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Günther Pallaver / Hermann Atz

Die Wahlen zum Europäischen Parlament

Der Wahlsieg der SVP zwischen internen Vorwahlen
und gescheiterten Konkurrenten

1. Einleitung

Die Wahlbeteiligung bei EU-Wahlen ist im Vergleich zu Parlaments- und Landtagswahlen immer niedriger, weil die EU-Wahlen allgemein als second-order elections gelten. 1979 betrug diese bei den ersten direkten EU-Wahlen und neun Mitgliedstaaten 62 Prozent, 2009 lag die Wahlbeteiligung in den 27 Mitgliedstaaten bei 43 Prozent.1

Demgegenüber haben ethnoregionale Parteien einen gegenteiligen Trend zu verzeichnen. Im Gegensatz zu den gesamtstaatlichen Parteien weisen ethnoregionale Parteien bei EU-Wahlen einen im Durchschnitt höheren Mobilisierungsgrad auf, weil das Interesse, sich auf europäischer Ebene zu bewegen, bei ethnoregionalen Parteien offensichtlich groß ist. Die Chance, sich im Parlament von Straßburg Visibilität und Gehör zu verschaffen, führt zu einer intensiven Mobilisierung der eigenen Wählerschichten.

Auch erzielen ethnoregionale Parteien bei EU-Wahlen in der Regel bessere Ergebnisse als bei nationalen Parlamentswahlen, während deren regionale Erfolge oft sehr unterschiedlich sind (Tronconi 2009, 37ff). Ein Grund liegt offenbar darin, dass in den einzelnen Staaten bei EU-Wahlen der Proportionalitätsgrad des Wahlsystems größer ist als bei Parlamentswahlen. Während beispielsweise lediglich in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich und in Belgien die Wahlkreise den jeweiligen Regionen entsprechen, sind die Wahlkreise in den anderen Mitgliedsländern in der Regel größer als die einzelnen Regionen. Außerdem können sich die ethnoregionalen Parteien auf elektorale Hochburgen stützen (vgl. Caciagli 2006).

Obgleich das Verhältniswahlsystem für kleine Parteien vorteilhaft ist, sind die ethnoregionalen Parteien oft trotzdem gezwungen, Bündnisse einzugehen, um an der Verteilung der EU-Parlamentssitze teilnehmen zu können. Solche Bündnisse können mitunter recht heterogen sein und Parteien von unterschiedlichen regio­nalen Zonen (z. B. Partito Sardo d’Azione und Union Valdotaine im Jahre 1989), aber auch ethnoregionale mit kleineren nationalen Parteien zusammenführen (z. B. Unione di u Popule Corsu und die französischen Grünen im Jahre 1994) (Lynch 1998). Diese Trends bei den EU-Wahlen lassen sich auch in Südtirol feststellen. Südtirols (ethno)regionale Parteien räumen der Vertretung im EU-Parlament einen hohen politischen Wert und hohes politisches Prestige ein. Seit jeher sind Südtirols (ethno)regionale Parteien auch mit der Frage der politischen Wahlbündnisse konfron­tiert, da sie aus eigener Kraft kein Mandat für das EU-Parlament erzielen können.

Neben diesen seit jeher relevanten Fragen waren die EU-Wahlen 2009 in Südtirol von folgenden Unbekannten gekennzeichnet, die in erster Linie jene regionalen Parteien betrafen, die bereits bisher im EU-Parlament vertreten waren, nämlich die Südtiroler Volkspartei (SVP) als ethnische Sammelpartei der deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler und die Grünen / Verdi / Vërc als interethnische Partei (Pallaver 2009). Nach den schweren Wahlniederlagen bei den Parlaments- und Landtagswahlen des Jahres 2008 war es offen, ob auch die EU-Wahlen den Negativtrend der SVP fortsetzen würden, und im Gegenzug dazu, ob der Aufwärtstrend der anderen deutschsprachigen Parteien anhalten würde. Dieses Problem betraf auch die Grünen, die bei den beiden Wahlen ebenfalls eine Niederlage einfahren mussten. Für beide politischen Gruppierungen stellten die EU-Wahlen zudem einen ersten Test für die soeben erneuerte Parteiführung dar: In der SVP war der glücklose Parteiobmann Elmar Pichler-Rolle erst kurz vor dem Wahlgang vom neuen Tandem Richard Theiner und Thomas Widmann von der Spitze verdrängt worden, bei den Grünen lösten Brigitte Foppa und Sepp Kusstatscher den bisherigen Parteisprecher Franco Bernard ab, der für das schwache Abschneiden der Liste bei den Landtagswahlen (mit)verantwortlich gemacht wurde.

Das Lager der italienischen Parteien war wiederum von drei anderen Problemkomplexen gekennzeichnet. In der neu gebildeten Partei Popolo della Libertà (PdL), die Ende März 2009 aus der Fusion von Forza Italia (FI) und Alleanza Nazionale (AN) entstanden war, setzten sich die internen Grabenkämpfe fort, die bereits die Parlaments- und Landtagswahlen gekennzeichnet hatten. Die Demokratische Partei (PD), die in Südtirol bei den Parlamentswahlen einen mächtigen Schritt nach vorne gemacht hatte, bei den Landtagswahlen aber wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt worden war, befand sich in einem Transformationsprozess, der sich auf gesamtstaatlicher Ebene ebenfalls aus der Fusion der Democratici di Sinistra (eines Teils der ehemaligen Kommunisten) und der Margherita (eines Teils der ehemaligen Christdemokraten) ergeben hatte. Neben den beiden großen Bündnissen kandidierten die Lega Nord (LN) und Antonio Di Pietros Italia dei Valori (IdV).

2. Südtirols Parteien und Abgeordnete im EU-Parlament

Seit der ersten Direktwahl zum Europäischen Parlament im Jahre 1979 hatten bis zum Wahljahr 2004 insgesamt 18 verschiedene ethnoregionale Parteien bzw. ethnoregionale Koalitionen (bestehend aus mehreren Parteien) einen Sitz im Europäischen Parlament erobert. Darunter befinden sich aber nur zwei Parteien, die bei allen bislang durchgeführten Wahlgängen erfolgreich waren. Es handelt sich um die Scottish National Party sowie um die Südtiroler Volkspartei (Pallaver, 2006, 2007).

Die Präsenz auf europäischer Ebene war und ist für die SVP ein wichtiges politisch-strategisches Ziel. Die SVP hat sich immer mit Nachdruck für den europäischen Einigungsprozess ausgesprochen, in dem sie eine politische, territoriale und ökonomische Dimension erkannte. In den europäischen Institutionen sah die SVP von allem Anfang an einen Bündnispartner gegen den italienischen Nationalstaat. Die These der SVP lautete, je stärker die Union, desto schwächer der Staat Italien. Außerdem bedeutete die zunehmende europäische Integration die allmähliche Beseitigung der Brennergrenze zu Österreich, was mit dem Beitritt Österreichs zur EU im Jahr 1995 und dem Wirksamwerden des Abkommens von Schengen zwischen Italien und Österreich 1998 auch der Fall war.2 Schon vorher hatte die Konzeption eines „Europa der Regionen“ sowie der Vertrag von Maastricht von 1991 die Zustimmung der SVP erhalten. Europa bedeutet für die SVP eine politisch-institutionelle Wiederannäherung an das österreichische Bundesland Tirol (vgl. Pallaver 2004).

Neben dieser politisch-territorialen Dimension ist vor allem der ökonomische Aspekt ein wichtiger Anreiz für die positive Haltung der SVP zur Europäischen Union. Die effiziente Nutzung der Strukturfondsprogramme und anderer ökonomischer Unterstützungsmaßnahmen der EU, insbesondere im Bereich der Landwirtschaft, hat – neben den (erst später) reichlich fließenden Mitteln aus Rom – dazu beigetragen, dass Südtirol zu einer der wohlhabendsten Provinzen Italiens aufsteigen konnte (vgl. Pallaver 2005, 2007a, 5–15).

Aus diesen Gründen war die SVP bestrebt, von allem Anfang an im Europäischen Parlament vertreten zu sein. Aufgrund der Größe der Wahlkreise wäre die SVP allerdings nicht in der Lage, aus eigener Kraft ein Mandat zu erzielen. Für die EU-Wahlen ist Italien nämlich in fünf Wahlkreise eingeteilt (Wahlkreis Nord-West, Nord-Ost, Zentrum, Süden, Inseln), in denen nach dem Verhältniswahlsystem gewählt wird. Der Grund für den beständigen Erfolg der SVP bei EU-Wahlen liegt im italienischen Wahlgesetz zum Europäischen Parlament, das für ethnische Minderheiten eine Ausnahmeregelung vorsieht.3 Laut diesem Gesetz erfolgt die Wahl nach dem Verhältniswahlsystem (Art. 1). Wer eine Liste zu den europäischen Wahlen einreichen will, muss seine Kandidatenliste von 30.000 bis 35.000 Wahlberechtigten unterschreiben lassen (Art. 12). Dies gilt nicht für Parteien, die in der Legislaturperiode, in der die Wahl zum Europäischen Parlament stattfindet, in mindestens einem der beiden Häuser des italienischen Parlaments eine eigene Fraktion bilden oder zumindest mit einem politischen Vertreter in einem der beiden Häuser oder im Europäischen Parlament vertreten sind (Art.12).

Das Gesetz nimmt sodann ausdrücklich auf drei ethnische Minderheiten in Italien Bezug, auf die französischsprachige im Aostatal, auf die deutschsprachige in Südtirol und auf die slowenischsprachige in Friaul-Julisch Venetien. Den politischen Parteien dieser ethnischen Gruppen wird erlaubt, in eine Listenverbindung mit anderen Parteien zu treten (Art. 12). Wenn der Kandidat / die Kandidatin der mit einer anderen Liste verbundenen Minderheitenpartei nicht unter den Gewählten aufscheint, geht der letzte Platz der Liste an den meistgewählten Kandidaten der Minderheitenpartei, vorausgesetzt dass diese mindestens 50.000 Vorzugsstimmen auf sich vereinen konnte (Art. 22).

