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Gilg Seeber/Christian Traweger

Die Kommunalwahlen 2010 in Tirol

1. Einleitung

In den Medien finden die Tiroler Kommunalwahlen nur beschränktes landesweites oder überregionales Interesse, Beachtung finden allenfalls prominente Gewinner/Verlierer der Wahl für das Amt des Bürgermeisters in größeren Gemeinden. Das mag nicht ganz deren politischer Bedeutung entsprechen, sind Gemeinden doch strategische Zentren der Globalisierung (Steininger 2006, 990). In den Gemeinden, so die Autorin, „verwirklichen sich sowohl lokale als auch globale Politiken, eine scharfe Abgrenzung im Mehrebenensystem zwischen gesamtstaatlicher Politik und nachrangigen Selbstverwaltungsaufgaben ist zunehmend schwieriger festzuhalten …“. Demgegenüber sind die Gemeinden die mit der geringsten Autonomie ausgestatteten Gemeinwesen im österreichischen Mehrebenensystem Bund-Länder-Gemeinden, was sich auch darin zeigt, dass Gemeinderäte nicht im strikten Sinne als Parlamente wirken, sie können keine Gesetze beschließen, nur Verordnungen erlassen (Karlhofer 2009, 21). Für die politischen Parteien, deren Organisationsstruktur auf den Gemeinden als Fundament aufbaut, wiegen Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen hingegen wesentlich schwerer. „Im Einzelnen mögen Gemeindewahlen von geringerer Bedeutung sein, in Summe aber sind sie für die Partei eine maßgebliche Größe“ (Karlhofer 2009, 22).

Ferdinand Karlhofer (2009) beschreibt ausführlich die politische Landschaft in Tirols Gemeinden im Jahre 2009, analysiert deren Verflechtung mit der Landespolitik und die Ergebnisse der Kommunalwahlen 2004. Der Autor verweist auf die gleichzeitig mit der Gemeinderatswahl stattfindende Direktwahl der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters, die verbreitete Kandidatur von Einheitslisten und die Möglichkeit zu Listenkoppelungen als Besonderheiten der Tiroler Gemeinderatswahlordnung. In diesem Aufsatz greifen wir einige markante Beobachtungen von Karlhofer auf und betrachten diese im Lichte des aktuellen Wahlergebnisses von 2010.

2. Kommunalwahlen in Tirol

In Tirol finden alle sechs Jahre Gemeinderats- und BürgermeisterInnendirektwahlen statt. Die Gemeinderäte werden nach einem stark proportionalen Listenwahlrecht mit der Möglichkeit von Koppelungen gewählt. Dabei erfolgt die Zuweisung von Mandaten zunächst an die durch Koppelung verbundenen Listen, in einem zweiten Schritt werden die Mandate eines Verbundes auf die einzelnen Listen aufgeteilt. Dieses System erleichtert kleinen Parteien den Einzug in den Gemeinderat und gibt größeren Parteien die Möglichkeit, ihr Angebot zu diversifizieren. Unter den im Tiroler Landtag vertretenen Parteien findet die Möglichkeit zur Koppelung sowohl (vorsichtige) Zustimmung als auch klare Ablehnung: Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) befürwortet die Listenkoppelung, auch mit dem Argument, diese gebe unterschiedlichen Interessengruppen die Möglichkeit, ihre Klientel direkt anzusprechen. Grüne und Liste FRITZ befürworten dies grundsätzlich, verlangen aber, dass Koppelungen klar zu deklarieren wären. Kritisiert wird, dass die Verbindung von Listen auf dem Stimmzettel nicht erkennbar wäre und nur durch Aushang kundgetan werden müsste. Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) und die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) lehnen Listenkoppelungen im Wesentlichen mit dem Argument mangelnder Transparenz ab (siehe dazu Karlhofer 2009, 32).

Die Größe der Gemeinderäte richtet sich nach der EinwohnerInnenzahl und liegt zwischen neun und 21 Sitzen. Die Tiroler Gemeinden sind klein strukturiert, 102 Gemeinden zählen höchstens 1.000 EinwohnerInnen oder 762 Wahlberechtigte, deren Gemeinderäte umfassen neun bzw. elf Sitze. Lediglich sechs Gemeinden weisen mehr als 10.000 Einwohner (oder 9.142 Wahlberechtigte) auf, deren Gemeinderäte die Größe von 21 Sitzen haben.

