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Heinz Tschigg/Günther Pallaver/Hannes Vorhofer

Der Medienwahlkampf

Akteure und Themen in der Logik einer ­ethnisch getrennten ­Berichterstattung

1. Nachrichten- und Wahlkampflogik
in einer ethnisch fragmentierten Gesellschaft

Die politische Kommunikation befindet sich in einem ständigen Evolutionsprozess. Die derzeitige Phase wird als „dritte Ära“ bezeichnet (Blumler/Kavanagh 1999), andere nennen sie „postmoderne Ära“ (Norris 2000, Plasser/Plasser 2002). Diese neue Ära ist durch zahlreiche Charakteristika geprägt. In erster Linie ist die Medienindustrie immer mehr an einer Zunahme der Kompetitivität interessiert, die zu einem Perspektivenwechsel über die Art und Funktion politischer Kommunikation geführt hat. Die BürgerInnen als RezipientInnen der Informationen werden als KonsumentInnen angesehen, die wie in der Wirtschaft von der Werbung bombardiert werden, um das Produkt Information zu konsumieren. Mittel dazu sind in erster Linie die Spektakularisierung und die Dramatisierung der Nachrichten. Diese Elemente kommen in der politischen Kommunikation ganz besonders zum Tragen.

Als weiteres Charakteristikum kann die Diversifikation der Botschaften angesehen werden. Dank der neuen Technologien besteht heute eine Vielzahl von kommunikativen Kanälen, über die Nachrichten an eine unterschiedliche Audience vermittelt werden. Die neue politische Kommunikation valorisiert diese Möglichkeiten zur Differenzierung der Botschaften, weil die politische Werbung sich auf diese Weise an die unterschiedlichen elektoralen Segmente zur Konsensproduktion wenden kann.

Als drittes Charakteristikum wird auf die Verschränkung von party logic und media logic hingewiesen. Die offene Frage dabei bleibt, ob die Parteien oder die Medien das Szepter in der Hand haben, mit dem sie die andere Seite beeinflussen, vor sich hertreiben oder dominieren. Fest steht auf jeden Fall, dass die Interaktion zwischen Medien und Politik dazu beigetragen hat, viele Aspekte der derzeitigen Politik zu beeinflussen und zu ändern, angefangen von der Personalisierung über die Leaderisierung bis hin zur Fragmentierung des politischen Diskurses (Mazzoleni 2004, 194). Es bleibt aber auch der Hinweis, wie stark die Politik letztlich von den Medien abhängig geworden ist.

Schließlich sei auf ein weiteres Charakteristikum verwiesen, das die Beziehungen zwischen BürgerInnen und PolitikerInnen betrifft. Die neue Kommunikation hat zur Beseitigung der Filter geführt, die in der Vergangenheit die traditionellen sozialen Vermittlungsinstanzen, nämlich der Parteien übernommen hatten. Die Medien haben dadurch plebiszitäre Elemente in die Politik gebracht (Poguntke/Webb 2005), die ihrerseits wiederum zu einer Schwächung der Parteien geführt haben. Politische Leader haben heute einen direkten und permanenten Kanal zu den BürgerInnen und versuchen über diese direkte Kommunikation deren Konsens zu erhalten. „Going public“ ist heute eine Waffe in der Hand des Leaders gegen seine eigene Partei. Dies erfolgt vor allem über das Fernsehen; aber auch die neuen Medien, insbesondere das Internet, leisten einen immer stärker zunehmenden Beitrag zur Aufrechterhaltung der direkten Beziehung zwischen politischem Leader und WählerInnen (Campus 2008, V-XV).

Politische Kommunikation erhält im Rahmen von Wahlkämpfen noch eine besondere Akzentuierung all der vorher angesprochenen Charakteristika, sind Wahlkämpfe doch so etwas wie „Hochämter in der politischen Alltagsliturgie“ (Sarcinelli 2005, 197) und werden als solche von den Parteien auch verstanden, konzipiert und durchgeführt.

Wie alle anderen medienzentrierten Demokratien ist auch Südtirol in den letzten Jahren von den Kommunikations- und politischen Transformationsprozessen geprägt worden, die sowohl die Medien- als auch die Parteienlogik geändert haben.

Weltweit hat sich das Fernsehen als Leitmedium durchgesetzt, auch wenn die neuen Medien Schritt für Schritt eine immer wichtigere Rolle spielen. In Verbindung mit neuen Technologien und Formen der Kommunikation beeinflusst die TV-Berichterstattung nach wie vor recht dominierend die kommunikativen Prozesse, die Handlungs- und Einstellungslogiken der Akteure und der politischen Institutionen, verändert und steuert diese, nimmt auf sie Einfluss und prägt Stile, Inhalte und Praktiken politischer Kommunikation, passt sie den ständig sich ändernden Rahmenbedingungen an und modelliert sie (Plasser 2000, 2003).

Allmählich ist auch in Südtirol eine starke Tendenz zur Dethematisierung der Berichterstattung, zum Negativismus und zur Personalisierung festzustellen wie auch zur sportlichen Dramatisierung, auch wenn jeder Wahlkampf von einer spezifischen Dynamik und von speziellen Rahmenbedingungen gekennzeichnet ist (Plasser/Plasser 2003).

Dass die Allmacht des Fernsehens mitunter überschätzt wird, zeigt sich besonders dann, wenn die Vorstellung der medialen Ubiquität eines Kandidaten oder einer Kandidatin nicht automatisch einen (persönlichen) Wahlerfolg garantiert (Gerstlé 2004, Legnante 2006). In Südtirol ist in dieser Hinsicht eine Reihe von Variablen zu berücksichtigen, wie die ethnische Fragmentierung der Gesellschaft, die Architektur des Mediensystems und des politischen Systems. Unter Berücksichtigung dieser Variablen lässt sich erklären, weshalb in Südtirol die Printmedien im Vergleich zum Fernsehen eine nach wie vor entscheidende Rolle spielen (Mooswalder 2004).

Südtirols Mediensystem spiegelt das politische System wider, das als Kon­kordanz­demokratie (consociational democracy) funktioniert. Es beruht einmal auf dem Prinzip der Inklusion aller offiziell in Südtirol anerkannten Sprachgruppen (deutsch-, italienisch- und ladinischsprachige SüdtirolerInnen) in den zentralen Entscheidungsinstanzen auf der Ebene der Eliten sowie auf der institutionellen ethnischen Trennung auf der Ebene der Zivilgesellschaft. Diese Trennung spiegelt sich ganz augenscheinlich im Parteiensystem wider, das mit Ausnahme der Grünen-Verdi-Vërc von ethnischen Parteien dominiert wird. Das hat zur Folge, dass die Wahlarena Südtirols in ethnisch getrennte Wahlarenen zerfällt, es zwar in den einzelnen Arenen einen politischen Wettbewerb gibt, nicht aber zwischen den Parteien der einzelnen Arenen (Pallaver 2008).

Dieser Logik der institutionellen ethnischen Trennung folgt auch das Mediensystem. Jede Sprachgruppe besitzt ihre eigenen einsprachigen Medien. Das gilt für den Bereich der privatrechtlich organisierten Printmedien genauso wie für die elektronischen, namentlich für die öffentlich-rechtliche Radio- und Fernsehanstalt Rai. Zweisprachige Medien, die im Wesentlichen von öffentlichen Stellen und (größeren) Verbänden getragen werden, berichten in den drei Landessprachen, aber es handelt sich in der Regel um Übersetzungen derselben Texte. Zweisprachige bzw. mehrsprachige Medien, in denen Texte in den drei Landessprachen ohne Übersetzung erscheinen oder gesendet werden, bilden die Ausnahme. Es handelt sich dabei auch nicht um marktrelevante Medien, sondern eher um alternative Medien, um Nischenprodukte (Pallaver 2006, 135 – 136).

In diese Nischenprodukte fällt derzeit auch noch das Internet. Dennoch kann man sich gerade von diesem neuen Medium, das von seiner Natur her auf die Sprengung von Grenzen jeglicher Art ausgerichtet ist, wichtige Impulse für eine sprachgruppenübergreifende Kommunikation erwarten. Schon heute nimmt die Internet-Kommunikation der Südtiroler UserInnen auf den verschiedenen Kommunikationsplattforen immer mehr Formen der transethnischen Kommunikation an.

