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Günther Lengauer/Günther Pallaver

Jörg Haider als Human Brand

Die politische Marke und ihre Erfolgsfaktoren

1. Die FPÖ, Jörg Haider und seine Wahlerfolge

In der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2008 fuhr Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider mit 1,8 Promille Alkohol im Blut und einer Geschwindigkeit von 142 Stundenkilometern in den Tod. In jener Nacht endete die Karriere eines Politikers, die 1986 kometenhaft begonnen hatte, als der damals 36-jährige Haider zum Obmann der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) gewählt wurde. Die FPÖ gilt als deutschnationale, rechtspopulistische Partei, die sich von anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa durch ihre tief verankerten Wurzeln im Deutschnationalismus unterscheidet, in dem auch die österreichische Tradition des Nationalsozialismus beheimatet ist (Pelinka 2005, 131; Peham 2010).

Mit seiner Wahl zum Parteiobmann eilte auch seine Partei von Erfolg zu Erfolg. 1983 lag die FPÖ bei den Parlamentswahlen bei 5,0 Prozent und nur noch knapp über der 4-Prozent-Sperrklausel. Im Jahr von Haiders Obmannwahl kletterte die FPÖ bereits auf 9,7 Prozent, um 1990 auf 16,6 Prozent zuzulegen. Den Zenit des Wahlerfolgs erreichte Haider 1999, als er mit 26,9 Prozent knapp die Österreichische Volkspartei überholte und zweitstärkste Partei wurde (Plasser/Ulram 2000).

1989 wurde Haider zum Landeshauptmann von Kärnten gewählt, aber 1991 wegen seiner Aussagen über die „ordentliche Beschäftigungspolitik im Dritten Reich“ vom Landtag wieder abgewählt. 1998 wurde die FPÖ in Kärnten und somit erstmals in einem österreichischen Bundesland stärkste Partei. Haider kehrte als Landeshauptmann zurück.

Nach dem großen Wahlerfolg 1999 ging die FPÖ mit der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) eine Koalition ein, was Sanktionen der EU-Mitgliedsländer gegen Österreich nach sich zog. Haider ahnte, dass er als Koalitionspartner noch nicht akzeptiert werden würde und ließ Susanne Riess-Passer den Vortritt als neue FPÖ-Parteichefin (Pallaver 2000, 120). Aber allzu lange hielt es Haider in der zweiten Reihe nicht aus. Immer öfter und immer schärfer trat er als Kritiker der Regierung auf und leitete eine Revolte gegen die eigene Regierungsmannschaft ein. Als Folge davon zerfiel die ÖVP-FPÖ-Koalition und bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Jahre 2002 verlor die FPÖ mit 10,0 Prozent fast zwei Drittel ihrer WählerInnen. Zwei Jahre später zerbrach auch seine Partei. Mit seinen letzten Getreuen trat Haider aus der FPÖ aus und gründete das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), mit dem er bei den Parlamentswahlen 2006 mit 4,1 Prozent der Stimmen knapp den Einzug ins Parlament schaffte (Pallaver/Gärtner 2008).

Haider schien am Ende seiner bundespolitischen Karriere zu sein. Doch nach vielen Misserfolgen hauchte er der vermeintlichen Totgeburt BZÖ doch noch Leben ein. Mit der starken Kärntner Basis feierte der regenerierte Haider bei der Nationalratswahl 2008 mit 10,7 Prozent einen letzten großen und überraschenden Erfolg. Gegenüber 2006 steigerte sich das BZÖ um nicht weniger als 170 Prozent und verdreifachte seine Mandatszahl. Haiders Partei war somit relativ betrachtet der größte Wahlgewinner bei den Parlamentswahlen 2008, und dies, obgleich alle Indikatoren dagegen gesprochen hatten: Das BZÖ erzielte einen Wahlerfolg, obwohl es für die Partei kaum einen Wählermarkt gab. Das BZÖ fischte nämlich im selben Wählersegment wie die FPÖ. Außerdem unterschieden sich die politischen Forderungen des BZÖ nur in Nuancen von jenen der FPÖ.

Haider war in den letzten 20 Jahren die dominierendste und die polarisierendste politische Figur Österreichs gewesen, aber auch über Österreichs Grenzen hinaus erreichte Haider eine durchaus pointierte Bekanntheit (liMes 2000). In den Jahren 2004 bis 2008 erreichte er im Durchschnitt dreimal so viele Suchabfragen auf Google wie der österreichische Bundeskanzler.1 Dies galt im Übrigen für Abfragen aus Österreich ebenso wie für weltweite Suchen nach österreichischen PolitikerInnen.

Dominanz und Bekanntheit bedeuteten im Falle Haiders jedoch keineswegs Konsens. Er galt bei vielen als Visionär, aber auch als Ewiggestriger, als Yuppie und Sozialrebell, Islamfeind und Araberfreund, Globalisierungskritiker und (später) EU-Fan, Staatsmann und Faschingsprinz. Jörg Haider war ein politischer Showman, der stets auf die Bühne drängte und unzählige Male sein Kostüm wechselte (John 2008, 5). Haider war Chamäleon, Held und Heiliger zugleich (Ottomeyer 2009, 177).

2. Haider als Marke

Unter diesen Rahmenbedingungen wäre eine naheliegende Erklärung für den BZÖ-Wahlerfolg 2008, dass Haider, der erst einen Monat vor den Wahlen zum Parteiobmann des BZÖ gewählt worden war, einen brillanten Wahlkampf geführt hat und medial stark präsent gewesen war. Die empirische Datenlage jedoch widerlegt eine solche Annahme, zumal Haider bei den Wahlen des Jahres 2008 fast als Medienloser dastand.

In Anbetracht dieser Ausgangslage lautet unsere These, dass der Wahlerfolg des BZÖ sehr wohl auf die Persönlichkeit von Jörg Haider zurückgeht, dabei darf allerdings nicht seine aktuelle, kurzfristige Performance während des Wahlkampfes und das dabei vermittelte, eher flüchtige mediale Bild des Wahlkampfes des BZÖ und seines Spitzenkandidaten vergessen werden. Nachhaltige Wirkung haben politische Kommunikation, Inszenierung und massenmediale Vermittlung, welche im Zusammenspiel eine eingeführte, etablierte und erfolgreiche Marke ergeben.

Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der KonsumentInnen, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion übernehmen und das (allgemeine) Wahlverhalten prägen (Esch 2009, 22). Es sind Multiplikatoren von Werten, die ein Produkt, eine Dienstleistung, eine Idee oder eine Person glaubhaft, unterscheidbar, unverwechselbar, einmalig und wiedererkennbar machen (Kroehl 2000, 21). Für KonsumentInnen und auch WählerInnen stellt die Marke verdichtete Information, einen information chunk für alle mit ihr verknüpften Assoziationen dar (Jacoby /­
Szybillo / Busato-Schach 1977, 209).

Die Wirkung von Marken auf den Konsumenten ist nicht nur ein rationaler Prozess, sondern lässt sich nur erklären, wenn auch die mit einer Marke verbundenen Gefühle und Erfahrungen betrachtet werden. Marken stellen für den Konsumenten nämlich emotionale Anker dar (Esch 2009, 24). Nicht umsonst orientieren sich Marken immer mehr am erlebnisorientierten Konsumenten, der sich auf dem Vormarsch befindet. Man kauft Marken, die Erlebnis und Gefühl vermitteln und weniger Produkte mit bestimmten funktionalen Eigenschaften (Opaschowski 1998, 30). Erlebnis und Emotion sind somit wichtige Identifikatoren von starken Marken, und dies mag auch für politische Marken gelten.