Unter den fünf EU-Wahlkreisen in Italien kandidieren die Südtiroler Minderheitenparteien im Wahlkreis Nord-Ost mit den Regionen Veneto, Trentino-Südtirol, Friaul-Julisch Venetien und Emilia-Romagna. Die SVP, die auf Landesebene seit jeher eine Koalition mit ihrer ideologischen Schwesterpartei, der Democrazia Cristiana (DC), einging, solange es diese Partei noch gab, war auch auf EU-Ebene von allem Anfang an in eine Listenverbindung mit der DC getreten. Nachdem das italienische Parteiensystem ab 1993 implodiert war, musste sie diesen sicheren Partner durch unsichere Nachfolgeparteien ersetzen. 1994 und 1999 kandidierte die SVP in Verbindung mit dem Partito Popolare Italiano (PPI), der direkten Nachfolge­partei der DC, 2004 mit der Lista Prodi, der Partei des ehemaligen EU-Kommis­sions­präsi­denten. 2009 stand auch diese Partei nicht mehr zur Verfügung, nachdem es zu ihrer Fusion mit den Linksdemokraten gekommen war, sodass – mangels Alter­nativen, aber mit einer gewissen Logik, da sie ja auch auf Landesebene Koalitionspartner der SVP ist – mit der Demokratischen Partei eine Listenverbindung eingegangen wurde. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass es gerade der Wirtschaftsflügel der SVP gewesen war, der während der kurzen Regierung Prodi II (2006 – 2008) vehement gegen deren „kommunistische Maßnahmen“ opponiert hatte. Bei der Listenverbindung mit der Demokratischen Partei für die EU-Wahl blieben hingegen alle ehemaligen Kritikpunkte unerwähnt.

Auf europäischer Ebene verhält sich die SVP nicht wie eine regionale Partei, die sich etwa in der Gruppierung der European Free Alliance organisiert, sondern wie nicht ethnische, überregionale bzw. gesamtstaatliche Parteien. Bei der SVP kommt dies unter anderem dadurch zum Ausdruck, dass sie ihren Bezugspunkt in internationalen Parteiorganisationen hat, wie in der „Europäischen Demokratischen Union“ (EDU) und in der „Europäischen Volkspartei“ (EVP), wo sie einen Beobachterstatus einnimmt. Im Europäischen Parlament ist sie Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) (vgl. Pallaver 2006).

Die SVP ist Südtirols einzige ethnoregionale Partei, die bislang immer einen Vertreter ins EU-Parlament entsenden konnte. Andere ethnoregionale Parteien aus Südtirol, die mit anderen Listen kandidierten, haben nie die notwendigen Stimmen erhalten, um gewählt zu werden. Dennoch saßen bis zu den EU-Wahlen 2009 nicht nur Vertreter der SVP im EU-Parlament. Kandidatinnen und Kandidaten politischer Gruppierungen, die nicht auf die Sonderbestimmungen für ethnoregionale Parteien zurückgreifen konnten, wurden über gesamtstaatliche Parteien nach Brüssel gewählt, zum Teil auch in anderen Wahlkreisen. Dies gilt für die Vertreter der Grünen (Alexander Langer, Reinhold Messner und Sepp Kusstatscher) sowie für die aus Südtirol kommenden Vertreterinnen und Vertreter des PCI / KPI, des Ulivo und des MSI. Die erfolgreichste Konkurrenz zur SVP waren bislang die Grünen / Verdi / Vërc, die zwischen 1989 und 2004 immer einen Südtiroler ins EU-Parlament entsenden konnten.

Tabelle 1: Südtirols EU-Abgeordnete 1979 – 2004

Jahr

Partei

Namen

1979

SVP
PCI/KPI

Joachim Dalsass
Anselmo Gouthier

1984

SVP

Joachim Dalsass

1989

SVP
Grüne/Verdi/Vërc
MSI

Joachim Dalsass
Alexander Langer
Pietro Mitolo (1992–1994)

1994

SVP
Grüne/Verdi/Vërc

Michl Ebner
Alexander Langer (1994–1995)

1999

SVP
Grüne/Verdi/Vërc

Michl Ebner
Reinhold Messner (parteilos)

2004

SVP
Grüne/Verdi/Vërc
Uniti nell’Ulivo per l’Europa

Michl Ebner
Sepp Kusstatscher
Lilli Gruber (2004–2008)

Quelle: Südtiroler Landesregierung (2006, 170–175)

Die EU-Abgeordneten aus Südtirol haben bislang im EU-Parlament immer verschiedenen Fraktionen angehört, obgleich es mit der European Free Alliance (EFA) eine eigene Fraktion für Minderheitenvertreter gibt, die – in Ermangelung eigener Fraktionsstärke (ab 2009: 25 Abgeordnete aus mindestens einem Viertel der Mitgliedsländer) – mit den Grünen eine Fraktionskoalition eingegangen sind (vgl. Pallaver 2007).

3. Die Ausgangspositionen zur EU-Wahl 2009

3.1. Parteien, Listenverbindungen, Wahlempfehlungen

Im Wahlkreis Nord-Ost kandidierten bei den EU-Wahlen 14 Parteien. In der Reihenfolge der Listenplätze waren dies die Liberal Democratici – Movimento Associativo Italiani all’Estero, Partito Comunista dei Lavoratori, Lega Nord, Sinistra e Libertà, Rifondazione e Comunisti Italiani, Movimento Sociale Fiamma Tricolore, Il Popolo della Libertà, Associazione Politica Nazionale Lista Marco Pannella, Unione dei Democratici Cristiani e Democratici di Centro, Italia dei Valori, Forza Nuova, Partito Democratico, L’Autonomia Pensionati.

Von diesen 14 Parteien waren knapp die Hälfte nicht relevant und besaßen im Wahlkampf auch keine Visibilität. Das sollte sich später auch im Wahlergebnis niederschlagen, als Liberal Democratici – Movimento Associativo Italiani all’Estero, Forza Nuova, Partito Comunista dei Lavoratori, L’Autonomia Pensionati, Movimento Sociale Fiamma Tricolore und Rifondazione e Comunisti Italiani allesamt unter einem Prozent der Stimmen blieben. Unter den übrigen acht Parteien befand sich nur die SVP als ethnoregionale Partei. Die Frage ist nun, weshalb die anderen im Südtiroler Landtag vertretenen ethnischen Parteien – Süd-Tiroler Freiheit, Die Freiheitlichen, Union für Südtirol – sich an den EU-Wahlen nicht beteiligt haben. Hindernis war bei allen drei Parteien die Notwendigkeit eines Wahlbündnisses mit einer nationalen Partei, vor allem aber die Einbringung von 30.000 Unterschriften, um kandidieren zu können.

Die Freiheitlichen, nach ihrem Wahlsieg bei den Landtagswahlen 2008 politisch im Aufwind, hatten von allem Anfang an an eine Kandidatur gedacht und suchten nach einem politischen Bündnispartner. Diesen fanden sie in der Lega Nord, mit der die Freiheitlichen Verhandlungen für eine Listenverbindung aufnahmen, um die Sonderregelung (50.000 Stimmen) für ethnische Parteien in Anspruch nehmen zu können. Für ein solches Bündnis hätten die Freiheitlichen aber 30.000 Unterstützungsunterschriften benötigt, was ihnen aussichtslos erschien. Parteien mit einem EU- oder Parlamentsabgeordneten, wie dies bei der SVP der Fall ist, benötigen diese nicht. Die Kandidatur eines Freiheitlichen auf der Lega-Liste ohne Möglichkeit des Hinweises auf das Parteizeichen der Freiheitlichen wurde abgelehnt. Trotz einiger Treffen mit der SVP beschlossen die Freiheitlichen, keine Wahlempfehlung abzugeben (vgl. Leitner 2009).

Die stark auf die Selbstbestimmung ausgerichtete Partei Süd-Tiroler Freiheit kandidierte mit einem ihrer Exponenten auf der Liste „Sociaal Liberale Partij“ in Flandern / Belgien, die Mitglied der 40 Parteien und Bewegungen umfassenden European Free Alliance ist, die ihrerseits seit 2004 als Partei auftritt. Neben dem Kandidaten aus Südtirol fanden sich auf der Liste Kandidatinnen und Kandidaten aus weiteren 8 EU-Ländern (vgl. Klotz / Knoll 2009).

Die Union für Südtirol empfahl hingegen, die Lega Nord zu wählen und dem Südtiroler Kandidaten Robert Janek die Vorzugsstimme zu geben. Die Lega sei ein guter Partner für Südtirol und habe sich bislang gegenüber Südtirol korrekt und freundschaftlich verhalten. Als Begründung für die offene und direkte Wahlempfehlung nannte die Union die positive Haltung der Lega zur Selbstbestimmungsfrage, die durchaus kritische Haltung der Lega gegenüber der Brüsseler Euro-Bürokratie, die klare Zuwanderungspolitik der Lega, deren Ablehnung des Türkeibeitritts zur EU sowie die Haltung der Lega in der Familien- und Sozialpolitik (Taber 2009).

Der Umstand, dass alle drei deutschsprachigen Oppositionsparteien nicht direkt an den EU-Wahlen teilnahmen, vor allem die Freiheitlichen als stärkste Konkurrenz zur SVP auch keine Wahlempfehlung aussprachen, stimmte die SVP optimistisch. Die Partei befand sich nach den verlustreichen Landtagswahlen, bei denen sie erstmals die absolute Mehrheit der Stimmen, wenn auch nicht der Mandate verloren hatte (Atz 2009), in einem psychologischen Tief. Neben den beiden Wahlniederlagen für das Parlament in Rom und den Landtag in Bozen erlebte die Partei einen internen Streit um die Nachfolge des Parteiobmanns Elmar Pichler-Rolle. Dieser war bereits während des Landtagswahlkampfes 2008 unter eine Art kommissarische Leitung des Landeshauptmanns Luis Durnwalder gestellt worden. Seine Ankündigung, beim nächsten Parteitag im Frühjahr 2009, jedenfalls noch vor den EU-Wahlen, nicht mehr zur Obmannwahl antreten zu wollen, hatte er später wieder relativiert, dadurch wieder Unruhe in die Partei gebracht und für eine zunehmende politische Polarisierung in der SVP gesorgt. Schlussendlich verzichtete Pichler-Rolle auf eine Kandidatur, sodass der Arbeitnehmervertreter und Gesundheitslandesrat Richard Theiner als neuer Obmann die Endphase des Wahlkampfes zu bestreiten hatte.

Zuvor hatte noch Pichler-Rolle das Wahlabkommen mit der Demokratischen Partei ausverhandelt.

Auf nationaler Ebene ging die SVP nicht nur mit der Demokratischen Partei, sondern auch mit der Slovenska Skupnost, dem politischen Sprachrohr der slowenischen Minderheit im Friaul, sowie mit dem PATT (Partito Autonomista Trentino Tirolese) aus dem Trentino eine Listenverbindung ein (vgl. SVP 2009).