Genauso wie die ethnische Trennung Südtirols Wahlarena in ethnisch getrennte Subarenen zerfallen lässt, in denen wiederum ethnische Parteien im Wettstreit untereinander stehen, genauso findet der massenmediale Wahlkampf nicht in einer gemeinsamen, sondern in einer ethnisch getrennten Öffentlichkeit statt. Unter Öffentlichkeit wird jener fiktive Ort verstanden, wo politische Kommunikation sichtbar wird, die für die Austauschbeziehungen unter den BürgerInnen auf der einen Seite und den BürgerInnen und dem politischen System auf der anderen Seite notwendig sind. Öffentlichkeit bedeutet weiters den Grad an Zustimmung zu politischen Institutionen, der über einen permanenten politischen Diskurs in der Öffentlichkeit erfolgt. Und schließlich muss Öffentlichkeit als Voraussetzung für ein demokratisches Gemeinwesen schlechthin angesehen werden, weil politische Legitimation kommunikationsabhängig ist. All diese Funktionen erfolgen in Südtirol in ethnisch getrennten Teilöffentlichkeiten. Die in diesen Teilöffentlichkeiten wirkenden, ethnisch geprägten Medien unterscheiden sich inhaltlich in ihrer Berichterstattung mitunter sehr stark (Pallaver 2006a), aber auch in der Art der Berichterstattung, wie dies aus den folgenden Analysen ersichtlich wird.

2. Methode und Untersuchungsdesign

Die vorliegende empirische Analyse untersucht die redaktionelle Politikvermittlung von deutsch-, italienisch- und ladinischsprachigen Print- und audiovisuellen Me­dien in der sechswöchigen Wahlkampfphase vom 22. September bis zum 25. Oktober 2008. Wahltag war der 26. Oktober. Die Untersuchung erfolgte über eine quantitative und qualitative Inhaltsanalyse, die von „MediaWatch Institut für Medienanalysen GmbH“, einem Unternehmen der APA-Gruppe, durchgeführt wurde.

Als Untersuchungsgegenstand dienten die 15 wahlwerbenden Parteien bzw. Parteienbündnisse und die 471 KandidatInnen, die auf den Listen der Parteien für den Landtag kandidiert haben. Als untersuchungsrelevant wurden all jene Beiträge angesehen, die einen kontextuellen oder einen auf Nennungsebene aufweisenden Südtirol-Bezug hatten.

Die Nennungsebene bezieht sich explizit auf die Untersuchung der relevanten Akteure. Alle Akteure, die in einem Beitrag eindeutig als relevant eruiert werden, sind in der Analyse berücksichtigt worden. Die Nennung eines relevanten Akteurs ist somit gleichbedeutend mit der Relevanz des jeweiligen Beitrags. Dabei sind alle Nennungen von Akteuren in einem relevanten Beitrag in die Untersuchung mit aufgenommen worden. Dadurch wurden beispielsweise auch gesamtstaatliche Parteien, die mit ihrer Südtiroler Landesorganisation für den Landtag kandidierten und im Zusammenhang mit der Nennung eines untersuchungsrelevanten Akteurs stehen, in der Analyse berücksichtigt.

Die kontextuelle Ebene verlangt nach einem generellen, inhaltlichen und thematischen Bezug zu Südtirol und dessen Politik, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft usw. innerhalb eines Beitrags. Beschließt beispielsweise das römischen Parlament ein Gesetz, das Auswirkungen auf Südtirol hat, und werden die Konsequenzen für Südtirol in einem redaktionellen Beitrag erläutert, findet dieses Ereignis Eingang in die Analyse.

Die Auswahl der untersuchungsrelevanten Südtiroler Print- und audiovisuellen Medien erfolgte nach Kriterien der Reichweite und der publizistischen Relevanz für die jeweilige Sprachgruppe sowie entlang der Trennung zwischen öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Medien.

In der Untersuchung wurden unter den Printmedien folgende Tages- und Wochen­zeitungen berücksichtigt: „Dolomiten“, „Neue Südtiroler Tageszeitung“, „Zett“, „ff – Südtiroler Wochenmagazin“, „Alto Adige“, „Corriere dell’Alto Adige“ und „La Usc di Ladins“, im Bereich der TV-Nachrichtensendungen die „Tagesschau“ (täglich 20 Uhr bis ca. 20.20 Uhr), „TG Regione“ (täglich 19.30 Uhr bis ca. 19.55 Uhr) und „Trail“ (täglich 19.55 Uhr bis ca. 20.00 Uhr) des Rai-Senders Bozen sowie „Südtirol heute“ (Mo – Fr 19.30 Uhr) vom ORF. Im Bereich der Hörfunk-Nachrichtensendungen wurden analysiert: „Mittagsnachrichten“ (täglich 12.00 Uhr bis ca. 12.10), „TGR Giornale Radio“ (Mo – Sa ab ca. 12.10 Uhr bis ca. 12.40 Uhr – sonntags 12.40 Uhr bis ca. 13.00 Uhr) und „Nutizies por i Ladins“ (Mo – Sa 13.30 Uhr bis ca. 13.50 Uhr – sonntags 12.30 Uhr bis ca. 12.50 Uhr) des Rai-Senders Bozen, „Giornale Radio“ (täglich 12.00 Uhr bis ca. 12.20 Uhr) des NBC Rete Regione und „Südtirol Journal Mittagsmagazin“ (Mo – Sa ca. 12.10 Uhr bis ca. 12.50 Uhr), produziert von der Radio Media International für die Radiogemeinschaft Südtirol und ausgestrahlt auf Südtirol 1, Radio Tirol, Radio Holiday, Radio Grüne Welle, Tele Radio Vinschgau, Stadt Radio Meran, Radio Gherdëina und Radio Nord.

Insgesamt wurden im Untersuchungszeitraum 3.749 Beiträge aus Print- und audiovisuellen Medien analysiert.

3. Das Nachrichtenspektrum: Akteure und Themen im ­Medienwahlkampf

3.1. Präsenz- und Image-Analyse der Parteien, Parteienbündnisse
und KandidatInnen

Mediales image-building, die Vermittlung von Problemlösungskompetenz und die Schaffung von Akzeptanz am Wählermarkt erfolgen in modernen demokratischen Gesellschaften unbestritten über die massenmediale Kommunikation. Massenmedien wirken als zentrale Elemente der politischen Kommunikation und stellen ein vermittelndes Instrument des Austausches innerhalb des öffentlichen Raumes dar. In einem solchen öffentlichen Raum wird Politik produziert, werden politische Entscheidungen präsentiert, begründet und durchgesetzt (Sarcinelli 1994, 35). Für den Wählermarkt bedeutet dies, dass Überzeugungen und Wahlentscheidungen in erster Linie auf über Medien wahrgenommenen Eigenschaften einer Partei oder eines Kandidaten beruhen (Brettschneider 2002, 36).

Grundvoraussetzung für die Kommunikation mit dem und im öffentlichen Raum ist somit die mediale Präsenz von PolitikerInnen und Parteien.

Von allen wahlwerbenden Parteien gelang es der Südtiroler Volkspartei (SVP), knapp ein Drittel aller Nennungen der redaktionellen Berichterstattung für sich zu buchen. Mit 3.009 von insgesamt 10.801 Nennungen aller kandidierenden Parteien bzw. Parteienbündnisse hob sich die SVP von ihren Mitbewerbern im Medienwahlkampf eindeutig ab. Weit weniger redaktioneller Raum wird den restlichen 14 Parteien bzw. Parteienbündnissen eingeräumt. Auf die SVP folgt der Popolo della Libertà (PdL) mit knapp mehr als der Hälfte aller SVP-Nennungen (1.644 Nennungen). Mit jeweils über 1.000 Nennungen folgen die interethnischen Grünen-Verdi-Vërc/BürgerListeCiviche (1.214 Nennungen) und der Partito Democratico (PD) mit 1.114 Nennungen.