Unterscheidbarkeit und die Produktion von (Identifikations-)Werten sind letztlich die beiden zentralen Punkte, die eine Marke auszeichnen. Im ersten Falle kommt es durch das aufgebaute Image zu einer Differenzierung gegenüber den anderen. Im zweiten Falle bauen Marken ein Wertesystem auf, mit dem sie zu überzeugen versuchen (Vgl. Gabardi 2009, 298). Sowohl die Markenidentität als Selbstbildnis, mit der zum Ausdruck gebracht wird, wofür die Marke stehen soll, als auch das Markenimage als Fremdbild, mit dem die relevanten Anspruchsgruppen die Marke und ihre Eigenschaften wahrnehmen, werden erst dann greifbar und erfahrbar, wenn sowohl Identität wie Image kommunikativ begründet und vermittelt werden. Denn die Marke wird erst erfahrbar durch die persönliche, vor allem aber durch die massenmediale Kommunikation (Esch 2009, 81).

Der Aufbau von Markenbekanntheit ist eine Sache, das Halten der Markenbekanntheit eine andere. Deshalb ist für eine ständige Aktualisierung der Marke zu sorgen. Dazu dienen immer häufiger Markeninszenierungen, die heutzutage wichtiger als je zuvor sind. Einmal gut eingeführte Marken verfügen dadurch über ein Markenguthaben, in dem sich die vergangenen Kommunikationsmaßnahmen und die Erfahrungen im Umgang mit einer Marke widerspiegeln (Esch 2009, 282, 308).

Markendenken hat vor der Politik nicht haltgemacht. Haider lag und liegt damit in einem allgemeinen Trend. Neben dem Business-Sektor mit der Hotelerbin Paris Hilton oder neben der Kultur mit dem verstorbenen Stardirigenten Herbert von Karajan sind Politiker wie Bill Clinton, Toni Blair oder Barack Obama zu politischen Marken aufgestiegen (Needham 2005). Personen-Marken oder Human Brands bezeichnen in der Öffentlichkeit bekannte Persönlichkeiten, die durch eine gezielte Kommunikation vermarktet werden und emotionale Beziehungen zu KonsumentInnen und in der Politik zu WählerInnen aufbauen sollen (Vgl. Thomson 2006). Wie klassische Produktmarken sollen politische Marken in der WählerInnenschaft Vertrauen bilden, um elektorale Marktanteile zu sichern. PolitikerInnen-Marken sollen sich aber auch von KandidatInnen anderer Parteien unterscheiden und eine einzigartige, lang andauernde und konsistente Bedeutung aufbauen (Smith 2001). Das werbestrategisch etablierte politische Image soll die Wahrnehmung durch die WählerInnen prägen. Diese Wahrnehmung wird nicht nur durch Kommunikationsmaßnahmen geschaffen, sondern durch den sozialen Diskurs, der verschiedenen Markenmanifestationen unterliegt, wie Aktivitäten, Räumen, Personen, Erfahrungen usw. Eine Marke ist demnach ein soziales komplexes System, das aus den Dimensionen soziale Akteure, Markenmanifestationen und Markenbedeutung besteht und durch soziale Interaktionen und Diskurse ständig neu verhandelt wird (Mühlbacher/Hemetsberger 2008).

In diese Dimension fällt, wie in der Eingangsthese festgehalten, auch die Marke Jörg Haider, die nicht nur kommunikativ, sondern sozial konstruiert worden ist, sodass sein politischer Erfolg nicht nur von ihm bestimmt wurde, sondern wesentlich von sozialen Gruppen und Akteuren. In gewissem Sinne hat es Jörg Haider geschafft, sich unabhängig von seiner jeweiligen Referenzpartei (FPÖ, BZÖ) zu profilieren. In diesem Zusammenhang kann die Marke Haider von drei Dimensionen aus definiert werden: von Interessengruppen, von der Markenbedeutung und von den Markenmanifestationen.

Interessengruppen, im Markenkontext auch Stakeholder genannt, beteiligen sich an der Markenentwicklung sowie am sozialen Diskurs rund um die Marke. Sie verhalten sich der Marke gegenüber auf eine bestimmte Art und Weise, tauschen ihre Erfahrungen und Einstellungen durch persönliche oder unpersönliche Interaktionen aus und/oder nehmen verschiedene Rollen ein, die sie zu Sympathisanten, Fans oder Devotees der Marke werden lassen. Der engere Kreis der Stakeholder mit einem hohen Interesse und hoher emotionaler Bindung an die Marke prägen den öffentlichen Diskurs. Um diesen inneren Kreis herum gruppieren sich Markeninteressierte, für die die Marke weniger relevant ist bzw. die mit der Marke eine geringere emotionale Bindung eingehen, aber dennoch zum sozialen Diskurs der Marke beitragen.

Weiters beschreibt die Bedeutung einer Marke jenes Markenwissen, das auf einer individuellen Ebene wahrgenommen und kategorisiert wird und anschließend, sofern die Stimuli als sozial relevant wahrgenommen werden, auf eine kollektive Ebene gehoben und durch soziale Diskurse ständig neu verhandelt und reflektiert wird. Die Marke hängt somit vom Kontext ab, in dem sie erlebt wird, bleibt auch nicht konstant, sondern ändert und erneuert sich ständig im Rahmen des sozialen Diskurses.

Markenmanifestationen stellen sowohl tangible als auch intangible Objekte der Markendeutung dar und können Produkte, Werbung, Events, Aktivitäten und/oder das Verhalten von MitarbeiterInnen umfassen. Was letztlich als Markenmanifestation angesehen wird, hängt von der jeweiligen Wahrnehmung der verschiedenen Interessengruppen ab (Mühlbacher/Hemetsberger 2008).

Im Folgenden soll nun Jörg Haiders Kommunikations-Performance untersucht werden, um dann abschließend die Frage zu stellen, ob Haider seinen letzten Wahlerfolg eher seinem langfristigen Human Branding als seinen kurzfristigen politischen Kommunikationsfähigkeiten und -erfolgen im Wahlkampf 2008 zu verdanken hatte.

3. Haiders Kommunikations-Performance

An dieser Stelle soll die Kommunikations-Performance von Jörg Haider sowohl im Rückblick auf seine letzten zehn Jahre als auch im aktuellen Fokus seines letzten Nationalratswahlkampfes im September 2008 beleuchtet werden, aus dem er und seine Partei BZÖ als der, relativ gesehen, größte Wahlsieger hervorgegangen sind.2 Die Grundlagen dieser Analyse stellen empirische, demoskopische und medien-inhaltsanalytische Datenbefunde zur öffentlichen Wahrnehmung der Person Haider dar, die das Kommunikations-Phänomen Jörg Haider erklärbar machen sollen. Dazu wird seine Wahrnehmung und Wahrnehmungsentwicklung seiner Performance im österreichischen Elektorat und seiner Reflexion in den österreichischen Medien gegenübergestellt, um Divergenzen und Konvergenzen in den öffentlichen Haider-Bildern aufzuzeigen und Erklärungsmuster für seine akzentuierte Wahrnehmung in der Öffentlichkeit herauszuarbeiten.