BürgermeisterInnen werden nach einem absoluten Mehrheitswahlrecht bestellt, jede/r KandidatIn muss auch auf einer für den Gemeinderat wahlwerbenden Liste aufscheinen.

Am 14. März 2010 waren 462.857 Wahlberechtigte in 276 der 279 Tiroler Gemeinden aufgerufen, Gemeinderäte und BürgermeisterInnen zu wählen. In zwei Gemeinden waren die Wahlen vorverlegt worden: in Reith bei Seefeld auf den 4. Oktober 2009 und in Ischgl auf den 31. Jänner 2010, nachdem sich die Gemeinderäte im Mai 2009 bzw. Oktober 2009 selbst aufgelöst hatten. Wegen des vorzeitigen Rücktritts wurde der Bürgermeister in Nikolsdorf am 5. Dezember 2010 neu gewählt. Aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Ausgabe von Wahlkarten musste die Wahl für das Amt des Bürgermeisters in Lienz wegen eines Urteils des Verfassungsgerichtshofes am 6. Februar 2011 wiederholt werden. Diese vier Wahlen werden in den folgenden Analysen mit berücksichtigt. In jenen Gemeinden, in denen keine/r der KandidatInnen für das Amt des Bürgermeisters eine absolute Mehrheit an gültigen Stimmen erreichen konnte, wurden am 28. März 2010 Stichwahlen abgehalten.

Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck wird nach eigenem Wahlrecht gewählt, die Wahltermine werden unabhängig von den anderen Gemeinden festgelegt. Die Einführung der BürgermeisterInnendirektwahl ist absehbar.

3. Wahl der Gemeinderäte

Die Möglichkeit der Listenverbindung zählt zu den bedeutenden Charakteristika eines Wahlsystems. Zu den Effekten zählen eine Verringerung der Disproportionalität, eine Erhöhung der effektiven Zahl der im Gemeinderat vertretenen Listen/Parteien und eine Reduktion der Häufigkeit von durch die Wahlarithmetik entstehenden künstlichen Mehrheiten (Nohlen 2007, 106). Im Vergleich zu anderen österreichischen Bundesländern ist die Zahl der kandidierenden Listen tatsächlich hoch. 2010 traten in drei Gemeinden jeweils neun Listen an, in 29 Gemeinden waren es mehr als sechs Listen (siehe Tabelle 1). In 74 Gemeinden kam es zu einer oder mehreren Koppelungen.

Nicht ganz überraschend wächst das Angebot mit der Zahl der zu besetzenden Mandate, der Korrelationskoeffizient liegt bei 0,62. Die Vermutung, dass Listenkoppelung zumindest in größeren Gemeinden Vielfalt ermöglicht, scheint sich zu bestätigen. Tabelle 2 listet die zehn Gemeinden mit der größten effektiven Zahl an im Gemeinderat vertretenen Listen auf. Die effektive Zahl der vertretenen Parteien ist ein Index, der sowohl die Anzahl der Parteien als auch deren Mandatsanteile berücksichtigt. Die in der Tabelle wiedergegebenen Werte deuten auf eine Vielfalt auch in der Vertretung im Gemeinderat hin.

Tabelle 1: Anzahl kandidierender Listen in den Gemeinden

Bezirk

Einheitsliste

2

3

4

5

6 oder mehr

Imst

1

4

1

8

4

6

Innsbruck-Land

3

6

18

20

11

7

Kitzbühel

0

2

3

5

5

5

Kufstein

0

4

8

7

5

6

Landeck

6

5

9

3

4

3

Lienz

3

10

9

5

5

1

Reutte

9

17

6

3

2

0

Schwaz

3

9

13

10

3

1

Tirol

25

57

67

61

39

29

Angegeben ist die Anzahl der Gemeinden nach der Zahl der für den Gemeinderat kandidierenden Listen.