Innerhalb der deutschsprachigen Parteien führen die Freiheitlichen mit 592 Nennungen den Block der Mitte-rechts-Parteien vor der Union für Südtirol (330 Nennungen) und der Süd-Tiroler Freiheit (311 Nennungen) an. Die Bürgerbewegung als Abspaltung der BürgerListeCiviche kommt im gesamten Untersuchungszeitraum auf 86 Nennungen. Bei den italienischen Parteien folgt dem PdL und dem PD die Lega Nord (849 Nennungen), die Sinistra dell’Alto Adige (466), die Liste Casini UdC (418) und Unitalia Movimento Iniziativa Sociale (310). Di Pietro Italia dei Valori und Communisti Italiani kommen im Untersuchungszeitraum ebenso wie die Ladins Dolomites auf jeweils weniger als 200 Nennungen.

Tabelle 1: Präsenzranking der Parteien bzw. Parteienbündnisse

Partei/Parteienbündnisse

Präsenzverteilung in Prozent

Südtiroler Volkspartei

27,9 %

Il Popolo della Libertà Berlusconi

15,2 %

Verdi-Grüne-Vërc/BürgerListeCiviche

11,2 %

Demokratische Partei PD Partito Democratico

10,3 %

Lega Nord Südtirol

7,9 %

Die Freiheitlichen

5,5 %

Sinistra dell’Alto Adige/Linke für Südtirol

4,3 %

Casini UdC

3,9 %

Union für Südtirol

3,1 %

Süd-Tiroler Freiheit

2,9 %

Unitalia Movimento Iniziativa Sociale

2,9 %

Di Pietro Italia dei Valori

1,6 %

Südtiroler Kommunisten/Comunisti Italiani

1,4 %

Ladins Dolomites

1,2 %

Bürgerbewegung

0,8 %

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol,
22.09.2008–25.10.2008: N=10.801 Nennungen.

Akzentuierter als die reine Präsenzverteilung auf Parteienebene präsentiert sich die Gewichtung der redaktionellen Berichterstattung auf der Ebene der SpitzenkandidatInnen. Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) vereint mit 2.076 knapp die Hälfte aller Nennungen auf sich (45,8 %). Die starke mediale Präsenz des Landeshauptmanns und mit ihm der SVP hängt auch mit dem Bonus des Amtsinhabers bzw. der Regierungspartei zusammen, wie dies auch in einem Vergleich mit Nordtirol belegt werden kann. So kam beispielsweise der ehemalige Landeshauptmann von Tirol, Herwig van Staa, bei den Landtagswahlen im Juni 2008 auf rund 33 Prozent aller Nennungen (APA-MediaWatch 2008).

Die nach Durnwalder zweitgereihte Michaela Biancofiore (PdL) wird nur mehr 505-mal genannt (11,1 %). Alle anderen 13 SpitzenkandidatInnen liegen unter der Zehn-Prozent-Marke.

Tabelle 2: Präsenzranking der SpitzenkandidatInnen der Parteien

SpitzenkandidatInnen

Präsenzverteilung in Prozent

Durnwalder, Luis (SVP)

45,8 %

Biancofiore, Michaela (PdL)

11,1 %

Seppi, Donato (Unitalia)

6,0 %

Tommasini, Christian (PD)

5,8 %

Klotz, Eva (Süd-Tiroler Freiheit)

5,7 %

Pöder, Andreas (Union)

4,8 %

Leitner, Pius (Freiheitliche)

4,0 %

Dello Sbarba, Riccardo (Grüne-Verdi-Vërc/BürgerListeCiviche)

3,9 %

Cigolla, Luigi (Italia dei Valori)

3,7 %

Artioli, Elena (Lega Nord)

3,6 %

Repetto, Sandro (UdC)

2,6 %

Carlini, Carlo (Comunisti Italiani)

1,4 %

Rieder, Hans (Bürgerbewegung)

1,0 %

Goller Kostner, Ulrica (Ladins Dolomites)

0,5 %

Albertini, Fabrizio (Sinistra dell’Alto Adige)

0,1 %

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol,
22.09.2008–25.10.2008: N=4.530 Nennungen.

Die jeweilige mediale Präsenz eines politischen Akteurs ist immer nach dessen Bewertung zu untersuchen, zumal sich PolitikerInnen und Parteien besonders in Wahlkampfphasen medial transportierten Angriffen von politischen Konkurrenten ausgesetzt sehen. Negative campaigning ist in der Zwischenzeit auch in Südtirol heimisch geworden. Affären, Skandale, Defizite oder Fehlleistungen stehen der Logik redaktioneller Nachrichtenwerte näher als die Auseinandersetzung mit Sach­themen. Dennoch entsprechen die Ergebnisse noch lange nicht dem allgemeinen Trend, der in allen medienzentrierten Demokratien zu finden ist (vgl. Lengauer/Pallaver/Plasser 2008).

Unter diesen Aspekten zeigt die Untersuchung, dass 2,9 Prozent der Nennungen von Parteien und KandidatInnen negativ waren. Demgegenüber stehen 1,4 Prozent an positiven redaktionellen Darstellungen. Im Vergleich zwischen KandidatInnen und Parteien zeigt sich recht klar, dass der institutionelle Akteur „Partei“ deutlich stärker polarisiert dargestellt wird als die KandidatInnen. Insgesamt sind rund 4 Prozent der Parteinennungen negativ und nur 1,4 Prozent positiv. Kandi­datInnen werden zu 1,2 Prozent negativ und zu 1,8 Prozent positiv dargestellt.

Abbildung 1: Image der Parteien bzw. Parteienbündnisse und KandidatInnen
(Nennungen in Prozent)

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol, 22.09.2008 – 25.10.2008: N=22.266 Nennungen.

Ein direkter Vergleich unter den Parteien zeigt, dass über die Union für Südtirol am stärksten kritisch berichtet wurde. 6,4 Prozent der Nennungen sind negativ. Andererseits kann die Union für Südtirol 3 Prozent Positiv-Nennungen verbuchen. Die Freiheitlichen weisen eine positive Wertungsbilanz auf. 4,6 Prozent positiven stehen 3 Prozent negative Nennungen gegenüber. In der Wertungsbilanz steigen die SVP mit 5,8 Prozent negativen und 1,2 Prozent positiven Nennungen ebenso wie die Lega Nord (5,3 % negativ vs 2,7 %), der Popolo della Libertà (4,6 % negativ vs. 0,5 % positiv) und die restlichen 11 Parteien mit einem negativen Saldo aus.

Ähnlich präsentiert sich das Bild bei den SpitzenkandidatInnen. Knapp 8 Prozent der 217 Nennungen für Andreas Pöder von der Union für Südtirol sind negativ. Auf Pöder folgt Michaela Biancofiore vom Popolo della Libertà mit 7,1 Prozent negativen Nennungen. Luigi Cigolla (Italia dei Valori), Pius Leitner (Freiheitliche) und Carlo Carlini (Comunisti Italiani) pendeln sich bei rund 3 Prozent Negativ-Nennungen ein. Landeshauptmann Luis Durnwalder weist eine positive Wertungsbilanz auf. 2,2 Prozent der 2.076 Nennungen sind positiv, 1,3 negativ. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass über 90 Prozent der Nennungen bei Parteien und SpitzenkandidatInnen neutral waren. So stehen zum Beispiel bei der SVP 2.799 neutralen 36 positive und 174 negative Nennungen gegenüber.

3.2. Personalisierung

Der Trend zu einer ansteigenden Personalisierung der Wahlkämpfe ist seit vielen Jahren ein Bestandteil der redaktionellen sowie politisch-professionellen Politikvermittlungsstrategien. Personalisierung bedeutet vor allem die Individualisierung der Politikvermittlung, während die qualitative Personalisierung auf die Präsentation bestimmter Persönlichkeitsdimensionen abzielt (Sachkompetenz, Leadership-Fähigkeiten, Integrität, Stil und Erscheinungsbild) (Lengauer/Pallaver/Pig 2007, 112 – 113).

Südtirols Parteien haben bei den Landtagswahlen wie insgesamt im internationalen Vergleich stark auf ihre SpitzenkandidatInnen gesetzt und dadurch der Personalisierung einen zusätzlichen Schub verliehen. Allerdings gibt es starke Unterschiede unter den Parteien. Den höchsten Personalisierungsgrad wies die Bürgerbewegung mit Hans Rieder auf (81 %), gefolgt von Unitalia mit Donato Seppi (80 %), Italia dei Valori mit Luigi Cigolla (75 %) und der Union für Südtirol mit Andreas Pöder (74,8 %). Über der 50-Prozent-Marke liegen auch die Süd-Tiroler Freiheit mit Eva Klotz (61 %), die UdC mit Sandro Repetto (56 %) sowie die Comunisti Italiani mit Carlo Carlin (51,6 %).