Einigkeit herrscht in den ExpertInnen-Urteilen zu Jörg Haider darin, dass seine langjährige Kommunikations-Performance als außergewöhnlich bezeichnet werden muss und dass Haider die Art von Politiker war, der unbefriedigte, latente Bedürfnisse sowohl der Bevölkerung als auch der Medien projizierte und bediente (Ottomeyer 2003; Wodak/Pelinka 2002). Uneinigkeit besteht allerdings darin, worin sich dieses österreichische Kommunikations-Phänomen begründet.

Dabei können allerdings nur einige wesentliche Elemente angesprochen werden, die zur Etablierung und zum Aufstieg Jörg Haiders in der Bevölkerungs- und Medienwahrnehmung geführt haben. Haiders außergewöhnliche Stellung im politischen Kommunikationsraum der österreichischen Politik lässt sich zuallererst nicht ohne Berücksichtigung des historischen Kontextes des Landes erklären. Jörg Haider verkörperte von Beginn seiner bundespolitischen Karriere im Jahr 1986 an einen neuen Typus eines österreichischen Politikers, der sich von den bisherigen verbändestaatlich und sozialpartnerschaftlich sozialisierten politischen Akteuren aus dem Schoße der Konsens- und Proporz-Demokratie der Zweiten Republik deutlich abhob. Nicht nur sein sportlicher Jugendkult unterschied Haider vom konventionellen Typus des politischen Funktionärs, sondern und vor allem sein politischer Kommunikationsstil. Er polarisierte den politischen Diskurs von Beginn an, ebenso wie er als Person selbst polarisierte. Er perfektionierte den politischen Aktionismus und die politische Inszenierung und konnte sich damit nicht zuletzt medial nachhaltig in Szene setzen. Jörg Haider war zugleich auch eine Folgeerscheinung der Verfasstheit der österreichischen Identität (Pelinka et al. 2008). Unterentwickeltes nationales Selbstverständnis und -bewusstsein sowie mangelnde Identitätsstiftung erlaubten Jörg Haider, nationales Selbstbewusstsein zu verkörpern und frech gegen die nationalen und internationalen Größen der Politik aufzutreten. Als weiterer wesentlicher historischer Punkt stand Jörg Haider wie kaum ein anderer österreichischer Politiker für die kollektive Rehabilitierung der Kriegsgeneration.

Zugleich präsentierte sich Haider mit seinem betont jugendlichen, modischen Stil als eine Art Popstar der österreichischen Politik, der auch junge Wählergruppen anzusprechen vermochte. Er betrieb Körper-Politik (Belpoliti 2009). Er machte seinen Körper zur Politik. Er personifizierte Politik soweit, dass die Person zur politischen Botschaft wurde. Seine stilisierte Jugendlichkeit wurde zur Ideologie (Otto­meyer 2000). Auch dies war einer jener Aspekte, den kein österreichischer Politiker vor ihm in diesem Ausmaß erkennen ließ und öffentlich einzusetzen wusste. Damit einhergehend verkörperte Haider personalisierte Politik. Bereits im Wahlkampf 1995 etwa war Jörg Haider jener Spitzenkandidat, der seine Partei am häufigsten in den österreichischen Medien vertrat. Fast zwei Drittel der Medienpräsenz von FPÖ-PolitikerInnen entfielen damals allein auf die Person des Spitzenkandidaten Haider (Plasser et al. 1996, 108).

Haider war nicht nur Politiker, sondern zugleich auch ein braungebrannter, vitaler Bergsteiger, Bungee-Jumper, Marathonläufer, Porschefahrer und Sänger traditioneller Volkslieder. Seine Wandlungsfähigkeit war ein weiterer Erfolgsfaktor in der öffentlichen Wahrnehmung. Er gab sich chamäleonartig und zielgruppengerecht einmal als smarter, agiler Yuppie, als attraktiver und sportlicher Neo-Macho (Ottomeyer 2003) und dann als trachtentragender, nationaler Volkssänger. Auf Haider traf in hohem und strategisch zielgruppen-ausgerichtetem Maße zu, was Marco Belpoliti (2009) für Berlusconi formuliert: „Fare una bella figura“.

Ein weiteres Merkmal seiner Politik und Persönlichkeit war die zugeschriebene und vermittelte Authentizität, die er verkörperte. Robert Misik sieht diese Authentizität vor allem in seiner Exzentrik begründet: „Exzentriker verfügen über einen Authentizitätsbonus, der durch ihren Narzismus getragen wird. Ihre Macken, ihre Sucht nach Aufmerksamkeit, ihre Respektlosigkeit, ihr Vorwitz, ihre Ignoranz gegenüber Gepflogenheiten und Realitäten, mit einem Wort, all jene Charaktereigenschaften, in denen sich Exzentrik erweist, heben sie vom Typus des politischen Funktionärs ab, der im schlimmsten Fall nicht mehr ist als das Amt, das er bekleidet“ (Misik 2002, 12). Daneben schöpfte Jörg Haider Sympathie aus seiner Volksnähe und „Berührbarkeit“. Er rezitierte die Rolle des einfachen Mannes, entfaltete in Verbindung mit der Anti-Establishment-Haltung eine Art Robin-Hood-Schema (Ottomeyer 2000, 10; 2009, 10), in dem sich die Rache-Impulse des kleinen Mannes gegen politischen Proporz und die Machtzentren projizierten (Ottomeyer 2000), und zelebrierte daneben eine Sympathie der Allpräsenz. Er begab sich unter das Volk, nicht selten auch in Bierzelte oder Dorfdiscos, was ihm das Attribut Bierzelt-Sozialist einbrachte (Ottomeyer 2009, 20). Somit entwickelte sich Haider zum Du-Landeshauptmann und zum kumpelhaften Politiker, dem man auf die Schulter klopfte und ohne Scheu beim Vornamen rief. Dabei kam seine empathische Kompetenz zum Tragen, von der nicht nur renommierte JournalistInnen des Landes berichten (Rainer 2008, 11).

Das angesprochene Robin-Hood-Schema in Haiders Kommunikation paarte sich mit einem Freund-Feind-Schema. Dieser binäre Code (Sander 2000, 8) gegen das politische Establishment und für den kleinen Mann, gegen die verkrusteten Strukturen der Konkordanz-Demokratie und für eine offene Konflikt-Demokratie sowie gegen Zuwanderer, Asylsuchende und für den redlichen, anständigen, fleißigen Österreicher manifestierte sich schon 1995 in seinem Wahlslogan Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist. Haider verfolgte konsequent eine Rhetorik der Aus- und Abgrenzung (Wodak 2002). „In der politischen Kommunikation wirken solche Ein- und Ausschließungen identitätsstiftend, weil sie einerseits ein feindliches Gegenüber, ein ‚Anderes‘ markieren und andererseits homogene Wir-Gemeinschaften konstruieren“ (Probst 2002, 41). Haider personifizierte die Rute im politischen Fenster. Er verkörperte das Gegenkonzept zur verkrusteten Machtelite der Konsens-Demokratie der Zweiten Republik. Durch die Publizität projizierten und verstärkten die österreichischen Medien all diese angesprochenen Facetten seiner Person und seines politischen Stils, nicht zuletzt deshalb, weil sie der journalistischen Logik und den professionellen Nachrichtenwerten entsprechen und für gesteigerte Auflagen, Reichweiten und Marktanteile sorgen (Plasser et al. 2004, 277). Die Bevölkerung wiederum identifizierte Haider vorwiegend als den Herausforderer und das oppositionelle Regulativ des Establishments, dem man allerdings gleichzeitig selbst kaum politisches Vertrauen entgegenbrachte.