Quelle: wahlen.tirol.gv.at

Tabelle 2: Gemeinden mit der größten effektiven Zahl an im GR vertretenen Parteien

Gemeinde (Bezirk)

Wahl­berech­tigte

Kandidierende Listen

Effektive Zahl von Listen im GR

Koppelungen

Wildschönau (KU)

3.277

9

7,41

A: Niederauer Gemeinschaftsliste; Gemeinschaftsliste Tourismus und Wirtschaft

B: Allgemeine Liste Oberau-Mühltal; Thierbacher Liste

Imst (IM)

7.136

9

6,33

A: Imster Bürgermeisterliste – Gebi Mantl; Ein Herz für Imst – Gitti Flür

B: IFI – Initiative für Imst – Liste Helmuth Gstrein; Die Grüne Alternative Imst; Gemeinsam für unser Imst

C: Alles für Imst mit Stefan Weirather; Liste 2000 mit Heinrich Gstrein

Gries am Brenner (IL)

1.035

6

5,45

Thiersee

(KU)

2.290

7

5,23

A: Bürgermeister-Liste Thiersee; Gemeinsame ­Hinterthierseer Liste; Liste Thiersee-Mitterland

B: Liste Landl; Wir Thierseer; Projekt Impuls für Thiersee

Telfs (IL)

10.741

9

4,96

Wörgl (KU)

9.142

6

4,85

Navis (IL)

1.604

7

4,83

A: Gemeinsam für Navis; Aktive Liste der ländlichen Bevölkerung

B: Für Navis – Taxer Wolfgang; „Fair für Alle“ – Hubert Pixner

Stumm (SZ)

1.473

6

4,83

A: Namensliste Stumm Bauern, Arbeiter, Angestellte; „Regenbogen für Stumm“

Sölden (IM)

2.405

6

4,79

Kössen (KI)

3.357

6

4,59

Wir für Alle – Wirtschaft und Arbeit; Bürgermeisterliste Stefan Mühlberger

Quelle: wahlen.tirol.gv.at

Bemerkenswert in Tabelle 1 ist die große Zahl von 25 Gemeinden, in denen Einheitslisten antraten, bedeutet dies doch, dass es in diesen Kommunen keinen Parteienwettbewerb gibt und sämtliche gültigen Stimmen auf die Einheitsliste fallen. Wie schon Karlhofer (2009, 25) bemerkt, werden Einheitslisten eher in kleineren Gemeinden gebildet, der Median der Wahlberechtigten in diesen Gemeinden liegt bei 343, während er in Gemeinden mit mehreren Listen 1.189 beträgt. Allerdings finden sich auch größere Kommunen, die ihren WählerInnen bei der Wahl keine Auswahl bieten. Tabelle 3 führt Schlitters und Virgen an, deren Elektorat in der Größe gerade beim bzw. deutlich über dem Durchschnitt der Tiroler Gemeinden liegt.

Tabelle 3: Profile der Gemeinden mit Einheitslisten

Gemeinde (Bezirk)

Einw.

Wahlber.

Wahlbet.

Ung.

Listenname

Pfafflar (RE)

140

96

90,63

2,30

Gemeindeliste mein Pfafflar

Gramais (RE)

60

44

88,64

0,00

Gramaiser Liste

Kaunerberg (LA)

344

299

86,62

3,09

Gemeinsam für Kaunerberg

Thurn (LZ)

634

521

82,73

16,47

Allgemeine Liste Thurn

Kaisers (RE)

83

65

80,00

1,92

Gemeindeliste

Vorderhornbach (RE)

282

227

77,97

5,65

Gemeindeliste

Namlos (RE)

100

85

74,12

0,00

Gemeindeliste

Karres (IM)

575

500

74,00

17,03

ÖVP – Heimatliste Karres

Serfaus (LA)

1.091

883

73,84

7,52

Allgemeine Bürgerliste Serfaus – Paul Greiter

Kauns (LA)

447

383

73,11

17,50

Gemeinschaftsliste Kauns

Gerlosberg (SZ)

395

354

72,32

0,78

Gemeinschaftsliste Gerlosberg

Jungholz (RE)

316

263

71,10

0,00

Wir Jungholzer mit Zukunft

Faggen (LA)

280

266

71,05

6,88

Gemeinschaftsliste Faggen

Hopfgarten i. D. (LZ)