Außer der SVP gab es nur noch eine Partei, die mit ihrer Liste eine starke territoriale Verhaftung aufwies: die Grünen / Verdi / Vërc, die sich als regionale Bewegung verstehen und mit den gesamtstaatlichen Grünen lediglich konföderiert sind (vgl. Pallaver 2009). Die Grünen waren seit 1989, zuerst mit Alexander Langer, dann mit dem bekannten Bergsteiger Reinhold Messner und schließlich mit Sepp Kusstatscher im EU-Parlament vertreten gewesen (siehe Tabelle 1). Die EU-Wahlen 2009 galten allerdings aus mehreren Gründen als besonders schwierig. Der EU-Abgeordnete der Grünen, Sepp Kusstatscher, hatte lange vor der Aufstellung der Kandidatenliste verkündet, er wolle nicht mehr kandidieren, bis er letztendlich doch noch die Kandidatur annahm und im Tandem mit der Rechtsanwältin und Quereinsteigerin Renate Holzeisen antrat. Besonders problematisch war allerdings die Frage, mit wem die Grünen ein politisches Bündnis eingehen sollten, nachdem sie bereits bei den Parlamentswahlen 2008 mit dem Bündnis „La Sinistra l’Arcobaleno“ (bestehend aus den Listen / Bewegungen: Rifondazione Comunista, Partito dei Comunisti Italiani, Federazione dei Verdi, Sinistra Democratica) die Vierprozenthürde für die Kammer nicht geschafft hatten. Der Umstand, dass im Listenzeichen die Grünen nicht vorkamen, hatte die Südtiroler Grünen sogar kurz überlegen lassen, sich als ethnische Partei zu konstituieren, um das Wahlprivileg zugunsten von Minderheitenparteien in Anspruch nehmen zu können, eine Überlegung, die allerdings schnell wieder fallen gelassen wurde.

Erst wenige Monate vor den Europawahlen hatte die Mitte-rechts-Regierung von Silvio Berlusconi unter Zustimmung der größten Oppositionspartei Partito Democratico eine Wahlhürde von vier Prozent eingeführt (zuvor hatte es ein reines Verhältniswahlsystem gegeben). Damit drohten die Grünen auch mit dem neuen Bündnis, das unter dem Namen „Sinistra e Libertà“ (Linke und Freiheit) zu den EU-Wahlen antrat, zu scheitern. Im gesamtstaatlichen Bündnis waren neben den Grünen weitere vier Parteien / Bewegungen vertreten: Sinistra Democratica, Partito Socialista, Movimento per la Sinistra, Unire la Sinistra (Dolomiten 2009). Bei den gesamtstaatlichen Umfrageergebnissen lag das Bündnis in der Regel immer (knapp) unter der Vierprozenthürde.

Neben den „territorialen Parteien“ der Südtiroler Volkspartei und der Grünen / Verdi / Vërc kandidierten noch weitere sechs Kandidaten auf gesamtstaatlichen Listen. Der Journalist und ehemalige persönliche Referent des Grünen-EU-Abgeordneten Sepp Kusstatscher, Georg Schedereit, kandidierte auf der Liste Italia dei Valori von Antonio Di Pietro. Lidia Menapace, die italienweit bekannte Frauenrechtlerin, die in den 60er-Jahren als DC-Vertreterin die erste weibliche Landes­rätin in der Südtiroler Landesregierung war, kandidierte für Rifondazione Comunista, die Radikale Donatella Trevisan für die Associazione Politica Nazionale Lista Marco Pannella, Robert Janek für die Lega Nord und die für Forza Italia ins Parlament gewählte Michaela Biancofiore für den Popolo della Libertà (vgl. Dolomiten 2009a).

Die Demokratische Partei Südtirols hatte sich bereits im April einstimmig für Karl Trojer als deutschsprachigen Kandidaten ausgesprochen. Seine Kandidatur wurde aber von der Parteizentrale in Rom später abgelehnt. Trojer war wahrscheinlich dem Rotationsprinzip in der Region Trentino-Südtirol zum Opfer gefallen. Bei den EU-Wahlen 2004 war die Südtiroler Starjournalistin Lilli Gruber, wenngleich über den Wahlkreis Zentrum (Hauptstadt Rom und umliegende Regionen), nach Brüssel gezogen, 2009 sollte ein Trentiner Kandidat zum Zuge kommen (vgl. Dolomiten 2009b).

Von allen genannten Kandidatinnen und Kandidaten wurden sowohl Georg Schedereit als auch Robert Janek realistische Chancen für den Einzug ins EU-Parlament eingeräumt. Das hat damit zu tun, dass in Südtirol traditionellerweise – und vor allem von der SVP als Sammelpartei auch massiv gefördert – sehr viele Vorzugsstimmen vergeben werden, während dies in anderen italienischen Regionen kaum der Fall ist. Dieses ungleiche Verhalten der Wählerinnen und Wähler war übrigens auch schon bei früheren Wahlgängen zum Tragen gekommen und hatte zum Beispiel Reinhold Messner, Alexander Langer und Sepp Kusstatscher den Einzug ins Europäische Parlament stark erleichtert.

3.2. Die SVP-Basiswahl

Im Zuge der nach den Wahlniederlagen der SVP einsetzenden Diskussion rund um eine Parteireform war immer wieder von der Notwendigkeit gesprochen worden, die Parteibasis stärker in die relevanten Entscheidungen mit einzubinden. Da der seit 1994 im EU-Parlament wirkende Michl Ebner 2009 nicht mehr für ein weiteres Mandat zur Verfügung stand, sollte dessen Nachfolger über interne Vorwahlen eruiert werden. Damit wollte die SVP an die Erfahrungen mit ihren Vorwahlen bei den Gemeinderatswahlen anknüpfen, wo es vor allem um die interne Bestellung der Kandidatinnen und Kandidaten für das Bürgermeisteramt geht (vgl. Pallaver 2005a).

Grundsätzlich sieht das SVP-Parteistatut vor, dass über die SVP-Europakandidaten der Parteiausschuss entscheidet. Dieser beschließt aufgrund von Vorwahlen in den einzelnen Bezirken, die mit ihren Stimmrechten (über die Ortsausschüsse) die Kandidaten nominieren. Allerdings sind diese Vorwahlen für den Parteiausschuss nicht bindend.

Für die Nominierung des EU-Spitzenkandidaten durch die Basis standen in der SVP drei Varianten zur Diskussion: Die im Statut vorgesehene Wahl, die Wahl durch die Landesversammlung sowie die Wahl durch ein bindendes Mitgliedervotum. Die SVP beschloss schließlich, diese dritte Variante (mit den Vorwahlen in den Bezirken aufgrund der Stimmrechte der Ortsausschüsse) für die Auswahl der potenziellen EU-Kandidaten anzuwenden. Aus den daraus resultierenden Ergebnissen sollte dann über eine Urabstimmung unter den Parteimitgliedern der EU-Spitzenkandidat gekürt werden (Dolomiten 2009b). Für diese Art der Urabstimmung sprach sich Ende Jänner 2009 eine Zweidrittelmehrheit des SVP-Parteiausschusses aus (Dolomiten, 2009c).

Bei der Ortsobleutekonferenz in Nals Anfang Februar 2009 wurde nahezu einstimmig beschlossen, den Kandidaten oder die Kandidatin für die EU-Wahlen über Vorwahlen zu bestimmen. Bei einer solchen Basiswahl sollten mindestens sechs Bewerber auf die Liste gesetzt werden. Die Vorwahlen sollten am 5. April stattfinden, unter die wahlberechtigten Parteimitglieder fielen auch die Minderjährigen zwischen 14 und 18 Jahren. Die Wahlordnung wurde von der Parteileitung am 9. Februar genehmigt (SVP 2009a).

Im Vorfeld der Kandidatennominierung kam es zu verschiedenen personellen Vorschlägen, darunter befand sich unter anderen auch Hans Berger, Landesrat für die Landwirtschaft, der von den SVP-Frauen unterstützt wurde. Bei einer Wahl Bergers wäre nämlich Julia Unterberger als erste Nichtgewählte in den Landtag nachgerückt (Dolomiten 2009d).

Aus den Wahlen auf Bezirksebene traten als Sieger hervor: Christoph Perathoner, SVP-Bezirksobmann von Bozen Stadt und Land, hinter dem die Ladiner, die Wirtschaft und die Senioren wie auch die SVP-Jugend standen. Herbert Dorfmann, Obmann des SVP-Bezirks Eisacktal, Bürgermeister von Feldthurns und ehemaliger Bauernbunddirektor, der vom Südtiroler Bauernbund und von der Südtiroler Bauernjugend unterstützt wurde. Auf Platz drei platzierte sich Rosmarie Pamer, die von den SVP-Frauen und von den SVP-Arbeitnehmern unterstützt wurde. Alois Kofler, ehemaliger Landesrat und Senator, war von den SVP-Ortsobleuten des Sarntals als Kandidat vorgeschlagen worden. Harald Staudacher wurde offiziell von keiner Teilorganisation der SVP unterstützt, während Helmut Pinggera den Bezirk Vinschgau hinter sich hatte.

Tabelle 2: Ergebnisse der Vorwahlen in den SVP-Bezirksausschüssen
(Anzahl der Stimmen)

Christoph Perathoner

Herbert Dorfmann

Rosmarie Pamer

Alois Kofler

Harald ­Staudacher

Helmut Pinggera

766

570

314

226

163

138

Quelle: Der Vinschger, 18.3.2009

Alle Kandidaten wurden angehalten, eine Ehrenerklärung abzugeben, die aufgestellten Wahlkampfregeln einzuhalten, um die interne „par conditio“ zu wahren. Vor allem sollten die Kandidaten bei ihrer Wahlwerbung festgesetzte Limits nicht überschreiten. So sollten jedem maximal fünf Inserate zur Verfügung stehen, Radiospots im Ausmaß bis zu 3.500 Euro sowie eine Sondernummer der Parteizeitung „ZiS“. In Wirklichkeit hielt sich fast keiner der Kandidaten an diese Regeln. Außerdem ergriffen politische Leader, wie etwa Landeshauptmann Luis Durnwalder, der sich vor allem für Herbert Dorfmann stark machte, für einzelne Kandidaten Partei, während den SVP-Ortsgruppen untersagt worden war, Empfehlungen für einen der Kandidaten abzugeben. Einen eindeutigen Startvorteil genossen jene Bewerber, die von einem starken Verband unterstützt wurden. So setzte der Südtiroler Bauernbund erhebliche Ressourcen sowie Personal für die Wahl des ehemaligen Bauernbunddirektors Dorfmanns ein, während die anderen Kandidaten nicht annähernd auf eine solche Unterstützung zählen konnten.

Die Folge davon war, dass Kandidaten ohne große Lobby ihre Kandidatur zurückzogen. Nach dem Rückzug von Helmut Pinggera zuerst und Harald Stauder (Dolomiten 2009e) danach, stellten sich nur noch Perathoner, Dorfmann, Pamer und Kofler der Basiswahl der Parteimitglieder.4

Bei den Vorwahlen am 5. April 2009 waren 55.680 SVP-Mitglieder wahlberechtigt, darunter auch die 14- bis 18-jährigen. Gewählt werden konnte von 8 bis 14 Uhr in 309 Wahllokalen (SVP-Lokale, Dorfplätze, Gasthäuser). In Gröden wurden die Vorwahlen aus organisatorischen Gründen bereits am Donnerstag zuvor (2.4.) bei einer Wahlbeteiligung von 65,54 Prozent durchgeführt (Dolomiten (2009f).