Jörg Haider zählte fast schon traditionell zu den österreichischen SpitzenpolitikerInnen mit den schlechtesten Vertrauenswerten in der Bevölkerung. Im Endwahlkampf 2008 erreichten alle Spitzenkandidaten der Parlamentsparteien negative Vertrauenswerte in der Beurteilung der Wählerschaft.3 Dabei wurde dem Grünen-Chef Van der Bellen (–2 Prozentpunkte) und SPÖ-Obmann Faymann (–9 Prozentpunkte) noch das geringste Misstrauen in der Wahlbevölkerung entgegengebracht. Am Ende des Vertrauensrankings rangierten FPÖ-Obmann Strache (–46 Prozentpunkte) und Jörg Haider (–37 Prozentpunkte) (APA, 16. September 2008). Demgegenüber war Jörg Haider jedoch unbestritten der bekannteste Politiker Österreichs. Er erreichte einen fast 100-prozentigen Bekanntheitsgrad unter den ÖsterreicherInnen (APA, 22. August 2008). Haider war der am klarsten identifizierbare Politiker Österreichs und fand gemeinsam mit Heinz-Christian Strache (FPÖ) in der Bevölkerung am wenigsten Vertrauen im Vergleich zu den anderen SpitzenpolitikerInnen, woran sich auch in der Wahlkampfschlussphase und trotz seiner betont staats­männischen Inszenierung nichts änderte. Trotzdem oder gerade deshalb errang er im Herbst 2008 einen deutlichen Wahlsieg. Haider war bekannt. Es war bekannt, wofür er steht. Er fand Resonanz. Er polarisierte. Er beschäftigte. Er regte auf und an. Jörg Haider war eine eingeführte Marke, die seit 2001 sogar urheberrechtlich geschützt ist. 2008, im Jahr seines Ablebens, wurde der Rechtspopulist und Polit-Popstar sogar zur differenziertesten Marke Österreichs gekürt. Dies ergab die größte Marktstudie des Landes, der Brand Asset Valuator (BAV). Diese Studie zu 900 Marken wurde zwischen Oktober 2008 und Jänner 2009 zum zweiten Mal nach 2006 durchgeführt. 2006 war noch Ferrari die differenzierteste Marke, also jene, die in der Wahrnehmung der ÖsterreicherInnen am eindeutigsten und stärksten identifizierbar war. 2008 war dies Jörg Haider (medianet.at, 29. April 2009). Folglich war Haider auch die prominenteste und bekannteste politische Marke Österreichs.

4. Das Phänomen Haider in den Medien – Das Medienphänomen Haider4

Den Medien wird in den Analysen zum politischen Kommunikationsphänomen Haider ein ganz bedeutender Einfluss zugeschrieben. Sie hätten einem Landeshauptmann aus der Provinz bzw. einem Oppositionspolitiker überdurchschnittlich viel Raum und Publizität eingeräumt. Eine eingehende empirische Analyse und Bilanz der Medien-Performance in Bezug auf das Phänomen Haider soll klären, welche Bedeutung den Medien in der Herausbildung des Kommunikations-Phänomens Haider lang- und kurzfristig zukam. Jörg Haider war aus denselben Gründen für die Medien interessant, die seine politische Persönlichkeit ausmachten und die wir bereits eingehend besprochen haben: der binäre Code seiner kommunikativen Inszenierung (Robin-Hood-Schema, David gegen Goliath, etc.), seine Privatisierung des Politischen und sein Jugendkult, seine personalisierte Körper-Politik und seine kommunikative und inhaltliche Polarisierung, sein Celebrity- und Glamour-Faktor, sein Aktionismus und seine Inszenierungsfähigkeit, seine Unkonventionalität und Wandlungsfähigkeit, seine Unberechenbarkeit und seine Überraschungsfähigkeit.

Seine Stilmittel und seine Persönlichkeit deckten sich zu einem großen Teil mit der Nachrichtenlogik der Medien. Haider polarisierte sprachlich, inhaltlich und systematisch. Er forderte das etablierte System heraus und provozierte die Mächtigen, ebenso polarisierte er inhaltlich mit seiner Rabiat-Politik (Lackner 2009), wenn es etwa um die Ausländerfrage ging. Er war konnotiert als politischer Rebell, als Bad Guy und Robin Hood zugleich. Diese Faktoren machten Haider-Schlagzeilen journalistisch erzählenswert und zum publikumsmaximierenden Nachrichtenwert (Plasser et al. 2004, 277). Haider profitierte somit von den Medien in einem ähnlichen Ausmaß, wie die Medien von Haider profitierten. Obwohl die Berichterstattung zu seiner Person mehrheitlich kritisch war (z. B. Lengauer 2007; APA-MediaWatch/Lengauer 2009b), war er bis zu seinem Tod unbestritten der mediale Dominator, und Wahrnehmung und Wiedererkennung sind Voraussetzungen für eine erfolgreiche und nachhaltige Image- und Markenbildung.

Das Spiel zwischen Haider und den Medien war ein wechselseitiges, nachhaltiges und mündete offenbar in eine Win-win-Situation. Unabhängig von seiner jeweils aktuellen politischen Stellung und seinen formellen Macht- und Einflussmöglichkeiten gaben ihm die österreichischen Medien überproportionalen Raum und Publizität. Joachim Riedl, ein renommierter österreichischer Journalist, analysierte dabei die Rolle der Medien selbstkritisch:

„Erst mit tatkräftiger Hilfe der Medien konnte sich einst das Nachwuchstalent Haider zu einer dominanten Figur entwickeln. Sie waren jene unverzichtbaren Verstärker, die es dem dünnen Stimmchen aus der Provinz ermöglichten, sich weltweit Gehör zu verschaffen. Endlich war damals eine Figur gefunden, die grell aus dem politischen Grau hervorstach.“ (Riedl 2009, A1).

Die Medien profitierten von den erhöhten Verkaufszahlen von Haider-Titelgeschichten (Die Presse 2008, 26), und Haider profitierte und profilierte sich durch diese Medienpräsenz als der bekannteste Politiker Österreichs des letzten Jahrzehnts. Haider stellte damit für die Medien eine politische Cashcow dar, die ihn zum, wenn auch nicht vertrauenswürdigen, Polit-Popstar hochstilisierten. Dabei war es nicht nur die Boulevardpresse, die ihm Aufmerksamkeit widmete, sondern auch und vor allem der investigative Qualitätsjournalismus. Haider verstand es wie kaum ein zweiter österreichischer Politiker, auf der Klaviatur der Medien zu spielen. Er lieferte Stoff für alle Medienformate, egal wo sie sich ideologisch oder gesellschaftspolitisch positionierten und wie die Grundhaltung ihm gegenüber anzusiedeln war. Haider nahm den kritischen Tenor der Medien in Kauf. Er wurde zu einer ikonografischen Mediengestalt der österreichischen politischen Landschaft, deren Bedeutung sich durch die permanente Interaktion zwischen sich, den Medien und dem Publikum weiter nährte und stärkte. Joachim Riedl resümiert dazu: „Dieser Dompteur der veröffentlichten Meinung führte das gesamte Gewerbe, und beileibe nicht nur das österreichische, wie einen Tanzbären am Nasenring durch die Manege. Alle spielten artig mit. Nicht nur weil der ranke Coverboy gute Geschäfte versprach, sondern hauptsächlich deshalb, weil eine merkwürdige Form der Faszination die Medienöffentlichkeit erfasst hatte, die mal in Idolatrie, mal in Dämonisierung ihren Ausdruck fand“ (Riedl 2009: A1).