Obgleich der Wahlkampf der SVP ganz stark auf den Landeshauptmann zugeschnitten worden war, lag Luis Durnwalder mit 43 Prozent fast gleichauf mit dem Obmann der Freiheitlichen Pius Leitner. Die geringsten Personalisierungsgrade weisen die Sinistra dell’Alto Adige/Linke für Südtirol auf (0,9 %), die die KandidatInnen in alphabetischer Reihenfolge präsentiert hatte, die Lega Nord (18,4 %) sowie die Ladins Dolomites (19,3 %).

Unter den 15 kandidierenden Parteien weisen sieben einen auf die SpitzenkandidatInnen hin konzentrierten Personalisierungsgrad von über 50 Prozent auf. Zwei Parteien liegen nur unwesentlich darunter. Die SpitzenkandidatInnen haben insgesamt einen Personalisierungsgrad von 39,5 Prozent erreicht, die restlichen KandidatInnen 60,5 Prozent.

Wenn wir die Medien nach Sprachgruppen aufschlüsseln, so lässt sich belegen, dass die deutschsprachigen mit 37 Prozent einen etwas niedrigeren Personalisierungsgrad aufweisen als die italienischen Medien mit 42 Prozent. In den ladinischen Medien fällt der Konzentrationsgrad auf 24,2 Prozent herab.

Abbildung 2: Elitenzentrierung. Verteilung der Nennungen der SpitzenkandidatInnen und restlichen KandidatInnen pro Partei (Angaben in Prozent)

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol, 22.09.2008 – 25.10.2008: N=11.465 Nennungen.

Die mediale Berichterstattung über die SpitzenkandidatInnen erfolgte zu 97 Prozent neutral (1,8 % negativ, 1,2 % positiv), was im Wesentlichen der gesamten Bericht­erstattung entsprach: 95,7 Prozent neutrale, 2,9 Prozent negative, 1,4 Prozent positive Berichterstattung. Die meisten (wenngleich insgesamt gesehen immer noch sehr geringen) negativen Nennungen erhielt die Spitzenkandidatin des PdL, Michaela Biancofiore (36 Nennungen), die meisten positiven der SVP-Spitzenkandidat Luis Durnwalder (45 Nennungen). Unter allen untersuchten Medien haben die italienischsprachigen etwas stärker negativ, aber auch etwas stärker positiv berichtet als die deutschsprachigen Medien. Hierbei sticht vor allem der „Corriere dell’Alto Adige“ heraus.

3.3. Themenanalyse der Parteien, Parteienbündnisse und KandidatInnen

In der politischen Berichterstattung kann man zwischen sachpolitischer und metapolitischer Berichterstattung sowie zwischen personen- und parteienprofilzentrierter Berichterstattung unterscheiden. Dabei lässt sich im internationalen Vergleich feststellen, dass sich die massenmediale Berichterstattung nicht so sehr auf Sach­themen, sondern eher auf metapolitische Themen konzentriert. Unter metapolitischen Themen werden in erster Linie die medialen Auseinandersetzungen mit dem Wahlkampf selbst, die Mediatisierung der Wahlkampfführung, Wahl-, Ämter- und Koalitionsspekulationen, Meinungsforschung, Umfrageergebnisse und Ähnliches mehr verstanden (Pallaver/Pig 2003, 85).

In der Intensivphase des Wahlkampfes wurde in Südtirol zu 46,7 Prozent über Sachthemen, zu 45,7 Prozent über metapolitische Themen und zu 7,5 Prozent über Personen- und Parteienprofile berichtet. Das Verhältnis zwischen metapolitischen Themen und Sachthemen ist etwa im Vergleich zu Österreich deutlich ausgewogener (Lengauer/Pallaver/Pig 2007, 103 – 151). Auch im Tiroler Landtagswahlkampf 2008 hat sich gezeigt, dass der Anteil an metapolitischen Themen mit rund 60 Prozent deutlich höher liegt als in Südtirol (APA-MediaWatch GmbH 2008). Die Reihenfolge metapolitische Themen, Sachthemen, Personen und Parteienprofile bleibt auch aufrecht, wenn die Themen nach ethnischer Zuordnung aufgeschlüsselt werden. Lediglich bei den Grünen/Civiche liegen die Sachthemen vor den Metathemen. Die Diskurse über den Wahlkampf, und nicht über Sachthemen, dominieren auch bei allen SpitzenkandidatInnen.

Das Top-Thema der Wahlkampfberichterstattung war mit 6.412 Aussagen (mehrfache Themenzuteilung war möglich) eindeutig das metapolitische Thema Wahlkampf. Im Themenranking folgen die faktischen Informationen zu Wahlbündnissen und Kandidaturen mit insgesamt 1.456 Aussagen. Wahl-, Ämter- und Koalitionsspekulationen folgen an dritter Stelle mit 1.338 Aussagen.

Etwas überraschend liegt das Thema Ausländer erst an 22. Stelle, obgleich sich einige Medien speziell mit diesem Thema beschäftigt haben und in der öffentlichen Wahrnehmung dieses Thema viel präsenter zu sein schien.1 Nur einen Platz vor dem Thema Ausländer lag das Thema Autonomie, über das in einem Wahlkampf noch nie so wenig gesprochen wurde.

Die unter dem Sammelbegriff „Skandale“ geführten Diskurse betrafen unter anderem die Verhaftung des Grünen/Civiche-Kandidaten Carlo Marini wegen des Verdachts auf Erpressung (Dolomiten, 23.09.2008). Marini wurde daraufhin vom zwanzigsten Listenplatz gestrichen. Die Verhaftung des Kandidaten wird medial auch für die Partei ein Thema. Im Themenshare der Grünen-Verdi-Vërc/BürgerListeCiviche nehmen die scandal issues mit 127 Aussagen den prominenten dritten Platz ein.

Weiters wurden im Rahmen der Affäre rund um die Brennerautobahn, in die der ehemalige SVP-Regionalassessor und Lega-Kandidat Roland Atz involviert war (Donatini 2008), auch die abgehörten Telefongespräche von Landeshauptmann Luis Durnwalder und SVP-Parteiobmann Elmar Pichler-Rolle mit dem Präsidenten der Gesellschaft Silvano Grisenti publiziert (Alto Adige, 11.10.2008,4).

Ein weiteres scandal issue betraf den Vorwurf des Interessenkonfliktes von Franco Murano vom Popolo della Libertà, da er eine Doppelfunktion als Präsident des Sportausschusses und Präsident des FC Bozen 96 ausübte. In dieselbe Kategorie fällt auch die Berichterstattung rund um einen im „Espresso“ (Espresso 2008) veröffentlichten und von Südtiroler Medien aufgegriffenen Artikel über den Kandidaten der Süd-Tiroler Freiheit Sven Knoll. Laut „L’Espresso“ soll Knoll einen Vortrag bei einem Nazitreffen gehalten haben.

Unter das Thema key-hole issues/scandal issues fallen auch Themen wie politischer Filz, Postenschacher, Ämterhäufung und „Protzbauten“, die besonders massiv von den deutschsprachigen Oppositionsparteien angesprochen wurden.

Im Ranking der Themen befinden sich die Skandale nach den Metathemen Wahlkampf (6412 Nennungen), Wahlbündnisse und -kandidaturen (1456), Wahl-, Ämter- und Koalitionsspekulationen (1338) mit 1177 Nennungen bereits an vierter Stelle aller Medienberichte. Insofern wundert es nicht, wenn unter allen SpitzenkandidatInnen Landeshauptmann Luis Durnwalder am meisten mit diesem Thema medial in Verbindung gebracht wurde.

