den europäischen Referenzrahmen anerkannt, der auch für die angekündigte neuerliche Reform der Zweisprachigkeitsprüfung als Richtschnur herangezogen und sie europatauglich machen wird. Zudem ist festgelegt worden, dass das Bestehen von Oberschulabschluss und Hochschulabschluss in jeweils unterschiedlichen Sprachen zusammengenommen ebenfalls als Zweisprachigkeitsnachweis anerkannt werden.

12. Auf der Suche nach Zukunftsmodellen

Zehn Jahre nach Ablaufen der gesetzten Frist für die Gültigkeit des Proporzsystems können in einer Zwischenbilanz zwei Dinge festgestellt werden: Die Korrektur der Ausgrenzung der deutschsprachigen Minderheit im Staatsdienst und bei den Sozialwohnungen ist gelungen, auch wenn deren Ziele im Staatsdienst noch nicht im anvisierten idealen Maß erreicht worden sind. Die umfassende Anwendung des Proporzsystems in den lokalen und staatlichen Verwaltungen in Südtirol hat dieses Instrument, gepaart mit der Zweisprachigkeitspflicht, in der Realität schon längst in ein Garantieinstrument für alle Sprachgruppen verwandelt, auch wenn sein Image noch vergangenheitsverhaftet erscheint (vgl. Poggeschi 2005, 329). Dies ist genau zum festgelegten Termin der 30-jährigen Anwendung des Proporzsystems aufgrund des italienischen Berichts auch vom EU-Rat mit der Resolution des Ministerkomitees (ResCMN) vom 3. Juli 2002 offiziell anerkannt worden.

Die Bevölkerung hat die realen Vorteile erkannt. Rein größenmäßig kommt der Proporzanwendung in den lokalen Verwaltungen mit insgesamt über 39.000 Stellen eine weit größere Bedeutung zu als in den staatlichen Verwaltungen, wo inzwischen nur mehr knapp 3.000 Proporzstellen verblieben sind. Es sind bloße politische Konvenienzüberlegungen, die einige politische Gruppierungen davon abhalten, dies offen zu deklarieren. Die angeführten Daten belegen anhand geringer Schwankungsbreiten, dass in den Lokalverwaltungen eine Diskriminierung einzelner Sprachgruppen nicht der Fall ist. In den staatlichen Verwaltungen sind insbesondere in den Ministerien und Fürsorgekörperschaften die Abstände zu den Sollwerten noch hoch und somit weitere Anstrengungen zur Herstellung einer ausgewogeneren Vertretung der Sprachgruppen erforderlich. Zu überprüfen wäre, um es ganz genau zu nehmen, noch die Situation in den lokalen Sonderbetrieben. Aber auch in den staatlichen Verwaltungen und in den privatisierten früheren Staatsbetrieben sollte die Personalpolitik in einem weiteren Rahmen unter Einzug der außerhalb des Landes angesiedelten Referenzinstitutionen beleuchtet werden.

Die Garantiefunktion für die Stabilität der Verteilungsgerechtigkeit der Stellen im öffentlichen Dienst und somit für eine angemessene Teilhabe an der Verwaltung der Autonomie stellt also eine für alle Sprachgruppen positive Zukunftsperspektive dar. Damit wird das Argument entkräftet, dass der Proporz ein Instrument ist, das ein Ablaufdatum hat (welches ja nur für den staatlichen Verwaltungsbereich vorgesehen wurde) und somit mit Erreichen des Ziels der Verteilungsgerechtigkeit obsolet wird. Ohne klare Regeln und ohne entsprechende Messinstrumente könnte das Ziel verwischt und könnten die Gruppenrechte uneinlösbar werden.

Festgestellt, dass Regeln notwendig sind, ist die Frage: Soll der Proporz aufrechterhalten werden oder tritt ein anderes Garantieinstrument an seine Stelle? Bei Beibehaltung der Proporzregel sollte ihre neue Bedeutung als Garantieinstrument für die ausgewogene Beteiligung der Sprachgruppen in allen Zweigen des öffentlichen Dienstes beziehungsweise der Dienstleistungsbetriebe von öffentlichem Interesse gesetzlich festgelegt werden, am besten durch eine entsprechende Bestimmung im Autonomiestatut, die statt des nur auf die staatlichen Verwaltungen bezogenen Artikels 89 eine generelle Regel ohne Befristung einführt. Angedacht ist bereits, die Proporzanwendung temporär auszusetzen, wo ein ausgewogenes Verhältnis erreicht wurde (vgl. Palermo 2011, 6). Stattdessen könnten auch eventuell größere Flexibilitätsspielräume bei den Stellenanteilen der Sprachgruppen vorgesehen werden. Unklug scheint es jedenfalls, ganz auf ein bewährtes Garantieinstrument zu verzichten, ohne dazu ebenso wirksame Alternativen in der Hand zu haben.