In der Folge präsentieren wir empirische Ergebnisse, die die These des Medien-Phänomens Haider bzw. des Phänomens Haider in den Medien näher beleuchten sollen. Einmal betrachten wir die Berichterstattung aus einer Langzeit-Perspektive und bilanzieren außerdem seinen letzten erfolgreichen Nationalratswahlkampf 2008 aus der medialen Sicht.

Zu den wichtigsten politischen Informationsplattformen Österreichs zählt die Hauptabend-Nachrichtensendung Zeit im Bild 1 des öffentlich-rechtlichen Senders ORF mit einer durchschnittlichen täglichen Reichweite von knapp einer Million ZuseherInnen, was ca. 14 Prozent der Bevölkerung entspricht (Plasser und Lengauer 2010, 33). Stellt man dabei die Redezeit, die Jörg Haider in den letzten zehn Jahren in der Zeit im Bild 1 auf seine Person bündeln konnte, den O-Ton-Sekunden der anderen Bundesparteichefs bzw. dem Landeshauptmann des größten österreichischen Bundeslandes Wien (Michael Häupl) gegenüber, dann ergeben sich folgende Relationen, was die langfristige TV-Redezeit in der wichtigsten Nachrichtensendung des Landes betrifft.

Im letzten Jahrzehnt seiner politischen Tätigkeit kam Jörg Haider auf nicht weniger als 2 Stunden und 48 Minuten Redezeit in der Zeit im Bild 1. Dennoch zeigte sich eine deutlich abgeschwächte O-Ton-Präsenz gegenüber den Parteichefs der beiden großen Volksparteien ÖVP und SPÖ. Nach dem Ausstieg aus der Bundespolitik im Jahr 2000 nahm Haiders O-Ton-Frequenz ab, allerdings kam er weiterhin deutlich häufiger zu Wort als etwa sein Amtskollege Landeshauptmann Michael Häupl aus Wien. Bezieht man alle österreichischen PolitikerInnen in das Zehn-Jahres-Ranking der O-Töne in der Zeit im Bild 1 ein, dann belegt Jörg Haider hinter den Bundeskanzlern Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer den dritten Platz. Obwohl somit dem Bundeskanzler bzw. dem Parteichef der SPÖ über den ganzen Zeitraum deutlich mehr Redezeit zugestanden wurde, war Haider der mit Abstand präsenteste Landespolitiker in den österreichischen Hauptnachrichten. Also lässt sich auch hier ein langfristiger, nachhaltiger Haider-Präsenzbonus nachzeichnen, der ihm deutlich mehr Publizität verlieh, als sein formaler politischer Rang in Österreich vermuten ließe.

Schaubild 1: Redezeit österreichischer PolitikerInnen in den ORF-Hauptnachrichten 1999–2008

Sendesekunden von PolitikerInnen-O-Tönen.

Quelle: APA-MediaWatch/Lengauer (2009a)

Ein noch wesentlich ausgeprägterer Haider-Präsenzbonus bringt die Langzeitanalyse der Print-Berichterstattung zutage. Haider schaffte es nicht nur auf die Coverseiten von international renommierten Nachrichtenmagazinen wie „News­week“ und „Times“, sondern vor allem auf das Cover des führenden österreichischen Nachrichtenmagazins „profil“. Dieses österreichische Nachrichtenmagazin erscheint seit 1970. Im Allzeit-Ranking der Cover-Stories von 1970 bis 2008 liegt Jörg Haider mit nicht weniger als 69 Titelseiten-Präsenzen unangefochten an der Spitze.5 Keine andere Person schaffte es öfter auf die Titelseite als Jörg Haider. Dabei erschien sein erstes Cover 1983. An zweiter Stelle rangiert Wolfgang Schüssel, der zwischen 2000 und 2006 österreichischer Bundeskanzler war, mit 47 Titelstories, die seine Person involvieren. Bruno Kreisky, Bundeskanzler zwischen 1970 und 1983, erreicht insgesamt 43 Titelstories im „profil“. Unter den Top 10 im Präsenzranking der österreichischen PolitikerInnen auf dem „profil“-Cover findet sich nur eine Person, die nie Mitglied einer österreichischen Regierung oder Bundespräsident war, und dies ist Jörg Haider auf Platz 1.6 Allein im Jahr des FPÖ-Regierungseintritts schaffte es Haider nicht weniger als neunmal auf die Titelseite des renommierten, investigativen Nachrichtenmagazins. Die Hälfte seiner Titelstories entfielen auf die letzten zehn Jahre. Dabei ist es ein offenes Geheimnis der Branche, dass die Haider-Cover regelmäßig zu den meistverkauften Ausgaben zählten. Auch wenn das „profil“ traditionell und eindeutig als Haider-kritisch einzustufen ist, die mediale Plattform, die ihm dieses Nachrichtenmagazin geboten hat, kann als historisch bedeutend bezeichnet werden. In den österreichischen Tageszeitungen zeichnete sich ein ähnliches Bild ab. Auch dort dominierte Jörg Haider die politische Berichterstattung dieser letzten zehn Jahre.

Schaubild 2: Präsenz von Spitzenpolitikern in den österreichischen Tageszeitungen 1999–2008

Anzahl der Beiträge mit Nennung Haiders bzw. des jeweiligen Bundeskanzlers

Quelle: APA-AOM – Eigene Berechnung. Untersucht wurden 14 österreichische Tageszeitungen (Krone, Kurier, Kleine Zeitung, Der Standard, Die Presse, Salzburger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, Oberösterreichische Nachrichten, Kärntner Tageszeitung, Neue Vorarlberger Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten, Neues Volksblatt, Wiener Zeitung, Wirtschaftsblatt).

In den Jahren von 1999 bis 2008 erreichte Jörg Haider mit insgesamt über 153.000 Artikeln in den ausgewählten österreichischen Tageszeitungen 16 Prozent mehr Präsenz als der jeweilige Regierungschef Österreichs. In acht von zehn Jahren erreichte er insgesamt mehr Tageszeitungs-Aufmerksamkeit. Nur 2006 und 2007 gelang es Wolfgang Schüssel bzw. Alfred Gusenbauer als Bundeskanzler stärker präsent als Haider zu sein. Haider war somit der dominierende Akteur, was die Präsenz in der österreichischen Tagespresse der letzten zehn Jahre betrifft, obwohl er zwischen den Jahren 2000 und 2005 kein politisches Amt auf Bundesebene bekleidet hatte. Somit erreichte Jörg Haider vor allem in den österreichischen Printmedien einen enormen Präsenzvorsprung gegenüber allen anderen österreichischen PolitikerInnen, während das öffentlich-rechtliche Fernsehen stärker die Regierungschefs zu Wort kommen ließ. Die Mediendominanz von Jörg Haider bezog sich somit vorwiegend auf die Printmedien, wenngleich ihm auch die TV-Nachrichten im Langzeitvergleich einen vergleichsweise hohen Stellenwert einräumten.