839

634

70,35

12,78

Bürgermeisterliste Gemeinsam für Hopfgarten

Fendels (LA)

258

198

70,20

10,07

Allgemeine Dorfliste Fendels – Scherl Heinrich

Gschnitz (IL)

455

343

68,80

12,71

Gemeinsam für Gschnitz

St. Sigmund i. S. (IL)

204

145

65,52

9,47

Gemeinsamkeit für die ÖVP St. Sigmund – Praxmar

Steinberg am Rofan (SZ)

306

256

63,67

8,59

Für Steinberg – Bürgermeisterliste

Gries i. S. (IL)

570

479

62,21

9,73

Dorfliste Gries

Grän (RE)

597

419

61,10

3,91

Gemeinschaftsliste Grän

Pinswang (RE)

444

345

60,29

13,46

Gemeinsam für Pinswang

Musau (RE)

374

321

60,12

8,29

Wir für Musau

Schlitters (SZ)

1.276

1.032

57,27

14,89

Gemeinsam für Schlitters mit Bürgermeister Friedl Abendstein

Virgen (LZ)

2.128

1.767

53,48

13,33

Für Virgen – unabhängige Gemeinschaftsliste

Tobadill (LA)

522

430

53,26

12,23

Dorfliste Tobadill

Einw. = EinwohnerInnen, Wahlber. = Wahlberechtigte, Wahlbet. = Wahlbeteiligung [%], ung. = ungültige Stimme [%]

Quelle: wahlen.tirol.gv.at

Der Median der Wahlbeteiligung in allen Gemeinden liegt bei 77,71 Prozent. 19 der 25 Gemeinden mit Einheitslisten weisen eine unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung auf, in sechs der zehn Gemeinden mit der niedrigsten Wahlbeteiligung kandidierte nur eine Liste (Tabelle 4). „Aussagekräftiger als die Wahlbeteiligung ist der Anteil der ungültigen Stimmen. Nichtwählen kann viele Gründe haben, ungültig zu wählen ist dagegen klar und eindeutig Ausdruck der Unzufriedenheit mit dem vorhandenen Angebot“ (Karlhofer 2009, 28). Liegen Median und Maximum des Anteils ungültiger Stimmen in Gemeinden mit mehr als einer Liste bei 3,27 Prozent bzw. 12,11 Prozent, sind diese Kennzahlen in Gemeinden mit Einheitslisten 8,59 Prozent bzw. 17,50 Prozent. Tabelle 5 weist die Spitzenreiter aus: In den neun Gemeinden mit dem größten Anteil an ungültigen Stimmen kandidierte nur eine Liste, ein ungewöhnlich hoher Anteil von einem Achtel oder mehr der zur Wahl gegangenen BürgerInnen gab eine ungültige Stimme ab.

Tabelle 4: Wahlbeteiligung – niedrigste Werte

Gemeinde (Bezirk)

Wahlbeteiligung

Ungültige ­Stimmen

Zahl der
Listen

Wahlberechtigte

Tobadill (LA)

53,26

12,23

1

430

Virgen (LZ)

53,48

13,33

1

1.767

Aurach bei ­Kitzbühel (KI)

56,56

7,78

3

1.045

Schlitters (SZ)

57,27

14,89

1

1.032

Tannheim (RE)

59,47

5,07

3

829

Musau (RE)

60,12

8,29

1

321

Pinswang (RE)

60,29

13,46

1

345

Grän (RE)

61,10

3,91

1

419

Hall in Tirol (IL)

61,19

3,75

5

9.444

Kitzbühel (KI)

61,46

3,38

5

6.883

Quelle: wahlen.tirol.gv.at

Tabelle 5: Anteil ungültiger Stimmen – höchste Werte

Gemeinde (Bezirk)

Wahlbeteiligung

Ungültige ­Stimmen

Zahl der
Listen

Wahlberechtigte

Kauns (LA)

73,11

17,50

1

383

Karres (IM)

74,00

17,03

1

500

Thurn (LZ)

82,73

16,47

1

521

Schlitters (SZ)

57,27

14,89

1

1.032

Pinswang (RE)

60,29

13,46

1

345

Virgen (LZ)

53,48

13,33

1

1.767

Hopfgarten i. D. (LZ)