Tabelle 3: Ergebnisse der Vorwahlen in den SVP-Bezirksausschüssen und der
SVP-Basiswahl im Vergleich (Angaben in Zeilenprozent)

Bezirk

Herbert Dorfmann

Christoph Perathoner

Alois Kofler

Rosmarie Pamer

BA*

BW*

BA*

BW*

BA*

BW*

BA*

BW*

Bozen

11,6

27,89

56,3

46,96

17,4

20,77

11,0

4,02

Pustertal

22,6

38,37

51,7

48,62

8,4

7,52

9,8

5,03

Burggrafenamt

24,0

42,42

17,5

26,06

6,0

14,81

26,7

16,05

Eisacktal

53,5

61,23

20,0

25,67

8,0

7,50

13,3

5,32

Vinschgau

21,5

47,45

21,9

28,30

1,2

12,77

14,9

10,58

Unterland

32,4

48,13

29,0

36,11

10,0

8,98

12,8

6,25

Wipptal

43,1

51,02

31,2

27,94

14,7

14,65

8,2

6,05

* BA: Ergebnisse der Vorwahlen in den Bezirksausschüssen; BW: Ergebnisse der SVP-Basiswahl

Die Summen ergeben weniger als 100 Prozent, da bei den Ergebnisses der Vorwahlen der BA zwei weitere Kandidaten angetreten waren, deren Abschneiden hier nicht dargestellt ist, während bei den Ergebnissen der SVP-Basiswahl ungültige Stimmen nicht ausgewiesen wurden.

Quelle: Dolomiten (2009g)

An der Basiswahl beteiligten sich 45,45 Prozent der Parteimitglieder. Von den vier verbliebenen Kandidaten machte schließlich Herbert Dorfmann, der Vertreter des Bauernbundes, das Rennen. Auf Dorfmann entfielen 42,33 Prozent, auf seinen stärksten Konkurrenten, den Ladiner Christoph Perathoner, 36,83 Prozent. Der ehemalige Senator Alois Kofler kam auf 13,01, die Arbeitnehmervertreterin Rosmarie­ Pamer auf 7,36 Prozent. 118 Stimmen fielen auf andere Namen, 80 Stimmzettel waren weiß, 74 Stimmen ungültig. Christoph Perathoner gewann in den Bezirken Bozen und Pustertal, Dorfmann in allen anderen Bezirken (Dolomiten 2009g).

4. Das Wahlergebnis und die Wahlanalyse

4.1. Ergebnisse nach Listen

Mit der Einführung der Vierprozenthürde durch das kurz vor dem Wahltermin verabschiedete neue Wahlgesetz war natürlich eine Reduzierung der kandidierenden Listen beabsichtigt. Tatsächlich traten 2009 im Wahlkreis Nord-Ost, zu dem auch Südtirol gehört, „nur“ mehr 14 Listen an, während fünf Jahre zuvor immerhin noch 21 Listen um die Gunst der Wählerinnen und Wähler gekämpft hatten. Die Konzentration der Stimmen auf die wahlwerbenden Listen erhöhte sich dadurch jedoch nur unwesentlich: Die Zahl der Listen, die in Südtirol mehr als 10.000 Stimmen auf sich vereinen konnten, verringerte sich nur um eine, nämlich von sieben auf sechs, und dies lässt sich allein durch die Fusion von Alleanza Nazionale und Forza Italia zum Popolo della Libertà erklären. Dennoch kam es zu bemerkenswerten Verschiebungen.

Wie bei allen Wahlgängen der letzten Jahre entfielen ungefähr die Hälfte der gültigen Stimmen auf die Südtiroler Volkspartei. Mit 52,1 Prozent gelang es ihr diesmal – im Gegensatz zu den Parlaments- und Landtagswahlen des Jahres 2008 – jedoch, die psychologisch bedeutsame Schwelle von 50 Prozent zu übertreffen, was einen relativen Zuwachs von 5,4 Prozentpunkten gegenüber den vorhergehenden Europawahlen bedeutet. Von der Parteileitung wurde dies als großer Erfolg gefeiert – eine Bewertung, die man relativieren muss, wie weiter unten noch ausgeführt wird.

Tabelle 4: Ergebnis der Europawahlen 2009 – Listenstimmen

Listen 2009

Stimmen

Stimmen

Differenz
zu 2004

Vergleichslisten
2004

Anzahl

Anteil
in %

Prozentpunkte

Südtiroler Volkspartei (SVP)

117.685

52,1 %

+ 5,4 %

Südtiroler Volkspartei (SVP)

Il Popolo della Libertà

28.877

12,8 %

– 1,1 %

Alleanza Nazionale + Forza Italia (a)

Sinistra e Libertà

24.641

10,9 %

– 2,4 %

Verdi + Partito Socialista (a)

Partito Democratico

16.319

7,2 %

– 5,9 %

Uniti nell’Ulivo per l’Europa

Italia dei Valori

15.090

6,7 %

+ 6,1 %

Italia dei Valori – Lista Di Pietro

Lega Nord

10.906

4,8 %

+ 4,1 %

Lega Nord per l’indipendenza della Padania

_

– 6,3 %

Lega per l’autonomia – Alleanza Lombarda – Lega Pensionati [mit Eva Klotz]

Associazione Politica Nazionale Lista Marco Pannella

3.835

1,7 %

+ 0,6 %

Associazione politica nazionale Lista Marco Pannella

Unione dei Democratici Cristiani e Democratici di Centro

3.664

1,6 %

+ 1,2 %

Unione dei Democratici Cristiani e Democratici di Centro (UDC)

Rifondazione e Comunisti Italiani

1.647

0,7 %

– 0,7 %

Rifondazione Comunista + ­Comunisti Italiani (a)

Movimento Sociale Fiamma Tricolore - Fiamma Tricolore

1.265

0,6 %

+ 0,4 %

Movimento Sociale Fiamma Tricolore - Fiamma Tricolore

Sonstige (b)

1.900

0,8 %

– 1,3 %

Sonstige (c)

INSGESAMT

225.829

100,0 %

INSGESAMT

Gültige Stimmzettel

225.829

94,4 %

0,0 %

Gültige Stimmzettel

Weiße Stimmzettel

7.598

3,2 %

+ 0,6 %

Weiße Stimmzettel

Ungültige Stimmzettel

5.677

2,4 %

– 0,5 %

Ungültige Stimmzettel

Stimmzettel mit
angefochtenem Inhalt

32

0,0 %

– 0,1 %

Stimmzettel mit
angefochtenem Inhalt

Ausgezählte Stimmzettel

239.133

100 %

0,0 %

Ausgezählte Stimmzettel

Wahlbeteiligung

62,9 %

– 9,1 %

Wahlbeteiligung

a) Zum Vergleich mit 2009 wurden die Ergebnisse der zwei im Jahr 2004 getrennt angetretenen Listen zusammengefasst.

b) Sonstige 2009: Liberal Democratici – Movimento Associativo Italiani all’Estero, Partito Comunista dei Lavoratori, Forza Nuova, L’Autonomia Pensionati.

c) Sonstige 2004: Per l’abolizione dello scorporo – Federazione Nazionale Verdi, Alternativa Sociale con Alessandra Mussolini, Partito Pensionati, Partito Repubblicano Italiano I Liberal Sgarbi, Alleanza Popolare – UDEUR (Unione Democratici per l’Europa), Movimento Sociale Fiamma Tricolore – Idea Sociale con Rauti, Patto Segni, Democrazia Cristiana – Paese Nuovo

Quelle: Südtiroler Bürgernetz, www.provinz.bz.it / vote (12.09.2009) – provisorische Daten des Regierungskommissariats für die Provinz Bozen, eigene Auswertung

Als wirkliche Wahlsieger der jüngsten Europawahlen in Südtirol sind jedoch die Liste von Antonio di Pietro – Italia dei Valori und die Lega Nord (in der Wahlwerbung Lega Nord Südtirol genannt) zu werten. Beide Parteien hatten im Jahr 2004 weniger als 2.000 Stimmen erhalten (unter ein Prozent), diesmal kamen sie deutlich über die Marke von 10.000, mit Anteilen von 6,7 bzw. 4,8 Prozent. Kleine Zugewinne erzielten daneben noch die Unione di Centro (+ 1,2 Prozent) und die Lista Pannella (+ 0,6 Prozent; diese Liste hatte allerdings beim Wahlgang 2004 ­einen Einbruch gegenüber 1999 erlitten).

Größte Wahlverlierer, gemessen an den Stimmenanteilen, sind dagegen Sinistra e Libertà, das Bündnis, unter dem die Südtiroler Grünen / Verdi / Vërc kandidierten (– 2,4 Prozent), und Il Popolo della Libertà (– 1,1 Prozent). Beide Parteien waren allerdings bei den vorhergehenden Europawahlen mit anderen Listenzeichen angetreten, sodass der Vergleich mit einer gewissen Vorsicht zu ziehen ist: Die Grünen hatten auf der gesamtstaatlichen Liste der lachenden Sonne („Verdi“) kandidiert; Forza Italia und Alleanza Nazionale, die sich erst im Jahr 2009 zum Popolo della Libertà zusammenschlossen, waren noch getrennt marschiert. Ebenso büßten die erstmals gemeinsam kandidierenden kommunistischen Gruppierungen Rifondazione Comunista und Comunisti Italiani die Hälfte ihres ohnehin sehr geringen Stimmenanteils von 2004 ein (– 0,7 Prozent).

Der größte Stimmenverlust (– 6,3 Prozent) kam jedoch durch das Nichtantreten der Listenverbindung Lega per l’Autonomia / Alleanza Lombarda / Lega Pensionati zustande, auf die im Jahr 2004 noch fast 16.000 Stimmen entfallen waren. Der damalige Erfolg dieser Liste geht darauf zurück, dass Eva Klotz, zu dieser Zeit noch führend in der Union für Südtirol tätig, Spitzenkandidatin in Südtirol war und ihr sogar gewisse Chancen auf den Einzug ins Europaparlament eingeräumt wurden.

In diesem Nichtantreten, ebenso wie in jenem der Freiheitlichen und der Union für Südtirol, liegt wohl die Haupterklärung für das prozentuell gute Abschneiden der Südtiroler Volkspartei. Sympathisanten der deutschsprachigen Oppositionsparteien fanden bei den Europawahlen 2009 keinerlei passendes Angebot unter den kandidierenden Listen vor, das ihrer ethnopolitischen Orientierung entsprochen hätte. Sie mussten sich zwischen der SVP, gesamtstaatlichen italienischen Parteien mit deutschsprachigen Kandidaten (Lega Nord, Italia dei Valori, Lista Pannella) oder Wahlenthaltung entscheiden, und vieles spricht dafür, dass die Mehrzahl die letzte Variante gewählt hat. Wie schon oben ausgeführt, kam der Verzicht auf die Kandidatur nicht freiwillig zustande, sondern ist eine weitere Folge des geänderten Wahlgesetzes, demzufolge – abgesehen von der allfälligen Verbindung mit einer großen gesamtstaatlichen Partei – mindestens 30.000 Unterschriften für ein Antreten mit eigenen Listenzeichen erforderlich sind.