5. Haiders Wahlkampf-Bilanz 2008

Das BZÖ trat bei der Wahl offiziell mit dem personalisierten Titel BZÖ – Liste Jörg Haider an, obwohl Österreich von einem Listenwahlrecht geprägt ist und somit Parteien zur Wahl stehen. Allein aus diesem Umstand war erkennbar, welche Rolle Jörg Haider im Wahlkampf 2008 für das BZÖ einnahm. Wie bereits eingangs erwähnt, konnte das BZÖ unter seinem Spitzenkandidaten Haider den absoluten Stimmenanteil bei der Nationalratswahl 2008 gegenüber 2006 um nicht weniger als 170 Prozent steigern und die Mandatszahl verdreifachen. Relativ betrachtet war das BZÖ mit Parteiobmann Haider der größte Wahlgewinner gewesen.

Der Wahlkampfleiter des BZÖ, Stefan Petzner, fasste die BZÖ/Haider-Wahlkampfstrategie wie folgt zusammen: „Auf der politischen Ebene wurde die Strategie ganz auf den Spitzenkandidaten Jörg Haider und sein Tun in Kärnten ausgerichtet. Die Partei BZÖ trat gänzlich in den Hintergrund“ (Petzner 2008, 67). Diesen Umstand unterstrich der Wahlkampfslogan neben dem Haider-Konterfei auf allen BZÖ-Plakaten: Liste Jörg Haider – Das Original!. Inhaltlich wurde vor allem das personalisierte Erfolgsmodell Kärnten, wo Jörg Haider seit 1999 ununterbrochen Landeshauptmann war, hervorgehoben und als Alternativmodell und Gegenentwurf zur Großen Koalition zwischen den Volksparteien SPÖ und ÖVP stilisiert. Gleichzeitig präsentierte sich Haider im Wahlkampf 2008 nicht nur als polternder Regierungskritiker, sondern verstärkt auch als verantwortungsvoller Landesregierungschef, als elder statesman, der versucht, seine Regierungserfahrung auf Regionalebene herauszustreichen. Gleichzeitig machte Haider im Wahlkampf allerdings auch klar, dass er als Person für Ämter in der Bundespolitik nicht zur Verfügung stehe, sondern in jedem Fall in Kärnten bleiben werde. Der BZÖ-Wahlkampf fokussierte im Wesentlichen auf die folgenden Elemente: Medienpräsenz, Plakatserien und Inserate sowie und vor allem auf die TV-Konfrontationen der Spitzenkandidaten (Petzner 2008, 67ff). Die Wahrnehmung der Parteien-Wahlkämpfe in der österreichischen Bevölkerung zeigte jedoch, dass auch dieser Parameter kein überdurchschnittlich gutes Ergebnis für das BZÖ und Haider erbrachte und somit nur eingeschränkt als Erklärung des Wahlerfolges herangezogen werden kann. In einer Umfrage in der letzten Wahlkampfwoche attestierten 25 Prozent der ÖsterreicherInnen der SPÖ die beste Wahlkampfführung, dahinter rangierten die FPÖ mit 12 Prozent und die ÖVP mit 10 Prozent. Den Wahlkampf des BZÖ bezeichneten nur acht Prozent der ÖsterreicherInnen als den besten (profil, 22. September 2008, 19).

Die Person Haider spielte beim BZÖ-Wahlerfolg 2008 die entscheidende Rolle. Knapp die Hälfte aller BZÖ-WählerInnen gaben in der Wahltagsbefragung an, die Partei vor allem wegen der Person Jörg Haiders gewählt zu haben. Weitere 13 Prozent sahen die BZÖ-Regierungsbilanz in Kärnten (unter der Leitung von Landeshauptmann Haider) als weiteres Hauptmotiv für die BZÖ-Wahl an. Die Person Haider und sein Erfolgsmodell Kärnten waren somit die entscheidendsten Wahlfaktoren für das BZÖ. Daneben spielten die Verdrossenheit gegenüber anderen Parteien und die harte Ausländerpolitik des BZÖ die größte Rolle in der Wahlentscheidung für das BZÖ (Plasser/Ulram 2008, 24).

Tabelle 1: Partei-Spitzenkandidaten als vorrangiges Wahlmotiv

In Prozent der jeweiligen Partei-WählerInnen, die den Spitzenkandidaten als Hauptmotiv für die Wahl angaben

Spitzenkandidat

Hauptwahlmotiv der ParteiwählerInnen

Jörg Haider (BZÖ)

49

Alexander Van der Bellen (Grüne)

19

Werner Faymann (SPÖ)

17

Heinz-Christian Strache (FPÖ)

11

Wilhelm Molterer (ÖVP)

6

Quelle: Plasser/Ulram 2008, 16–24. Repräsentative Wahltagsbefragung 2008, n = 1.800

Haider als Person war für BZÖ-WählerInnen bei deren Wahlentscheidung offenbar fast dreimal so wichtig wie Werner Faymann für SPÖ-WählerInnen oder sogar achtmal so ausschlaggebend wie Wilhelm Molterer für ÖVP-WählerInnen. Er war damit nicht nur der einzige Spitzenkandidat der Parlamentsparteien, der bedeutenden Einfluss auf die Wahlentscheidung für seine Partei ausüben konnte, er war auch derjenige Frontrunner, der mit seiner Person sogar das wichtigste Wahlmotiv innerhalb der Partei-Wählerschaft darstellte. In Bezug auf die gesamte österreichische Wählerschaft blieb allerdings ein signifikanter Vertrauensmalus Jörg Haiders sichtbar. Nur sieben Prozent der WählerInnen hätten Haider auch direkt zum Bundeskanzler gewählt.

Tabelle 2: Kanzler-Plebiszit der österreichischen WählerInnen

Beurteilung der Kanzlerkandidaten in der Wahrnehmung der österreichischen Bevölkerung – in Prozent der Befragten

Wenn Sie den Bundeskanzler direkt wählen könnten,
wen würden sie am ehesten wählen?

Prozent der Befragten

Jörg Haider (BZÖ)

7

Werner Faymann (SPÖ)

21

Wilhelm Molterer (ÖVP)

15

Alexander Van der Bellen (Grüne)

9

Heinz-Christian Strache (FPÖ)

6

Quelle: SORA 2008, 30. Repräsentative Wahltagsbefragung 2008; n = 1.200

Ein ähnliches Bild ergab sich, wenn die österreichische Bevölkerung beurteilte, wen sie gerne in der nächsten Regierung sehen würde. Abgefragt wurden dabei im Wahlkampf 2008 die amtierenden Regierungsmitglieder der damaligen Großen Koalition, alle Parteichefs und die Spitzenkandidaten. In diesem Regierungsfähigkeits-Ranking belegte Jörg Haider mit einem Wert von minus 46 Prozent (Bilanz der Prozentpunkte aus Zuspruch und Ablehnung) den mit Abstand letzten Platz, noch hinter FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (Wolschlager 2008, 7).

Haider spielte somit resümierend in der Wahlkampf-Ausrichtung, als Wahlmotiv und als Agenda-Setter und Projektionsfläche wichtiger Themen- und Motivlagen für die BZÖ-WählerInnen eine ausgesprochen entscheidende und prägende Rolle, auch wenn der Wahlkampfführung insgesamt durch die Bevölkerung keine Bestnote verliehen wurde. Dies änderte allerdings nichts daran, dass Jörg Haider in der österreichischen Gesamtbevölkerung in erster Linie weiterhin als aufmüpfiger Regierungskritiker gesehen wurde, dem man in der letzten Konsequenz allerdings kaum politisches Vertrauen und Regierungsfähigkeit zusprach.