Eine Argumentationslinie gegen die Beibehaltung des Proporzes besteht in der auch von der Autonomie Wohlgesinnten vorgebrachten verbreiteten Vermutung, dass Europa den Proporz überflüssig machen werde. Eine solche Fragestellung war bereits Gegenstand einer Umfrage (vgl. Autonome Provinz Bozen-Südtirol/Landesinstitut für Statistik ASTAT 2000, 77–79). Anstatt das angebliche Problem auf eine andere Ebene abzuschieben, wäre es wohl eher angebracht, eigene Gestaltungsspielräume auf lokaler Ebene auszuloten und zu nutzen. Rechtlich gesehen, muss innerhalb der EU sicherlich die Freizügigkeit gewährleistet sein, da diese einen Grundsatz des Einigungsprozesses darstellt. Die Mobilität der ArbeitnehmerInnen darf jedoch nicht die Garantie der Verteilungsgerechtigkeit aus der Sicht der sprachlichen Minderheiten unterlaufen. In der Abwägung der beiden Rechtsgüter sind Einschränkungen der Mobilität durchaus legitim, wenn sie diese grundsätzlich gewährleisten und nur spezifische (und durchaus zumutbare) Bedingungen für deren Umsetzung stellen.

Eine zweite Argumentationsschiene greift die Problematik der sogenannten Gemischtsprachigen auf: Die Fakten, die seinerzeit von Alexander Langer gegen eine klare Zuordnung zu einer der drei Sprachgruppen ins Feld geführt worden sind, haben in der Zwischenzeit tatsächlich eine weitere Konsolidierung erfahren. Der Terminus „Gemischtsprachige“ entspricht in der juridischen Logik des Minderheitenschutzes jedoch keiner Gruppe mit einem entsprechenden Schutzanspruch. Es ist also schwierig, in einer Diskussion zu den Maßnahmen des Minderheitenschutzes eine diskursexterne Kategorie zu verwenden. Dies tut dem Umstand, dass es entsprechende gesellschaftliche Sensibilitäten gibt, keinen Abbruch, sondern bestätigt nur, dass die Realität zu komplex ist, um sie ohne Reibungsverluste in vorgefertigte Kategorien zu pressen.

Ist die Integrierung der Gemischtsprachigen und der EU-Bürger in die „Quotensäulen“ (Toggenburg 2005, 485) die einzige Möglichkeit, angesichts einer veränderten Zusammensetzung der Bevölkerung die systemische Logik der Proporzanwendung aufrechtzuhalten, so gilt dies genauso für die inzwischen hier laut ASTAT ansässigen 44.362 Nicht-Eu-BürgerInnen, die einen Bevölkerungsanteil von 8,7 Prozent erreicht haben (ASTAT-Info 2012, 1–2, Daten vom 31. Dezember 2011) und damit die Konsistenz der ladinischen Sprachgruppe um fast das Doppelte übertreffen. Wer Zweifel an der Zuordnungsbereitschaft äußert, dem kann entgegengehalten werden, dass von insgesamt 458.641 Sprachgruppenerklärungen im Jahr 2011 nur 4.934 ungültig waren und ganze 435 weiß abgegeben worden sind. Bei der erstmaligen anonymen Erklärung ergaben sich übrigens in absoluten Zahlen keine großen Veränderungen gegenüber 2001, was die Konsistenz der einzelnen Sprachgruppen angeht. Von den reinen Zuordnungserklärungen entfielen 4.244 (55,7 %) auf die deutsche, 2.959 (38,8 %) auf die italienische und 422 (5,5 %) auf die ladinische Sprachgruppe (vgl. ASTAT-Info 2012). Seitens der ausländischen MitbürgerInnen könnte die sprachgruppenmäßige Zuordnung sehr unpolitisch einfach als eine bürokratische Auflage mehr in einem insgesamt nicht leicht durchschaubaren gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Kontext betrachtet werden, der einfach sehr pragmatisch Folge geleistet wird.