Ein erster Beleg für die These der massiven Wahlenthaltung vonseiten der Anhän­gerschaft deutschsprachiger Oppositionsparteien lässt sich aus der Untersuchung der absoluten Stimmen und ihrer Veränderung in den letzten drei Wahlgängen zum Europaparlament gewinnen. Wie aus Abbildung 1 ablesbar, ist die Stim­menzahl der SVP gegenüber 2004 konstant geblieben (und das trotz einer Zunahme der Wahlberechtigten), der Einbruch von 1999 auf 2004 konnte nicht wettgemacht werden. Die Grünen und die Demokratische Partei erlitten – auch absolut gesehen – Verluste, diese waren aber im Fall der Grünen geringer als die Gewinne bei den vorhergehenden Europawahlen, während die Demokratische Partei 2009 sogar schlechter abschnitt als die Vorgängerparteien im Jahr 1999. Im Gegensatz zur SVP hatten die Federazione dei Verdi und der damalige Ulivo im Jahr 2004 nämlich ein Traumergebnis erzielt. Das Abschneiden des Rechtsbündnisses Popolo della Libertà ähnelt dagegen eher jenem der SVP.

Abbildung 1: Europawahlen in Südtirol 1999 – 2009 (Listenstimmen absolut)

Quelle: Südtiroler Bürgernetz, www.provinz.bz.it / vote (12.09.2009) – provisorische Daten des Regierungskommissariats für die Provinz Bozen, eigene Auswertung

Ein weiterer wichtiger Faktor zur Erklärung des Wahlausgangs ist in der Berichterstattung über die Wahlprognosen zu sehen. Immer wieder wurde in den Medien vorausgesagt, dass Grüne wie Kommunisten ohnehin keine Chance auf das Überwinden der Vierprozenthürde hätten, und somit unterstellt, dass eine Stimmabgabe zugunsten dieser Listen „verloren“ sei. Damit wirkten die Prognosen im Sinn einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung und trugen zudem zum starken Rückgang der Wahlbeteiligung bei, auf die gleich näher eingegangen wird.

Interessant ist allerdings auch der Vergleich mit den Landtagswahlen 2008, obzwar dabei zu berücksichtigen ist, dass nicht nur eine andere politische Ebene betroffen ist, sondern dass sich auch die Kriterien für die Wahlberechtigung unterscheiden: Bei Landtagswahlen gilt die vierjährige Ansässigkeitspflicht in der Provinz Bozen, außerdem fällt die Möglichkeit weg, dass im Land ansässige Bürgerinnen und Bürger anderer EU-Staaten hier ihre Stimme abgeben. Gemessen am Ergebnis der Landtagswahlen, haben – bedingt durch das Nichtantreten der deutsch-ladinischen Oppositionsparteien mit ihrem Potenzial von etwa einem Viertel aller Listenstimmen – praktisch alle vergleichbaren Listen prozentuell zugelegt. Um jeweils rund 5 Prozentpunkte konnten sich Sinistra e Libertà (bezogen auf das Ergebnis der Grünen / Verdi / Vërc) und Italia dei Valori verbessern, um 4,5 bzw. 4 Prozentpunkte legten Il Popolo della Libertà und die SVP zu, um 2,7 Prozentpunkte die Lega Nord. Nur wenig gewannen dagegen die Demokratische Partei mit 1,3, die UDC mit 0,4 und die Kommunisten mit 0,3 Prozentpunkten dazu. In diesen Veränderungen spiegelt sich einerseits der gesamtstaatliche Trend wider (Zuwächse für Mitte-rechts, Lega Nord und Italia dei Valori, Verluste für Demokratische Partei und Linke), andererseits geben sie einen Hinweis darauf, dass die deutsch- und ladinischsprachige Wählerschaft verstärkt für gesamtstaatliche Parteien votiert hat, sofern sie sich der Wahl nicht ganz enthalten hat (Näheres dazu bei der anschließend folgenden Analyse nach Kleinregionen).

4.2. Wahlbeteiligung

Im Jahr 2004 hatten sich in Südtirol noch 72,0 Prozent der Wahlberechtigten – anteilsmäßig sogar etwas mehr als im Jahr 1999 – an den Europawahlen beteiligt, diesmal waren es nur 61,9 Prozent, was einem Rückgang um – 9,1 Prozentpunkte entspricht. Dieser Rückgang ist wesentlich stärker als beispielsweise jener zwischen den beiden Landtagswahlen 2003 und 2008, der nur 2,3 Prozentpunkte beträgt. Und er ist auch stärker als der Trend im gesamtitalienischen Durchschnitt mit – 6,4 Prozentpunkten (vgl. Ministero dell’Interno 2009).

Die These vom mangelnden politischen Angebot für deutschsprachige Wählerinnen und Wähler erscheint auf diesem Hintergrund zusätzlich plausibel. Um weitere empirische Belege zu finden, wurden eine Reihe von Regressionsanalysen mit der Differenz aus der Wahlbeteilung im Jahr 2004 und im Jahr 2009 nach Gemeinden als abhängige Variable und der Stärke verschiedener politischer Gruppierungen bei den Landtagswahlen als unabhängige Variable durchgeführt.

Dabei ist zu beachten, dass es offenbar einen Heimspieleffekt für den SVP-Kandidaten Herbert Dorfmann gab: In seinem Wohnort Feldthurns, wo Dorfmann zur Zeit der Wahl das Bürgermeisteramt innehatte, war als einziger Gemeinde Südtirols eine Zunahme der Wahlbeteiligung im Vergleich zu den Wahlen 2004 zu verzeichnen (+3,8 Prozent). Unter den zehn Gemeinden mit dem geringsten Rückgang an Wahlbeteiligung finden sich vier weitere Gemeinden aus der unmittelbaren Nachbarschaft (Villanders, Klausen, Waidbruck, Villnöß). In diesen Gemeinden könnte sich zudem die Verdichtung der Kandidaturen ausgewirkt haben, da Villanders die Heimatgemeinde des Grünen-Kandidaten Sepp Kusstatscher ist.

Da dieser Lokaleffekt die allgemeine Tendenz verdecken könnte, wurden die besagten fünf Gemeinden aus der Analyse ausgeschlossen, deren Ergebnis in Abbildung 2 wiedergegeben ist. Der Anstieg der Anpassungslinie weist klar darauf hin, dass die Wahlbeteiligung zwischen 2004 und 2009 auf Gemeindeebene tendenziell umso stärker rückläufig war, je besser die deutschsprachigen Oppositionsparteien bei den Landtagswahlen 2008 in den jeweiligen Gemeinden abgeschnitten hatten. Gleichzeitig ist die relativ große Streuung der Punkte um die Anpassungslinie als Zeichen dafür zu werten, dass auch lokale Effekte eine erhebliche Rolle gespielt haben. Etliche Sympathisanten der Südtiroler Volkspartei blieben offenbar gleichfalls den Urnen fern, denn auch für diese Gruppierung ist eine ähnliche Proportionalität festzustellen, die allerdings merklich schwächer ausfällt.

Abbildung 2: Rückgang der Wahlbeteiligung 2004 – 2009 nach Gemeinden, im Verhältnis zur Stärke deutscher Oppositionsparteien

a) Als deutsche Oppositionsparteien wurden zusammengefasst: Die Freiheitlichen, Südtiroler Freiheit, Union für Südtirol, Bürgerbewegung.

Quelle: Südtiroler Bürgernetz, www.provinz.bz.it / vote (12.09.2009), eigene Auswertung

4.3. Abschneiden der Kandidatinnen und Kandidaten

Im Gegensatz zu den Wahlgängen davor, wo jeweils mehrere Kandidaten aus Südtirol den Sprung ins Europaparlament geschafft hatten, wurde diesmal nur ein einziger, nämlich Herbert Dorfmann von der Südtiroler Volkspartei gewählt. Sepp Kusstatscher von den Grünen hätte es als (knapp) Erster des Wahlkreises Nord-Ost ebenfalls geschafft, wäre Sinistra e Libertà nicht insgesamt an der Vierprozent­hürde gescheitert. Michaela Biancofiore ist die zweite Nichtgewählte auf ihrer Liste, die zudem von Ministerpräsident Silvio Berlusconi persönlich angeführt wurde. Da dieser nie beabsichtigt hat, das Mandat anzunehmen – und zudem in allen Wahlkreisen Listenführer war –, ist sie daher de facto die erste Nichtgewählte, die unter Umständen tatsächlich ins EU-Parlament nachrücken könnte. Alle anderen Kandidatinnen und Kandidaten aus Südtirol blieben weit von einem möglichen Einzug ins Parlament entfernt.

Tabelle 5: Vorzugsstimmen und Platzierung der KandidatInnen aus Südtirol 2009

Kandidat/in

Liste

Vorzugs­stimmen (nur in Südtirol)

Anteil
Südtirol an allen Vorzugs­stimmen

Relation Vorzugs- zu Listen-
stimmen (in Südtirol)

Rang im ­Wahlkreis Nord-Ost
(Sitze der Liste)

Dorfmann, Herbert

SVP

83.088

98,3 %

70,6 %

1 (1)

Hofer, Sylvia

SVP

812

73,8 %

0,7 %

4 (1)

Kusstatscher, Sepp

Sinistra e Libertà

16.586

90,4 %

67,3 %

1 (0)

Holzeisen, Renate

Sinistra e Libertà

11.820

91,1 %

48,0 %

3 (0)

Biancofiore, Michaela

Il Popolo della Libertà

10.130

33,6 %

35,1 %

7 (5)

Schedereit, Georg

Italia dei Valori

8.112

83,3 %

53,8 %

6 (1)

Janek, Robert

Lega Nord

2.882

65,5 %

26,4 %

12 (3)

Brisca Menapace,
Lidia

Rifondazione e Comunisti Italiani

401

6,3 %

24,3 %

2 (0)

Trevisan, Donatella

Lista Marco Pannella

335

29,2 %

8,7 %

5 (0)

Quelle: Südtiroler Bürgernetz, www.provinz.bz.it / vote (12.09.2009), und Ministero dell’Interno, http: / / elezioni.interno.it / europee (12.09.2009), eigene Auswertung

Meistgewählter Kandidat auf allen Listen war Herbert Dorfmann mit über 83.000 Vorzugsstimmen. Sein Vorgänger Michl Ebner hatte mit gut 101.000 (1999) bzw. 91.000 (2004) Stimmen nur wenig besser abgeschnitten, obwohl er zum Zeitpunkt dieser Wahlgänge schon viel länger an exponierter Stelle politisch tätig war als der erstmals auf überkommunaler Ebene in Erscheinung tretende Herbert Dorfmann. Das genannte Ergebnis ist somit als großer Vertrauensbeweis der Wählerschaft zu werten, der wohl auch den erstmals abgehaltenen innerparteilichen Vorwahlen zu verdanken ist, aus denen er als Sieger hervorging. Die SVP-Strategie der Konzentration auf einen einzigen Kandidaten war so erfolgreich, dass die weiteren fünf „Unterstützungskandidaturen“ vergleichsweise nur lächerlich wenige Stimmen erhielten: Sylvia Hofer als zweitgewählte SVP-Vertreterin bekam weniger als ein Prozent der auf Dorfmann entfallenen Präferenzen, die anderen noch weniger.