70,35

12,78

1

634

Gschnitz (IL)

68,80

12,71

1

343

Tobadill (LA)

53,26

12,23

1

430

Hart i. Z. (SZ)

73,53

12,12

2

1.156

Quelle: wahlen.tirol.gv.at

Ein landesweiter parteipolitischer Trend lässt sich dem Ergebnis schwer entnehmen, auch deshalb, weil sich die in den Gemeinden kandidierenden Listen nicht immer Landesparteien zuordnen lassen. Erwähnt sei hier lediglich, dass die „Tiroler Tageszeitung“ in ihrer Ausgabe vom 15. März 2010 auf Seite eins anmerkt, dass die ÖVP ihre Mandate in den Gemeindestuben von 2.320 auf 2.550 erhöhen konnte.

4. Direktwahl der BürgermeisterInnen

Die starke kommunalpolitische Position der BürgermeisterInnen wurde durch die Einführung der Direktwahl zu Beginn der 1990er-Jahre weiter gestärkt (Steininger 2006, 996). Gefestigt wurde dadurch auch der Charakter der kommunalen Konkordanzdemokratie (Holtkamp 2006) in Tirol. An den BürgermeisterInnen wird auch die personelle Verflechtung von kommunaler Politik und Landespolitik deutlich sichtbar: Unter den 36 Abgeordneten zum Tiroler Landtag finden sich acht BürgermeisterInnen, vier davon von der ÖVP, drei von der SPÖ und einer von der FPÖ.

Wie schon die Zahl kandidierender Listen zeigt auch die Zahl der KandidatInnen für das Amt des Bürgermeisters sowohl Vielfalt als auch mangelnde Konkurrenz. Wie Tabelle 6 zeigt, traten in 73 Gemeinden drei oder mehr KandidatInnen an, in 93 Gemeinden jedoch nur eine/r. 2004 waren es noch 112 Gemeinden gewesen, in denen der/die BürgermeisterIn ohne GegenkandidatIn gewählt wurde.

In 26 Gemeinden konnte keine/r der KandidatInnen eine absolute Mehrheit an Stimmen erreichen, wodurch ein zweiter Wahlgang nötig wurde. Bei den vorangegangenen Wahlen 2004 waren noch 32 Stichwahlen nötig gewesen.

Tabelle 6: Anzahl KandidatInnen für das Amt des Bürgermeisters

Bezirk

1

2

3

4

5

6 oder mehr

Imst

8

6

6

1

2

1

Innsbruck-Land

16

25

13

6

3

2

Kitzbühel

6

5

6

2

1

0

Kufstein

5

17

5

1

2

0

Landeck

12

11

7

0

0

0

Lienz

12

16

3

1

1

0

Reutte

21

16

3

1

1

0

Schwaz

13

18

4

3

1

0

Tirol

93

112

45

14

11

3

Angegeben ist die Anzahl der Gemeinden nach der Zahl der KandidatInnen für das Amt des Bürgermeisters.

Quelle: wahlen.tirol.gv.at

Tabelle 7: Wahl der BürgermeisterInnen

Bezirk

Ohne GegenkandidatIn

Im 1. Wahlgang

Im 2. Wahlgang

Imst

8

14

2

Innsbruck-Land

16

39

10

Kitzbühel

6

12

1

Kufstein

5

22

3

Landeck

12

15

4

Lienz

12

19

2

Reutte

21

15

1

Schwaz

13

23

3

Tirol

93

159

26

Tirol 2004

112

134

32

Quelle: wahlen.tirol.gv.at

Anders als bei den zu den Gemeinderatswahlen antretenden Listen lassen sich die gewählten BürgermeisterInnen zumindest mit einiger Sicherheit den im Landtag vertretenen Parteien zuordnen. Tabelle 8 ist die Dominanz der ÖVP in den Tiroler Gemeinden zu entnehmen: 86 Prozent oder 239 BürgermeisterInnen sind der ÖVP zuzurechnen, Koalitionspartner SPÖ stellt weniger als zehn Prozent aller BürgemeisterInnen, ein Bürgermeister ist FPÖ-Politiker und 12 Bürgermeister (knapp über vier Prozent) gelten als parteifrei.