Zu Besorgnis Anlass gibt, dass die umgehende Abschaffung des Proporzes hierzulande den Zielen gar einiger politischer Kräfte entspricht.6 In ganz Europa ist in den letzten Jahren eine erneute Zuspitzung von nationalistischen Ideen und zentralistischer staatlicher Regelungsgewalt zu beobachten, die mit der Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen auf die lokale Ebene wenig am Hut haben und autonomiepolitischen Besonderheiten gegenüber keine wohlgesinnte Einstellung aufweisen. Sollten nationalistische Ausrichtung und zentralistische Tendenzen auf römischer Ebene einen relevanten Einfluss auf die Regierung gewinnen, so könnte das für den Fortbestand autonomiepolitischer Garantieinstrumente unerfreuliche Auswirkungen haben.

Die autonomiefreundlichen Kräfte setzen ihre Hoffnung darauf, dass die Konstellation der Autonomie, die Alexander Langer als „gesetzlich vorgesehenen Kooperationszwang“ bezeichnete, proaktive und demokratisch reife Partner zu einer Neuausrichtung der Werte und der Instrumente von Minderheitenschutz und Territorialautonomie veranlasst. Dieses Veränderungsparadigma wird neuerdings unter dem Titel „Drittes Autonomiestatut“ lebhaft diskutiert, für welches bereits weitreichende Gestaltungsvorschläge (vgl. Palermo 2005, 422–434, Benedikter 2010, 3) eingebracht wurden. Dabei geht es neben technischen Instandhaltungsmaßnahmen vor allem um die umfassende Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger bei der Gestaltung der Autonomie. Gestützt auf die gemeinsame Trägerschaft der Autonomie durch alle Sprachgruppen sind die Interaktionen zwischen den verschiedenen politischen und Verwaltungsebenen auf regionaler, überregionaler, staatlicher und europäischer Ebene als virtuoses Zusammenspiel in einem Netz partnerschaftlich ausgerichteter Stakeholder zu organisieren. Die Verwaltung und Neugestaltung der Autonomie braucht mehr als informelle Beziehungen institutionalisierte formale Ebenen der Meinungsbildung und des Austauschs zwischen den verschiedenen Ebenen und Stakeholdern, die eine Garantie für Transparenz und fortlaufende wohlwollende Begleitung der Autonomieentwicklung darstellen.

Ein neuer Weg könnte hingegen darin bestehen, durch die Überprüfung der Sprachkenntnisse in beiden Landessprachen (vgl. Benedikter 2010) die Filterfunktion der lokal bedeutsamen Zweisprachigkeit zu stärken und auszubauen. Dieser Schritt könnte im Rahmen der Reform der Zweisprachigkeitsprüfung vollzogen werden, den die Landesregierung zu Beginn dieses Jahres angekündigt hat. Unabhängig davon, ob es gelingt, innerhalb der nächsten Legislatur im Parlament ein großes Reformprojekt zur Autonomie voranzutreiben, sollte eine konkrete Maßnahme in umfassenderer Form Anwendung finden, nämlich die, die Stellen auf der Leitungsebene ohne Sprachgruppenvorbehalt auszuschreiben und den KandidatInnen mit dem besten Wettbewerbsergebnis zuzuteilen. Damit wird dafür gesorgt, dass die Besten zum Zug kommen und einer der in den letzten Jahren auf italienischsprachiger Seite größten Sensibilitäten Rechnung getragen wird, nämlich dem Gefühl, dass ihnen ohne Rücksicht auf die Kompetenz der Zugang zu den Führungsebenen weitestgehend verwehrt wird. Die Überarbeitung des Autonomiestatuts ermöglicht schließlich eine Ausweitung der affirmative actions für die ladinische Sprachgruppe, für die nur sehr geringe Schutzbestimmungen im Zweiten Autonomiestatut verankert werden konnten, da diese Sprachgruppe nicht explizit im Pariser Vertrag angeführt worden ist. Eine neue Initiative zum Ausbau der Schutzrechte der Ladiner ist erst kürzlich von der SVP im Parlament in Rom eingereicht worden (vgl. Südtiroler Volkspartei 2012).

Anmerkungen

1 Nationales Sozialversicherungsinstitut, Nationales Institut für die Unterstützung der Arbeitsinvaliden, Nationales Renteninstitut für die Bediensteten der öffentlichen Verwaltungen

2 Zwischen 1985 und 2003 ist die Anzahl der Bediensteten der Eisenbahnkörperschaft in ganz Italien von 216.310 auf circa 100.000 heruntergestrichen worden (vgl. Manente 2007).