Ganz anders die Situation bei den Grünen; hier trat mit Sepp Kusstatscher und Renate Holzeisen ein gleichberechtigtes Duo vor die Wählerschaft. Tatsächlich erzielten diese beiden auch die zweit- bzw. drittmeisten Vorzugsstimmen aller Südtiroler Kandidatinnen / Kandidaten, wenn nur die in Südtirol abgegebenen Stimmen betrachtet werden. Das gute Ergebnis von Renate Holzeisen ist in erster Linie auf ihren mit erheblichem Werbeaufwand betriebenen persönlichen Wahlkampf zurückzuführen. Diese Strategie hat der Liste Sinistra e Libertà vermutlich einige zusätzliche Stimmen gebracht, war aber insofern riskant, als das mögliche Mandat damit unter Umständen an einen Nicht-Südtiroler Kandidaten hätte fallen können. Durch das schon erwähnte Scheitern der Liste an der Wahlhürde erübrigen sich aber alle derartigen Überlegungen.

Über der Zehntausendermarke schnitt in Südtirol auch noch Michaela Bianco­fiore ab, etwas darunter, aber doch sehr beachtlich schlug sich Georg Schedereit, der einige Jahre zuvor bei Parlamentswahlen noch für die Grünen kandidiert hatte, mit über 8.000 Stimmen. Ein eher mageres Ergebnis erreichten dagegen der Quereinsteiger Robert Janek mit knapp 3.000 Vorzugsstimmen auf der Liste der Lega Nord sowie Lidia Menapace von den Kommunisten mit 400 und Donatella Trevisan mit gar nur 300 Stimmen auf der Pannella-Liste.

Die Attraktivität als Person (oder der Erfolg des personenzentrierten Wahlkampfs) lässt sich zum Teil daran ablesen, welcher Anteil der Wählerinnen und Wähler einer bestimmten Liste für den jeweiligen Kandidaten / die jeweilige Kandidatin gestimmt haben. Wie aus der vorletzten Spalte in Tabelle 3 hervorgeht, konnten Dorfmann und Kusstatscher in dieser Hinsicht mit einer Ausschöpfungsquote von 70 bzw. 67 Prozent am besten punkten. Auch Schedereit und Holzeisen schneiden aus dieser Sicht mit Quoten um die 50 Prozent noch gut ab. Insbesondere bei Schedereit liegt die Vermutung nahe, dass nicht wenige die Liste Italia dei Valori nur seinetwegen angekreuzt haben, nicht zuletzt wegen des im vorigen Abschnitt ausführlich diskutierten fehlenden politischen Angebots. In dieser Perspektive recht mäßige Ergebnisse erreichten dagegen Michaela Biancofiore und Robert Janek, wenn auch unterschiedliche Gründe vermutet werden können. Bei Bianco­fiore sind wohl die anhaltenden inneren Konflikte im Popolo della Libertà verantwortlich, bei Janek der geringe Bekanntheitsgrad und eventuell auch die sprachliche Zugehörigkeit (Deutsch), die italienischsprachige Wählerinnen und Wähler der Lega Nord abgeschreckt haben könnte.

Ein zweiter Aspekt hat mit der lokalen bzw. überregionalen Bekanntheit der zur Wahl stehenden Personen zu tun. Hier zeigt sich, dass Dorfmann 98 Prozent seiner Stimmen in Südtirol errang, die beiden Kandidaten der Grünen ebenfalls jeweils über 90 Prozent. Auch 83 Prozent der Stimmen für Schedereit und 65 Prozent jener für Janek stammen aus Südtirol. Lediglich Biancofiore und Trevisan und ganz besonders Menapace haben den größeren Teil ihrer Stimmen in anderen Teilen des Wahlkreises Nord-Ost erzielt. Die meistgewählten Parteiexponenten sind somit ausnahmslos Persönlichkeiten, die nur in Südtirol einen gewissen Bekanntheitsgrad haben.

Damit bestätigt sich, dass es für deutschsprachige Politikerinnen und Politiker sehr schwer ist, über Südtirol hinaus wahrgenommen zu werden, während diese Barriere für Angehörige der italienischen Sprachgruppe nicht in diesem Umfang besteht. Auch die Bedeutung von zugkräftigen Spitzenkandidatinnen oder -kandidaten kommt in den Ergebnissen zum Ausdruck. Umgekehrt darf aber daraus nicht geschlossen werden, dass es sich vor allem um eine Persönlichkeitswahl gehandelt hat, sondern es ist vermutlich das Zusammentreffen des politischen Angebots einer Partei mit einer überzeugenden Persönlichkeit, das für das Wahlverhalten entscheidend gewesen sein dürfte.

4.4. Wahlergebnisse nach Kleinregionen

Üblicherweise werden die Wahlergebnisse in Südtirol entweder nach Bezirks- und Talgemeinschaften oder nach den SVP-Bezirken aufgeschlüsselt. Hier soll jedoch die geografische Verteilung nach den weniger bekannten sogenannten Funktionalen Kleinregionen analysiert werden, wie sie vom Landesinstitut für Statistik ­Astat verwendet werden, denn diese haben den Vorzug, Südtirol in 15 kleinere, eng miteinander verflochtene Gebiete zu gliedern. Allerdings sind die Gebiete unterschiedlich groß, sie umfassen zwischen 20 Gemeinden (Bozen – einschließlich Umland) und drei Gemeinden (Naturns, St. Martin in Passeier); generell sind die Gebiete in Ballungsräumen größer und bevölkerungsreicher als an der Peripherie.5

Tabelle 6: Ergebnis der Europawahlen 2009 nach Funktionalen Kleinregionen – ­Listenstimmen (Prozent)

Lega Nord

Sinistra e Libertà

Rif. e Comunisti ital.

Fiamma trico­lore

Popolo della Libertà

Lista Marco Pan­nella

UDC

Italia
dei Valori

Partito Democratico

SVP

Sonstige (a)

Insgesamt

Mals

2,4

10,5

0,2

0,1

1,7

0,2

0,3

8,2

1,5

74,6

0,4

100

Schlanders

2,6

10,9

0,2

0,2

2,1

0,4

0,3

9,5

1,5

71,8

0,5

100

Naturns

2,4

10,1

0,3

0,2

1,8

0,3

0,2

6,6

1,7

76,2

0,4

100

Meran

5,2

10,6

0,8

0,6

16,1

1,7

1,5

8,4

8,0

46,0

1,0

100

Lana

4,1

12,3

0,2

0,3

3,3

0,5

0,4

5,6

2,1

70,6

0,6

100

St. Martin i. Passeier

1,8

6,7

0,1

0,2

0,4

0,1

0,2

3,8

1,0

85,2

0,4

100

Bozen

6,1

9,4

1,3

0,9

21,3

3,0

2,9

7,5

12,3

34,3

1,1

100

Auer-Neumarkt

6,2

10,5

0,5

0,4

9,9

1,4

1,3

5,4

6,2

57,4

0,7

100

St. Ulrich

5,3

14,1

0,2

0,2

6,1

0,6

0,8

5,7

2,8

63,4

0,8

100

Brixen

3,8

15,7

0,4

0,5

7,0

0,7

0,9

4,2

4,0

62,2

0,7

100

Sterzing

3,7

11,7

0,2

0,3

8,9

0,4

0,6

5,4

3,5

64,4

0,8

100

Bruneck

3,1

13,5

0,3

0,3

3,9

0,8

0,7

6,1

2,8

67,9

0,5

100

Sand in Taufers

2,4

11,2

0,2

0,4

0,9

0,1

0,5

4,4

1,4

77,9

0,6

100

Innichen

3,0

9,6

0,3

0,3

7,4

0,8

0,9

5,5

3,1

68,7

0,5

100

Abtei

4,8

6,4

0,2

0,1

7,6

1,0

1,0

4,9

2,4

71,1

0,6

100

Südtirol insgesamt

4,8

10,9

0,7

0,6

12,8

1,7

1,6

6,7

7,2

52,1

0,8

100

a) Als „sonstige“ wurden zusammengefasst: Liberal Democratici, P.C. dei Lavoratori, Forza Nuova, ­Autonomia Pensionati.

Quelle: Südtiroler Bürgernetz, www.provinz.bz.it / vote (12.09.2009)

Wie aus Tabelle 6 ablesbar ist, schwankt das Abschneiden der Südtiroler Volkspartei sehr stark, nämlich zwischen 85 Prozent im Passeiertal und einem guten Drittel in Bozen samt Umland bzw. 46 Prozent in Meran und Umgebung. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass im Bereich der Städte Bozen, Leifers und Meran ein erheblicher Anteil der Bevölkerung der italienischen Sprachgruppe angehört. In allen ländlichen Gebieten erreicht die SVP weit mehr als die Hälfte der Stimmen. Viel ausgeglichener zeigen sich die Ergebnisse von Sinistra e Libertà, dem Listenbündnis mit den Grünen als wichtigster Partei, sie übersteigen in fast allen Kleinregionen die Zehnprozentmarke, mit Ausnahme des Gadertals (Abtei), des Passeiertals und des Großraums Bozen. Der Spitzenwert von fast 16 Prozent wird in Brixen und Umgebung erreicht; auch in der Kleinregion St. Ulrich (sie umfasst die drei Grödner Gemeinden sowie Kastelruth und Lajen) und in Bruneck und Umgebung ist ein überdurchschnittlich gutes Abschneiden feststellbar.

Il Popolo della Libertà erreicht dagegen nur in den städtischen Ballungsgebieten von Bozen und Meran zweistellige Prozentwerte. Stimmenanteile zwischen 10 und 5 Prozent werden in den ladinischen Gebieten und in allen Kleinregionen mit einem nennenswerten Bevölkerungsanteil der italienischen Sprachgruppe erzielt, während die Liste in den rein deutschsprachigen peripheren Kleinregionen kaum Zustimmung erhält. Eine ähnliche Verteilung – allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau – ergibt sich für die Demokratische Partei, wenngleich dort das Ergebnis im ländlichen Raum etwas homogener ausfällt und weniger stark mit dem Anteil der italienischen Sprachgruppe korreliert.