Die sachpolitischen Themen werden vom Themenbereich Kommunales angeführt, gefolgt von Wirtschaft, Wettbewerb, Markt und Verkehr. Das Thema Kommunales überrascht bei Wahlen auf Landesebene, beinhaltet aber Mikrothemen wie zum Beispiel die Kritik der Grünen-Verdi-Vërc/BürgerListeCiviche am Vorgehen der Meraner Stadtverwaltung im Zusammenhang mit Bettlern, kommunalpolitische Aufreger wie das Nachtleben und die damit einhergehende Lärmbelästigung oder das Rotlichtmilieu in Bozen. Auch personelle Faktoren spielen im Bereich Kommunales eine wichtige Rolle. Mehrere Kommunalpolitiker kandidierten auf Listen der wahlwerbenden Parteien. Aus der Landeshauptstadt Bozen traten beispielsweise Elmar Pichler-Rolle (SVP), Sandro Repetto (UdC) Mariateresa Tomada (PdL), Rudi Benedikter und Patrizia Trincanato (Verdi-Grüne-Vërc/BürgerListeCiviche) bei den Landtagswahlen an.

Wirtschaft, Wettbewerb, Markt, Verkehr, kulturelle Identität, Soziales und Bildung sind im Ranking die weiteren Sachthemen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise, ausgebrochen und ab September 2008 stark medial thematisiert, hat auch Einzug in die politische Berichterstattung in Südtirol gefunden und dadurch das Thema an prominenter Stelle platziert. Die häufigsten Aussagen zum Themenbereich Wirtschaft, Wettbewerb, Markt stehen in der medialen Berichterstattung in Zusammenhang mit Landeshauptmann Luis Durnwalder (300 von insgesamt 814 Aussagen). Der Themenbereich Verkehr befasst sich beispielsweise mit dem Brennerbasistunnel, der Vinschger Bahn, dem Projekt Putertaler Bahn, dem Verkehrsnetz Unterland etc. Das Thema Soziales (Unterthemen: Wohnbaureform, Wohnbaudarlehen, Kindergeld, Sozialleistungen) wird in der medialen Berichterstattung oft mit dem Thema Ausländer und Asyl in Verbindung gebracht (Dolomiten, 11.10.2008). Trotzdem ist die mediale Politikberichterstattung über die ausländischen Zuwanderer im Vergleich zum Thema Soziales nur mit rund der Hälfte der Aussagen (300 Aussagen) präsent. Bildung (Bildungsreform von Bildungsministerin Mariastella Gelmini, Aspekte der zweisprachigen Schule in Südtirol und Immersionsunterricht) und das Thema kulturelle Identität runden die häufigsten sachpolitischen Themen ab. Das Thema kulturelle Identität (682 Aussagen) spiegelt das Spannungsverhältnis zwischen Deutschen und Italienern in der medialen Berichterstattung wider. Die Mikrothemen Abschaffung oder flexible Anwendung des Proporzes, die Zweisprachigkeit oder der Plurilinguismo, der Disagio der Italiener (Alto Adige, 27.09.2008) oder das Entfernen der Trikolore am Rathaus in Villanders (Alto Adige, 07.10.2008) füllen diese Kategorie auf.

Tabelle 3: Top-30-Themen der Parteien bzw. Parteienbündnisse und KandidatInnen

Themen

Prozent

Wahlkampf

29,6 %

Wahlbündnisse und -kandidaturen

6,7 %

Wahl-, Ämter-, Koalitionsspekulationen

6,2 %

Key-Hole-Issues / Scandal Issues

5,4 %

Wahlen, Abstimmungen, Plebiszite

4,1 %

Kommunales

3,9 %

Wirtschaft, Wettbewerb, Markt

3,8 %

Verkehr

3,7 %

Kulturelle Identität

3,1 %

Soziales

2,8 %

Bildung

2,8 %

Meinungsforschung

2,8 %

Parteien-Verhältnis

2,1 %

Partei-Organisation

2,1 %

Chronikales

2,0 %

Umwelt, Natur

1,9 %

Politische Repräsentation

1,9 %

Raumordnung und -planung, Baupolitisches

1,7 %

Energie

1,6 %

Gesundheit

1,4 %

Autonomiestatut

1,4 %

Ausländer, Asyl

1,4 %

Innere Sicherheit

1,3 %

Leadership-Fähigkeit Partei

1,2 %

Sachkompetenz Partei

1,1 %

Öffentliche Verwaltung, Personalia

0,9 %

Budget, Finanzen

0,8 %

Integrität Partei

0,8 %

Familien und Kinder

0,8 %

Kunst & Kultur

0,8 %

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol, 22.09.2008 – 25.10.2008: N=21.672 Aussagen.

Das Mediensystem Südtirols orientiert sich am politischen System und ist deshalb institutionell getrennt. Jede Sprachgruppe besitzt ihre eigenen einsprachigen Medien. Das bewirkt, dass auch der öffentliche Diskurs vielfach ethnisch getrennt verläuft, wie dies bei der Berichterstattung über politische Akteure und über Sach­themen verifiziert werden kann.

Bei der Aufschlüsselung nach Sachthemen, metapolitischen Themen und Personen & Parteienprofile gibt es einen leichten „ethnischen“ Unterschied. Den höchsten Anteil an metapolitischen Themen weisen die ladinischsprachigen Medien auf (62,1 %), gefolgt von den italienischsprachigen (47,7 %) und den deutschsprachigen Medien (42,2 %). Die deutschsprachigen Medien weisen wiederum den höchsten Anteil an Sachthemen auf (48,2 %) (italienische Medien: 46,2 %, ladinische Medien: 30 %).

Wenn wir die politischen Akteure aufschlüsseln, so sehen wir, dass die italienischen Medien während des Wahlkampfes zu 63 Prozent italienische Parteien genannt haben, zu 25 Prozent deutsche, zu 9,5 Prozent interethnische und zu einem Prozent die ladinische Partei.

Umgekehrt berichteten die deutschsprachigen Medien zu 62,0 Prozent über deutsche, zu 22,7 über italienische, zu 14,4 Prozent über interethnische und zu 0,9 Prozent über ladinische Parteien. Bei den ladinischen Medien lagen die deutschen Parteien mit 55,9 Prozent in Führung, gefolgt von den italienischen Parteien (24,1 %), erst an dritter Stelle liegt die ladinische Partei (16,5 %), um mit der inter­ethni­schen Partei zu schließen (3,5 %).

Die Medienberichterstattung bestätigt im Wesentlichen die ethnische Aufteilung in drei Wahlarenen und die darin agierenden ethnischen Parteien. Die italienischsprachigen Medien haben beispielsweise über die deutschsprachigen Parteien mit Ausnahme der SVP als zentrale Regierungspartei vergleichsweise wenig berichtet. Die Freiheitlichen, die Union für Südtirol, die Süd-Tiroler Freiheit und die Bürgerbewegung kamen zu rund 30 Prozent in den italienischen Medien vor, zu rund 70 Prozent in den deutschen.

Das gilt umgekehrt noch krasser für die italienischen Parteien in den deutschsprachigen Medien. Selbst die beiden größten italienischen Parteien, der PdL und der PD, bewegten sich zwischen 15 und 17 Prozent der Berichterstattung. Keine Partei konnte die 20-Prozent-Marke markant überschreiten. Lediglich über die SVP wurde mit knapp 42 Prozent in den italienischen Medien ausführlich berichtet. Die Grünen/Civiche als interethnische Partei lagen hingegen ausgeglichen in beiden medialen Arenen.

Abbildung 3: Präsenzverteilung der Parteien bzw. Parteienbündnisse in Prozent

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol, 22.09.2008 – 25.10.2008: N=10.801 Nennungen.

Diese ethnische Asymmetrie kommt auch bei der Berichterstattung über die SpitzenkandidatInnen zum Ausdruck. Während Landeshauptmann Durnwalder im Wesentlichen zu gleichen Prozentanteilen in den italienischen und in den deutschen Medien vertreten war, ja sogar etwas mehr in den italienischen (50,5 % vs. 47,8 %), gefolgt von Eva Klotz von der Süd-Tiroler Freiheit (57,4 % deutsche, 42,6 % italienische Berichterstattung), folgt die Berichterstattung über die anderen SpitzenkandidatInnen der ethnischen Logik. Christian Tommasini vom PD und Michaela Biancofiore vom PdL liegen in den deutschen Medien bei rund 15 Prozent.