3 Vgl. www.altalex.com/index.php?idnot=43688

4 http://conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/157.htm

5 Antwort von Roberto Bizzo, [Landesrat für Innovation, Informatik, Arbeit, Genossenschaften, Finanzen und Haushalt], BZ, 26. 3. 2010, Zl. 14.07/190001 auf die Anfrage von Alessandro Urzì (FLI) 1036/2010. In der entsprechenden Tabelle sind allerdings nur die Namen der FunktionärInnen angegeben und nicht deren Sprachgruppe, weshalb die explizite Zuordnung Einzelner nicht belegt ist.

6 Die Forderung nach Abschaffung des Proporzes wurde 1987 vom Movimento Sociale Italiano MSI im Rahmen eines „Vorschlags zur Reform des Autonomiestatuts“ erhoben. 2008 hat der lokale PDL (Polo delle libertà) dieses Ziel als zentralen politischen Programmpunkt ausgerufen. Gleichlautende Töne kamen wiederholt von der Einmannfraktion von Unitalia, welche dieses Ansinnen auch im eigenen Parteistatut von 1996 verankert hat. Alleanza Nazionale als Nachfolgepartei des MSI hat in abgeschwächter Form Forderungen zur Abänderung des Statuts politisch mitgetragen.

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Abstracts

La proporzionale

Con il secondo statuto d’autonomia è stato introdotto un sistema proporzionale come strumento di governance di un’autonomia territoriale che tenga conto delle mi­noranze. Sulla base del primo statuto d’autonomia, la ­proporzionale trovava applicazione già dalla metà degli anni ’50 come elemento regolativo per assicurare un’equa partecipazione dei gruppi linguistici alla gestione degli enti locali.

Nelle amministrazioni pubbliche e nelle imprese statali privatizzate, dove la proporzionale trovò applicazione a partire dal 1976 come correttivo limitato ad un periodo di tempo di trent’anni, essa contribuì con successo a far sì che la popolazione di lingua tedesca potesse ritrovare il proprio spazio nella società in maniera adeguata. Sebbene in Alto Adige la proporzionale venga spesso etichettata politicamente come un elemento di disaggregazione, essa viene considerata in ambito specialistico un elemento fondamentale per la soluzione cooperativa di situazioni conflittuali. In futuro le competenze linguistiche saranno poste in primo piano, come vero e proprio fattore strutturale, rispetto alla proporzionale. In considerazione della pluralizzazione della società e dell’allontanamento delle contrapposizioni politiche si rende necessario per la sostenibilità dell’autonomia un rafforzamento della dimensione territoriale.

Proporz

Cun le secundo statut d’autonomia àn portè ite n sistem proporzional sciöche stromënt de govern de n’autonomia teritoriala che tëgn cunt dles mendranzes. Sön la basa dl pröm statut d’autonomia é le proporz bele gnü apliché dal 1950 incà tles assoziaziuns locales sciöche elemënt regoladù por ti garantì ai grups linguistics na partezipaziun adatada tl sorvisc publich. Tles aministraziuns statales y tles aziëndes statales privatisades, olache le proporz é gnü apliché dal 1976 incà sciöche elemënt coretif determiné a trënt’agn, àl daidé la popolaziun todëscia da mëte indô pé indortöra a livel sozial. Inće sce le proporz vëgn gonot amarscè te Südtirol sciöche n elemënt de desgregaziun, vëgnel odü te n cërtl spezialistich sciöche elemënt de basa por ester bugn de cooperè te situaziuns conflituales. Tl dagnì gnaràl trat dant ti confrunć dl proporz les competënzes linguistiches dantadöt sciöche fatur strotoral. Sc’an ô ester bugn de portè inant l’autonomia mësson renforzè la dimenjiun teritoriala, sambëgn tignin cunt dla pluralisaziun dla sozieté y dl smorjelamënt dles contraposiziuns politiches.

The proportional system

The second Statute of Autonomy introduced the proportional system as a tool for the governance of an autonomous area taking minorities into account. Under the first Statute of Autonomy the proportional system was applied as of the mid 1950s to ensure that the various linguistic groups would be fairly represented in local authority management.

In the public administration and privatised state-owned companies, where the proportional system was introduced in 1976 as a corrective measure with a 30 year time limit, it proved successful in ensuring that the German-speaking population had a voice in society. Although in South Tyrol the proportional system is often criticised as a divisive factor, specialists view it as a key element for cooperative solutions to conflictual situations. In the future the focus will be on language skills, as a genuine structural factor, rather than the proportional system. Given the increasing diversity of society and the weakening of opposing positions in politics, to make autonomy sustainable it is vital to reinforce the local dimension.