Sehr bemerkenswert sind die Wahlergebnisse von Italia dei Valori: Die Liste nimmt in den meisten Kleinregionen den dritten Platz nach SVP und Sinistra e Libertà ein (Ausnahmen sind der Raum Bozen, das Südtiroler Unterland und die ladinischen Gebiete) und schneidet vor allem im Vinschgau und allgemein in der westlichen Landeshälfte sehr gut ab. Offensichtlich konnte der aus Meran stammende Spitzenkandidat Georg Scheidereit in seiner (weiteren) Heimat viele Stimmen von deutschsprachigen Wählerinnen und Wählern gewinnen. Er genießt dort auch als Politiker einen hohen Bekanntheitsgrad, zumal er bei den Parlamentswahlen 2006 im Wahlkreis Meran-Vinschgau Kandidat des Mitte-links-Bündnisses Unione Prodi für den Senat war und dort mit über 20 Prozent ein sehr gutes Ergebnis erzielt hatte. Respektabel schlägt sich die Lega Nord, die zwar ihren höchsten Stimmenanteil im Großraum Bozen und Südtiroler Unterland erreicht, aber auch in allen anderen Landesteilen vergleichsweise recht gut abschneidet. Auch hier liegt die Vermutung nahe, dass der deutschsprachige lokale Spitzenkandidat Robert ­Janek eine – wenn auch begrenzte – Zugkraft auf die deutsch- und ladinischsprachige Wählerschaft entfalten konnte.

Abbildung 3: Veränderung der Stimmenanteile bei den Europawahlen 2009 gegenüber den Landtagswahlen 2008 nach Funktionalen Kleinregionen

Quelle: Südtiroler Bürgernetz, www.provinz.bz.it / vote (12.09.2009), eigene Auswertung

Die kleinräumige Analyse gewinnt durch einen Vergleich mit den Ergebnissen der Landtagswahlen 2008 zusätzliche Tiefenschärfe (vgl. Atz 2009, 219–225). Die SVP erzielt in den meisten ländlichen Gebieten Zuwächse von 13 bis 20 Prozentpunkten, vereinzelt sogar darüber (Passeier und Ahrntal). Deutlich niedriger sind die Gewinne im Südtiroler Unterland, in den ladinischen Gebieten, im Wipptal und im Hochpustertal. In den Ballungsräumen Bozen und Meran muss die SVP dagegen sogar Verluste hinnehmen. Spiegelbildlich fast die Veränderungen beim Popolo della Libertà: Die Liste erzielt ihre höchsten Zuwächse von jeweils rund 5 Prozentpunkten in den Ballungsräumen Bozen und Meran, im Gadertal und im Wipptal. Sinstra e Libertà kann generell gegenüber dem Abschneiden der Grünen bei den Landtagswahlen deutlich zulegen, wobei die stärksten Gewinne im Eisack- und im mittleren Pustertal zu verzeichnen sind (rund 7 bis 8 Prozentpunkte), die schwächsten in Bozen und Meran, jeweils mit Umland, im Südtiroler Unterland und im Gadertal (Zuwachs rund 4 Prozentpunkte).

Die Demokratische Partei hat überall nur sehr bescheidene Zugewinne gegenüber den Landtagswahlen, im Südtiroler Unterland ergibt sich sogar ein minimaler Verlust. Italia dei Valori legt überall sehr stark, am deutlichsten im Vinschgau, zu. Die Lega Nord schließlich verbessert sich am meisten in den ladinischen Gebieten, in den Ballungszentren Bozen und Meran sowie in Lana / Ultental, zeichnet sich aber insgesamt durch recht homogene Zuwächse aus.

Die beschriebenen Ergebnisse nach Kleinregionen – insbesondere ihr Vergleich mit den Landtagswahlen – lassen zweierlei klar erkennen:

1. lokale Unterschiede, die sich zum Teil durch die Zugkraft einzelner Kandidaten erklären lassen (Schedereit bei Italia dei Valori, Kusstatscher bei den Grünen / Sinistra e Libertà),

2. ein ethnisch beeinflusstes Wahlverhalten, das je nach örtlicher Konstellation zu unterschiedlichen Reaktionen der Wählerschaft geführt hat: Wahlenthaltung, Stärkung der SVP, Zuwächse für Italia dei Valori, Sinistra e Libertà, Lega Nord oder Il Popolo della Libertà.

Sie können damit als Bestätigung einer europaweiten Tendenz zu einem Wahlverhalten gewertet werden, das primär nationalen bzw. lokalen Überlegungen folgt und kaum in europäischen Dimensionen denkt.

5. Südtirols Wahlergebnis im Vergleich zu den Nachbarregionen Trentino, Tirol und Bayern

In den Nachbarregionen Südtirols, im Trentino, in Tirol und Bayern, hatte es ein Jahr vor den EU-Wahlen Landtagswahlen gegeben, die durchwegs mit erheblichen politischen Einschnitten endeten. In Südtirol hatte die SVP erstmals in ihrer Geschichte die absolute Mehrheit der Stimmen verloren (48,1 – minus 7,5 Prozent), wenngleich sie aufgrund des Wahlsystems die absolute Mehrheit der Mandate retten konnte. In Tirol büßte die Österreichische Volkspartei (ÖVP) fast zehn Prozentpunkte aller Stimmen ein (40,5 – minus 9,4 Prozent) und verlor ebenfalls ihre absolute Mehrheit. In Bayern gab es einen gewaltigen Verlust für die Christlich Soziale Union (CSU), die von 60,7 Prozent im Jahr 2003 auf 43,4 Prozent im Jahr 2008 zurückfiel und dabei 17,3 Prozentpunkte der Stimmen einbüßte.

Im Trentino hatte sich 2008 ein im Vergleich zu 2003 völlig neues politisches Angebot geformt, zumal es im Trentino nicht wie auf gesamtstaatlicher Ebene zu einer Fusion zwischen Democratici di Sinistra (DS) und Margherita gekommen war, die sich dort zum Partito Democratico (PD) zusammengeschlossen hatten. Obgleich bei der Direktwahl des Landeshauptmanns Lorenzo Dellai in einer Koalition mit anderen kleineren Parteien vereint, kandidierten bei der Landtagswahl 2008 der PD und die neue Zentrumspartei Dellais, Unione per il Trentino (UpT), getrennt. Der PD erreichte 21,6 Prozent (2003 als DS: 13,6 Prozent), die UpT 17,9 Prozent der Stimmen (2003 hatte der Partito Popolare 25,9 Prozent der Stimmen erzielt, wenngleich es sich hier nicht um eine direkte Vorgängerpartei handelt).

Sieht man vom Trentino einmal ab, wo sich aufgrund des italienischen Transformationsprozesses von Wahl zu Wahl neue politische Angebote formieren, mussten in den anderen drei Ländern die dort seit jeher dominierenden Parteien ihre absoluten Mehrheiten abgeben. Die große Frage, die sich deshalb bei den EU-Wahlen ein Jahr nach den Niederlagen der großen Volksparteien ergeben hatte, war, ob es diesen gelingen würde, das verlorene Terrain wieder wettzumachen, oder ob die Parteien weitere Stimmenverluste erleiden würden.

Die SVP hat im Vergleich zu den Landtagswahlen zwar vier Prozent dazugewonnen, aber wie in den vorhergehenden Kapiteln dargelegt, geht dieser Zuwachs zu einem Gutteil auf den Umstand zurück, dass die anderen deutschsprachigen Parteien wegen des Wahlsystems nicht angetreten sind. Eine erzielte absolute Mehrheit an Stimmen war aber für die SVP allemal ein wichtiger psychologischer Erfolg.

In der Provinz Trient lässt sich das Ergebnis weder mit den Landtagswahlen von 2008, noch mit den vorhergehenden EU-Wahlen vergleichen. Zu verschieden waren die politischen Angebote und Rahmenbedingungen, unter denen die jeweiligen Wahlen stattfanden. Für viele nicht nachvollziehbar war vor allem auch die Entscheidung von Landeshauptmann Dellai, bei den EU-Wahlen mit seiner neuen Partei UpT nicht anzutreten, was als geringes Interesse gegenüber der Union interpretiert wurde. Die Stimmen der UpT sind zu den Parteien UdC, SVP und PD gegangen, zum Teil sind ehemalige UpT-Wähler nicht zur Wahl geschritten (Micheletto 2009). Am meisten hat der PD davon profitiert, der auf 27,84 Prozent der Stimmen kam und gegenüber den Landtagswahlen von 2008 (21,6 Prozent) um 6,24 Prozent zulegen konnte. Der PdL kam nach der Fusion zwischen FI und AN auf 26,29 Prozent.

Insgesamt lassen sich aus den EU-Wahlen im Trentino keine klaren Trends erkennen, insbesondere dann nicht, wenn man die EU-Wahlen mit den Landtags- und Parlamentswahlen des Jahres 2008 vergleicht. Eindeutig bestätigt wurde lediglich der Trend, dass im Trentino nicht mehr eine Partei der Mitte eine zentrale Funktion im Parteiensystem spielt, sondern die Mitte-links-Partei Partito Democratico.

Tabelle 7: Vergleich der EU-Wahlen 2009 mit den Landtagswahlen 2008 in Südtirol, Trentino, Tirol und Bayern

SVP

UpT

ÖVP

CSU

2008

2009

2008

2009

2008

2009

2008

2009

48,1

52,1

17,9

nicht angetreten

40,5

36,6

43,4

48,1

Quelle: Atz (2009, 218), Brunazzo (2009, 394), L’Adige (9.6.2009, 1), Wagemann (2009, 371), Süddeutsche Zeitung (7.6.2009)

Die ÖVP in Tirol kam bei den EU-Wahlen auf 36,6 Prozent und verlor gegenüber den EU-Wahlen 2004 rund vier Prozentpunkte (40,9 Prozent). Gegenüber den Landtagswahlen ein Jahr zuvor büßte die ÖVP ebenfalls rund vier Prozentpunkte ein (40,5 Prozent). Bei den ebenfalls 2008 durchgeführten Nationalratswahlen hatte die ÖVP allerdings nur 31,1 Prozent erreicht. Die unterschiedlichen Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Wähler in Tirol (seit jeher) zwischen den verschiedenen Wahltypen unterscheiden. Entgegen den Erwartungen legte die ÖVP in Tirol im Vergleich zu den Nationalratswahlen zu, obgleich mit der Liste von Hans-Peter Martin (17,7 Prozent) ein populistischer Herausforderer der ÖVP eigentlich hätte Stimmen entziehen müssen. Eine geschickte Wahlkampagne und günstige Rahmenbedingungen haben hingegen dazu geführt, dass die ÖVP um 6 Prozentpunkte über dem gesamtstaatlichen EU-Ergebnis der ÖVP lag (30,0 Prozent) (vgl. Höller / Seeber / Stopfner / Vorhofer 2009, 147–149).