Handlungsfähigkeit und politischer Spielraum einer Bürgermeisterin/eines Bürgermeisters kann wesentlich eingeschränkt sein, wenn ihre/seine Liste über keine Mandatsmehrheit im Gemeinderat verfügt. In der Vergangenheit führte dies – mit einigen bemerkenswerten Ausnahmen, siehe z.B. Karlhofer (2009, 33) – zu keinen größeren Problemen. Ob die Zukunft mehr Konflikte bringen wird, bleibt zu beobachten.

Tabelle 8: Parteizugehörigkeit der gewählten BürgermeisterInnen

Bezirk

ÖVP/ÖVP-nahe

SPÖ/SPÖ-nahe

FPÖ

parteifrei

Imst

23

1

0

0

Innsbruck-Land

59

5

0

1

Kitzbühel

16

3

0

1

Kufstein

22

6

0

2

Landeck

24

5

0

1

Lienz

28

1

1

3

Reutte

35

1

0

1

Schwaz

32

4

0

3

Tirol

239
86,0%

26
9,4%

1
0,4%

12
4,3%

Quelle: wahlen.tirol.gv.at, eigene Recherchen

Tabelle 9: BürgermeisterInnen mit bzw. ohne Mehrheit im Gemeinderat

Parteizugehörigkeit

Mit Mehrheit

Ohne Mehrheit

ÖVP/ÖVP-nahe

139

101

SPÖ/SPÖ-nahe

7

18

FPÖ

0

1

parteifrei

6

6

zusammen

152

126

Absolute Mandatsmehrheit der BürgermeisterInnenliste ohne Berücksichtigung von Koppelungen

Tabelle 10: Bürgermeisterinnen

Gemeinde

Name

Partei(nähe)

Wahlgang

Mandate BM-Liste

Oberperfuss (IL)

Johanna Obojes-Rubatscher

ÖVP

2

Minderheit

Scharnitz (IL)

Isabella Blaha

ÖVP

2

Minderheit

St. Ulrich am Pillersee (KI)

Brigitte Lackner

ÖVP

2

Minderheit

Wörgl (KU)

Hedwig Wechner

SPÖ

2

Minderheit

Gaimberg (LZ)

Martina Klaunzner

ÖVP

1

Mehrheit

Lienz (LZ)

Elisabeth Blanik

SPÖ

2

Minderheit

Heiterwang (RE)

Beate Reichl

ÖVP

1

Mehrheit

Lermoos (RE)

Maria Zwölfer

ÖVP

1

Minderheit

Die Feststellung von Mehrheit bzw. Minderheit der Mandate bezieht sich auf die Liste, auf der die Bürgermeisterin kandidierte und berücksichtigt keine Listenkoppelungen.

Quelle: wahlen.tirol.gv.at

Tirol sei Vorreiter und Nachzügler gleichermaßen, was Frauen in der Kommunalpolitik betrifft, argumentiert Schiestl (2009). Auch nach der erfolgreichen Kandidatur von Elisabeth Blanik bei der Wiederholung der Stichwahl im Februar 2011 stehen in den Tiroler Gemeinden (außer Innsbruck) nur acht (oder 2,9 Prozent) Bürgermeisterinnen 270 männlichen Kollegen gegenüber. Gegenüber 2004 bedeutet dies nominell eine Steigerung von zwei auf acht Amtsträgerinnen, im Vergleich mit den österreichischen Bundesländern findet sich Tirol aber immer noch in den hinteren Rängen.

ÖVP und SPÖ – Koalitionspartner in der Tiroler Landesregierung – mussten einige für sie wesentliche Verluste von BürgermeisterInnen hinnehmen, darunter jene von Lienz, Wörgl und Kufstein (ÖVP) bzw. Reutte (SPÖ). Anzumerken ist auch, dass in einzelnen Gemeinden, wie prominenterweise in Telfs, ÖVP-nahe Listen zur Gemeinderatswahl gegeneinander antraten, ausschlaggebend dafür waren Rivalitäten um die Kandidatur bei der Bürgermeisterdirektwahl.