Die Medien der drei Sprachgruppen haben vielfach dieselben Themen aufgegriffen, wie dies die Top-10-Themen belegen, auch wenn es unterschiedliche quantitative Gewichtungen gab. So berichteten die italienischsprachigen Medien (763 Nennungen) etwa doppelt so ausführlich über Skandale wie die deutschsprachigen Medien (390 Nennungen).

Abbildung 4: Top-10-Themen der Parteien bzw. Parteienbündnisse und KandidatiInnen entlang der Sprache der Medien in Prozent

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol, 22.09.2008 – 25.10.2008: N=15.250 Aussagen.

Es gab aber auch Themen, die von den jeweiligen Medien sprachgruppenspezifisch aufgegriffen wurden. Die italienischen Medien berichteten über die kulturelle Identität, wie auch die ladinischen, während dieses Thema bei den deutschen Medien nicht unter den ersten zehn gefunden wird. Das Thema Verkehr findet sich prominent nur in den deutschen Medien, Soziales und Bildung nur in den italienischen Medien. Die öffentliche Verwaltung findet sich unter den Top-Themen nur in den ladinischen Medien.

Im Sinne der „sportlichen Dramatisierung“ versuchen Medien durch den exzessiven Einsatz von Umfragedaten und deren spekulativer Kommentierung für Spannung und excitement zu sorgen. Südtirol liegt in diesem Trend, insbesondere was den Einsatz von Umfragedaten betrifft, noch etwas abseits. Im Gegensatz zu anderen Ländern, wo Medien gerne über ein Kopf-an-Kopf-Rennen (Rosenberger/Seeber 2003) von zwei Parteien oder von zwei politischen Lagern spekulieren, wurde bei diesen Wahlen im Sinne dieser „sportlichen Dramatisierung“ über den Verlust der absoluten Stimmenmehrheit bzw. der Mandatsmehrheit der Südtiroler Volkspartei spekuliert. Nicht ein Kopf-an-Kopf-Rennen, sondern der Verlust bzw. das Halten der absoluten Mehrheit der SVP sorgte für Spannung, auch weil Landeshauptmann Durnwalder mehrmals zu verstehen gab, er werde zurücktreten, wenn er mehr als die Hälfte seiner Vorzugsstimmen verlieren würde.2

Nie so selten wie bei diesem Wahlkampf wurde von den Medien die ethnische Auseinandersetzung gesucht. Es gab zwar einige Versuche, Themen der ethnischen Kontroversen aufzugreifen, die aber immer wieder schnell abflauten. Dies betraf die Wahl eines neuen Direktors des Musikkonservatoriums, die Nachfolge eines Primariats im Bozner Krankenhaus, das Abhängen der italienischen Fahne bei einem Schützenaufmarsch und die Versetzung eines Grenzsteins am Reschenpass.3

4. Das Framing-Konzept – Thematische Rahmungen
der ethnischen Berichterstattung

Für alle Artikel und Beiträge in einem ausgewählten Kernmediensample4 wurde im Untersuchungszeitraum die inhaltlich-qualitative Struktur im Sinne einer perspektivischen und argumentativen Ausrichtung des gesamten Beitrags analysiert. Die folgenden Framing-Kategorien codieren den Artikel bzw. den Beitrag als Ganzes. Grundsätzlich muss ein Gesamteindruck codiert werden, wie ihn durchschnittliche LeserInnen bzw. ZuschauerInnen nach dem Lesen bzw. Ansehen eines ganzen Beitrags erhalten.

Der Framing-Ansatz kann unter einem konzeptionellen und methodischen Ansatzpunkt gesehen werden. Dabei beschreibt der Framing-Ansatz sowohl first-level agenda setting-Prozesse und -Effekte auf der Objekt-Ebene (Welche Themen/Akteure werden dargestellt?) als auch second-level agenda-setting-Prozesse und -Effekte auf der Attributs-Ebene (Wie werden Themen/Akteure dargestellt?). Mittels Präsentations-, Definitions- und Interpretationsleistungen, durch formale wie inhaltliche Mechanismen der Betonung bzw. der Exklusion geben Medien einen Deutungsrahmen zu bestimmten Objekten bzw. Objekt-Clustern vor, im konkreten Fall der Politikberichterstattung im Wahlkampf (Lengauer/Pallaver/Pig 2007, 106). Übergeordnet kann dieser als Media-Frame bezeichnet werden (Lengauer 2007, 95). Mit einer solchen Untersuchung ist es möglich, journalistische Trends in der politischen Berichterstattung wie etwa Personalisierung, De-Thematisierung, Game-Zentrierung, konfrontativer Negativismus oder journalistische Interpretativität zu überprüfen (ebda).

4.1. Game- versus Policy-Frame

Bei dieser journalistischen Rahmung geht es darum, welche Perspektive im Mittelpunkt der Berichtsdarstellung steht. Die Game-Zentrierung der politischen Berichterstattung spiegelt den sportlichen Wettkampf wider, das Rennen zwischen SpitzenkandidatInnen bzw. das politische Duell, das Parteien und KandidatInnen gegeneinander führen, Metaphern des Sieges oder der Niederlage, aber auch Koalitionsspekulationen, den Wahlkampfstil, das Erscheinungsbild und das Kräftespiel der Parteien und KandidatInnen wie etwa bei der Tele-Performance. Im Gegensatz dazu stehen die sachpolitischen Diskussionen (Policy-Frame), die Fakten und Hintergründe darstellen und die Auseinandersetzung der Parteien und KandidatInnen mit relevanten tagespolitischen Themen verbinden. Der Trend geht hierbei in Richtung einer De-Thematisierung, wie transnationale Muster der redaktionellen Vermittlung von Wahlkampfgeschehen zeigen (Lengauer/Pallaver/Plasser 2008).

Was Südtirol betrifft, so handelt die italienischsprachige politische Berichterstattung zu 49 Prozent von Diskussionen abseits der konkreten Sachpolitiken. In den deutschsprachigen Medien hingegen liegt der Anteil der Game-Zentrierung nur bei 33 Prozent. 61 Prozent der deutschsprachigen Politik-Berichterstattung beziehen sich auf Sachpolitik, 47 Prozent in der italienischen Berichterstattung.

Tabelle 4: Game- bzw. Policy-Zentrierung in der Politikberichterstattung (in Prozent der Beiträge)

italienischsprachige Medien

deutschsprachige Medien

eher game-centred reporting

49 %

33 %

eher policy/issue-centred reporting

47 %

61 %

Frame-Indikator nicht erkennbar

4 %

4 %

gleichgewichtig / äquivalent

1 %

2 %

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol, 22.09.2008 – 25.10.2008: N=3.228 Artikel bzw. Beiträge.

Das sind relativ markante Unterschiede. Vergleichend zusammengefasst bedeutet dies, dass die italienischsprachigen Medien weit stärker Game-zentriert berichten als die deutschsprachigen Medien und als konsequente Folge davon die italienischsprachigen Medien auch geringere Werte bei der Behandlung von Sachthemen aufweisen.

4.2. Konflikt- versus Konsens-Frame

Durch die Frame-Indikatoren Konflikt- bzw. Konsenshaltigkeit wird die Darstellung von Auseinandersetzungen, Konflikt, Streit und Disput zwischen Parteien und Personen, von Gewinnern und Verlierern im Vergleich zu Übereinstimmung und Suche von Problemlösungsstrategien wie insgesamt von Kompromissfähigkeit und Konsensdarstellungen untersucht.

Auch hier finden sich wiederum Unterschiede in der journalistischen Darstellung des Wahlkampfes, die längs ethnischer Medien verlaufen. Italienischsprachige Medien berichten stärker konfliktzentriert (28 %) als deutschsprachige Medien (14 %). Die Konsensorientierung der politischen Berichterstattung liegt in italienischsprachigen Medien bei 7 Prozent und bei 11 Prozent in den deutschsprachigen Medien.

Während die Unterschiede in der Konsensdarstellung kaum ins Gewicht fallen, sind die Unterschied in der Konfliktdarstellung doch recht augenscheinlich, wenn man bedenkt, dass die deutschsprachigen Medien genau um die Hälfte weniger konfliktzentriert berichten als die italienischen Medien.