6. Haiders Medienbilanz im Nationalratswahlkampf 2008

Der außergewöhnliche Wahlerfolg Jörg Haiders als Spitzenkandidat spiegelte sich zwar in den Wahlmotiven der BZÖ-WählerInnen eindrucksvoll wider, nicht jedoch in der Bilanz seines Medien-Wahlkampfes. In den reichweitenstärksten TV- (privat und öffentlich-rechtlich) und Radio-Nachrichten (öffentlich-rechtlich) kam er von allen Spitzenkandidaten der Parlamentsparteien am kürzesten zu Wort. Wilhelm Molterer (ÖVP) durfte im Fernsehen und Radio etwa mehr als doppelt so lange für sich selbst sprechen. In den Tageszeitungen, in denen Haider im Langzeittrend der Top-PolitikerInnen Österreichs war, was die Präsenz betrifft, ergab sich ein ähnliches, jedoch leicht abgeschwächtes Bild. Auch dort rangierte er deutlich hinter Molterer (ÖVP) und Faymann (SPÖ). Haider konnte in der Tagespresse nur Van der Bellen (Grüne) hinter sich lassen. Der in der Langzeit-Analyse festgestellte Haider-Präsenzbonus fand sich weder in der TV- und Radio-Wahlkampfberichterstattung noch in den Tageszeitungen in den letzten Wahlkampfwochen. Was die Präsenz und Aufmerksamkeit der Medien betrifft, könnte Haider somit sogar als ein medialer Wahlkampfverlierer tituliert werden.

Tabelle 3: Medien-Präsenz der Spitzenkandidaten im Nationalratswahlkampf 2008

In Prozent der Nennungen bzw. der O-Ton-Sekunden der Spitzenkandidaten

Spitzenkandidaten der ­Parlamentsparteien

O-Ton-Sekunden in den TV-Nachrichten (N = 6.475
O-Ton-Sekunden)

O-Ton-Sekunden in den Radio-Nach­richten (N = 6.416
O-Ton-Sekunden)

Namentliche ­Nennungen in den Tageszeitungen
(N = 15.130 Nennungen)

Jörg Haider (BZÖ)

12,5

14,1

18,0

Wilhelm Molterer (ÖVP)

30,2

28,4

26,9

Werner Faymann (SPÖ)

21,9

20,7

27,1

Heinz-Christian Strache (FPÖ)

18,9

18,0

18,3

Alexander Van der Bellen (Grüne)

16,5

18,8

9,7

∑ 100,0

∑ 100,0

∑ 100,0

Anmerkungen: Erhebungszeitraum: 01. September 2008 bis 24. September 2008. TV-Sendungen: ZiB 9:00, ZiB 13:00, ZiB 17:00, ZiB 19:30, ZiB 20, ZiB 2, ZiB 24, ZiB-Flashes, ATV-aktuell, Sat.1 Austria News, ProSieben Austria News. Radio-Sendungen: Ö1-Morgenjournal, Ö1-Mittagsjournal, Ö1-Abendjournal, Ö3-Nachrichten, Ö3-Mittagsjournal, Ö3-Journal um fünf, Ö3-Nachtjournal. Tageszeitungen: Kronen Zeitung, Kleine Zeitung, Österreich, Kurier, Der Standard, Die Presse, Salzburger Nachrichten, Oberösterreichische Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten, Kärntner Tageszeitung, Neues Volksblatt, Neue Vorarlberger Tageszeitung, Salzburger Volkszeitung, Wiener Zeitung, Wirtschaftsblatt.

Selbst was das medial transportierte Image der Spitzenkandidaten betrifft, spielte Haider im Medienwahlkampf 2008 keine herausragende Rolle. Untersucht wurden dabei die reichweitenstärksten TV-Hauptnachrichten der privaten und öffentlichen Sender, ebenso wie die jeweils zwei reichweitenstärksten Boulevard- und Qualitätszeitungen des Landes. Alle Spitzenkandidaten der Parlamentsparteien wurden dabei medial überwiegend kritisch-negativ dargestellt und vermittelt.7 Faymann erreichte mit einem Image-Wert von –0,06 Prozent noch die beste und eine fast ausgeglichene (neutrale bzw. ambivalente) Medienbilanz. Nur Molterer (ÖVP) und Strache (FPÖ) wurden medial noch deutlicher negativ präsentiert als Haider.

Schaubild 3: Medien-Präsenz und -Image der Spitzenkandidaten im Nationalratswahlkampf 2008

Anzahl der Beiträge mit Nennung des Spitzenkandidaten bzw. arithmetisches Mittel der Spitzenkandidaten-Bewertungen in der Berichterstattung (redaktionelle Texte und Leserbriefe)

Quelle: Austrian National Election Study (AUTNES). Untersuchte Medien: Fernsehen: ORF – Zeit im Bild 1, ATV-aktuell; Tageszeitungen: Kronen Zeitung, Österreich, Der Standard, Die Presse. Untersuchungszeitraum: 31. August 2008 bis 26. September 2008.

Als Media’s Darling konnte Jörg Haider folglich im Wahlkampf 2008 nicht bezeichnet werden, weder was die Präsenz noch was das Image betrifft. Er spielte medial insgesamt keine herausragende Rolle. Somit lässt sich sein Wahlerfolg 2008 nicht durch eine außergewöhnliche Medien-Bilanz erklären. Auch ein eingehender Blick auf die Berichterstattung zum Wahlkampf in der meistgelesenen Zeitung Österreichs, der „Kronen Zeitung“, ergibt kein wesentlich anderes Bild bzw. bestätigt diesen Befund sogar.

7. „Yes, media matters, but …“

Unsere Ausgangsthese lautete: Das BZÖ erzielte im Vergleich zum Stimmengewinn der anderen Parteien bei den Parlamentswahlen 2008 einen beachtlichen und herausragenden Wahlerfolg, obwohl es für die Partei kaum einen Wählermarkt gab. Empirisch lässt sich auch nachweisen, dass der Wahlerfolg im Wesentlichen auf die Persönlichkeit Jörg Haiders zurückging, zumal zwei Drittel der BZÖ-WählerInnen direkt oder indirekt als Wahlmotiv die Person Haiders angaben, nicht aber seine mediale Performace während des Wahlkampfes. Im Gegenteil: Im Vergleich zu den anderen Spitzenkandidaten gelang es Haider diesmal nicht, sich medial groß in Szene zu setzen.

Unsere Antwort lautet deshalb, dass Haiders Erfolg vor allem auf die eingeführte und etablierte Marke Haider zurückgeht. Er war somit nicht auf kurzfristige, durch den Wahlkampf und die Medienberichterstattung zum Wahlkampf angeregte Stimuli angewiesen, um WählerInnen zu mobilisieren, sondern profitierte zuallererst von der Einzigartigkeit, Unverwechselbarkeit und Bekanntheit seiner Marke in der öffentlichen Wahrnehmung.

Haider war 2008 der unzweifelhaft bekannteste Politiker Österreichs mit fast 100 Prozent Bekanntheitsgrad unter der Bevölkerung. Er besaß unter den PolitikerInnen Österreichs das klarste politische Profil und war dadurch unter den politischen Akteuren des Landes am klarsten identifizierbar und galt 2008 als die am meisten differenzierte Marke Österreichs. Man wusste, wo und wofür er politisch stand. Seine rechtspopulistischen Forderungen, mit denen er seine politischen GegnerInnen vor sich her trieb, waren seit Jahren bekannt (gegen das politische Establishment, gegen Ausländer, gegen die Altparteien, gegen die Konkordanzdemokratie etc, verbunden mit deutschnationalem und rechtsextremem Gedankengut). Die Marke Haider war eindeutig unterscheidbar, unverwechselbar, einmalig und wiedererkennbar geworden, emotional aufgeladen, polarisierend und mit hohem Unterhaltungswert.