5. Resümee

Wie schon zu den Gemeinderatswahlen 2004 trat auch 2010 in 25 Gemeinden nur eine einzige Liste an. Für eine demokratische Institution stellt der Mangel an Alternativen eine bemerkenswerte Situation dar. Bei hoher Wahlbeteiligung lassen sich hundert Prozent Stimmen als hohes Maß an Zustimmung interpretieren, allerdings nur mit großer Vorsicht. Zum einen mag die individuelle Entscheidung, nicht an der Wahl teilzunehmen, insbesondere in kleineren Gemeinden auffallen, zum anderen fallen Gemeinden mit Einheitslisten zum Teil durch außerordentlich hohe Anteile an ungültigen Stimmen auf – klarer Ausdruck fehlender Zustimmung zum Wahlvorschlag.

Listen wurden auch 2010 in großer Zahl gekoppelt, aus der Sicht der WählerInnen ein ambivalentes Angebot. Diversifizierungsstrategien der politischen Parteien versuchen unterschiedlichen Interessenlagen der BürgerInnen zu entsprechen und für deren parlamentarische Repräsentation zu sorgen. Ob den WählerInnen allerdings überwiegend klar war, welche (Groß-) Parteien hinter den Listenverbunden stehen, darf bezweifelt werden.

Als demokratisches Defizit ist auch der weiterhin geringe Anteil von Frauen in der kommunalen Politik anzuführen.

Aus landesweiter Perspektive haben die Tiroler Kommunalwahlen zwar einzelne bemerkenswerte Verschiebungen, insbesondere bei den BürgermeisterInnen, gebracht, der Gesamteindruck ist aber der großer Kontinuität.

Literaturverzeichnis

Holtkamp, Lars (2006). Parteien und Bürgermeister in der repräsentativen Demokratie. Kommunale Konkordanz- und Konkurrenzdemokratie im Vergleich, in: Politische Vierteljahresschrift, 47 (4), 641–661.

Karlhofer, Ferdinand (2009). Kommunalwahlen in Tirol. Eckdaten und Besonderheiten, in: Karlhofer, Ferdinand/Pallaver, Günther (Hg.). Politik in Tirol. Jahrbuch 2010, Innsbruck: Studienverlag, 21–39.

Nohlen, Dieter (2007). Wahlrecht und Parteiensystem. 5. Auflage, Opladen: Verlag Barbara Budrich.

Schiestl, Gisella (2009). Frauen in der Kommunalpolitik. Tirol als Vorreiter und Nachzügler, in: Karlhofer, Ferdinand/Pallaver, Günther (Hg.). Politik in Tirol. Jahrbuch 2010, Innsbruck: Studienverlag, 42–59.

Steininger, Barbara (2006). Gemeinden, in: Dachs, Herbert u.a. (Hg.). Politik in Österreich. Das Handbuch, Wien: Manz, 990–1007.

Abstracts

Le elezioni comunali 2010 nel Tirolo

Nel 2010 si sono svolte le elezioni dei comuni tirolesi per decretare il consiglio comunale e i sindaci femminili. Questo articolo vuole far notare, dal punto di vista politologico, i dati sorprendenti che questa elezione ha portato con sé, sulle proprietà delle elezioni comunali tirolesi, come l’elezione diretta dei sindaci di sesso femminile, della possibilità di creare un’unione tra liste, la presenza di liste uniche e la presenza, sempre scarsa, di donne.

Les lîtes comunales dl 2010 tl Tirol

Tl 2010 él gnü lité danü i consëis y i ombolć di comuns dl Tirol, ater che dl comun da Desproch. Te chësc articul vëgnel presentè i dać plü interessanć de chësta lîta da n punt d’odüda dla sciënza politica, jon ite plü avisa sön les particolaritês tirolejes sciöche la lîta direta di ombolć, la poscibilité de n coliamënt danter listes, la gran presënza de listes unitares y la rapresentanza bassa de ëres.

The 2010 local elections in Tyrol

In 2010, elections have been held for municipal councils in Tyrol—with the exception of Innsbruck, the capital of Tyrol—and for their mayors. From a political science point of view, this article reports some key parameters of the election results, emphasizing peculiarities of local elections in Tyrol such as the direct election of mayors, apparentements (i.e. linked lists for joint vote-counting), the frequent occurrence of single lists and the still very small number of female mayors.