Tabelle 5: Konflikt- bzw. Konsenshaltigkeit der politischen Berichterstattung
(in Prozent der Beiträge)

italienischsprachige Medien

deutschsprachige Medien

eher konfliktzentriert

28 %

14 %

eher konsenszentriert

7 %

11 %

Frame-Indikator nicht erkennbar

63 %

71 %

gleichgewichtig / äquivalent

2 %

3 %

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol, 22.09.2008 – 25.10.2008: N=3.228 Artikel bzw. Beiträge.

Auffällig ist schließlich, dass der Prozentsatz, der den Frame-Indikator nicht erkennen lässt, relativ hoch ist. Bei den deutschsprachigen Medien liegt dieser Indikator bei 63 Prozent, bei den italienischsprachigen Medien um fast zehn Prozent höher bei 71 Prozent.

4.3. Persönlichkeits-/Image-Zentrierung

In diesem Untersuchungsfeld geht es in erster Linie um die Frage, ob die politische Berichterstattung stark personenzentriert ist oder stärker die Themen und Institutionen in den Mittelpunkt des Interesses rückt. Wenn der allgemeine internationale Trend als Ausgangsposition herangezogen wird, so lässt sich nachweisen, dass unabhängig vom politischen und vom Wahlsystem die politische Berichterstattung, die auch immer stärker in den Sog der Kommerzialisierung fällt, eine stark kandidatenzentrierte Orientierung angenommen hat. Die zunehmende Personalisierung der Berichterstattung manifestiert sich unter anderem auf der Ebene der Individualisierung der Politikvermittlung, besonders in den Fernsehnachrichten. Dies bedeutet, dass die KandidatInnen als primäre Träger der politischen und Wahlkampfberichterstattung immer mehr ihre dahinter stehenden Institutionen wie etwa Parteien aus der medialen Öffentlichkeit verdrängen. Die Folge davon ist, dass weniger die Sachdebatten im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen, sondern weit stärker die Personen, deren Image und Persönlichkeitsmerkmale (Lengauer/Pallaver/Plasser 2008).

Tabelle 6: Persönlichkeits-/Image-Zentrierung der Politikberichterstattung (in Prozent der Beiträge)

italienischsprachige Medien

deutschsprachige Medien

eher personenzentriert

24 %

30 %

eher themen- oder institutionen-zentriert

68 %

56 %

Frame-Indikator nicht erkennbar

6 %

6 %

gleichgewichtig / äquivalent

2 %

8 %

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol, 22.09.2008 – 25.10.2008: N=3.228 Artikel bzw. Beiträge.

Die politische Berichterstattung in Südtirols Medien hinkt in dieser Hinsicht unabhängig von der ethnischen Zuordnung dem internationalen Trend etwas hinterher. Nicht die personenzentrierte, sondern eindeutig die eher themen- und institutionenzentrierte politische Berichterstattung steht im Vordergrund. Die Unterschiede längs ethnischer journalistischer Sichtweisen sind bei den Themen und Institutionen nicht unwesentlich, zumal Südtirols italienischsprachige Medien darüber mit 68 Prozent um 12 Prozent fokussierter als die deutschsprachigen Medien mit 56 Prozent berichten. Weniger auffällig ist der Unterschied bei der perso­nenzentrierten Berichterstattung, wobei umgekehrt deutschsprachige Medien mit 30 Prozent etwas stärker personenzentriert berichten als italienische Medien mit 24 Prozent.

5. Die Gender-Perspektive und geschlechtsspezifische Repräsentanz

Die politische Berichterstattung im Allgemeinen und die Wahlkampfberichterstattung im Besonderen spiegeln nach wie vor die auffälligen Defizite in der Repräsentation des weiblichen Geschlechts in den zentralen politischen Institutionen wider (Steininger 2006). Das betrifft die Akteurinnen genauso wie Frauenthemen. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, die insgesamt mit den Nachrichtenfaktoren zusammenhängen. Neben den Nachrichtenfaktoren wie Dauer, Relevanz, Überraschung, Konflikt, räumliche Nähe, Personalisierung usw., die den Nachrichtenwert einer Meldung und das Auswahlverhalten der JournalistInnen bestimmen, spielt der Faktor „Androzentrismus“ eine wichtige Rolle, der besagt, dass sämtliche Ereignisse durch die Medien von einem Geschlechter-Bias unterlegt werden (Dorer/Geiger 2002; Pallaver/Lengauer 2008).

Die nachrichtenrelevante Asymmetrie zwischen Männern und Frauen drückt sich auf mehreren Ebenen aus. Es betrifft einmal die männlichen Dominanz in den Medien selbst und insbesondere in den Führungsebenen, es drückt sich aus in der Unterrepräsentanz der Frauen in der medialen Berichterstattung im Vergleich zu ihrer realen politischen und gesellschaftlichen Position, weiters in der Zuordnung von sogenannten „weiblichen“ Themen an die Frauen (z.B. Gesundheitswesen, Soziales usw.) wie auch darin, dass Frauen in der Politik tendenziell zuerst in ihrer Rolle als Frau und erst in zweiter Linie als Politikerinnen betrachtet werden, was die Stereotypisierung der Frauen und ihrer Rolle perpetuiert. Dies alles führt zu einer grundsätzlichen Benachteiligung: quantitativ durch die Unterrepräsentation der Frauen in den Medien und qualitativ durch die im Vergleich zu den Männern „andere“ mediale Berichterstattung (Robinson/Saint-Jean 1991).

Bei den Landtagswahlen im Oktober 2008 präsentierten sich insgesamt 471 KandidatInnen, davon waren 327 Männer und 144 Frauen, das sind 30,5 Prozent. Unter den 15 SpitzenkandidatInnen befanden sich vier Frauen. In den neuen Südtiroler Landtag wurden 10 Frauen gewählt, das sind bei 35 Abgeordneten 28,5 Prozent. Nachdem die Spitzenkandidatin des PdL Michaela Biancofiore ihr Mandat nicht angenommen hat, fiel der Frauenanteil auf 25,7 Prozent.

In der medialen Berichterstattung waren die politischen Akteurinnen mit 19,7 Prozent vertreten, denen der Männeranteil mit 80,3 Prozent gegenübersteht. Im Vergleich zur Anzahl der Kandidatinnen bedeutet dies einen Visibilitätsverlust von rund zehn Prozent. Dieses Geschlechterverhältnis ändert sich auch nicht, wenn die Medien nach Sprachen aufgeteilt werden: In den italienischen Medien sind die Frauen mit 19,3, in den deutschen mit 19,8 Prozent präsent. Lediglich die ladinischen Medien scheren mit 91 Prozent zugunsten der Männer aus.

Abbildung 5: Gesamtübersicht Geschlechterverteilung der LandtagswahlkandidatInnen in der Wahlberichterstattung (in Prozent der Nennungen der KandidatInnen)

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol, 22.09.2008 – 25.10.2008

Schlüsselt man die Frauenpräsenz nach Medientypus auf, so ergibt sich bei den deutschsprachigen Medien kaum ein Unterschied: Printmedien 19,5 Prozent, TV 19,3 Prozent, Radio 17,3 Prozent. Dasselbe Bild ergibt sich in etwa bei den italienischsprachigen Medien: Printmedien 19,6 Prozent, TV 23,0 Prozent, Radio 16,1 Prozent. Ein etwas größerer Unterschied besteht hier zwischen der politischen TV- und Radio-Berichterstattung (gesamt: 19,8 versus 80,3 Prozent). Ganz anders hingegen die Berichterstattung in den ladinischen Medien: Printmedien 12,2 Prozent, TV keine einzige Nennung, Radio 2 Prozent.

Tabelle 7: Gegenüberstellung der Top-10-Themen in Verbindung mit Frauen

Deutsche Printmedien

Italienische Printmedien

Kulturelle Identität

Wahlkampf

Familien und Kinder

Wahlbündnisse und -kandidaturen

Ausländer, Asyl

Kulturelle Identität

Frauen

Wahl-, Ämter-, Koalitionsspekulationen

Chronikales

Bildung

Key-Hole-Issues/Scandal Issues

Key-Hole-Issues/Scandal Issues

Freistaat Südtirol

Kommunales

Gesundheit

Wirtschaft, Wettbewerb, Markt

Kommunales

Wahlen, Abstimmungen, Plebiszite

Bildung

Autonomiestatut

Quelle: APA-MediaWatch GmbH: Medienresonanz-Analyse Landtagswahlen Südtirol, 22.09.2008 – 25.10.2008: N=3.228 Artikel bzw. Beiträge.