Die CSU stand unter allen hier zu vergleichenden Parteien am stärksten unter Erfolgsdruck. Nach der verheerenden Wahlniederlage bei den Landtagswahlen 2008, bei denen die CSU 17,3 Prozent ihrer Stimmen verloren hatte, sollten die EU-Wahlen das wiedergefundene Selbstvertrauen der Partei und ein positives Signal für die Bundestagswahlen im September 2009 sein. Mit 48,1 Prozent bei den EU-Wahlen schien die Talsohle der Partei durchschritten zu sein. Die Müdigkeit schien mit diesen Wahlen aus der Partei vertrieben zu sein (Prantl 2009). Dabei hatte die CSU vor den Wahlen gebangt, die auf Bundesebene notwendige Fünf­prozenthürde nicht zu schaffen, um sich an der Verteilung der EU-Mandate beteiligen zu können. Der Verlust einer politischen Vertretung im EU-Parlament hätte dem Selbstwertgefühl der Partei stark zugesetzt, wäre sie doch erstmals in ihrer Geschichte auf einer politischen Ebene nicht mehr vertreten gewesen. Mit 7,2 Prozent konnte die Sperrklausel aber leicht genommen werden.

Der Jubel über den Aufschwung der Partei wurde einige Monate später wieder schwer gedämpft, als die CSU bei den Bundestagswahlen im September 2009 ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 1949 einfuhr. Mit 42,5 Prozent verlor sie gegenüber 2005 7,7 Prozentpunkte. Damit sackte die CSU sogar noch unter das Ergebnis der Landtagswahlen. Der Aufbruchstimmung im Juni folgte der Frust im September (Bayerischer Rundfunk 2009).

Die EU-Wahlen haben, im Vergleich zu den Landtagswahlen, in den vier Ländern zu keinem konsistenten Wiederaufschwung der ehemals dominanten Parteien geführt. Der Vergleich lässt die These zu, dass die Zeiten der wie selbstverständlich erzielten absoluten Mehrheiten der alpin-konservativen Parteien mit hoher Wahrscheinlichkeit endgültig vorbei sind.

6. Resümee

Die Europawahlen des Jahres 2009 haben das politische Kräfteverhältnis in Südtirol einigermaßen verschoben. Durch den Misserfolg aller anderen lokalen Listen und Kandidaten entsendet nach Langem wieder nur die Südtiroler Volkspartei einen Vertreter aus Südtirol ins Europaparlament. Ihr zuletzt eher ins Wanken gekommener Alleinvertretungsanspruch für die deutsche und ladinische Minderheit wurde dadurch wieder gefestigt. Ebenfalls gestärkt ging die neue Parteiführung der SVP aus den Wahlen hervor, denn der prozentuelle Zuwachs nach einer Serie von Niederlagen konnte leicht als Wende zum Erfolg gedeutet werden.

Demgegenüber haben die Südtiroler Grünen ihre absehbaren Verluste zwar in Grenzen halten können, im Vergleich zu den Landtagswahlen 2008 konnten sie ihren Stimmenanteil sogar beinahe verdoppeln und damit stärker zulegen als jede andere Partei, der – aus den geänderten Rahmenbedingungen auf gesamtstaatlicher Ebene resultierende – Verlust des Sitzes im Europaparlament bedeutet dennoch eine große Einbuße an Sichtbarkeit, Kontrollmöglichkeiten und finanziellen Ressourcen.

Bei den gesamtstaatlichen italienischen Parteien fällt eine Verschiebung von den beiden Großparteien Popolo della Libertà und Partito Democratico zu ihren jeweiligen Juniorpartnern Lega Nord und Italia dei Valori auf, ganz in Übereinstimmung mit dem Trend auf nationaler Ebene. Auf Südtirol bezogen bedeutet dies, dass vor allem die Lega Nord sich darin bestärkt sieht, den Anspruch auf ein Amt in der Landesregierung bzw. auf mehr Anerkennung durch die Südtiroler Volkspartei zu erheben. Im teilweise überraschend guten Abschneiden der kleineren gesamtstaatlichen Parteien spiegelt sich aber auch die Bedeutung einzelner Kandidaten wider: Der bemerkenswerte Erfolg von Italia dei Valori ist eindeutig ein Verdienst ihres Spitzenkandidaten Georg Schedereit, auch das gute Ergebnis von Sinistra e Libertà dürfte stark mit dem zugkräftigen Duo Sepp Kusstatscher und Renate Holzeisen zusammenhängen.

Allgemein kann gesagt werden, dass die Europawahlen von der Südtiroler Bevölkerung nach wie vor recht ernst genommen werden. Das Gefühl, einen eigenen Vertreter nach Brüssel entsenden zu können, scheint wichtig zu sein. Gerade deshalb hat das mangelnde Angebot an Kandidatinnen und Kandidaten mit realistischen Chancen für den Einzug ins Europaparlament einen drastischen Rückgang der Wahlbeteiligung bewirkt. Bezeichnenderweise ist dieser Rückgang primär auf das Verhalten der deutsch- und ladinischsprachigen Wahlberechtigten zurückzuführen, und hier in erster Linie auf jenes von Anhängern der kleineren Oppositionsparteien. Die Desorientierung dieses Teils der Wählerschaft lässt sich auch daran ablesen, dass die Verschiebung der Stimmenanteile in den einzelnen Gebieten des Landes durchaus in verschiedene Richtungen gegangen ist.

Die in letzter Minute verabschiedete Wahlreform ist als Hauptursache für die beschriebene Verschiebung des Kräfteverhältnisses auszumachen. Damit lässt sich das Ergebnis aber auch kaum als Indikator dafür interpretieren, in welche Richtung sich die Stimmung des Südtiroler Wahlvolkes entwickelt. Es mag ja sein, dass sich der Aufwind für die rechten bzw. national orientierten deutschsprachigen Oppositionsparteien etwas gelegt hat oder dass die Imagewerte der SVP wieder im Steigen begriffen sind. Beides lässt sich durch den Ausgang der Europawahlen 2009 aber weder beweisen noch widerlegen, da die Rahmenbedingungen zu verschieden im Vergleich zu Wahlen auf Landesebene sind. Dass ein vermeintlicher Aufschwung bei den Europawahlen auch täuschen kann, zeigt das miserable Abschneiden der bayerischen CSU bei den Bundestagswahlen im September 2009.

Ein Vergleich der EU-Wahlergebnisse der ehemals dominanten Parteien in den Ländern Südtirol, Trentino, Tirol und Bayern lässt unter Miteinbeziehung der Landtags- und Parlaments- , Nationalrats-, bzw. Bundestagswahlen den Schluss zu, dass die Zeiten, in denen diese Parteien wie selbstverständlich absolute Mehrheiten erzielten, endgültig vorbei sind.

Anmerkungen

1 Vgl. Ergebnisse der Europawahl 2009. Beteiligung an den Europawahlen 1979–2009, www.europarl.europa.eu / parliament / archive / elections2009 / de / turnout_de.html (28.8.2009).

2 Vgl. www.europainfo.at / hm_a / detail.asp?show=27, (3.9.2009).

3 Legge 24 gennaio1979, n. 18. Elezioni dei rappresentanti dell’Italia al Parlamento europeo,: in: Gazzetta Ufficiale n. 29 del 30 gennaio 1979.

4 Auf dem Stimmzettel für die SVP-Basiswahl schien auch noch Harald Stauder auf, da die Stimmzettel bereits gedruckt waren, als dieser seinen Rücktritt ankündigte. Vgl. Dolomiten, 4. / 5.4.2009, 17.

5 Für weitere Hinweise zur Abgrenzung und Verwendung dieser Kleinregionen siehe Atz (2009: 219) sowie Statistisches Jahrbuch für Südtirol, Kap. 1.

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Abstracts

Elezioni del Parlamento Europeo

Le Elezioni europee del 2009 hanno in parte modificato i rapporti di forza politica. Era da molto che la Südtiroler Volkspartei non inviava l’unico rappresentante sudtirolese al Parlamento Europeo. In questo modo è stata riconfermata la rappresentanza esclusiva delle minoranze linguistiche tedesca e ladina che nell’ultimo periodo aveva vacillato. La nuova direzione della SVP ne è uscita rafforzata, e la crescita di consensi, seguita a una serie di insuccessi, è stata “comodamente” interpretata come un segnale di ripresa. La vittoria elettorale della SVP, preceduta dalle primarie interne al partito, è riconducibile principalmente all’insuccesso dei partiti concorrenti. Causa di tale sconfitta è stato il sistema elettorale, che prevede un alto numero di firme (30.000) e una clausola del quattro per cento.

Confrontando i risultati delle elezioni europee dei partiti in passato dominanti in Alto Adige, Trentino, nel Tirolo ed in Baviera, emerge che i tempi in cui questi raggiungevano la maggioranza assoluta, si sono definitivamente conclusi.

Les lîtes dl Parlamënt Europeich

Les lîtes europeiches dl 2009 à en pert mudé i raporć dla forza politica. Al ê oramai dî che la Südtiroler Volkspartei ne menâ nia plü dassora n rapresentant de Südtirol tl Parlamënt Europeich. Süa ghiranza de rapresentè dassora les mendranzes linguistiches todëscia y ladina, che bandorâ plütosc denant, à insciö ciafè na maiù stabilité. La direziun nöia dla SVP s’à renforzè y l’aumënt porcentual do la seria de falimënć à insciö podü gnì interpretè sciöche picia sbürla positiva. La devënta litala dla SVP, a chëra che al ti ê jü danfora na prelîta interna, se basëia dantadöt sön l’insuzès di partis concorënć, che à pordü dassënn tl sistem lital che vëiga danfora condiziuns de partezipaziun altes (30.000 sotescriziuns) y na clausola dl cater porcënt. En confrunt cun i resultać dles lîtes europeiches di partis dominanć n iade te Südtirol, Trentin, Tirol y Bayern pon trà la contlujiun che i tëmps, olache chisc partis arjunjô a pora nia la maioranza assoluta é definitivamënter passà.

The European Parliamentary Elections

The 2009 European elections shifted the political balance of power to some extent. For the first time in many years, the Südtiroler Volkspartei (South Tyrolean People’s Party) is the only party sending a representative from South Tyrol to the European Parliament. The claim that the party holds on being the sole representative of the German and Ladin minorities, which had recently begun to falter, was thus strengthened once more. Likewise, the new SVP party leadership came out fortified since the increased percentage of support could easily be interpreted as a positive turning point after a string of defeats. The SVP’s election victory, which had been preceded by an internal caucus, was due mainly to the breakdown of the competing parties: the main reason for their failure was that the electoral system stipulates high conditions of participation (30,000 signatures) and a four-percent threshold clause.

A comparison of EU election results of the formerly dominant parties in South Tyrol and Trentino to the states of Tyrol and Bayern leads to the conclusion that the days in which these parties are reaching an absolute majority almost as a matter of course are finally over.