Bei der Konstruktion dieser Marke haben die Medien eine ganz wesentliche Rolle gespielt, sodass wir die mediale und kommunikative Performance wie folgt zusammenfassen können: „Yes, media matters, but…“. Wir sehen, dass die Medien und dabei vor allem die Tages- und Wochenpresse die Marke Haider hauptsächlich in ihrem langfristigen und nachhaltigen Aufbau unterstützt bzw. diesen erst ermöglicht haben. So hatte die unauffällige Medienperformance und -präsenz von Haider im Wahlkampf 2008 keine nivellierende Wirkung. Die Marke Haider war nicht mehr auf die Medienunterstützung angewiesen. Sie ist etabliert und hat die österreichische Gesellschaft bereits durchdrungen.

Die Medien haben die Marke Haider über Jahre hinweg (mit)konstruiert. Dadurch wurde die Marke bekannt, sogar sehr bekannt. Nicht umsonst war Haider die bekannteste politische Persönlichkeit Österreichs. Marken faszinieren Personen und soziale Gruppen, ziehen diese an. Jörg Haider war es gelungen, eine Gemeinschaftsseele zu schaffen (Le Bon 1982), in der sich sein Volk selbst definierte, während seine Sympathisanten, Fans und Devotees, aber auch seine KritikerInnen und GegnerInnen dank der jahrelangen inzisiven politischen Kommunikation Haiders (als Subjekt) und rund um Haider (als Objekt) am sozialen Diskurs zur Konstruktion dieser Marke fleißig mitwirkten und das Wissen über die Marke Haider ständig förderten. So wurde die Marke Haider durch den ständigen Bedeutungszuwachs ganz wesentlich mitbestimmt (Vgl. Fournier 1999).

Einmal eingeführt und mit Nachhaltigkeit ausgestattet, besaß die Marke Haider ein Markenguthaben.8 Dieses Guthaben führte trotz einer schwachen medialen Präsenz Haiders 2008 zum Wahlerfolg. Nicht die mediale Performance während des Wahlkampfs, sondern das Wirkpotenzial der differenzierten Marke Haider war in erster Linie für den Wahlerfolg ausschlaggebend, wenngleich dies die Medien nicht aus der Verantwortung nimmt, das Entstehen der Marke Haider erst ermöglicht zu haben.

Anmerkungen

1 Eigene Abfragen und Berechnungen auf Grundlage von www.google.at/trends.

2 Gemessen an der Zunahme der Stimmen und Mandate gegenüber der Nationalratswahl 2006.

3 Saldo aus den Prozentpunkten der Befragten, die sagen habe Vertrauen und jenen, die kein Vertrauen in die jeweiligen PolitikerInnen haben.

4 Die empirische Forschungsarbeit für diesen Artikel wurde im Rahmen der Austrian National Election Study (AUTNES), eines Nationalen Forschungsnetzwerks (NFN) des österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF), durchgeführt (Projekt Lengauer: Media Coverage and Effects, S10904-G11).

5 Haider ist bildlich und inhaltlich mit der Cover-Story verknüpft.

6 Eigene Recherche im Profil-Cover-Archiv: www.profil.at/nw1/gen/slideshows/slide/show;profil/cover/1970/;kid;560?flags=nopop;1.

7 Der im Schaubild 3 dargestellte Image-Index ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel aus neutralen, negativen und positiven Bewertungen in Beiträgen mit den Spitzenkandidaten. Der Extremwert -2 bedeutet, alle Berichte zur Person sind negativ. Der Wert +2 bedeutet, alle Berichte zur Person sind positiv in ihrer Tonalität.

8 Wie lange so ein Markenguthaben andauert ist wissenschaftlich umstritten (vgl. Dekimpe/Hanssens 1999).

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Abstracts

Jörg Haider come Human Brand.
La marca politica ed i suoi fattori di successo

La performance mediatica e comunicativa di Haider durante la sua carriera politica può essere riassunta come segue: “Yes, media matters, but…”. I media austriaci hanno svolto un ruolo decisivo sul lungo periodo nella formazione del profilo del marchio Haider. Haider è stato il dominatore mediatico della cronaca politica ed IL marchio politico dell’Austria degli ultimi dieci anni, senza mai aver ricoperto un incarico di governo a livello nazionale. A tale riguardo è evidente che l’immagine critica nel lungo periodo che hanno offerto i media, non lo ha danneggiato; grazie ad essa egli ha potuto porsi e connotarsi come polarizzatore e come provocatore nei mezzi di informazione e nelle menti dei destinatari. Sia i media che la popola­zione lo hanno visto ed caratterizzato come simbolo della critica alle elite politiche e all’establishment fossilizzati. La demonizzazione mediatica ha contribuito moltissimo a rafforzarlo nel ruolo di grande oppositore ed a tenerlo, con ciò, al di fuori della percezione delle elite al potere e dell’establishment. È su questa immagine che si è fon­dato essenzialmente il suo successo nei media e con la “gente”.

Jörg Haider sciöche Human Brand.
La marca politica y sü faturs de suzès

La performance mediatica y comunicativa de Jörg Haider tratan süa cariera politica po gnì trata adöm cun chëstes parores: „Yes, media matters, but...“ I media austriacs à albü na importanza dezisiva por la formaziun dl profil dla marca Haider. Haider é stè le dominadù mediatich dla cronica politica y LA marca politica dl’Austria di ultims diesc agn, zënza avëi mai albü na inćiaria politica a livel nazional. De chësc vers él tler che l’imaja che i media à presentè te na manira critica ne ti à te n tëmp lunch nia fat dann, mo al é ćinamai stè bun de se posizionè y de se profilé ti media y ti ćes dla jënt sciöche polarisadù y sciöche provocadù. Sides i media co inće la jënt à odü y caraterisé Haider imprömadedöt sciöche simbol dla critica ti confrunć de élites politiches incrostades y dl establishment. An s’aspetâ apëna ch’al portass na certa responsabilité da governè y an ne la pretenô pa gnanca. La demonisaziun da pert di media à daidé pro dassënn da le renforzè te süa pert de esponënt dl’oposiziun y da le tignì demez dala perzeziun dles élites che comanâ y dl establishment. Haider é stè l’„amonidù y controladù“ dl sistem politich austriach di ultims vint agn.

Jörg Haider as Human Brand: The Political Trademark and Its Success Factors

Jörg Haider’s media- and communication performance throughout the whole of his political carrier can be summed up in this way: “Yes, media matters, but...” The Austrian media played an important role in the process of building an enduring Haider “brand”. Although he never held a government office on a national level, Haider has dominated the domestic news coverage over the past ten years and embodies THE political brand in Austria. The critical media-image did not damage his reputation, but helped him gain a position as agitator and polarizer in the media and in the perception of the viewer. Both the media and the people conventionalised him to a symbol of criticism at the fossilized political elite and establishment. On the other hand, hardly anyone thought him capable of governmental responsibility—and no one called for it. The media’s demonisation of his person, in fact, consolidated him in his opposition role and kept him outside the perception of the elite and the establishment. This image was the main reason for his success in the media and with the Austrian people.