Wenn man die zehn Topthemen extrapoliert, die in den Printmedien in Zusammenhang mit Frauen stehen, so sieht man, dass es sprachgruppenspezifisch unterschiedliche Präferenzen gibt. Zum Teil hat die Agenda mit den beiden deutschsprachigen Spitzenkandidatinnen Eva Klotz (Süd-Tiroler Freiheit) und Ulli Mair (Die Freiheitlichen) zu tun, wie etwa das Thema Freistaat oder AusländerInnen. Auf das Konto der Spitzenkandidatin Michaela Biancofiore (PdL) geht hingegen das Thema der kulturellen Identität der ItalienerInnen. In den deutschsprachigen Printmedien gibt es einen Überhang der Sachthemen, in den italienischen der Metathemen. In den audiovisuellen Medien zeigt sich das Bild in der Verteilung zwischen Sach­themen und Metathemen etwas homogener, aber es dominieren im Gegensatz zu den (vor allem deutschsprachigen) Printmedien die Metathemen.

6. Resümee

Südtirols Medienwahlkampf hat sich bei den Landtagswahlen 2008 wieder etwas mehr den internationalen Trends genähert, ist davon aber noch immer ein gutes Stück entfernt. Dies drückt sich in erster Linie dadurch aus, dass das Fernsehen noch lange nicht das unumstrittene Leitmedium ist, dem die politischen Informationen entnommen werden, sondern dass die beiden großen Tageszeitungen „Dolomiten“ und „Alto Adige“ nach wie vor eine ganz entscheidende Rolle spielen. Dafür ist ein starker Trend hin zur Personalisierung der Politik festzustellen, während umgekehrt der Negativismus in der redaktionellen Berichterstattung im Vergleich zu anderen Ländern noch immer recht bescheiden ist.

Dem internationalen Trend entsprechend beschäftigte sich die politische Berichterstattung im Ranking der Themen vorwiegend mit dem Wahlkampf selbst, an zweiter Stelle lagen Berichte über Skandale und Affären. Auffällig ist, dass das Thema Autonomie kaum angesprochen wurde und erstmals in einem Wahlkampf so gut wie keine Rolle gespielt hat. Umgekehrt war in der öffentlichen Wahrnehmung das Thema AusländerInnen stärker präsent als in der medialen Berichterstattung. Die redaktionelle Aufarbeitung von Sachthemen und metapolitischen Themen haben sich insgesamt die Waage gehalten.

Wie das politische System ist Südtirols Mediensystem ethnisch getrennt und bietet dementsprechend jeder Sprachgruppe ihre eigenen Medien an. Dies hat Auswirkungen auf Inhalt und Art der politischen Berichterstattung. So berichten die Medien einer der drei Sprachgruppen zu rund 60 Prozent über die Parteien der eigenen Sprachgruppe. Diese ethnische Asymmetrie setzt sich mit Ausnahme des Landeshauptmanns auch in der Berichterstattung über die KandidatInnen fort. Vielfach haben die Medien, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, dieselben Themen aufgegriffen, die aber unterschiedliche Rankings aufweisen.

Erstmals lässt sich nachweisen, dass nicht nur die Inhalte, sondern auch die Art der Berichterstattung ethnisch unterschiedlich ausfällt. So sind die italienischen Medien stärker Game-zentriert als die deutschsprachigen Medien, während umgekehrt die deutschsprachigen Medien stärker sachthemenorientiert sind. Auch sind die italienischen Medien stärker konfliktorientiert, die deutschsprachigen Medien wiederum stärker personenzentriert.

Schließlich kommt die Analyse zu dem Ergebnis, dass die Frauen im Verhältnis zu ihrer politischen Präsenz medial stark unterrepräsentiert sind.

Anmerkungen

1 Vgl. die Titelgeschichte: Der P-Faktor. Die Landtagswahlen im Zeichen von Patriotismus & Populismus, in: „ff – Südtiroler Wochenmagazin“, Nr. 42, 16.10.2008.

2 Vgl. Durnwalder: mollo solo se si dimezzano le mie preferenze, Alto Adige, 23.10.2008, 1 und 15.

3 Vgl. Felix Resch neuer Direktor des Konservatoriums, in: www.dolomiten.it/nachrichten/artikel.asp?
KatId=da&ArtId=124928 (abgerufen 09.10.2008); Erna Egger, Eine Tricolore gehört nicht auf das Schützenfest, Neue Südtiroler Tageszeitung, 07.10.2008, 16; Valeria Frangipane, Il PD promette: „Chirurgia sarà italiana“, Alto Adige, 30.09.2008, 13. La polemica sul cippo è speculazione politica, Alto Adige, 04.10.2008, 31.

4 „Alto Adige“, „Corriere dell’Alto Adige“, „TG Regione“, „Telegiornale“ VB 33, „Dolomiten“, „Neue Südtiroler Tageszeitung“, „Tagesschau“, „Südtirol heute“.

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Abstracts

La campagna elettorale nei media: attori e temi in una logica di ­separazione etnica

Anche in occasione delle elezioni provinciali del 2008 la campagna elettorale in Sudtirolo si è ulteriormente avvicinata al trend internazionale, dal quale rimane comunque ancora piuttosto distante. Conformemente appunto a questo trend, la cronaca politica si è occupata principalmente della campagna elettorale stessa, e in secondo luogo delle notizie riguardanti scandali o inchieste. È interessante notare come per la prima volta in una campagna elettorale, il tema relativo all’autonomia non abbia avuto praticamente alcun ruolo. La questione stranieri, invece, era più presente nella percezione dell’opinione pubblica che nei resoconti dei media. Anche il panorama mediatico sudtirolese, come quello politico, è diviso da una frattura etnica, il che si ripercuote sui contenuti e sulla forma della cronaca politica. I media in lingua italiana sono quindi più portati all’evidenziazione del conflitto e game-oriented rispetto a quelli in lingua tedesca, mentre questi ultimi sono più orientati all’approfondimento delle tematiche. Da ultimo, si constata che le donne, in rapporto alla loro presenza politica, sono fortemente sottorappresentante nei media.

La propaganda litala di media: Aturs y temesc
tla logica de na cronica etnicamënter despartida

La propaganda litala di media de Südtirol ti é dales lîtes provinziales de Südtirol indô rovada n pü plü pormez ai trends internazionai, mo é dagnora c´iamò n bel tòch dalunc. Revardënt chësc trend s’à dè jö la cronica politica dantadöt cun la propaganda litala instëssa, impormò al secundo post ciafân relaziuns sön scandai y chestiuns zities. Tl edl dàl che le tema autonomia n’à albü por le pröm iade te na competiziun litala püc´ia o degüna importanza. D’atra pert ê le tema dla imigraziun de porsones da foradecà cotan plü presënta tla perzeziun dl’opiniun publica co tles relaziuns di media. Sciöche le sistem politich é inc´e le sistem di media te Südtirol etnicamënter despartì. Chësc à spo inc´e süa faziun tl contignü y tla forma dla cronica politica. I media taliagn é insciö orientà plü devers dl conflit y dl jüch co i media todësc, deperpo che chisc ultimi s’orientëia deplü ai fac´. Inultima röia l’analisa al resultat che les ëres é en proporziun a süa presënza politica dassënn sotrapresentades ti media.

The election campaign in the media:
agents and topics in the logic
of ethnically separated reports

The election campaign in the media for the provincial parliament in 2008 in South Tyrol to some extend followed international trends, but is still a fair way off. Meeting this trend, political reports mainly focused on the election campaign itself, with reports on scandals and affairs coming second. It is striking that for the first time the autonomy-issue did not play a big role, whereas the issue on foreigners was more present in public awareness than in media reporting. Just like the political system, also the media system is ethnically separated in South Tyrol. This has consequences for the content and the form of political reports. Thus, Italian media are more game- and conflict-oriented than the German-speaking media, whereas the latter are more topic-oriented. In conclusion the analysis comes to the result that in proportion to their political presence women are strongly underrepresented in the media.